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  • Day 12

    Gesucht und gefunden

    February 27 in Costa Rica ⋅ ☀️ 21 °C

    "Come on guys, it's right in front of you! Where is the insect?"

    Unser Guide José hüpft aufgeregt um uns herum, während unsere Touristenaugen hochkonzentriert und bald verzweifelt ein bemoostes Stück Holz nach einem Krabbeltier absuchen. Von oben, von unten, von rechts...verdammt noch mal, wo soll hier was sein? Ratlose Blicke, nur José freut sich scheinbar diebisch über unsere Blindheit.

    Wir sind im Reserva Bosque Nuboso und haben uns heute eine geführte Tour gegönnt. 2,5 Stunden lang werden wir etwas über "Pflanzen, Pflanzen und noch mehr Pflanzen" hören (so zumindest die Begrüßung durch unseren Guide - ja, der Mann weiß echt zu motivieren!)
    Das hat aber auch einen Grund: Wir sind unwissentlich im nebeligsten und nassesten Teil des Nebelwalds gelandet und da sieht man nicht ganz so viele Tiere wie vielleicht anderswo. Die sind entweder schlauer als wir und hauen in trockenere Ecken ab, oder sie verstecken sich in den Tiefen des Nebels und treiben so Guides und Besucher bei der Suche in den Wahnsinn.

    ...Oder aber sie tarnen sich einfach gleich als Pflanze, wie unser Suchobjekt. Triumphierend leuchtet José nämlich irgendwann mit einem euphorischen "Look!" direkt auf einen Punkt vor unserer Nase.
    Wir sehen... immer noch Moos? Verwirrtes Gemurmel.
    Aber nein, es ist eine Art Stabheuschrecke, die sich als Moos ausgibt, werden wir umgehend aufgeklärt. Ach so, ja na dann... hoffentlich spielen wir dieses Spiel nicht mehr allzu oft - uns könnte man letztendlich auch 'nen Stein vor die Schnute halten und als seltenes Lebewesen verkaufen 😅.

    In der Cafeteria gibt's dann zur Aufmunterung einen Kaffee, der im Eintritt mit inkludiert ist (die Gelder werden übrigens fast komplett an eine Schule gespendet. Falls wir heute also "nur" Moostiere sehen sollten, so haben wir immerhin indirekt etwas fürs Karmakonto getan).
    Neben einer kleinen Ausstellung und Videos von den heutigen Sichtungen hängen auch eine ganze Reihe von "Wanted-" Suchanzeigen an den Wänden, die mein Interesse wecken.

    Da ist zum Beispiel von einer "Samantha" die Rede, die achtbeinig im Dickicht darauf lauert, Touristen in den Herzinfarkt treiben zu können und diese dann später Käfer-shake schlürfend auszulachen. Klingt ja nach einer sehr humorvollen Dame!
    Auch wenn leider kein Kopfgeld ausgesetzt ist, nehme ich mir fest vor, sie mal persönlich kennen zu lernen - wer weiß, vielleicht können wir dann ja noch gemeinsam andere Leute auslachen, bevor sie mich vergiftet und zu shake verarbeitet...

    Erstmal werden wir aber von José zur Eile angetrieben. Ein Kollege von ihm hat etwas entdeckt, was dann quer durch den Wald brüllend kund getan wird.
    Wir alle müssen richtig rennen - also ein Faultier wird es dann vermutlich nicht sein, kombiniere ich noch messerscharf - und dann schlittern wir fast über eine 1,50 Meter lange Schlange, die sich gerade vom Wanderweg ins Unterholz zurück schlängeln will.
    Die wichtigste Info vorweg: Nicht giftig. Puh! Guide José ist außer sich vor Begeisterung, denn Schlangen und dann noch diese (eine mussurana) sind hier wohl äußerst selten zu sichten. Und schon gar nicht am Wegesrand. Wir hingegen sind einfach nur froh, dass wir diesmal alle gleich das Tier erkannt haben.

    Nach diesem Erfolgserlebnis haben wir einen Lauf: wir sehen viele Vögel, deren Namen ich mir nicht merken kann, einen Hundertfüßer, eine weitere Stabheuschrecke (könnte aber auch nur ein grüner Stängel gewesen sein) und, tatsächlich...Spinne Samantha.
    Sie lacht gerade nicht, sondern hält sich empört in ihrem Loch sitzend die 4 Vorderarme vors Gesicht. Kann ich verstehen, wer wird schon gerne morgens mit Taschenlampenlicht aus dem Schlaf gerissen.
    Und irgendwie sieht sie ja ganz ... nett aus, wie sie da so mit ihren kleinen müden Äuglein hockt. Gesprächig ist sie natürlich auch nicht. Vielleicht aber auch nur in Schockstarre angesichts der Horrorstory, die José gerade erzählt? (Die geht in etwa so: Killer-Wespen betäuben arme kleine Taranteln, um in ihnen ihre Larven abzulegen, welche dann langsam alles von innen heraus zersetzen und so einen fiesen, qualvollen Tod herbeiführen...)
    Einem Mitleidsanfall folgend beschließe ich daraufhin, Samantha nicht an die Suchanzeige zu melden. Wieder was für's Karmakonto.
    Die Tour hat sich jedenfalls sehr gelohnt und auch wenn wir wirklich viel über Pflanzen gehört haben, verging die Zeit doch wie im Flug.

    Im Anschluss drehen wir noch eine eigene Runde über die vielen schönen Wanderwege und vielleicht werden meine "guten Taten" belohnt, denn: Der Vulkan ist zu sehen! Es hat aufgeklart und wir knipsen, was das Zeug hält, um Beweise zu sichern. Wer hätte auch gedacht, dass ein Vulkan so viel schwerer zu Gesicht zu bekommen ist als zum Beispiel eine kleine Vogelspinne...?
    Wir fahren hochzufrieden zurück zu unserer Lodge, wo wir weiter die Aussicht genießen und nochmal einen kleinen und sehr verwachsenen Trail tief runter zu einem privaten Wasserfall (und auch wieder hoch...) laufen.

    Und damit ist unser Aktivitätsmaximum für heute endgültig erreicht!
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