Abenteuer im Torres del Paine NP
Nov 16–21 in Chile ⋅ ☁️ 4 °C
Gegen Abend fuhren wir zum Visitor Center am Laguna-Amarga-Eingang, um von hier am nächsten Tag unsere viertägige W-Trek-Wanderung (von Ost nach West) zu starten. Im Vorfeld hatten wir noch gehofft, dass sich die Wetterprognose (Regen) ändert und wir bei Sonnenschein starten können. Leider hatte es bereits in der Nacht ziemlich stark geregnet und am nächsten Morgen hingen dunkle Wolken am Himmel.
Nichtsdestotrotz packten wir unsere Rucksäcke für die nächsten Tage und marschierten los zu unserem ersten Tagesziel: den berühmten blauen „Türmen“ des Torres del Paine. Der Weg führte vom Besucherzentrum vorbei am Campingplatz (in dem wir später übernachten sollten) und stieg langsam, aber stetig an. Nach knapp 1,5 Stunden Regen gab es dann endlich den ersehnten Wetterwechsel. Doch statt der erhofften Sonne fing es an zu schneien. Je höher wir kamen, desto stärker wurde der Schneefall. Aufgrund des ohnehin starken patagonischen Windes mussten wir den Rest unseres Aufstiegs gegen einen Schneesturm ankämpfen. Schnell wurde uns klar, dass der Ausblick am Ende anders als erhofft ausfallen würde. Dennoch machte uns der Aufstieg bei dem rauen Wetter Spaß, auch wenn wir die Sicht auf Berge, Wasserfälle oder das Tal nicht so genießen konnten wie bei gutem Wetter.
Oben angekommen, blickten wir über den Bergsee hinweg auf die berühmten Gipfel – oder besser gesagt dorthin, wo sie hätten sein sollen. Denn aufgrund des immer dichteren Schnees und Nebels sahen wir absolut nichts. Nach dem viereinhalbstündigen Aufstieg war das schon ernüchternd, da die erhoffte Belohnung ausblieb. Der Schnee wurde noch stärker, überall bildeten sich blitzartig Eiszapfen, denen wir beim wachsen zusehen konnten. Unsere geplante Pause ließen wir wegen der eisigen Temperaturen ausfallen und starteten den Abstieg. Dieser hatte es ebenfalls in sich, da der Schnee inzwischen zu Eis geworden war und die ohnehin rutschigen Steine bedeckte. Mit Vorsicht bahnten wir uns unseren Weg zurück zur Campsite.
Mehrmals wunderten wir uns über Wanderer, die am Nachmittag ohne gute Kleidung den Weg nach oben wagten. Leider gab es an diesem Tag etwas oberhalb unserer Strecke auf dem O-Trek fünf Todesfälle aufgrund der schlechten Bedingungen, darunter auch ein deutsches Paar. Die vielen Nachrichten, die uns deshalb erreichten, konnten wir erst drei Tage später beantworten, da wir keine Daten hatten. Uns ging es zum Glück gut, auch wenn Antras Hände durch die Minusgrade leicht geschwollen waren. Ein Tag, den wir uns definitiv anders vorgestellt hatten. Im Camp übernachteten wir in einem hochgestellten Zelt und hängten unsere nassen Sachen zum Trocknen auf.
Am nächsten Morgen liefen wir zuerst zurück zum Camper, da unsere Kleidung nicht trocken geworden war, und zogen uns etwas Passendes an. Zum Glück wurde das Wetter in den nächsten Tagen deutlich besser und teilweise sogar sonnig. Nach den 27 km des Vortags folgte eine erholsamere Etappe (14 km) entlang des Sees zum Cuernos Camp. Die Wanderung war wunderschön, und wir genossen zum ersten Mal unseren Aufenthalt hier so richtig. Landschaftlich erneut beeindruckend, was dieses Land zu bieten hat. Nach einem Bier und unserem „Tüten-Essen“, das wir mit dem mitgebrachten Gaskocher zubereiteten, ging es wieder ins Zelt, um Kraft für die dritte Etappe zu tanken.
Der dritte Tag sollte wieder anders laufen, als wir es uns vorgestellt hatten. Schon während der bisherigen Wanderungen hatten wir festgestellt, dass die Längenangaben in Chile nicht immer genau sind. Wie wir später merkten, mussten wir statt der eingeplanten 27 km am Ende über 37 km mit einem 15-kg-Rucksack und rund 2.000 Höhenmetern zurücklegen. Ein Tag, den wir aufgrund der Strapazen nie vergessen werden – und an dessen Ende wir uns fragten, wie wir das überhaupt geschafft hatten.
Die Wanderung begann jedoch bei bestem Wetter entlang des Sees. Anschließend ging es für uns zum zweiten Berg hinauf, zum Mirador Británico, wo wir Berge und Gletscher in einem 360 Grad Panorama bewundern konnten. Nach einer kurzen Pause und einer Tasse Tee ging es wieder hinunter ins Tal und von dort entlang der Lagune zum nächsten Anstieg: dem Mirador Grey, wo sich auch unsere heutige Campsite befand. Die ursprünglich ausgeschilderten 27 km hatten wir bereits überschritten, bevor wir überhaupt am Fuß des Berges ankamen. Jammern half nicht – wir mussten vor Einbruch der Dunkelheit ankommen. Also nochmals 11 km und 400 Höhenmeter Schritt für Schritt nach oben.
Durch den Schnee vom Montag waren viele Abschnitte matschig oder von kleinen Rinnen durchzogen, die Schmelzwasser aus den Bergen ins Tal führten. Also mussten wir uns trotz Müdigkeit konzentriert weiterkämpfen. Am Ende war es eine wirklich grenzwertige Erfahrung, die insgesamt fast 13 Stunden dauerte. Wir waren heilfroh, als nach einer gefühlten Ewigkeit das Camp vor uns auftauchte. Die letzten Kilometer waren landschaftlich allerdings fantastisch: Wir liefen kontinuierlich auf den riesigen Grey-Gletscher zu und hatten unzählige Postkartenmotive vor uns. Noch mehr hätten wir das genießen können, wären wir nicht seit Stunden im Automodus unterwegs gewesen.
Im Camp aßen wir zu Abend, gönnten uns als Belohnung eine Fanta und Apfelsaft und bezogen unser Zimmer im Vierer-Hostel. Nach einem Gespräch mit unseren Zimmerkollegen fielen wir erschöpft ins Bett.
Der letzte Tag sollte glücklicherweise wieder kürzer ausfallen – was auch gut war, denn unsere Beine gaben wirklich nicht mehr viel her. Wir schauten uns nach dem Frühstück den Gletscher noch einmal genauer an und starteten dann den Weg zurück ins Tal zur Fähre, die uns um 17 Uhr zurückbringen sollte. Unterwegs sahen wir sogar einen der seltenen Huemuls, die vom Aussterben bedroht sind und fast nur noch in Patagonien vorkommen – weltweit gibt es nur noch etwa 1.500 Tiere. Nach einer kleinen Fotosession erreichten wir die Fähre und hatten tatsächlich den W-Trek geschafft. Hinter uns lagen vier unglaublich intensive Tage und über 90 zurückgelegte Kilometer. Wir werden die Zeit hier vor allem wegen der Abenteuer am ersten und dritten Tag wohl nie vergessen.
Landschaftlich ist der Nationalpark fantastisch, allerdings waren wir vom Wildlife etwas enttäuscht, da wir außer dem Huemul kaum Tiere sahen – das sind wir aus anderen Parks anders gewohnt. Auch die Organisation und die teilweise utopischen Preise (1 Stunde WLAN = 10 Dollar) störten, sind aber wohl dem aktuellen Hype geschuldet. Ein Beispiel für die schlechte Organisation: Die Fähre, die für die Rückfahrt notwendig ist, ist überhaupt nicht mit den Bussen abgestimmt. Sie kommt um 17:45 Uhr an, der nächste Bus fährt aber erst um 19:45 Uhr. Auch finden wir andere Nationalparks unberührter und nicht weniger schön. Warum die meisten Touristen vor allem hierher kommen, können wir nur bedingt nachvollziehen.
Am Tag unserer Abreise hatten wir nach dem Aufstehen plötzlich blauen Himmel und Sonnenschein. Wir entschieden uns kurzerhand, unsere Wanderung zum Torres-del-Paine-Aussichtspunkt vom Montag zu wiederholen und die Bedingungen auszunutzen. Unsere Beine waren zwar kaum noch zu gebrauchen, aber die Top-Sehenswürdigkeit des Parks wollten wir uns nicht entgehen lassen. Also ging es noch einmal 11 km den Berg hinauf und später wieder hinunter– diesmal hofften wir auf die verdiente Belohnung. Und tatsächlich hielt das Wetter, und der Weg war so viel angenehmer als beim tobenden Schneesturm zuvor.
Oben angekommen konnten wir endlich die blauen Türme in voller Pracht genießen und bei einer Tasse Tee und Pfannkuchen einen gelungenen Abschluss feiern. Auch unsere Füße waren froh, dass wir es nach über 110km im Park nun gut sein lassen konnten.
Zurück am Camper fuhren wir noch eine Weile in der Abenddämmerung durch den Park, um vielleicht einen Puma zu entdecken – leider erfolglos. Also ging es zurück nach Puerto Natales, wo wir uns eine verdiente Pizza gönnten.Read more


























super :) [ILZE]