Camino Frances 2012 Read more
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  • Day 11

    Obanos - Estella

    May 11, 2012 in Spain ⋅ 26 °C

    Bin heute Morgen wieder früh aus dem Bett geschmissen worden. Eine Gruppe deutscher Frauen parliert während des packens „Nachts“ um 5.30 Uhr in normaler Lautstärke. Ich stehe auf, raffe meine Sachen zusammen und scheisse eine der Frauen erstmal zusammen, was das für ein Benehmen ist. Diese, völlig verdattert, wird sich wohl erst in diesem Moment bewußt, wie ungehörig und rücksichtslos sowas ist. Ich realisiere: Für die Damen ist das wohl seit Tourstart in St.-Jean-Pied de Port völlig normal.

    Die Gruppe ist aber nicht die einzige mit dem Plan früh aufzustehen. Immer mehr brechen auf. Mein Rucksack war im wesentlichen schon gepackt und so bin ich kurz nach 06.00 Uhr auch auf der Piste. Jetzt, wo sich die beiden Wege vereinigt haben überhole ich im Minutentakt andere Wanderer. Ich kann mich noch an das Wandern in Frankreich erinnern, und die Freude als man nach Tagen der Einsamkeit andere Rucksäcke am Horizont entdeckte. Was ist das hier bloß für eine seltsame Prozession. Wie auf dem Marsch zum Elefantenfriedhof.

    In den Gassen von Puente la Reina lasse ich mir viel Zeit, um das schöne Städtchen mit all den wappengeschmückten Häusern anzuschauen. Da der Morgen noch graut sind die einzigen Personen in den Gassen andere Wanderer und Leute, die Zeitungen austragen. Ich schiesse einige Fotos von der herrlichen Brücke, die hier den Rio Arga überspannt und der Stadt ihren Namen verleiht.
    Dann gehts hinaus aufs Land. Nach einem knackigen Anstieg führt der Weg heute im wesentlichen entlang der Autobahn A-12, die auch mehrfach unterquert wird. Dafür sind die Dörfchen an der Strecke hübsch anzuschauen. Besonders Cirauqui sieht man schon von weitem.

    Heute muss ich die letzten Kilometer wirklich kämpfen. Die Schuhe die ich trage, das Nachfolgemodell der Schuhe vom letzten Jahr, drücken unglaublich auf die Archillessehne. Diese ist schon etwas angeschwollen und schmerzt höllisch. Irgendwann kurz vor Estella muss ich dann aus dem Schuh raus. Zum Glück gibts in Estella den passenden Laden und ich kaufe genau das Paar Schuhe, mit dem ich 2011 die Via Podiensis gelaufen bin.
    An der Herberge bin ich noch vor dem eigentlichen Öffnen. So setzte ich mit vor der Herberge auf eine Bank und mache mir ein Sardellensandwich. Als die Herberge dann öffnet teilt mir der Betreiber mit, das die Herberge nach dem Winter erst heute wieder öffnet. Und ich bin der allererste Gast.

    Am Abend gibt es eine kleine Feier zur Saisoneröffnung. Auch bei dieser Herberge handelt es sich um ein integratives Projekt. Die Herberge wird teilweise von Menschen mit Handikap betreut. Hier läuft das aber supergut und die Leute sind alle superfreundlich.

    Die Batterie meiner Uhr ist leer. Aus den Erfahrungen der letzten Tage bräuchte ich eigentlich keinen Wecker, aber auf andere will ich mich auch nicht verlassen. Um eine CR2032 zu finden muss ich nochmal beinahe durch alle Läden von Estella. Dann werde ich schießlich an einer Tankstelle fündig. Ich entschliesse mich, Abends selbst zu kochen, denn die Küche ist sauber und super ausgestattet.
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  • Day 12

    Estella - Torres del Rio

    May 12, 2012 in Spain ⋅ 22 °C

    Den Weg aus Estella heraus kenne ich bereits. Schiesslich habe ich bei der Suche nach einer Batterie für meine Uhr gestern halb Estella bis zum Stadtrand abgesucht.

    Im Morgengrauen erreiche ich die Bodega Irache. Hier steht der bekannte Weinbrunnen, wo man den Rotwein der Kellerei kosten kann. Zwei Hähne hat der Brunnen: der linke für Wein, der rechte für Wasser. Ein paar Tropfen probiere ich, schliesslich ist es noch früh am Morgen. Als ich eintreffe bin ich noch allein am Brunnen. Schnell finden sich andere Wanderer ein. Der Brunnen ist ein beliebtes Fotomotiv. Jetzt verstehe ich auch erst, wie der Mechanismus des Brunnens funktioniert. Mir hat das, was beim einmaligen pumpen aus dem Brunnen kommt dicke gereicht. Ich dachte das wäre auch alles was rauskommt. Die anderen Wanderer kapieren schneller, das man bei mehrmaligen pumpen auch den ganzen Becher füllen kann. Na dann…Prost.

    Kurz nach dem Brunnen teilt sich der Weg. Ich entscheide mich für die Variante, die in meinem Reiseführer beschrieben wird. Diese ist zwar zwei Kilometer länger, dafür weiß ich aber auch, wo ich Wasser bekommen kann.
    Bis Monjardin geht es ganz schön auf und ab. Vor allem aufwärts passiere ich viele Mitwanderer. An besonders schwer beladenen Zeitgenossen ziehe ich gerne schonmal pfeifend vorbei, während diese ihren 60L Rucksack den Hang hochwuchten.

    Das Stück vor Los Archos gefällt mir heute besonders gut. Die Felder wiegen sich im Wind. Bis zum Horizont leuchten die Felder in verschiedenen Grüns. Ich lege eine kurze Rast ein und geniesse ein Stück Baguette belegt mit Ölsardinen. Beides hatte ich bereits gestern in Estella gekauft.
    Nachdem der Himmel am Morgen noch bedeckt war und es sogar einmal ganz kurz getröpfelt hat, kommt nach Los Archos die Sonne raus.
    Diese scheint dann bald darauf heiß auf mich herab, als ich den langen, schattenlosen Feldweg nach Sansol in Angriff nehme. Es geht wirklich einige Kilometer schnurgeradeaus.
    Als der Weg dann abbiegt und auf eine kleine Strasse mündet brennt die Sonne mit ganzer Kraft vom Himmel. Ich schwitze fürchterlich, denn es ist eine schwüle Hitze.

    Um 12.30 Uhr checke ich dann schiesslich in der Herberge Casa Mariella ein. Ich amüsiere mich köstich über den Massagesessel, der im Gang steht. Die Herberge gefällt mir sehr gut. Auch das Abendessen in der Gaststätte etwas die Strasse herab ist lecker.
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  • Day 13

    Torres del Rio - Logrono

    May 13, 2012 in Spain ⋅ 19 °C

    Es ist noch früh am Morgen als ich Torres del Rio verlasse. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt früh aufzustehen. Man wacht eben irgendwann auf, wenn die ersten anfangen zu packen. Dann drehe ich ich noch ein zwei mal um und dann bin ich auch wach.

    Ab 06.15 ist es so hell, dass man auch gut ohne Lampe die Wegzeichen erkennen kann.
    Es geht zu Beginn auf und ab. Aber das Warnschild vor dem Gefälle, welches am Wegesrand steht, ist wohl eher für die Radfahrer gedacht.
    Die Landschaft der Barranco de Cornava gefällt mir heute Morgen besonders. Das Licht des Morgengrauens taucht die Landschaft mit den Oivenbäumen, Weiden und Weinfeldern in stimmungsvolle Farben.

    In Viana kaufe ich mir in der Bäckerei ein Brot und ein süsses Teilchen. Mein zweites Frühstück, denn ich hatte unterwegs schon etwas gegessen. Im Gegensatz zur Landschaft zuvor finde ich Viana eher weniger schön. Von weitem sieht die Stadt auf alle Fälle schöner aus.
    Das schönste ist eigentlich der Weg aus der Stadt hinaus. Musste ich zuvor eine Weile auf/neben der N-111 laufen entfernt sich der Weg nun zumindest eine kurze Weile ein wenig von der viel befahrenen Strasse und führt durch eine hübsche Kleigartenanlage und vorbei an einem Feuchtgebiet.

    Kurz vor Logrono lasse ich mir heute den ersten Stempel in den Pilgerpass geben. Von Maria, Tochter von Dona Felisa, welche die Tradition ihrer Mutter fortführt und für jeden vorbeiziehenden Wanderer einen hübschen Stempel, eine Tässchen Kaffee, ein Glas Wasser und allerlei Pilgerschnickschnack bereithält. Auf dem Stempel steht: „Higos, agua y amor“ – Feigen, Wasser und Liebe.

    Ein Pilger mit einem Esel kommt mir entgegen. Eigentlich der erste mit einem Reittier den ich sehe.
    Gleich merkt man auch, das so ein Vieh auch vielerlei Probleme mit sich bringt. Die an den Häusern angeketteten Hunde machen nämlich wie die Maus am Faden. Ich glaube ich bin froh, mich soweit beschränkt zu haben, dass ich meine Sachen prima selbst tragen kann und keinen Esel brauche.

    Logrono ist dann schnell erreicht. Im Pilgerbüro bekomme ich einen weiteren Stempel. Dort erfahre ich auch, dass die heutige Herberge um 13.00 Uhr öffnet. Ich bin recht früh, es ist gerademal kurz nach elf. Also entschliesse ich mich zu einem Stadtbummel und schaue mir einen Turm der alten Stadtbefestigung von Logrono an. Um 12.15 Uhr kehre ich zur Herberge zurück und stelle mich vor die Eingangstür, welche, wie sich bald herausstellt, die falsche ist. Der eigentliche Einlass ist eine Straßenecke weiter. Dort warten mittlerweile bestimmt 40 Leute auf Einlass. Die Rucksäcke sind in einer Reihe auf der Strasse aufgestellt. Die Herberge hat insgesamt 66 Betten. Ich stelle mich also in die Reihe der Wartenden. Der erste in der Schlange: Ein Wanderer, der am Morgen kurz nach mir im Pilerbüro nach dem Weg gefragt hat. Ich habe meinen Fehler gerade noch rechtzeitig bemerkt. Hätte ich noch länger vor der falschen Tür gewartet, wäre es mit dem Platz knapp geworden, denn nun treffen immer mehr Leute ein.

    Weil ich nicht warten will, bis eine Dusche frei wird, entschliesse ich mich, nachdem ich eingecheckt habe, eine Tapas-Bar zu besuchen, in aller Ruhe ein Bier zu trinken und erstmal weiter die Stadt zu erkunden. Besonders gefällt mir der Plaza de Santiago. Auf dem Boden des Platzes ist ein altes Spiel, das Gänsespiel, dargestellt, auf welchem die Reise nach Santiago nachgespielt werden kann. Auf dem Platz vor der Kathedrale findet eine Protestkundgebung statt. Die Karrikaturen auf den Plakaten sind auch für mich gut zu verstehen.

    Als ich schliesslich zurückkehre um mich zu duschen, stelle ich mit Entsetzen fest, dass ich mein komplettes Waschzeug in Torres-del-Rio vergessen habe. Zähneputzen ist nämlich immer das letzte, was man macht, bevor man die Herberge am Morgen verlässt. Danach habe ich wohl vergessen, mein Kulturbeutelchen wieder einzustecken.
    Heute ist Sonntag. Aber ich finde am Platz gleich neben der Kathedrale einen Laden, der allerlei Krimskrams anbietet, ähnlich einem 1-Euro-Laden. Dort kaufe ich mir eine neue Zahnbürste, ein kleines Microfasertuch und ein Mäppchen um alles zu verstauen. Seife und Zahnpasta habe ich mir bereits in einem anderen Laden organisiert.
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  • Day 14

    Logrono - Najera

    May 14, 2012 in Spain ⋅ 20 °C

    Wieder bin ich eher unfreiwilligerweise recht früh auf dem Weg. Wenn ich am Morgen aufwache/geweckt werde, ist es sinnlos nochmal darauf zu hoffen, erneut einzuschlafen, gerade in größeren Herbergen.

    Es ist garnicht immer einfach im Dunkeln seinen Weg zu finden. Insbesondere in einer Stadt, wo viel bunte Werbung die Markierung des Weges, gelbe Pfeile, überstrahlt.
    Zum Frühstück gibts ein Glas Kaffee und zwei Müsliriegel.

    Als die Sonne aufgeht bin ich gerade am Stausee vor Logrono angelangt. Dort werfen einige Angler ihre Ruten aus. Das positive ist immer die Morgenstimmung: Es ist ruhig. Und das Licht gefällt mir ausserordentlich. Ein Eichhörnchen huscht durch die Bäume am See.
    Nach einem kurzen Anstieg geht es wieder ein Stück an der Autobahn entlang. Dann biegt der Weg ab nach Navarete. Als ich durch die Stadt wandere, zieht mir auf einmal der Duft von Frischgebackenem in die Nase. Schnell ist die Panaderia abseits des Weges gefunden.
    Zum zweiten Frühstück gibts ein Gebäck, in dem eine Wurst (Chorizo) samt Soße eingebacken ist. Sehr lecker. Hinter der Stadt verzweigt sich der Weg. Statt nach Ventosa abzubiegen laufe ich geradeaus, was eine echte Abkürzung ist. Das lustige ist: Der Weg verlief wohl zuvor genau so, wie diese „Abkürzung“ von meinem Reiseführer empfohlen wird. Am Abzweig zeigen zwar alle Markierungen nach links, nach wenigen hundert Metern geradeaus setzen aber die Markierungen wieder ein. Besser noch: Nach einer Weile kommt man an einer riesigen, brandneuen „Pilgerrastanlage“ vorbei. Mit mindestens 30 Plätzen und einem großen Übersichtspaneau, welches die nächsten Abschnitte des Weges zeigt. Der Witz dabei ist, dass alle Leute nun durch das Dorf „umgeleitet“ werden und hier eigentlich keine Sau mehr vorbeikommt. Stichwort: Investitionsruine.

    In Najera angekommen geselle ich mich zu ein paar jungen Engländern und geniesse ein kühles Bier in einem netten Cafe gleich am Fluss.
    Da ich einer der Ersten am Ziel bin, kann ich mir mein Bett in der Herberge heute aussuchen. Ich wähle ein Bett direkt neben einer Steckdose, um mein Handy zu laden. Ich habe gerade meinen Rucksack auf dem Gang abgestellt, als ich eine schlimme Entdeckung mache: Genau über das Bett, welches ich soeben beziehen wollte, krabbelt eine Bettwanze. Als ich das Ding schnappe, habe ich schon das Blut des Vorschläfers am Finger. Ich informiere sofort die Hospitaleros der Herberge. Die wissen natürlich auch sofort was Sache ist. Zuerst suche ich mir ein Bett ganz am anderen Ende des großen Schlafsaals aus. Ich leuchte alles gut mit meiner Taschenlampe aus und finde auch dort eine tote Wanze. Meinen Rucksack habe ich bereits in eine Tüte gesteckt um ihn zu schützen.

    Ich denke, dass es wohl besser ist, das obere Bett zu beziehen, vielleicht krabbeln die Dinger ja erstmal nicht nach oben. Da immer zwei Stockbetten zusammen stehen, will ich das Bett etwas zur Seite rücken, um etwas Abstand zwischen den Betten herzustellen. Als ich das Bett verrücke sitzt hinter dem Bestgestell an der Wand etwa auf Brusthöhe eine weitere lebende Bettwanze. Genug !! Ich schnappe meine sieben Sachen und wechsle das Quartier. Eine sehr gute Entscheidung. Gleich wenige Meter weiter komme ich privat unter. Ein Vier-Bett-Zimmer (statt eines Schlafsaals), dabei unwesentlich teuerer.
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  • Day 15

    Ich habe am Morgen echt Schwierigkeiten, den Weg hinaus aus Najera zu finden. Irgendwie bin ich im Kreis gelaufen und wieder am Ausgangspunkt gelandet. Schiesslich finde ich in der Nähe der Kirche aber den richtigen Weg. Durch sehr schöne rote Felsen aufsteigend verlasse ich die Stadt.

    Es ist eiskalt heute Morgen. Reif liegt auf den Gräsern. Beim Gang über die Felder frieren einem fast die Hände ein. Gut, dass ich die Handschuhe, die ich wegen der Passage über die Pyrenäen eingepackt hatte, nicht nach Hause geschickt habe, so wie ich das eigentlich geplant hatte. Jetzt leisten sie mir nochmals gute Dienste.
    Es bläst ein eiskalter Wind. Die Sonne hat einfach noch nicht die Kraft, die Luft am Morgen aufzuheizen.

    Zum Weg führt heute erst eine Weile über geteerte Sträßchen. Das schmeckt meinen Beinen wieder mal garnicht. Später dann verläuft der Camino wie gewohnt auf geschotterten Feldwegen. Das ist besser. In Cirinuela und Ciruena konkurrieren die beiden Ortschaften wohl um den Wegverlauf. Es sieht für mich so aus, als würden die sich hier gehenseitig die gelben Pfeile übermalen.
    Heute zeigen die gelben Pfeile nach Ciruena in Richtung eines unschönen Neubaugebiets. Den Weg nehmen auch die meisten, bzw. nahezu alle Leute in meiner Nähe. In beiden Orten gibt's wohl eine Bar nebst einer Unterkunft. Ich nehme den etwas kürzeren Weg, durch Cirinuela. Für diese Dörfchen, bzw. für die Inhaber der Bars/Pensionen/Läden solcher Dörfchen ist es wohl existenziell, wo der Weg verläuft. Denn nur dort lässt sich etwas verdienen.

    Nicht in den Kirchen und Kathedralen, genau HIER an diesem Abzweig offenbart sich klar der Sinn und Zweck, den der Jakobsweg seit Jahrhunderten hat, sozusagen seine Grundintention: Es geht darum, eine strukturschwache Region in Nordspanien wirtschaftlich zu stärken und anzubinden. Das religiöse drumherum ist nur Mittel zum Zweck, um Leute dazu zu bewegen, hierher zu kommen.
    Von der Reconquista bis heute hat sich da nix geändert. Hier gibt es nichts zu verdienen, es sei denn an den tausend Pilgern, die durch die Landschaft ziehen.

    Nach einem letzen Ansteig ist von weitem die Kathedrale von Santo Domingo de la Calzada zu sehen. In der Stadt endet heute mit einer Prozession die Fiesta zu Ehren des Patrons der Stadt, Santo Domingo. Leider bekomme ich vom gestrigen Fest nur noch die Aufräumarbeiten mit. So werden in den Strassen die riesigen Paellapfannen gereinigt und geschrubbt.
    Die das Fest abschliessende Prozession ist aber sehr schön: Vom Platz vor der Katherale aus zieht eine Gruppe Musikanten einmal im Ring um die Altstadt. Zur Musik tanzt eine Gruppe Jungs einen Tanz, der mich irgendwie an einen Schuhplattler erinnert.
    Den Musikanten und Tänzern folgen die Honoratioren der Stadt mit großen Fahnen. Auf diesen sind vermutlich die Familienwappen zu sehen. Der Zug endet wieder auf dem Platz der Kathedrale.
    Diese Rückkehr auf den Platz verfolge ich vom sehr sehr schönen Glockenturm aus. Weit hinein ins Land kann man von dort oben sehen. Als eine der dicken Glocken plötzlich leutet (die werden durch einen elektrischen Hammer angeschlagen) schrecke ich zusammen.

    Danach besuche ich die Kathedrale. Um die Stadt Santo Domingo de la Calzada dreht sich eine Legende, bei der die Unschuld eines armern Pilgers, welcher zu unrecht verurteilt wurde, durch das Wiederauferstehen zweier Hühner bewiesen wird. Aus diesem Grund befinden sich in der Kathedrale hinter Glas ein paar Hühner.
    Eine Holländerin versucht durch lautes gackern die Hühner ebenfalls zu einigen Äusserungen zu animieren. Das find ich irgendwie daneben. Ich setzte mich erstmal in eine Bank und lasse den Tag noch mal in Gedanken passieren.
    Mit meinem Bett habe ich heute leider Pech: In einem Raum von 40 Betten habe ich ausgerechnet das obere Bett direkt neben der Tür bekommen. Über mir prangt die Notausgangslampe, welche so hell ist, dass ich ohne Probleme etwas lesen könnte. Schlimm ist zudem, dass die Tür jedesmal mit Radau zufällt, wenn jemand zur Toilette geht. Das unangenehmste jedoch ist der extrem kalte Luftzug, der bei jedem Öffnen und Schliessen entsteht. Ich kann kaum ein Auge zu machen.
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  • Day 16

    St. Domingo de la Calzada - Villambista

    May 16, 2012 in Spain ⋅ 12 °C

    Heute Morgen bin ich es, der freiwillig früh aufbricht. Wie gestern schon befürchtet habe ich kaum ein Auge zugemacht. In einem Raum von 40 Leuten, in dem gefühlt alle 10 Minuten einer aufs Klo muss und jedes Mal die Tür krachend schließt, ist das zugewiesene Bett unmittelbar an dieser Tür suboptimal. Es ist kurz vor 6 Uhr. Draussen ist es noch stockduster. Niemand ist auf den Strassen. Der Mond ist nur als ganz schmale Sichel zu erkennen. Über eine sehr schöne Brücke hinweg verlasse ich die Stadt.

    Eigentlich hatte ich heute geplant nach Belorado zu laufen. Jetzt möchte ich vielleicht bis Villambista gehen. Zeit habe ich ja reichlich. Das verkürzt mir auch die morgige, schwierigere Etappe. Im Morgengrauen erreiche ich den Ort Granon. Auf einer Anhöhe nach dem Ort komme ich an ein großes Paneau. Hier endet die Region Rioja. Es beginnt die Region Castilla y Leon/Provinz Burgos. Der Weg verläuft wie die letzten Tage auch durch weite Agrarlandschaften. Immer in der Nähe der N-120, die von Logrono nach Burgos führt. Diese vielbefahrene Strasse ist heute eigentlich den ganzen Tag in Sicht- bzw. Hörweite.

    Heute treffe ich relativ wenig andere Wanderer. Das mag vielleicht auch daran liegen, weil ich so früh aufgebrochen bin. Dafür kommt mir heute ab und an jemand entgegen. Vier oder Fünf Leute wandern heute in entgegengesetzter Richtung an mir vorbei. Ja, es gibt wohl auch Leute, die den Weg wieder zurück laufen. Allerdings gestaltet sich das, sofern man den Weg nicht kennt, bestimmt schwieriger, denn die gelben Pfeile an den Häuserwänden sind oft nur aus einer Richtung zu sehen.

    In Belorado haben sich berühmte Persönlichkeiten verewigt, indem sie Hand und Fußabdruck in Zement gedrückt haben. Diese Platten ziehen sich auf dem Weg durchs ganze Dorf. Wie der Walk of Fame in Los Angeles. Ich erkenne u.a. den Rennradfahrer Miguel Indurain und den Schauspieler Emilio Estevez, der erst kürzlich einen Film über den Jakobsweg gedreht hat.
    Der Weg hinter Belorado gefällt mir heute am besten, ist er doch etwas abseits der Strasse. In der Bäckerei des Ortes habe ich mir einen gezuckerten Fladen gekauft. Schmeckt lecker, macht aber auch gehörigen Durst.

    Als ich schließlich Villambista erreiche bin ich ziemlich geschlaucht. Vor der netten Herberge, die gleichzeitig die örtliche Gaststätte ist, sitze ich im Schatten und trinke ein kühles Bier. Die Arbeiter des Ortes kommen, setzen sich an den Nebentisch und gönnen sich ebenfalls eine kurze Pause.
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  • Day 17

    Villambista - Agés

    May 17, 2012 in Spain ⋅ 17 °C

    Ohne richtige Frühstück und vor allem ohne Kaffee mache ich mich heute auf den Weg. Aber das ist hier völlig normal, wie ich mittlerweile weiß. In den Herbergen wird selten gefrühstück.

    In Villafranca-Montes-de-Oca steigt der Weg merklich an und führt hinauf in die Wälder. Ab und an werfe ich einen Blick zurück auf die Landschaft. Es ist noch etwas diesig. Trotzdem ist die Aussicht schön. An einem nett angelegten Rastplatz lege ich eine kurze Pause ein und geniesse den Morgen. Einige Wanderer, die ich beim Aufstieg überholt hatte schliessen nun wieder auf.

    Zwischen den Nadelbäumen wächst eine Planze (vermutlich Ginster), die lila blüht. Sehr hübsch. Am höchsten Punkt des Weges ist ein Kreuz für die gefallenen des span.Bürgerkriegs aufgestellt. Hier oben tobte wohl einst eine blutige Schlacht.

    Kurz nach diesem Mahnmal zwingt ein Talabschnitt die Wanderer erst zu einem ziemlich steilen Abstieg, nur um unten angekommen, sofort wieder aufzusteigen. Der Weg führt dann relativ ereignislos weiter auf einem breiten Holzabfuhrweg durch ausgedehnte Wälder. Ich komme gut voran. Auf dem Weg sieht man die Spuren derjenigen, die nicht so viel Glück mit dem Wetter hatten und den Weg bei Regen gehen mussten. Tiefe Spuren zeugen davon, wie matschig es hier sein muss, wenn man den Weg bei schlechterem Wetter bestreitet.

    Die Luft hier oben im Wald duftet herrlich nach Kifernnadeln. Der Geschichte nach hausten in diesen Wäldern früher Räuber, welche die arglosen Pilger ausraubten. Heute kommt mir eine Patrouille der Guardia Civil im Jeep entgegen – keine Chance für Räuber.
    Als ich aus dem Wald heraustrete ist schon das Kloster von San Juan de Ortega in Sicht. Hier lege ich eine Pause ein und schaue mir in aller Ruhe die Klosterkirche an. Besonders die Decke gefällt mir.

    Der Weg nach Agés ist dann sehr schön. Links und rechts des Wegs wachsen eine Vielzahl von Orchideen. Kurz vor Ages grast auf der Weide über dem Dorf eine Rinderherde. Der Weg führt hier an einigen sehr schönen Bäumen vorbei. Hier verweile ich nochmal und lasse meinen Blick über die Landschaft streifen.

    Als ich mein heutige Ziel in Agés dann erreiche stärkt sich gerade eine Gruppe Soldaten in der Gaststätte. 30-40 Soldaten und Soldatinnen der spanischen Armee machen hier wohl eine Übung. Ich hatte schon über den Tag hinweg ab und an in der Ferne mal einen Schuss vernommen. Das Ganze sieht ziemlich martialisch aus. Jeder der Soldaten hat ein riesiges Gewehr dabei. Einige sind mit Tarnfarbe geschminkt. Bis alle vom Chef der Kompanie mit Bocadillos ausgestattet sind dauert es eine Weile. Ich setzte mich derweil in eine Ecke der Gaststätte und schaue dem regen Treiben interessiert zu, bis ich schliesslich von der freundlichen Wirtin einquartiert werde.
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  • Day 18

    Agés - Burgos

    May 18, 2012 in Spain ⋅ 18 °C

    Der heutige Morgen beginnt richtig gemütlich. Ich habe prima geschlafen (man hat mich auch gelassen). Bis Burgos ist es heute ja nicht weit. Also frühstücke ich in der Herberge ausgiebig und mache mich um 7.30 Uhr auf den Weg.
    In den Tälern liegt noch Nebel, der sich aber bald lichtet.

    Nach dem ersten Dörfchen, Atapuerca, biegt der Weg von der Strasse ab. Wegtechnisch ist dieses kurze Stück hinter dem Örtchen ein echtes Highlight seit Obanos. Ist es doch nicht wie sonst ein dröges dahinschlendern auf breiten Wirtschaftswegen (bevorzugt in Strassennähe).
    Nein – der Weg heute nimmt einen Knick und führt auf natürlichem, etwas felsigem Untergrund hinauf auf das Hochplateau von Matagrande. Wie ich dass geniesse. Auch die Aussicht ist herrlich. Beim Aufstieg kann ich über den Nebel hinaus auf die Kuppen der umliegenden Berge sehen. Diese sind oft mit Windrädern bestückt.

    Oben dann auf dem Hochplateau kann man dann bis Burgos sehen. Beim Abstieg ist die Aussicht nochmal so schön. Auf dieser Seite des Berges hat sich auch der Nebel bereits verzogen. Das Ziel des Tages habe ich also bereits vor den Augen. Der Weg bis Burgos zieht sich allerdings noch ein Stück.
    Kurz nach der Hochebene teilt sich der Weg. Ich wähle die vom Paneau empfohlene Variante und bin auch sehr glücklich damit.

    Am Rand eines Dorfes steht ein uralter schrottreifer Doppeldeckerbus mit einer Duscholux Werbung. Wie der wohl aus Deutschland hierher gekommen ist.
    Kurz nachdem man die Autobahn überquert hat teilt sich der Weg ein zweites Mal. Mein Reiseführer empfiehlt hier eine Variante, die nicht so durch die Industriegebiete von Burgos führen soll. Diese Variante führt mich um den Flughafen herum zur bereits bekannten N-120. Wirklich schön ist diese Variante auch nicht. Zumindest kann ich es noch ein ganzes Stück vermeiden auf Teer zu laufen. Die Vororte entlang der lärmenden N-120 sehen ziemlich heruntergekommen aus. Nachts möchte ich hier nicht allein unterwegs sein.

    In eine große Stadt hinein zu wandern ist immer ungewohnt. Es geht so turbulent zu. Ich muss sehr auf den Verkehr achten. An einer Tankstelle kaufe ich mir ein Eis, welches längst verputzt ist, ehe ich das Zentrum erreiche.
    In der Stadt schaue ich mir natürlich zuerst die Kathedrale an. Was für ein Protzbau. Die Vielzahl von Schnörkeln, Erkern, Giebeln, Stuck, Figuren, Glas und Gold. Man weiß gar nicht, wo man hinsehen soll. Ich bin etwas erschlagen. Vermutlich ging es des Leuten früher genau so und der Effekt ist beabsichtigt. Es ist auf alle Fälle unmöglich, diese Kathedrale auch nur ansatzweise in der Zeit in ihrer Gänze zu sehen, die mir zur Verfügung steht.

    Ich setzte mich in eine Tapas-Bar und schreiben Postkarten. Ein paar gesammelte Souveniers schicke ich ebenfalls nach Hause. Das erleichtert meinen Rucksack immerhin um 400g.
    Welch ein Zufall: Auf dem Weg zur Post treffe ich auf einen österreichischen Wanderer, den ich vom Sehen her aus dem letzen Jahr, von der Via Podiensis, kenne.
    Ich bummle noch etwas durch die Altstadt und schaue mir die Gebäude und Denkmäler der Stadt an. Besonders gefallen mir die Glasbalkone oder Fenster an vielen Gebäuden.
    Den Tag lasse ich auf einer netten Bank am Flussufer unter Plantanen ausklingen.
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  • Day 19

    Burgos - Hontanas

    May 19, 2012 in Spain ⋅ 12 °C

    Heute Morgen sind die meisten umsonst früh aufgestanden. Die Herbergstür ist nämlich verriegelt und wird erst 06.30 Uhr geöffnet. Viele Wanderer warten im Aufenthaltsraum darauf auf die Strecke zu können. Ein junges Päärchen ist sehr aufgeregt. Die beiden müssen ihren Bus für den Rückweg bekommen. Irgendwann findet jemand heraus, dass man das Haus über die Dachterasse, wo man die Wäsche aufhängen kann, über eine Treppe verlassen kann. Da ist ein Knopf, der die dort ebenfalls verriegelte Tür öffnet.

    Wie bei einer riesigen Stampede stürzen die Leute aus der Herberge heraus.
    Kurz nach dem Start beginnt es etwas zu tröpfeln. Also wird erstmal wieder der Rucksack verpackt. Der Wetterwechsel hatte sich schon gestern Abend angekündigt. Am Mittag war es zwar noch heiß, gegen Abend allerdings zog sich der Himmel schnell zu.
    Der Weg hinaus aus Burgos ist wesentlich angenehmer als hinein. Ich habe das Gefühl ruckzuck aus der Stadt draussen zu sein. In den Gräsern am Wegesrand sucht jemand nach Schnecken. In dieser Gegend wohl ebenfalls eine Delikatesse.

    In Tardajos kehre ich in eine Bar ein und kaufe mir ein Salamibrötchen und ein Coissant. Zweites Frühstück.
    Endlich geht es auch von der Strasse und der Autobahn weg. Stille. Leicht aufsteigend führt der Weg durch ein schönes Tal an Getreidefelder vorbei. Ab und an habe ich schöne Aussichten auf die kommenden Wegabschnitte. Zum Beispiel herunter nach Hornillos del Camino.

    Hinter dem Ort, so hat man mir jemand erklärt, beginnt dann die Meseta…der „Tisch“. Eine Hochebene. Im Grunde eine sehr flache Agrarlandschaft. Was habe ich da vorher gelesen: unendlich, potteben, baumlos. Alles ein wenig übertrieben. Der Weg führt durch eine ganz sanft hügelige Landschaft. Bäume gibts reichlich, allerdings nicht am Weg, dieser ist schattenlos. Links und rechts nutzen Windräder die über die Landschaft streifenden Winde. Am nördlichen Horizont kann ich die Berge gut sehen. Für mich ist diese Agrarwüste nicht halb so eindrücklich, wie sie ab und an beschrieben wird, aber es ist schön mal von der Strasse weg zu sein und die Stille zu geniessen und einfach mal den vielen Vögeln zu lauschen, die hier in den Feldern zwitschern.

    Es regnet. Der Weg ist durch die Feuchtigkeit etwas matschig geworden. Bei San Bol wird der Schauer stärker und anhaltender. Ich hole schnell meinen Schirm aus dem Rucksack. Allerdings weht auch ein ganz schöner Wind. Der Regen kommt fast waagerecht daher und mein Schirm hat auch schon bessere Tage gesehen und ist ziemlich ausgeleiert.
    In einer Senke taucht dann unvermittelt (abgesehen von einigen Werbetafeln) das Ziel der heutigen Etappe auf: Hontanas.

    Ich erreiche den Ort kurz von 13 Uhr. Das ist gut, denn später setzt noch stärkerer Regen ein. Viele Wanderer in Regenausrüstung passieren meine Herberge bei strömendem Regen. Die gehen wohl weiter bis Castrojeriz.
    Ich habe bisher gute Erfahrungen gemacht, einfach da zu bleiben, wo ich um 13 Uhr bin. Bisher hatte ich eingentlich noch keine Probleme, eine Unterkunft zu finden. Allerdings habe ich schon oft erlebt, dass Leute, die erst später eintrafen abgewiesen wurden.
    Abends kucke ich mir gemeinsam mit einigen anderen das Spiel Bayern gehen Chelsea an. Da das Spiel bis zum Elfmeterschiessen geht, werde ich heute nicht mehr allzulange schlafen können.
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