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- Dag 12
- 29. sep. 2024, 11:24
- ⛅ 21 °C
- Høyde: 122 m
AlbaniaTirana41°19’18” N 19°49’31” E
Leben

Sonntag in Tirana. Besser geht es nicht. Alle, wirklich alle sind unterwegs. Jedes Beisl, Bäckereien, Standln, Märkte, die 10000 kleinen Boutiquen und Geschäfte. Es summt und brummt. Herrlich! Und wir mitten drin im Gewusel mit dem Rad. Tirana, junge pulsierende Stadt mit der unveränderten Mentalität der Sudeuropäer. Sich treffen, miteinander essen, mit der Familie einen Ausflug machen, sehen - gesehen werden. Wenig brauchen sie dafür, nur die Gelegenheiten. Wie freundlich mutet es hier an, wie schön ist es, dass wir teilhaben dürfen. Wie verteufeln wir das bei uns, dieses "fremde" Verhalten. Eine Hochzeitsgesellschaft hupt sich in die Ehe, im Schritttempo wird das Auto und die Familie ausgeführt, alle sind schön angezogen... Lieber verstecken wir uns in unseren Gärten und Wohnungen, sperren uns aus und ein.
Viele Leute sprechen so gut englisch, dass wir uns auch inhaltlich sehr gut unterhalten können. Gleichzeitig versuche ich so "wissenschaftlich" als möglich zu recherchieren, wie dieses Albanien "funktioniert". Und wie immer gibt es mehrere Wahrheiten. Ältere Menschen bestätigen, dass das Land arm ist, der Großteil Verwandte im Ausland hat, die Geld schicken. Weniger bzw. schlechter gebildete finden die Arbeit der Regierung nicht besonders gut, weil das Einkommen sehr, sehr niedrig ist und aber seit den 2020er Jahren durch den Tourismusboom alles sehr teuer geworden ist. Auf der anderen Seite gibt es die superfleißigen und/oder gut Gebildeten, die den Aufschwung nutzen können. Und dann ist noch "das Außen". Die Investitoren. Ganz vorne Schweiz, Niederlande, auch Deutschland. Sehr groß im Geschäft VAE Unternehmer, die die Entwicklung hin zum EU Betritt als positiv sehen und viel Geld einbringen. Albanien, als verlängerte Werkbank Italiens in der Fertigstellung von Kleidung und Schuhen, hat sich nachhaltigen, ökologischen Tourismus auf die Fahnen geschrieben. Das ist am Meer aus unserer Sicht brutal daneben gegangen. Die Rechnung zahlen sie jetzt schon durch grauenvolle Wasseranalysen. Colibakterien haben high season im Sommer. Dem Drim und anderen Flüssen soll Wasser abgeleitet werden, damit es für den Bettenburgenwahnsinn zur Verfügung steht. Dann fehlt es aber wieder für die Erzeugung von Strom = 100% Öko aus Wasserkraft und der Landwirtschaft. Fast 1/4 des BIP kommt immerhin daher. Mühselig scheint die Einbindung der ruralen Gebiete durch fehlende Infrastruktur und elendiglich vernachlässigte Gebiete z.B. die der ehemaligen Ölkombinate. In den 90er Jahren erfolgte ein unglaublicher Human Resources - und vermutlich auch brain drain Richtung Italien und "Europa". Auch die Umsiedlungen unter Hoxher vom Land nach Tirana und die Zentralisierung ist immer noch bemerkbar. Investoren und Industriepartner sehen als großes Potential die arbeitssamen und verlässlichen Albaner und die Entwicklung der Lieferketten hin zu den ländlichen Betrieben, wo enorme HR beinahe brach liegen. Zu wenig wurde in die 95% der <10 Personenunternehmen investiert. Rama und seine Regierung hat hier zu tun um all die Bemühungen für alle sichtbar zu machen. Solange ein Pensionist 130 Euro bekommt und er sich dafür schämt (O-Zitat) und das Durchschnittseinkommen bei 900 Euro liegt und sich alles auf fremdes Geld verlässt, wird sich die Negativspirale weiter drehen. Wenn man fragt, wie macht ihr das, bekommt man immer: "wir überleben". Die Preise sind, so gesehen enorm. Putzmittel über 2 Euro. 1kg Äpfel in Tirana auf der Straße 1 Euro. Brot 1 Wecken 0,8 Euro. Honig, wir haben in Gjirokastra geglaubt, wir wurden abgezogen, ein Glas zwischen 1/4 und 1/2kg 25€!!!! Ein Kaffee am Sonntag so um die 3 Euro, dazu Kuchen, noch einmal 1,50. 9 Euro ein Eintritt in das Nationalmuseum BunkArt ist unerschwinglich. Da gibt es aber einheimische Preise. Schuhe aus dem Basar ca. 20€.
Erst Tirana ermöglicht mir einen umfassenden Blick zu werfen. Täglich werde ich neugieriger. Auch diese unglaubliche Enver Hoxher Geschichte. Fast 300000 Bunker wollte der Paranoiker bauen lassen. Er war besessen von der Angst vergast zu werden. Jeder musste ständig Trainings absolvieren. >170000 sind es geworden. 1000de Menschen sind dabei gestorben, 10000e hat Hoxher ermorden lassen. Einfach so. Bis 1985. Dann ist er gestorben.
Wir treffen beim Kaffee einen Prediger und seine Familie. Eben jener Pensionist, der 130€ Rente hat. Es ist unglaublich lustig und informativ. Wie viele, sprechen alle englisch- die Tochter wohnt in Kalifornien- und ein bisschen deutsch. Plötzlich verschwindet die Frau und kommt mit einem Päckchen zurück. Ich bekomme 1 Paar wunderschöne, handgestrickte Socken geschenkt. Einfach so. Ich kann es gar nicht fassen. Mit ihnen können wir uns gut unterhalten und erfahren wie sie leben. Ihr Freund ist ein 48 jähriger Mann mit seinem Sohn. Er hat 2 Armprothesen, da er als 12 jähriger im Wald unwissend mit einer Bombe aus WK2 spielte und die Hände weggerissen wurden. Auch unglaublich.
Wir schauen noch bei der Residenz von Hoxher vorbei. Diese steht leer, ist sehr gut gepflegt und ein ansprechender Bungalow aus den 70er Jahren. Das Viertel war unzugänglich für die Normalbevölkerung, jetzt ist der unmittelbare Nachbar das A. Lincoln Institut für Sprachen, ein KFC und eine amerikanische Bank. Herrlicher Zynismus.
BunkArt, das Museum in einem riesigen Bunker, 5 Stockwerke tief hinterlässt Fragen, Gedanken, Neugierde.
Albanien ohne Tirana. Das geht nicht. Es ist eindeutig die Identität und das Herz.Les mer
ReisendeSo interessant! Danke für die ausführliche Beschreibung!!!!!
ReisendeIch bin total fasziniert. So vielfältige Sachen und Geschichten.
ReisendeVoi interessant, danke! Das öffnet die Augen 🙈
ReisendeSpannender als ich mir gedacht habe. Und so unterschiedlich!