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  • Day 7

    Hoch hinaus (Teil Zwei)

    May 20, 2019 in Portugal ⋅ ⛅ 16 °C

    Wieder fragte ich meinen besten Freund der letzten Tage - Google. Mit erschrecken musste ich feststellen, dass es sich dabei tatsächlich um die Kirche handelte, welche dort, hoch oben auf dem Berg lag. Ärgerte ich mich über mich selbst, vorher nicht richtig gelesen zu haben, konnte ich dies nun nicht mehr rückgängig machen. Ich fragte mich, wer zur Hölle auf die Idee kam, dort oben eine Pilgerherberge zu erbauen. Also quälte ich mich Schritt für Schritt, immer wieder verschnaufend am Wegesrand den Berg hoch. Hatte ich bereits schon fast 30 km in den Knochen, kroch ich förmlich die enge Straße hoch. Zu allem Übel musste ich den letzten Kilometer nun auch noch Treppen steigen. Diese zogen sich ewig hin, nach gefühlten 200 Treppenstufen erreichte ich endlich die Santa Luzia und mich belohnte ein atemberaubender Ausblick über die Küste Portugals. Hatte ich mich den ganzen Tag über gequält, so wurde ich am Ende doch belohnt, war glücklich und hatte ein breites Grinsen im Gesicht. 
     
    Ich traute mich gar nicht zu schauen, was der Tag mit meinen Füßen angestellt hatte. Doch führte kein Weg drum herum. Ich zog die Socken aus und musste feststellen, dass etliche neue Blasen hinzugekommen waren. Ob ich am nächsten Tag weiter gehen würde oder meine lädierten Füße doch lieber schonte ließ ich mir offen. Hinzu kam, dass sich dort oben auf dem Berg nicht mal ein Restaurant befand, hatte ich doch zuletzt am Morgen etwas gegessen. Hunger verspürte ich eh keinen, also aß ich einen meiner Riegel, die ich mir sicherheitshalber eingepackt hatte. Jedoch muss ich sagen, dass ich auf dem Weg selten hungrig war. So erging es nicht nur mir, sondern auch den anderen Pilgerern, was ich aus Unterhaltungen erfuhr. Die Worte meines Vaters daraufhin waren: "Nicht, dass du als Strich in der Landschaft wieder kommst, aber mit einem Besuch bei uns sollten wir das wieder ändern können". 
     
    Mit mir im Zimmer war eine weitere Deutsche, welche den ganzen Tag dort verbrachte, um eine Pause zu machen. Sie erzählte mir, dass ich einfach mit einer Seilbahn hätte den Berg hoch fahren können. Warum erfuhr ich erst jetzt davon. Am nächsten Morgen fühlte ich mich doch recht fit und beschloss mit ihr wenigstens ein kleines Stück bis nach Paço zu gehen. Ich rief bei einer Unterkunft an und fragte, ob sie zwei Betten für uns frei hätten. Wir hatten Glück, es waren zwei Plätze frei und wir konnten uns ganz entspannt auf den Weg dorthin machen. Auch sie hatte Probleme mit ihren Füßen, wir beschlossen vorher noch in einen Sportladen zu gehen um zu schauen, ob es da Schuhe gab, die ein Weiterwandern angenehmer machen würden. Jedoch ging dieser Plan nicht auf, jedenfalls nicht so richtig. Wir kauften uns beide Flip Flops, sie wanderte damit den Weg weiter und ich konnte diese wenigstens in den Herbergen anziehen, um noch eine andere Alternative zu meinen Sandalen zu haben. Mit den Sandalen beschloss ich auch, typisch deutsch, den Tag über nach Paço zu wandern. 
     
    In Paço angekommen fanden wir schnell unsere Herberge. Und es eine wunderschöne Unterkunft, in die sich wohl alle Pilger sofort verliebten. Es war ein altes Haus Landhaus aus Steinen, welches der Wirt Hugo aufwendig saniert hatte. Von dort aus hatte man einen schönen Blick auf das Meer. Für mich stand fest, hier bleibe ich nicht nur eine Nacht, ich sollte nicht die Einzige mit dieser Idee bleiben, machten sich doch langsam bei allen anderen Pilgern die ersten Wehwehchen bemerkbar. 
     
    Es war die Art Unterkunft, wie ich mir sie auf dem Camino immer vorgestellt hatte. Am Abend saßen alle zusammen, kochten, tranken Wein und plauderten über Gott und die Welt. Es spielte keine Rolle woher man kam, noch wie alt man war. Man verstand sich. 
     
    Am nächsten Morgen lief Marie, welche ich in der vorherigen Herberge kennenlernte weiter. Sie meinte sie will es wenigstens versuchen, wenn nicht, würde ja auch immer noch ein Bus fahren. Wir verabschiedeten uns und hofften auf ein Wiedersehen in Santiago. 
     
    Ich verbrachte einen ruhigen Tag mit den anderen Versehrten. Wir machten uns Gedanken, wie wir am nächsten Tag unserem Ziel näher kommen würden. War der Bus, bzw. die Bahn eine gute Alternative. Das erste Mal war dies eine Option für mich. Ich wollte ohne Zeitdruck weiter reisen, ohne sich abzushetzen und jeden Tag auf die Kilometer achten zu müssen, um ans Ziel zu kommen. Nach und nach kamen die anderen Pilger in die Unterkünfte und erzählten, dass auch sie ein Stück mit dem Bus gefahren sind. Mein schlechtes Gewissen diesbezüglich legte sich allmälig. Ich wollte es mir offen lassen und am nächsten Morgen entscheiden, wie es weiter gehen sollte. 
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