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  • Day 6

    Hoch hinaus (Teil eins)

    May 19, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 15 °C

    Die letzten beiden Tage waren sehr anstrengend, schmerzhaft und vor allem kräftezerrend. Aber fangen wir ganz vorne an. Meine dritte Etappe nach Viana do Castelo war die bisher härteste Strecke des Weges. Am Morgen entschied ich ein wenig Last los zu werden und ging kurzerhand zur Post. Da mir mein Hüttenschlafsack als ausreichend erschien, entschied ich mich meinen dicken Schlafsack, mein Kissen, sowie ein paar unwichtige Dinge nach Hause zu senden. Gegen neun Uhr machte ich mich dann mit 2,5 Kg weniger im Gepäck auf den Weg. 

    Anfangs verlief der Weg wieder einmal direkt entlang der Küste. Nach etwa einem Kilometer kam ich an eine Gabelung. Dort standen sie wieder, die Italiener, welche ich schon in Porto an der Kathedrale gesehen hatte. Dort standen aber auch noch zwei weitere ältere Herren, die mich an Hand meines Englisch als Deutsche entlarvten. Da mir die Italiener eh viel zu fix unterwegs waren, entschied ich mich gemächlich mit den beiden Herren ein Stück zu gehen und zu plaudern. Dies taten wir ausführlich, kam man auf dem Camino doch recht schnell mit Leuten ins Gespräch, was diesen Weg wohl auch so besonders macht und vor allem für mich, persönlich machen sollte. So gingen wir etwa zwei gemeinsame Stunden zusammen. Sie erzählten über sich, ich erzählte über mich. Hatte der ältere, der beiden Herren sogar Bezug zu meiner alten Heimatstadt Neubrandenburg. So erzählte er mir unter schmunzeln, dass er damals Beziehungen zu Neubrandenburger Sportlerinnen pflegte, ins Detail wollte er jedoch nicht gehen, ich nahm es ebenfalls mit einem schmunzeln zur Kenntnis. Im übrigen war der gute Herr bereits 76 Jahre alt und ging seinen dritten Camino. Respekt an dieser Stelle. Die zwei beschlossen in Belinho einen Kaffee zu trinken. Ich ging alleine weiter. 

    Der Teil des Weges war wiedereinmal wunderschön. Ging durch kleine Dörfer, vorbei an sämtlichen Gemüsefeldern und durch kleine Wälder. Dann kam ich an eine Kirche, ich entschied mich, hinein zu gehen. Was im Anschluss passierte konnte ich so gar nicht deuten. Mir liefen die Tränen, war ich doch überwältigt, von all dem was ich bis dato gesehen und erlebt hatte. Ich fragte mich, was noch kommen mag, war ich doch erst am Anfang des Weges. 

    Nach einer ausgiebigen Pause ging ich weiter. Nun wurde es allmälig steiler, es ging langsam aber sicher in die "Berge", wenn man die kleinen Erhebungen überhaupt als Berge bezeichnen kann. Ich trottete so vor mich her, kam ich mit den beiden Herren doch recht gut voran, so war jeder Schritt allein, ein hart umkämpfter. 

    Der Weg war immer wieder mit den bekannten Pfeilen versehen, doch an einer Gabelung fehlte dieser und es kam wie es kommen musste, ich entschied mich für den falschen Weg. Im Endeffekt hieß dies einen kleinen Umweg von 2 km zu gehen, was vielleicht nicht nach viel klingt, diese zwei km sollten sich am Ende des Tages jedoch bemerkbar machen. 

    Immer wieder kam ich an kleinen Kirchen vorbei und meistens machte ich dort eine kleine Pause, um meine mit Blasen übersähten Füße zu lüften. Ab dem Moment verfluchte ich meine Schuhe, hätte ich sie doch am liebsten irgendwo stehen lassen. Doch hielf dies alles nichts lief ich weiter und endlich sah ich auch mein Ziel, die Stadt Vila do Castelo. Stück für Stück kam sie dichter, konnte mein nächstes Hostel also nicht lange auf sich warten lassen. Doch lag ich mit dieser Vermutung falsch, nachdem ich via Google Maps abscheckte, wo ich denn hin musste. Meine Unterkunft befand sich an der Kirche Santa Luzia. Da ich einen recht guten Blick über die Stadt hatte, sah ich eine Kirche, welche sich hoch oben auf einem Berg befand. Ich dachte mir, nein ich hoffte innerlich, dass es sich sicher nicht um die Kirche handeln würde. War ich wirklich so verrückt und hatte mir dort oben ein Bett reserviert?! 
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