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  • Day 6

    Ankunft in Oaxaca - Mi casa es tu casa

    October 29, 2022 in Mexico ⋅ ⛅ 24 °C

    In Oaxaca probieren wir unseren ersten Homestay aus und schlafen bei Tino und Aneira, die zusammen mit ihrer Tochter etwas außerhalb des Zentrums leben. Nur Tino spricht ein bisschen Englisch, ist aber bei unserer Ankunft am Bus Terminal nicht da, weshalb seine Tochter Silwana uns abholt. Wir werden sowohl von ihr als auch von Aneira herzlich begrüßt. Aneira lädt uns sofort ein, mit ihnen in die Stadt zu fahren, wo ein Konzert stattfindet. Wir nehmen die Einladung gerne an. Bei der Abfahrt stellen wir allerdings fest, dass Aneira und Silwana sich sehr schick gemacht haben. Joe trägt wie immer Jeans und Shirt, ich in Ermangelung frischer Wäsche seine Jeans und ein weißes T-Shirt. Aneira sagt aber, das sei kein Problem und geht voran durch die sandsteinfarbenen Straßen, die im Dämmerlicht warm leuchten. Am Seiteneingang eines Gebäudes steht eine Gruppe von Musikern in altertümlichen Kostümen. Aneira spricht einen von ihnen an, der uns durch die schmalen Tür winkt. Einer der Sicherheitsmänner spricht sie an. Wir verstehen nicht viel außer der Frage, ob wir Tickets hätten, woraufhin Aneira abwinkt, und das wir bezahlen müssen, wenn wir ins das Konzert wollen.
    „Ja, aber die sind doch Familie!“, sagt der fremde Musiker und schleust uns ohne weiteres ein.
    „Und ihr seid, seid ihr auch Familie?!“, fragt der Sicherheitsmann Joe und mich.
    „Ja, natürlich!“, ruft Aneira von den Treppen über uns und wir hasten ihr eilig hinterher.
    Wir finden uns im Backstage Bereich wieder, wo es vor Musikern in bunten Kostümen nur so wimmelt. Aneira führt uns zielsicher an der Technik vorbei hinter die Bühne. Spätestens jetzt ist uns klar, dass wir uns gerade illegal in ein Konzert schleichen.
    „Das ist hier keine normale Vorgehensweise“, raunt Silwana mir zu.
    Aneira späht währenddessen in den voll besetzen Zuschauerraum. Ein Mitarbeiter nimmt sich unserer an und führt uns in die erste Etage, öffnet einzelne Türen zu edlen Logen, wo jedoch alle Plätze besetzt sind. In der zweiten Etage werden wir schließlich fündig und nehmen in einem alten Opernsaal Platz, den man sonst nur durch Führungen kennt. Die Decke ist handbemalt, die Balustrade viel zu niedrig für heutige Sicherheitsstandards. Die Möbel sind ein bisschen abgewetzt, aber gemütlich. Auf der Bühne steht eine der Musiker-Gruppen und spielt auf Gitarren. Dazu werden Fahnen geschwungen und getanzt. Es ist ein Wettbewerb zwischen verschiedenen Musikergruppen, bei denen auch Tino auftritt. Es ist kein Konzert, das wir uns in Deutschland angucken würden, aber hier macht es Spaß, in die fremde Kultur einzutauchen und die Musik einfach auf sich wirken zu lassen.

    Später gehen wir alle zusammen essen im Lieblingsrestaurant unserer Gastfamilie. Das ist ein Innenhof, von dem aus man verschiedene Bücher- und Kleidungsgeschäfte betreten kann. Dieses Konzept gibt es sehr häufig in Oaxaca. Mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und Spanisch verbringen wir einen schönen Abend.
    Ob wir denn noch einen Mezcal trinken wollen, fragt Aneira beim Hinausgehen und zaubert mit einem verschmitzten Lächeln eine Schnapsflasche aus ihrer Handtasche. Wir wollen nur ein kleines Glas dieses selbstgebrauten Meisterwerks. Mexikaner interpretieren kleine Schnapsgläser gefühlt als halbe Kaffeetassen. Wir essen Orangen, trinken Mezcal in kleinen Schlücken und unterhalten uns über den Tag der Toten, Silwanas Quinceniera und Aneiras Sprachkenntnisse in einer der altertümlichen Sprachen, die so fremd für uns klingt, dass wir sie nicht buchstabieren können.

    Wir freuen uns, dass wir die kommenden, besonderen Tage mit ihnen verbringen dürfen. Sie freuen sich auch, dass wir uns für sie entschieden haben und nicht in ein Hostel gegangen sind. Dabei hatten wir Angst, ihnen während der Feiertage mit unserer Anwesenheit auf die Füße zu treten. Aber das Gegenteil ist der Fall. „Mi casa es tu casa“, sagt Tino und wir erkennen, wie ernst ihm das ist. Wir sind gespannt, was uns noch erwartet.
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