Camino Frances 2012 Read more
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  • Day 1

    Navarrenx - Leon (Anreise)

    May 1, 2012 in France ⋅ ⛅ 16 °C

    Heute Morgen hat mich mein Vater um 05.15 Uhr von Zuhause abgeholt, um mich mit dem Auto nach Straßburg zu fahren. Von dort aus will ich mit dem TGV zurück nach Navarrenx fahren, dem Startpunkt meiner diesjährigen Reise. Ich habe einen Moment gebraucht, um mich im Bahnhof zu orientieren und hätte fast vergessen ein paar Fotos zu machen. Die Anreise zurück nach Navarrenx werde ich in diesem Jahr mit der Bahn absolvieren.

    Ohne Zwischenhalt rast der TGV zunächst nach Paris. Er fährt nicht immer so schnell, wie ich mir das gedacht habe, aber auf einigen Abschnitten merkt man, dass der Lokführer richtig Gas gibt. Durch weite Felder rauscht der fast leere Zug dahin.

    Pünktlich erreiche ich den Bahnhof Gare de l´Est in Paris. Weil ich hier nur 50 Minuten Zeit habe, um den Kopfbahnhof Montparnasse in Paris zu erreichen, habe ich mich zuvor Zuhause im Internet so gut es geht, auf diesen Umstieg vorbereitet, habe Pläne studiert, Laufskizzen gemacht und mir alle Ticktes parat gelegt. Es geht auch alles super. Als wenn ich schon 100x da gewesen wäre finde ich meinen Weg. Den Automat für die Metro kenne ich jedoch nicht und so muss ich erstmal sehen, wo die Karte eingeschoben wird und, vor allem, wo sie wieder rauskommt. Die Gänge zu Pariser Metro sind oft schmal und verwinkelt. Ein Junkie sitzt auf dem Boden und verrichtet seine Notdurft mitten auf dem Gang. Alles ist recht schmuddelig hier. Auch die Haltestangen in der Metro fühlen sich irgendwie fettig an. Um 10.01 Uhr, also 26 Minuten nach der Ankunft am Gare de l´Est komme ich am Gare Montparnasse an. Mein TGV fährt auf Gleis 8. Diesmal ist der Zug viel voller. Ich muss zu meinem Wagen auch ein ganzes Stück laufen, da der Zug eigentlich aus zwei aneinandergekoppelten TGVs besteht, die wohl in Portiers getrennt werden.

    Im TGV sehe ich die Landschaft erneut an mir vorbeisausen. Hier muss es die letzten Tage sehr geregnet haben. Viele Felder und Wiesen sind überschwemmt. Das Wetter über der Landschaft wechselt ständig. Mal ist es wolkig, mal völlig bedeckt, dann lacht wieder die Sonne von einem strahlend blauen Himmel.
    Trotz das ich 1. Klasse gebucht hatte, kann von Beinfreiheit im TGV nicht unbedingt die Rede sein. Mein Platz ist so, dass mir ein anderer Reisender gegenüber sitzt. Es ist schwer, die Beine aneinander vorbei zu bekommen, ohne irgendwie schief im Sitz zu sitzen.

    In Orthez rufe ich mir dann ein Taxi, das mich das letzte Stück nach Navarrenx bringt. Das klappt auch ganz gut, denn am Bahnhof gibt man mir einige Adressen lokaler Taxiunternehmen. Allerdings bin ich wohl an ein Schlitzohr gekommen. Ich weiss nicht, ob er versucht mich zu bescheissen. Ich weise ihn darauf hin, dass er am Feiertag wohl „Sonntagstarif“ berechnen kann, ich aber nicht bereit bin, jetzt, kurz vor 18.00 Uhr auch noch den Nachtzuschlag zu berappen. Dieser war nämlich am Taxameter ebenfalls eingestellt. Die Kosten fürs Taxi sind dann trotzdem recht happig und entsprechen in etwa den Kosten des TGV Tickets (1.Klasse) von Straßburg bis Paris.

    Ich bin also wieder zurück in dem Städtchen, in dem ich meine Reise 2011 unterbrochen habe: Navarrenx.
    In der Herberge angekommen organisiert mir die sehr nette Herbergswirtin noch ein Abendessen in der Stadt in einem kleinen Lokal am Kirchplatz. Ich haue richtig rein, auch wenn die Pommes fast roh sind. Mit mir am Tisch sitzten drei Wanderinnen aus Frankreich. Die Wirtin (zumindest glaube ich das sie das ist) erklärt uns sehr ausführlich die Geschichte der kleinen Stadt. Für alle am Tisch ein netter Abschluss des Tages.

    Ich freue mich allerdings als ich, zurück in der Herberge, endlich mal meine Beine ausstrecken darf. Auch, wenn ich ja noch keinen Kilometer gelaufen bin.
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  • Day 2

    Navarrenx - Oloron-Sainte-Marie

    May 2, 2012 in France ⋅ ⛅ 19 °C

    Das Frühstück in der Gite Charbelle war klasse. Zusammen mit den französischen Damen mache ich mich auf den Weg zum örtlichen Supermarkt. Dort kaufe ich noch ein Baguette für den Weg.

    Das Wetter ist einfach super heute: Fast wolkenloser Himmel. Von Navarrenx aus nehme ich den Weg in Richtung Gurs.
    Eigentlich führt ja der Weg nicht durch Gurs, sondern verläuft auf der anderen Seite des Flusses. Ich aber möchte diesen Ort besuchen, an den doch an so prominenter Stelle in Freiburg erinnert wird. Ich bin jetzt von Freiburg bis hierher gelaufen, also finde ich das irgendwie selbstverständlich. Eine ganze Weile muss ich an der Strasse entlang, bzw. auf der Strasse laufen. Das Dorf Gurs „ist“ eigentlich eine Strasse. Denn die Häuser des Ortes ziehen sich kiometerweit entlang der Dorfstrasse.
    Am Ende diese langen Strasse befindet sich dann die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Gurs. Ich besichtige die Gedenkstätte und besuche den Friedhof. Hier, über 1500 KM von Zuhause entfernt, sind tatsächlich Menschen aus Müllheim begraben. Das sind gerademal 5 KM von meinem Wohnort.

    Um wieder auf den Weg nach Oloron zu kommen, muss ich wieder ein Stück durchs Dorf zurücklaufen. Dann wechsle auch ich auf die andere Flussseite. Auch der weitere Weg verläuft heute fast ausschliesslich auf kleinen Strässchen durch winzige Dörfer mit oft halbverfallenen Höfen. Hier und da klefft mich ein Hund an. Ich muss ein wenig aufpassen, das ich mich nicht verlaufe. Mein Reiseführer beschreibt zwar diese Übergangsetappe ausführlich, allerdings ist der Weg nicht markiert. Um also von der Via Podiensis auf den Chemin d´Arles zu wechseln muss ich mich also voll auf diese Angaben verlassen.

    Die Aussicht auf die Pyrenäenkette ist einfach fantastisch. Immer näher komme ich den Bergen. Mittlerweile meine ich klar ausmachen zu können, wo das Tal ist, das mich zum Somportpass führt. Auch hier ist viele Felder noch teilweise überschwemmt. Von den Bergen hier zieht schlechtes Wetter auf. Die Einheimischen meinten, ein klarer Blick auf die Berge kündige oft schlechtes Wetter an. Ich hoffe jedoch, dass sich das Wetter noch ein wenig so hält.
    Kurz nach 16.00 Uhr erreiche ich mein Ziel: Oloron-Sainte-Marie. Ich lasse mir im Office de Tourisme schnell den Weg zur Herberge erklären. Dann schaue ich mir die Kathedrale aus dem 11. Jahrhundert an. Vor allem das Eingangsportal ist beeindruckend.
    Die heutige Herberge „Relais du Bastet“ sieht auch super aus. Vor allem die Küche ist toll ausgestattet. Da werde ich wohl heute Abend selbst den Kochlöffel schwingen.
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  • Day 3

    Oloron-Sainte-Marie - Accous

    May 3, 2012 in France ⋅ ⛅ 17 °C

    Der Stadtplan, den ich gestern im Office de Tourisme erhalten habe, ermöglicht es mir, den besten Weg heraus aus der etwas verwinkelten Stadt zu finden. Von einem schönen Panoramaweg über der Stadt schiesse ich noch einige Fotos. Dann gehts wieder raus aufs Land.

    Kleine Strässchen wecheln mit Waldpfaden. Letztere haben es in sich, denn der Boden ist völlig aufgeweicht und sehr matschig. Wenn ich nicht aufpasse, wo ich hintrete, bin ich ruckzug bis zum Knöchel eingesunken.
    In einem kleinen Weiler werde ich von einem Hund gestellt, der mir knurrend und bellend fast 500m folgt.

    Der Weg führt mich entlang der Aspe. Der kleine Fluss ist mitunter reissend. Türkis-blau rauscht er hinab ins Tal. Getrübt wird die schöne Kulisse lediglich durch den Schwerlastverkehr, der auf der Strasse durchs Tal rollt. Unter dem Pass gibt es einen Tunnel, der Frankreich mit Spanien verbindet. Transportiert werden, den Lastwagen nach zu urteilen, hauptsächlich Baustoffe.

    Der Weg heute ist nicht so einfach zu gehen als gestern. Irgendwie erinnert er mich zeitweise an meine Wanderung in der Wutachschlucht 2011. Immer wieder geht es rauf und runter. Mal ist man ganz nah am Wasser, dann geht es wieder ein Stück weg.
    Auf den nassen Steinen muss ich zusehen, dass ich nicht ausrutsche.

    In Bedous hole ich mir im Office de Tourisme den Code für die Herberge auf dem Pass. Das soll wohl eine Art unbewirtete Skihütte sein. Die Tür ist mit einem Zahlencodeschloss versehen. Den Code werde ich morgen brauchen.
    Inzwischen ist auch meine Flasche geleert, die ich in Bedous am Dorfbrunnen fülle. Danach mache ich erstmal eine kleine Rast. Bis Accous ist es auch nicht mehr weit. Allerdings komme ich kurz vom Weg ab. Statt links um einen Berg herum, gehe ich rechts über Viehweiden halb über den Berg. Aber im Grunde ist das kein Problem, da man sich in dem Tal eh nicht verlaufen kann und das Dorf, nachdem ich einen kurzen Anstieg hinter mich gebracht habe, auch schon in Sicht ist.
    Untergebracht bin ich zusammen mit einer Wandergruppe in einer sehr netten Herberge. Das von der Wirtin selbst gekochte Essen, insbesondere eine Art Gemüseeintopf mit weissen Bohnen, schmeckt einfach herrlich.
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  • Day 4

    Accous - Col de Somport

    May 4, 2012 in Spain

    Schon vor Wochen habe ich darauf gehofft, dass ich den Pass scheefrei überwinden kann. Zwei Wochen vor Tourstart war auf dem Somport noch eine nahezu geschlossene Schneedecke, die mich dazu gezwungen hätte, ausschließlich auf der Straße zu bleiben.
    Glücklicherweise hat es die letzte Woche getaut.
    Heute Nacht hat es jedoch ein Unwetter gegeben. Es hat gestürmt und geregnet. Als ich kurz nach 8.00 Uhr die Herberge verlasse tröpfelt es noch etwas.
    Bald darauf setzt allerdings erneut Regen ein und so hole ich meine Regenjacke aus dem Rucksack und schütze diesen mit einer Regenhülle.
    Ich wirklich froh, einen Schirm mitgenommen zu haben. Bis zum Mittag regnet es immer heftiger, so dass mir der Schirm wirklich gute Dienste leistet, zumindest unten im Tal, wo der Wind noch nicht so bläst.

    Einen Großteil der Strecke muss ich heute dann zunächst doch „auf“ der N1 zurücklegen. Dies ist die Strasse, die zum Tunnel und zum Pass hinauf führt. Das Laufen auf der Strasse bekommt mir wiedermal garnicht. Unangenehmer ist es jedoch, dass unablässig Lastkraftwagen die mitunter sehr enge Strasse hinauf und hinunter rauschen. Dabei verhalten sich nicht alle Fahrer rücksichtsvoll gegenüber den Wanderern. Der Seitenstreifen, sofern überhaupt vorhanden, ist extrem schmal. Manche Brummis rasen in einem fast halsbrecherischen Tempo ins Tal herab. Wann immer möglich meide ich die Strasse, auch wenn die Wege heute eher kleinen Bächen gleichen. Alles ist schlammig und nass.

    Auf halber Strecke erreiche ich den Ort Urdos. Die Wandergruppe aus der Herberge hat es heute Morgen vorgezogen, bis hierher den Bus zu nehmen. Auch wenn das für mich nicht in Frage kommt kann ich es den Leuten heute nicht verdenken. In Urdos gibt es einen hübschen kleinen Laden in dem es alles zu kaufen gibt, was man benötigt, um sich zu verpflegen. Man muss allerdings bis 12.30 Uhr dort sein, da der Laden sonst schliesst. Ich bin 11.30 in Urdos und kaufe mir noch ein frisches Baguette.

    Ein ganzes Stück nach Urdos biegt der Weg dann endlich von der Strasse ab. Die letzten 9 Kilometer bis zum Gipfel wandere ich auf einem schönen Pfad dem Pass entgegen. Es ist sehr windig geworden. Den Schirm kann ich jetzt leider kaum noch gebrauchen.
    Kurz vor dem Gipfel huschen einige Gemsen durch die Büsche. Als mein Weg unterhalb des Col de Somport wieder auf die Strasse trifft, kommt gerade die Wandergruppe die Strasse hochgelaufen. Die Gruppe möchte bis zum Gipfel weiter der Strasse folgen. Ich schlage weiter den Fußweg ein. Dieser ist auch ganz gut zu gehen. Über ein paar Schneebretter hinweg erreiche ich schliesslich den Gipfel auf 1640 Metern.

    Ich betrete ganz kurz spanischen Boden, um mich zu erkundigen, wo ich die Skihütte finden kann. Diese liegt auf französischer Seite wieder etwas unterhalb des Passes.
    Die Herberge ist heute spartanisch. Hier oben ist es saukalt und die Herberge ist nicht geheizt. Ich bin alleine hier oben denn die Wandergruppe übernachtet wohl schon auf spanischer Seite. Ich kapiere erst gegen Abend, wie ich die verflixte Heizung einschalte. Auf der Rückseite der Elektroheizungen befindet sich ein kleiner Schalter. Das kapiere ich aber erst gegen 20.30 Uhr. Seit Stunden liege ich in meinem Schlafsack, denn das ist der einzige warme Platz bis dato. Nachdem aber die Heizung in meinem Zimmer funktionert wirds gemütlicher.
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  • Day 5

    Col de Somport - Jaca

    May 5, 2012 in Spain ⋅ 12 °C

    Bin heute um 07.15 Uhr aufgestanden. Weil ich vergessen habe Kaffee zu kaufen, bzw. den Kaffee mitzunehmen, den ich Zuhause bereits gekauft hatte, gibts zum Frühstück heute…nichts.
    Dafür bin ich heute richtig froh, Handschuhe und Halstuch mitgenommen zu haben. Hier oben ist es am Morgen arschkalt. Der schneidende Wind pfeift durch die spärlichen Bäume. Mein rechtes Bein macht mir etwas Probleme. Angefangen hat das alles gestern beim kurzen Abstieg herunter vom Pass zurück zur Herberge. Ein plötzlicher Schmerz im rechten Bein, der sich seitlich von der Wade bis zum Oberschenkel zieht. Fühlt sich an die eine Bänderdehnung.
    Kurz nach dem Aufstehen ist es zwar besser als gestern Abend, nach wenigen Schitten ist der Schmerz jedoch wieder da.

    Der Weg auf der spanischen Seite des Passes ist wesentlich schöner als der auf der französischen Seite.
    Auf der Strasse laufen muss ich nur noch sehr selten. In Candanchú, einem Skiort der jetzt im Frühjahr einer Geisterstadt gleicht, steht eine Stehle. Diese weist bis Santiago de Compostela eine Strecke von 857 KM aus. Ich überquere eine Strasse. Auf der anderen Seite steht erneut eine Stehle: Noch 855 KM. Na so schnell habe ich noch nie 2 KM zurückgelegt. Zumal die erste Stehle noch in Sicht- bzw. Wurfweite ist.

    Nach 6 KM Abstieg erreiche ich Canfranc-Estacion. Auch eine komische Kulisse: Der Ort beherbergt einen riesigen Bahnhof. In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts wahr dieser wohl der größte Bahnhof in Spanien und der zweitgrößte in ganz Europa. Ein gigantisches Gebäude aus Stahl, Steinen und Glas, welches, seiner Funktion beraubt, vor sich dahinrottet.
    Heute fährt nämlich kein Zug mehr durch den einstigen Eisenbahntunnel des Passes. Die Bahnstrecke wurde auf französischer Seite zu Gunsten der Strasse unterbrochen. Der Ort lebt wohl heute ebenfalls nur noch vom Wintertourismus.
    Im örtlichen Supermercado kaufe ich mir zwei Schokoriegel – Frühstück. Mein erster Einkauf in Spanien.

    Kurz vor Villanua fängt es wieder an zu regnen. Heftig, aber zum Glück nur sehr kurz. Mein Schirm leistet mir wieder gute Dienste. Nach dem Ort treffe ich auf ein französisches Wanderpaar. Christoph und Ivette. Auch diese sind in Richtung Jaca unterwegs.
    In Castiello de Jaca mache ich, des Beins wegen, nochmal eine Pause.
    Als ich in Jaca einlaufe feiert eine Gruppe spanischer Mädels auf der Plaza vor der Kirche gerade einen Junggesellinnenabschied (oder so). Ich werde schnell zu einen Schluck Wein eingeladen.
    Ich quartiere mich in der städtischen Pilgerherberge ein und mache einen kleinen Stadtbummel, bei dem ich auch eine elastische Binde für mein lädiertes Bein kaufe.
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  • Day 6

    Jaca - Arres

    May 6, 2012 in Spain ⋅ 14 °C

    Um 08.15 Uhr verlasse ich die Herberge in Jaca. Heute habe ich mir einen Kaffee gemacht. Den gibts zusammen mit ein paar Keksen zum Frühstück.
    Heute ist ein sonniger Tag. Aber von Norden her weht ein kalter Wind. Ersteinmal aus der Stadt heraus ist der Weg sehr reizvoll, hat man doch eine tolle Aussicht auf die verschneiten Pyrenäen. Ab und an muss man auch mal an der Strasse entlang gehen, aber i.d.R. auf einem gut markierten Fußpfad „neben“ und nicht „auf“ der Strasse.

    In Santa Cilia mache ich Rast und fülle meine Flasche auf. Ein wirklich hübscher Rastplatz.
    Dann gehts weiter am Rio Aragon entlang. Immer noch azurblau rauscht das Wasser dahin. Vor Arres muss ich nochmal 100 Höhenmeter überwinden. Was für eine Schmach. Da wo ich sonst hochfliegen würde, kämpfe ich mich nun Schritt für Schritt nach oben.
    Der wunderbare Weg schlängelt sich durch Wachholder und andere Büsche, die ich für Berberitzen halte. Wieder ist die Aussicht herrlich.

    Als ich in Arres ankomme werde ich von Vanessa, der Hospitalera, herzlich begrüßt. Hospitaleros/Hospitaleras sind freiwillige Helfer der Pilgerherbergen, die sich dort, für Kost und Logis, einige Wochen um die Herberge und die Wanderer kümmern.
    Vanessa hat seit August 2011 die Herberge betreut. Pascal, wohl der Betreiber der Herberge, hat gerade gekocht: Spaghetti mit Thunfisch und Tomatensoße. Dazu Thunfischsalat und Wurst.
    Ungeduscht werde ich mit an den Tisch gebeten (es ist noch niemand sonst hier) und ich stille meinen großen Hunger.

    Nach und nach treffen weitere Wanderer ein. Auch einige, die ich bereits aus Jaca kenne. Christoph und Ivette, der Koreaner Savio und der Italiener Kevin. Gegen Abend trifft noch eine 8-köpfige Gruppe ein. Die Herberge hat gerade 18 Betten und ist somit nun so brechend voll, dass einige Notlager eigerichtet werden muessen.
    Am Abend führt uns Vanessa noch in die kleine Kirche des kleinen Örtchens, das uralt ist und noch die Reste eines alten Burgturms aufweist. Von einem Felsen am Rand des Dorfes geniesse ich nochmals die phantastische Aussicht auf die Berge, welche am Horizont im sanften rot des Abends schmimmern.
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  • Day 7

    Arres - Ruesta

    May 7, 2012 in Spain

    Ich hatte meinen Rucksack schon am Vorabend gepackt. So komme ich nach einem knappen Frühstück um 07.15 Uhr auf die Strecke. Der Weg geht heute ersteinmal eine Weile eben dahin, was mir sehr entgegenkommt. Es geht durch die Felder an kleinen Dörfchen vorbei. Ab und zu muss ich eine Furt durchqueren. Dort, wo die Wanderer früher auf Steinen über die Bächlein balancieren mussten, sind heute überall neue Brücken gebaut worden.

    Die Landschaft mutet heute mitunter bizarr an. Ähnlich wie bei den Abraumhalden des Kalibergbaus hat die Erosion hier Landschaften geschaffen, die einer Mondlandschaft gleichen. Vegetationslose Gebilde aus Stein und Sand.
    Gegen Mittag muss ich mich entscheiden, ob ich, um meine Flasche nochmal zu füllen, in ein Dorf aufsteige. Des Beins wegen entscheide ich mich dagegen. Das ist die richtige Entscheidung. Auf den verbleibenden Kilometern komme ich mit dem restlichen Wasser gut hin.

    Der letzte Abschnitt des heutigen Weges führt auf einem herrlichen Pfad durch ein Wäldchen, in dem wilde Olivenbäume wachsen. Die Natur gibt heute sowieso einiges her: Am Wegesrand stehen immer wieder Orchideen.
    Um kurz nach 14.00 Uhr laufe ich in Ruesta ein.
    Ruesta ist ein verlassenes und völlig zerfallenes Dorf. Die Bewohner haben den Ort nach dem Bau des hiesigen Stausees verlassen. Ohne die überschwemmten Felder fehlte die Lebensgrundlage.

    Der See soll jetzt erweitert werden, wogegen alle Gemeinden im Umland protestieren „YESA NO!“. Als Symbol des Protests kann man blaue Steine, die entlang des Weges ausliegen, von einem Ort zum nächsten tragen.
    In Ruesta gibts also nur noch die Herberge. Diese ist jedoch sehr modern. Allerdings mangelt es ewas an Duschen. (62 Betten / 4 Duschen). Aber mir macht das nix, denn ich war ja relativ früh da. So spule ich also das übliche Prozedere ab: Einchecken (Credencial stempeln, Ausweis zeigen, zahlen), Duschen, Waschen, Relaxen bis zum Abendessen.
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  • Day 8

    Ruesta - Sangüesa

    May 8, 2012 in Spain ⋅ ☁️ 17 °C

    Da es in Ruesta Frühstück erst ab 08.00 Uhr gibt, entschliesse ich mich, anstatt dessen ein Lunchpaket mitzunehmen. Heute möchte ich sehr zeitig aufbrechen. Einen Wecker zu stellen ist aber erneut nicht nötig. Schon sehr früh werde ich durch andere Wanderer geweckt, die noch früher aufbrechen. Meinen Rucksack habe ich wie immer abmarschbereit hergerichtet. Ich bin also gleich auf dem Weg.

    Draussen dämmert es gerade.
    In der Herberge konnte ich meine Flasche nicht füllen, die Wasserhähne waren einfach zu tief. Mein Reiseführer weist aus, dass es einige Meter nach der Herberge eine Trinkwasserquelle gibt. Also laufe ich ohne Wasser los. Die Quelle, besser der Brunnen, ist auch da, aber das Wasser ist abgestellt.
    Also bleibt mir heute erstmal nur das zu trinken, was sich in der Lunchbox der Herberge befindet: Zwei kleine Tetrapacks. Einer mit Schoki und einer mit Orangenlimonade.

    Nach wenigen Schritten beginnt es zu tröpfeln. Der Regen verstärkt sich und wird bis ins Ziel anhalten.
    Gleich zu Beginn muessen 300 Höhenmeter überwunden werden. Nach einer ganzen Weile und vielen Kehren erreiche ich schliesslich den Gipfel. Ich weiss nicht, wie oft ich auf diesem Abschnitt getäuscht wurde vom Eindruck, nach der nächsten Kehre MUESSE doch der Gipfel erreicht sein.
    Die Aussicht hier oben muss bei schönem Wetter vermutlich herrlich sein. In den Regenwolken kann ich leider nicht sehr weit sehen. Trotzdem ist die karge Landschaft hier oben sehr eindrücklich. Der immer noch anhaltende Regen hat den Boden völlig aufgeweicht. Auf dem Matsch rutsche ich talwärts. Für jeden Schritt (ca. 75 cm) gibts 5 cm gratis. Ich muss zusehen mich nicht flach hinzulegen.

    Die Schuhe sind durch den ganzen daran klebenden Matsch doppelt so schwer als sonst. Das geht heute kilometerweit so. Wie über Eis gleitet man auf zwei matschigen Klumpen durch die Landschaft. Ab Undues wird der Weg dann ebener. Auch der Untergund ist anders. Auf dem Abstieg vor dem Dorf gehts ein kurzes Stück über Felsen dahin. Danach führt der Weg über weniger matschige Feldwege in Richtung Sangüesa. Hier verlässt der Weg die Spanische Region Aragon und wechselt über in die Region Navarra. Ich werde diese Region als nass aber schön in Erinnerung behalten.
    Um 12.08 komme ich gemeinsam mit Kevin dem Italiener in Sangüesa an. Dort muss ich erstmal warten bis die Herberge öffnet. Dies sollte laut Aushang um 12.00 Uhr geschehen. Kurz nach 12.30 Uhr findet sich der Herbergsverwalter dann ein. Wie ich später erfahre ist der Herr wohl geistig etwas zurückgeblieben. Das einchecken dauert (pro Person) ca. 20 Minuten. Ständig quasselt er endlose Monologe auf spanisch, die keiner der Anwesenden versteht. Alles muss genau nach seinem Plan ablaufen: Rucksack hier, Schuhe da. Hier hinsetzten, dort hinstehen… Gestern hatte er wohl € 5,- zu viel in der Kasse, wie mir eine mittlerweile eingetroffene Wanderin erklärt. Eine echte Zumutung. Es ist einfach lächerlich. Da kommt man „nass“ und erschöpft am Ziel an und muss 40 Minuten warten, bis man duschen und seine Sachen versorgen kann, obwohl nur „zwei“ Leute vor einem sind. Der Typ hätte einen 1A Verwaltungsangestellten abgegeben, zudem rückt er Wanderinnen näher, als denen offensichtlich lieb ist. Zum Glück betreut der Typ eine Pilgerherberge und baut keine Kraftwerke oder ist sonstwie zuständig für das Drücken roter Knöpfchen.

    Das Abendessen entschädigt dann für die Strapazen des Tages. Ivette, die Französin, hat während der Etappe wilden Spargel gefunden und gesammelt. Den gibts jetzt geschmort in der Pfanne mit Eiern und etwas Schinken. Schmeckt total lecker.
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  • Day 9

    Sangüesa - Monreal

    May 9, 2012 in Spain ⋅ ☀️ 23 °C

    Schon beim ersten Blick aus dem Fenster stelle ich fest, dass der heutige Tag warm und sonnig sein wird.
    Um kurz vor 07.00 Uhr breche ich in Sangüesa auf. An einer stinkenden Fabrik (Müllverbrennungsanlage?) vorbei geht es schnell aus der Stadt heraus. Danach steigt der Weg an. Heute geht es zunächst einmal hinauf auf die Alto de Aibar. Wieder eine herrliche Aussicht. Ich schiesse einige Fotos…und vergesse am Pass meine Wasserflasche.

    Auf den Gebirgskämmen stehen überall Windkrafträder. Hunderte ziehen sich heute entlang des gesamten Weges. Aus der Ferne kann ich das leise brummen der Generatoren hören. Die Flügel werfen lange Schatten auf die an den Hängen liegenden Felder und Weiden.
    Nach einem kurzen aber knackigen Abstieg gehts wieder hinauf zur Alto de Loiti. Ich bin so vertieft in das Gespräch mit meinem koreanischen Mitwanderer Savio, dass wir beide den Abzweig verpassen und erstmal eine dreiviertel Stunde verkehrt laufen – stets bergan.
    Als wir das realisieren drehen wir um und laufen bis zum Abzweig zurück. So habe ich heute enorm Zeit verloren. Ganz zu schweigen von den vielen zusätzlichen Kilometern. Aber das Stück Spanien, welches ich mir heute quasi zusätzlich angesehen habe, nehme ich halt einfach als Bonus mit. Problematischer ist für mich die Sache mit dem Wasser.

    Endlich auf dem richtigen Weg gebe ich etwas Gas. Bald ist die Alto de Loiti erreicht. Eine Kuhherde grast hier oben zwischen den Bäumen. Ein Esel und ein Maultier dösen in der Sonne.
    Der Weg hinunter nach Izco zieht sich dann etwas. Mein Durst ist mittlerweile brennend. Als ich das Dorf schliesslich erreiche hänge ich mich erstmal unter den Wasserhahn am Dorfeingang.

    In Abinzano steht ein Kameramann an der Dorfkirche. Dieser dreht wohl eine Reportage über die Kirchen der Region und bittet mich, doch als Statist mal eben durchs Bild zu laufen. So komme ich heute also auch noch ins Navarrische Regionalfernsehen. Schade das ich die Szene nie sehen werde.
    Der Weg führt nun auf und ab durch weite Getreidefelder. Ich geniesse die Aussicht auf den Berg Higa (1288m) der wie eine gigantische Welle aus Fels über die Ebene ragt. Am Fusse dieses Berges liegt mein heutiges Etappenziel. Die Kornfelder wiegen sich im immer noch kräftigen Wind.
    In Monreal angekommen scheint die Herberge fast leer zu sein. Spät um 17.00 Uhr trifft jedoch noch eine große Gruppe Spanier ein. Nun ist rappelvoll.
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  • Day 10

    Monreal - Obanos

    May 10, 2012 in Spain ⋅ 27 °C

    Die Sonne kommt kurz vor Sieben über den Horizont. Es ist herrlich frisch. Wieder deutet sich ein warmer Tag an.

    Der Weg führt mich heute ersteinmal entlang der Flanke des Bergs Higa. Der Pfad führt, mal bergauf mal bergab, durch viel Buschwerk und wilde Olivenbäume. Das Ganze ist nicht unanstrengend, aber ich komme gut voran. Um 08.00 Uhr kann ich endlich mal meine Windjacke ausziehen und mich mit Sonnencreme einreiben. Man spürt jetzt schon die Kraft der Sonne. Was für ein Unterschied zu Vorgestern. Vom Weg aus hat man eine super Aussicht. Bis hinüber nach Pamplona kann man sehen. Nur die Autobahn in der Nähe trübt etwas die Atmosphäre.

    In Tiebas mache ich erstmal Rast. Ein hübscher Rastplatz gleich am Orteingang gleich neben einer Burgruine, sogar mit Trinkwasserbrunnen.
    In der Stadt gibt es zwei riesige Baustofffirmen, die den ganzen angrenzenden Berg Stück für Stück abzutragen scheinen.
    Der Weg nach Obanos zieht sich dann wieder ein wenig. Dafür ist die Aussicht nach Oleoz nochmal gigantisch. Ich freue mich über die vielen hübschen Orchideen entlang des Weges.

    Kurz vor Obanos liegt am Wegesrand die kleine Kirche Santa Maria de Eunate. Leute, die von St. Jean Pied de Port den Jakobsweg laufen, machen z.T. einen kleinen Umweg, nur um dieses kleine Schmuckstück zu besichtigen.

    In Obanos muss ich etwa eine Stunde warten bis die Herberge öffnet, also setzte ich mich in den Schatten und betrachte die vorbeiziehenden Wanderer. Hier trifft die von Italien kommende Via Tolosana, der ich über die Pyrenäen gefolgt bin auf den Camino Frances, der von St- Jean-Pied-de-Port kommt. Das die beiden Wege hier zusammenführen merkt man sofort. Aus Richtung Pamplona kommen Heerscharen von Wanderern, geschätzt 90% Deutsche (Am Deuter wird man sie erkennen). Daran muss ich mich erstmal gewöhnen. Wahnsinn. Wie Polonaise. Nur eben nicht von Blankenese, sondern von St. Jean Pied de Port. Die ganze Stunde bricht der Menschenstrom nicht ab....und was die hier alles mitschleppen....wahnsinn.

    In der Herberge findet später erstmal die große Rucksackerleicherungsverschenkaktion statt. Jeder versucht, sein Zeug an den Mann zu bringen, ohne irgendetwas wegschmeissen zu müssen. So kann man sich wenigstens noch mit gutem Gefühl von den teuer erstandenen Sachen trennen. Im Ort gibts nen kleinen Laden, wo ich die Sachen fürs Abendessen kaufen kann. Bis zum Abend kucke ich denn noch einigen Jungs beim Pelota spielen zu. Ich versteh zwar die Regeln nicht, aber ich bin beeindruckt, wie der Ball über die Köpfe der Spieler saust.
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