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  • Day 185

    Willkommen in Usbekistan

    March 14, 2020 in Uzbekistan ⋅ ☀️ 20 °C

    Willkommen in Usbekistan oder auch: Plan, ändere dich (stündlich)

    Mein Ursprungsplan war, ca. 3-4 Tage in Taschkent zu bleiben und dann mit dem Zug nach Samarkand zu fahren, die Seidenstraße entlang mit noch mehreren anderen Stationen.
    Deshalb machte ich mich auch am allerersten Tag direkt auf den Weg zum Bahnhof. Denn die Leute in Usbekistan sind fleißige Zugfahrer und Zugtickets somit schnell ausverkauft. Ich kaufte also ein Ticket und buchte eine Unterkunft in Samarkand.
    Das geschah an einem Donnerstag.

    Ich kann nicht genau sagen warum, aber am Samstag hatte ich plötzlich ein ganz komisches Bauchgefühl. Ich verfolgte die Lage in den Nachrichten. Immer mehr Grenzen machten dicht, das auswärtige Amt riet generell, schnell nach Deutschland zurückzukehren, wenn man das will.
    Von wollen war jetzt bei mir nicht wirklich zu sprechen. Aber was passiert, wenn in Zentralasien doch auch die Grenzen schließen sollten und ich sitze dann fest oder komme gar nicht mehr zurück? Man weiß ja nicht, wie lange sich das alles hinzieht.
    Das Gefühl, bei einem Notfall nicht nach Hause zu können und meine Mama alleine zu Hause sitzen zu lassen, war furchtbar.

    Direktflüge gabe es nur montags. Die anderen Flieger flogen über Istanbul oder Moskau. Aus Istanbul startete nichts mehr nach Deutschland und in Moskau drohte eventuelle Quarantäne bzw. brauchte man für die meisten Flüge ein Transitvisum.
    Für mich kam also nur ein Direktflug in Frage. Ich dachte darüber nach, einen Montag später zu fliegen. Somit hätte ich noch nach Samarkand reisen und am Samstag das große Frühlingsfest miterleben können. Doch obwohl am Samstag in Usbekistan immer noch alles total ruhig verlief, hatte ich Angst, dass alles schnell gehen könnte und es den Montag drauf keine Möglichkeit mehr geben würde.
    Also buchte ich für Montag in 2 Tagen einen Flug.

    Am Sonntag bekam ich dann eine Mail: Der Flug sei gecancelt. Nachdem mein Vermieter beim Flughafen angerufen hatte, war klar: Am Montag werden die Grenzen geschlossen. Warum? Usbekistan hatte am Samstag seinen ersten offiziellen Fall.
    Den Flieger um 06:20 Uhr ließen sie auch nicht mehr durch und bis Ende April sollte gar nichts mehr gehen.
    Verzweifelt machte ich mich am Montag auf den Weg zum auswärtigen Amt in Taschkent. Die Leute dort konnten mir auch nicht viel sagen, außer dass es ganz eventuell einen Charterflug von Deutschland geben würde. Ich soll mich per Mail auf die Liste setzen lassen.
    Mein Ausflug zum auswärtigen Amt war dennoch nicht umsonst. Ich lernte 4 weitere Festsitzende kennen. Wir tauschten Nummern aus und beschlossen, uns gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. Dies stellte sich im Nachhinein auch als sehr schlau heraus, da die Mails nicht bei jedem ankamen. Serverproblem.

    Unter den netten Menschen war auch ein Paar aus Nürnberg dabei. In meinem Alter, auch im Lehramtsberuf (sie ist ebenfalls nach ihrem Ref losgezogen) und auch ansonsten hatten wir viel gemeinsam. Wir waren in engem Kontakt, halfen uns gegenseitig aus und trafen uns immer wieder zum Kochen, Kartenspielen etc.
    Geteiltes Leid war in diesem Fall wirklich halbes Leid.

    Freitag bis Montag nutze ich also noch für Sightseeing. Darüber werde ich noch berichten. Danach ging nicht mehr viel. Denn Usbekistan reagierte sehr schnell.
    Am Samstag erster Fall, am Montag Grenzen dicht, die darauffolgenden Tage Schul- und Ladenschließungen. Am Montag eine Woche später hatten nur noch die Lebensmittelläden offen, es gab Mundschutzpflicht und beim Einkaufen musste ich Handschuhe anziehen.
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