• Feivel der Mauswanderer

    14. maj, Forenede Stater ⋅ 🌬 17 °C

    Eine (längere) Story in 5 Akten

    Akt I - So ein Käse.

    "Du, sag mal....Wieso hast du denn die Nusstüte so komisch aufgerissen...? Die war doch schon leer und sollte in den Müll?"

    "Hä, nee... ich hab nur vergessen, die aus dem Rucksack zu nehmen und wegzuschmeißen...zeig mal her..."

    Kurz darauf beobachten wir mit blöden Gesichtern, wie aus der Tüte feine Plastikspäne schneeflöckchen-like auf den Boden rieseln.
    Ähm, ok...?!😳 So filigran kriegt wohl keiner von uns eine Verpackung auseinander gefetzt!

    Ein banger Blick in die Vorratsschränke gibt schnell Gewissheit: Wir sind seit Kurzem nicht mehr allein im Camper. Ein Apfel wurde säuberlich verkleinert, ein Bagel ist irgendwie mehr eckig als rund, dafür hat nun die Tütensuppe ein kreisförmiges Loch.
    So ein Käse - wir haben ein Haustier!
    Direkt stelle ich mir vor, wie sich eine pummelige Maus in irgendeiner Ecke unseres Campers gerade den kugelrund gefutterten Bauch hält, nachdem sie ins Fresskoma ihres Lebens gefallen sein muss. Irgendwie ja süß...wenn es nicht ausgerechnet bei uns wäre.
    Ein Plan muss her.

    Akt II - Die Maus muss raus!

    Zunächst schmeißen wir wohl oder übel alles, was an Lebensmitteln geöffnet war (oder "geöffnet" wurde), weg. Leider nicht wenig. Der Rest wird umsortiert und danach jede noch so kleine Öffnung in den Hängeschränken großzügig mit Gaffer Tape abgeklebt. Anschließend geht es schnurstracks in den Baumarkt nach Moab.
    Ich bin ja sonst sehr tierlieb, aber unser Gast ist mir doch etwas zu unhöflich - einfach ungeladen unser Haus entern, alle Schränke durchwühlen und mir dann noch in den Rucksack kacken...?! Da hört jedes Verständnis auf! 😤
    Wir fahren daher ein paar Geschütze auf - Lebendfalle, Klebefalle und so komische Geruchskissen, die angeblich jegliche Nagetiere vertreiben, für menschliche Nasen aber angenehm duften sollen.

    Tja...und im Ergebnis stinkt nun der ganze Camper penetrant nach so etwas wie Omas Minzbonbons. 30 Jahre alte, sehr muffige Minzbonbons. Angenehm ist anders. Aber wenn's hilft...🤷🏼‍♀️
    Mit einiger geistiger Verzögerung fällt mir zudem ein, dass so eine Klebefalle vielleicht doch nicht so human ist wie im ersten Moment gedacht. Denn was machen wir eigentlich, wenn die Maus da rein tappt?
    Einfach drin lassen, bis sie elendig verreckt ist? Am Schwanz rausziehen...? Oder die Pfötchen einzeln mit Öl einreiben, damit sie irgendwann raus flutschen...?🫣🤔

    Das haben wir offenbar nicht ganz zu Ende gedacht. Und eine Anleitung gibt's auch nicht. Also kommt erstmal nur die Lebendfalle zum Einsatz.

    Akt III - Erwischt!

    Lange kann ich nicht einschlafen - der Gedanke, dass die Maus nachts auf meinem Bauch Samba tanzen könnte, ohne dass ich etwas mitbekomme, lässt mich einfach nicht los. Christian hat es sich da leichter gemacht, der ist nämlich ins sicherere Dachzelt verschwunden und schlummert schon selig vor sich hin. Schlauer Mann!

    Irgendwann um kurz vor 23 Uhr macht es dann endlich leise "Klack" - und mein Moment ist gekommen.

    Ich schnappe mir schnell die Falle samt Maus, stürme aus dem Camper in die schwarze Nacht und....ja, und was nun eigentlich?
    Wie weit weg sollte man so einen verfressenen Nager überhaupt aussetzen?

    Immerhin wissen wir nicht, ob das Tier durch die offene Tür oder durch eine undichte Stelle im Unterboden zu uns gekommen ist. Und für weite Nachtwanderungen bin ich gerade nicht gerüstet.
    Sähe auch verdammt komisch aus, wie ich mit einer klappernden Mausefalle unterm Arm im Dunkeln über den Campingplatz spaziere...

    Ich wäge also ab, dass die Maus sich nach dem Schrecken bestimmt woanders hin verzieht, und entlasse sie 50 Meter weiter ins Gebüsch. Die Falle wird trotzdem nochmal aufgestellt - sicher ist sicher.

    Zufrieden rolle ich mich ins Bett und kann nun endlich schlafen.

    Akt IV - Bin da, wer noch?

    Der nächste Morgen. Was für ein herrliches Gefühl, ein Problem so schnell gelöst zu haben...oder?

    Ein kurzer Blick auf die Falle gibt die Auflösung:
    Köder weg. Maus aber auch. Die Plastikfalle wurde zudem soweit durchgeknabbert, dass genügend Platz für ein Fluchtmanöver ist. So ein Sch***!!!

    Also entweder hatten wir von Anfang an ein Pärchen im Camper, oder...das Vieh hat sich gestern gedacht "Och, die Tante war ja eigentlich ganz nett" und ist mir direkt wieder hinterher gehopst.

    Übrigens ist es eine stinknormale Hausmaus, nicht mal eine fancy Kangaroo-Rat oder sowas...keine Ahnung, wo wir uns die angelacht haben. Vielleicht handelt es sich ja um ein besonders reiselustiges Exemplar, welches sonst herumwandernd durch die Lande streift, jetzt aber mal Bock auf 'nen Roadtrip durch Utah hatte...wer weiß.
    Ich nenne sie ab jetzt jedenfalls Feivel. Wer mir nachts hinterher hüpft, hat einen Namen verdient, finde ich.

    Akt V - Das Finale

    Die angefressene Falle wird etwas modifiziert und nochmal aufgestellt. Diesmal müssen wir nicht ganz so lange warten - kurz vor 18.30 Uhr macht es wieder "Klack" und unsere Mission startet.

    Schritt 1 - Falle mit Gaffertape abkleben
    Schritt 2 - in einem Affenzahn den Camper starten
    Schritt 3 - mehrere Meilen (!) durch den Arches Nationalpark fahren, bis wir eine abgelegene Parkbucht finden

    Schritt 4 - noch in Jogginghosen und Wollsocken in die Wüste stürzen und Maus aussetzen (sie sieht tatsächlich wie die alte aus - aber das tun sie wohl alle...)
    Schritt 5 - zurück zum Camper hechten, damit das Tier uns diesmal NICHT folgen kann
    Schritt 6 - Wie bei einem verdrehten Kidnapping-Szenario die Seitentür zuknallen und mit halb durchdrehenden Reifen los stürmen
    Schritt 7 - Merken, dass wir bei diesem Auftritt leider nicht unbeobachtet blieben - ein anderes Auto hat zwischenzeitlich in der gleichen Bucht geparkt, dessen Insassen schauen uns nun mit komischen Gesichtern hinterher. Ups!😅

    Aber immerhin: Diesmal hat es geklappt, wir haben seither kein "Haustier" mehr im Camper.👍🏼
    Das einzige, was von der ganzen Story bleibt: Dieser erfrischend - durchdringende Minzgeruch...

    Und damit können wir leben.😉🐭
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