• Meine Pilgerbegleitung SwenIch denke an dich, JaninaAlbergue Alvorada Medieval

    6. Etappe:Caminha bis São Pedro da Torre

    Jun 19–20, 2024 in Portugal ⋅ ☁️ 20 °C

    Puuuh, die Nacht war anstrengend. Ich habe nicht wirklich viel und nicht gut geschlafen. Ich hatte zwei Schnarcher bei mir im Zimmer.

    Nachdem ich gestern meine erste Blase mit Blasenpflaster versorgt habe, habe ich heute morgen meine Füße mit Nylonsöckchen unter den Wandersocken angezogen (Trick von einem alten Pilgerfreund ;)) Tatsächlich machen das viele Pilger hier.

    Nachdem wir mit ein paar Pilgern einen Tee im Hostel getrunken haben, uns ganz lieb von Kerstin und den beiden südafrikanischen Frauen verabschiedeten, machten Swen und ich uns gegen 7:40 Uhr auf den Weg zum Bahnhof.

    Wir werden 12 km mit dem Zug machen und danach weiter wandern.

    Im Vilanova de Cerveira steigen wir aus und frühstücken erstmal ordentlich in einem Café. Swen empfiehlt mir die portugiesischen pastéis de Nata. Lecker! Warum habe ich sie nicht schon vorher probiert. Und dann noch zum Frühstück einen frisch gepresstem O-Saft. Besser kann der Pilgertag nicht starten.

    Wir pilgern los und laufen die gesamte Strecke am Rio Miño entlang. Schnell merke ich, dass meine linke Hüfte wieder Probleme macht. Ich habe den Rucksack eigentlich gut auf die Hüften eingestellt, sodass das Gewicht wie gewollt nicht auf den Schultern liegt. Aber für mich ist das gerade nicht so gut. Also stelle ich ein paar Gurte um und nun ist die Last mehr auf den Schultern. Mal schauen, ob das meinem Rücken gut tut. Aber irgendwas schmerzt ja immer. :) Meine Hüftschmerzen hören nicht auf und Swen versorgt mich mit ibu, damit ich meinen Rucksack nicht absetzen und meine Tabletten von unten rauskramen muss.

    Der Weg ist sehr einsam und ruhig. Es begegnen uns nur ein paar Radfahrer und 3 Pilger. Viele Pilger fahren die Strecke bis Valença und wandern von dort aus weiter.

    Bald trennen sich aber unsere Wege, weil ich ein kleines, gemütliches Hostel gebucht habe. Swen möchte weiter nach Tui.

    Ich überlege kurz, mich wieder in den Zug zu setzen und bis nach Valença zu fahren. Es ist noch sehr früh und meine gebuchte Herberge macht erst in ein paar Stunden auf. Außerdem könnten ein paar Kilometer mehr, meiner Reiseroute gut tun. Aber von Valença bis zum nächsten Hostel, in dem ich gerne schlafen möchte, ist es noch 10km. Nachdem ich jetzt 12 km mit meiner Hüfte gegangen bin, schaffe ich keine w 22km insgesamt plus noch ein bisschen Sightseeing in Valença und Tui.

    Also setze ich mich in ein schmuddeliges Café direkt neben meine Hostel. Mit dabei nun ein 63jähriger Amerikaner und ein älteres israelisches Pärchen. Ich lerne mich langsam zu öffnen :) Wir unterhalten uns ein bisschen und es fängt an, stark zu regnen. Da bin ich doch froh, dass ich nicht weitergegangen bin.

    Um 14 Uhr können wir im Hostel einchecken. 12,95 km heute gepilgert. Nicht viel. Aber ich höre auf meinen Körper.

    Eine ganz liebe Besitzerin öffnet uns die Tür und zeigt uns unsere Schlafplätze. Eine 60jährige Frau aus Amerika bezieht alleine ein Doppelzimmer. Und ich bekomme mit zwei älteren Männern den Schlafsaal gezeigt. Oh nein, das schaffe ich nicht noch eine Nacht. Obwohl wir uns gut verstehen, frage ich, ob noch ein weiteres Doppelzimmer für mich alleine frei wäre. Ja, es ist noch eins frei. Yeah!!! Ich beziehe mein Doppelzimmer und es stellt sich direkt doppelte Freude ein. Neben unserem Hostel ist eine Post, in der ich gleich ein paar Sachen nach Deutschland schicken kann.

    Nachdem nun aber die Sonne noch ein bisschen rausgekommen ist, setze ich mich ein paar Minuten an den Pool und lasse meine Füße im kalten Wasser erholen. Dabei probe ich, ob mein Kindle auch mit nach Deutschland geschickt werden kann. Ja, kann es. Ich kann auf dieser Reise auch gut auf meinem Handy lesen. Da es in den nächsten Tagen sehr warm werden soll, muss ich auch meine Tafel Schokolade aufessen :) Wieder Gewicht im Rucksack gespart. Was man nicht alles für seinen Rücken tun miss ;)

    Als die Wolken wieder mehr werden, gehe ich aufs Zimmer und schaue, was alles nach Deutschland geschickt werden kann. Kurz überlege ich noch mit der Besitzerin des Hostels, ob ich meine Trekkingsandalen bei den warmen Temperaturen benötigen werde. Aber wir entscheiden uns beide dagegen. Auch der Regenponcho geht mit nach Deutschland. Da meine Regenjacke nicht wirklich dicht ist, hoffe ich, dass kein starker Regen mehr kommt.

    Erleichtert gebe ich mein „Päckchen“ bei der Post auf: 2,845kg. Das werde ich hoffentlich morgen beim Wandern spüren.

    Ich liege auf dem Bett und bin ein bisschen müde. Ich frage meine Mutter bei Whats-App nach dem Spielstand von dem Deutschlandspiel, da ich ich nicht mehr ins Café gehen möchte. Ich berichte ihr, dass ich jetzt gleich lieber eine heiße Dusche nehme.

    Meine Mama schreibt: „ ach wie schön und danach kannst du deinen Körper ganz in Ruhe eincremen. Das wird dir gut tun.“
    Ich: „Mit was soll ich meinen Körper denn eincremen? Sonnencreme oder Fußcreme? Für mehr ist nicht Platz im Rucksack.“

    Am Abend gibt es wieder ein Pilgeressen im Hostel. Ich lag bisher in meinem Bett und habe gelesen. Aber schön gehört, dass es auf der Terrasse lauter wurde. Als ich zum Pilgeressen kam, sah ich auch warum. Eine Gruppe Erwachsener Pilger aus Tschechien, die gut gelaunt waren, sind im Regen in unser Hostel gekommen. Sie müssen noch 6 km weitergehen, aber wollen gerne mitessen, weil sie beim starken Regen nicht weitergehen wollen. (Ich habe mein Regenponcho nach Deutschland geschickt). Nur einer von ihnen konnte englisch. Er war der Reiseleiter. Sie sind seit 20 Jahren eine internationale Hikinggruppe und fliegen zu den unterschiedlichsten Läufen weltweit. Der letzte Lauf war im März in Australien. Sie gehen hier den Jakobsweg nun und machen jeden Tag eine Etappe von 30-40km. Wow! Gemeinsam mit den beiden Amerikanern, der Pilgergruppe aus Tschechien und der Besitzerin, Anna, sitzen wir gemeinsam am Tisch. Es war ein köstliches Essen, das Annas Mann, der auch ein paar Straßen weiter ein Restaurant betreibt, gekocht hat. Anna hält eine wundervoll „Rede“, begrüßt und alle herzlich am gemeinsamen Tisch und erklärt wie wichtig, das gemeinsame Beisammensein, das Teilen und der Austausch für die Welt ist. Mir kommen glatt die Tränen.

    Wir sitzen lange zusammen. Die Pilgergruppe läuft weiter und eine Kanadierin stößt noch dazu. Sie ist vor zwei Jahren den Caminho gegangen und seitdem hier in Portugal und Spanien unterwegs. Mal hilft sie in Pilgerherbergen aus, mal jobbt sie als Kellnerin. Morgen fliegt sie zurück nach Kanada, um ihre erwachsene Tochter zu besuchen. Danach weiß sie aber noch nicht, was sie dann machen möchte. Auch Anna, die Besitzerin erzählt viel von ihrem Leben. Sie haben 2020 das Haus hier als Ruine gekauft. Sie kommen aus Lissabon und sie ist eigentlich Übersetzerin. Aber als sie den Jakobsweg mit ihrem Mann gegangen ist, haben sie den Wunsch gespürt, eine Herberge zu öffnen. Und das machen sie mit einer so lieben Herzlichkeit. Ich bin begeistert.

    Jetzt muss ich aber schnell schlafen. Morgen früh geht es nach Spanien rüber und dann verlieren wir eine Stunde.

    Beim Zähneputzen habe ich eben festgestellt, dass ich schon in englisch denke. Hui. So viel Englisch habe ich lange nicht mehr gesprochen wie die letzten zwei Tage.
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