Hoa Lu ehemalige Hauptstadt Vietnams
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Wir befinden uns hier in Hoa Lu, der ersten Hauptstadt eines vereinten vietnamesischen Staates – ein Ort von außerordentlicher historischer Bedeutung, eingebettet in eine spektakuläre Landschaft aus Kalksteinfelsen, Flüssen und Reisfeldern. Hoa Lu war im 10. Jahrhundert für kurze Zeit das Machtzentrum Vietnams, genauer gesagt von 968 bis 1010. In dieser Epoche wurde der Grundstein für das unabhängige Vietnam gelegt, nachdem das Land fast tausend Jahre unter chinesischer Herrschaft gestanden hatte.
Der Mann, der diese Wende in der Geschichte herbeiführte, war Dinh Bo Linh. Er war ein lokaler Kriegsherr, der die Wirren der sogenannten „Zeit der zwölf Kriegsherren“ beendete, das Land einte und sich 968 als Kaiser Dinh Tien Hoang ausrief. Mit ihm begann das erste eigenständige vietnamesische Kaiserreich, die Dinh-Dynastie. Hoa Lu wurde bewusst als Hauptstadt gewählt, denn die natürliche Topografie bot nahezu perfekten Schutz: Steile Karstberge umschließen das Tal wie natürliche Festungsmauern, Flüsse dienten als Verkehrswege und Verteidigungslinien zugleich. Diese strategische Lage machte Hoa Lu zu einer nahezu uneinnehmbaren Festung.
Nach der Ermordung von Kaiser Dinh Tien Hoang im Jahr 979 übernahm die Le-Dynastie die Macht, angeführt von Kaiser Le Dai Hanh. Auch er regierte von Hoa Lu aus und festigte die junge Unabhängigkeit des Landes weiter. Besonders bedeutend ist, dass von hier aus erfolgreiche Abwehrkämpfe gegen die chinesische Song-Dynastie geführt wurden – ein entscheidender Moment in der vietnamesischen Nationalgeschichte, der bis heute tief im kollektiven Selbstverständnis des Landes verankert ist.
Im Jahr 1010 verlegte Kaiser Ly Thai To die Hauptstadt schließlich nach Thang Long, dem heutigen Hanoi. Der Grund war vor allem strategischer und wirtschaftlicher Natur: Das Rote-Fluss-Delta bot bessere Voraussetzungen für Handel, Verwaltung und langfristige Entwicklung. Hoa Lu verlor damit seine politische Bedeutung, nicht aber seine historische und symbolische Kraft.
Was wir heute hier sehen, sind die Überreste dieser frühen Kaiserstadt: Tempelanlagen, Fundamentreste der alten Zitadelle und ehrwürdige Schreine, die den beiden großen Kaisern Dinh Tien Hoang und Le Dai Hanh gewidmet sind. Diese Tempel sind im traditionellen vietnamesischen Baustil errichtet, mit massiven Holzsäulen, kunstvollen Schnitzereien von Drachen und Phönixen sowie steinernen Innenhöfen. Die Opferaltäre und Räucherstäbchen zeigen, dass diese Orte auch heute noch spirituell lebendig sind und von Einheimischen verehrt werden.
Besonders eindrucksvoll ist die Vorstellung, dass sich hier einst Paläste, Regierungsgebäude, Kasernen und Wohnanlagen auf engem Raum befanden – umschlossen von Bergen und Wasser. Archäologische Funde wie Ziegel, Keramiken, Waffen und Statuen geben uns bis heute Einblick in das Leben jener Zeit und belegen, wie organisiert und leistungsfähig dieser frühe vietnamesische Staat bereits war.Læs mere











