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  • Day 68

    Spätherbst in Toronto

    October 31, 2022 in Canada ⋅ ☁️ 2 °C

    Ja, ich melde mich auch wieder mal …
    Nach mehreren Anfragen über Höhepunkte des letzten Monats habe ich mich mit Annie gemeinsam motiviert und wir haben uns beide hingesetzt und was Produktives geschrieben. Das hier ist Teil 1, auf Teil 2 dürft ihr gespannt sein und Teil 3 ist im Rundbrief lesbar - wann immer mich die Motivation wieder erwischt und die Zeit da ist.

    Halloween Outreach
    “Früher habe ich mich ja immer über Menschen im Mathebuch gewundert, heute weiß ich, dass sie in der Kirche arbeiten.” - moi (frz. ich), nachdem wir zu zweit 25 Kürbisse im Supermarkt gekauft haben, nur um sie danach ins ausgeliehene Auto des Jugendpastors zu laden.

    In unsere Arbeit brechen wir an einem Dienstag mit einer Mission, mehreren Screenshots vom Angebot, eine Kirchenkreditkarte, einem kleinen Automatikauto und sehr viel guter Laune auf. Denn, wer bekommt den schon alle nasenlang den Auftrag, aufblasbare Kürbisse für den Kirchen Vorgarten und 25 Kürbisse zum Kürbisschnitzen zu holen. Außerdem werden Autofahrten von Annie und mir immer sehr schnell sehr unterhaltsam beim Verkehr in Toronto und der Frage: War das die richtige Spur?
    Der erste Trip zum Canadian Tires (Supermarkt für Auto und Elektronik, hat aber auch sehr viel Deko) klappt ohne Probleme.

    Beim zweiten Stopp hadern wir mit den Arbeitsanweisungen. Eigentlich sollten wir zweimal für die Kürbisse fahren, damit alle reinpassen. Doch der Drang nach Deutscher Effizienz und einer klaren Strategie durchkreuzt diese. So kaufen wir erst 12 Kürbisse und stapeln sie mittels Tetris Prinzip in den Kofferraum. Zwei Augenpaare befinden anschließend, dass da definitiv genug Platz ist. Somit geht es an die restlichen 13 Kürbisse. Gleiches Vorgehen, gute Exemplare aussuchen, in den Einkaufswagen laden und einmal durch den Supermarkt zur Kasse. Die Kassiererin vom ersten Durchgang muss schon ein bisschen lächeln, als sie uns erneut in ihrer Schlange erkennt. Unser Anblick von vor 5 Minuten mit 12 Kürbissen muss ihr wohl noch gut im Gedächtnis sein. Und so schaffen wir auch die zweite Ladung in den Kofferraum.
    Das Auto ist jetzt ein bissel näher der Straße, aber ansonsten sieht unser Ergebnis sehr gut aus. Schnell ein Beweisfoto schießen und zurück zur Kirche, wo wir die Kürbisse fix ausladen und anschließend sorgfältig duschen. Die glänzenden (okay vllt. auch nur matt) und sauberen Kürbisse stapeln wir anschließend in einer Pyramide am Eingang.

    Bei unserem Schnitzen am nächsten Tag mit der Jugendgruppe entstehen sehr viele lustige Kürbisgesichter mit vielen einfallsreichen Geschichten. Die Restlichen werden nummeriert und für die Kürbissuche am Freitag beim jr. Youth Event (3. Bis 6. Klasse) mit Foto Hinweisen gesucht. Am Montag endete dann unser Halloween Programm im Halloween Outreach, hierfür bauen wir in der Auffahrt der Kirche ein Zelt auf, unter welchem wir uns vor den kurzen Regenfällen verstecken können. Zusammen mit 10 Litern heißer Schokolade und ganz vielen gespendeten Halloween Süßigkeiten verteilen wir für 4 h Süßigkeiten und Programme für unser Kinder- und Jugendprogramm. Alles in allem hatten wir eine sehr schöne Zeit mit den andern Young Adults.

    Simeon Trust Women's Conference
    Die Konferenz dauerte über drei Tage und dazu kamen ca. 60 Frauen aus Kanada in unsere Kirche. Mit viel Verpflegung gewappnet wurden mehreren Vorträgen zu verschiedenen Büchern in der Bibel zugehört. Besonders konzentriert wurde sich hierbei auf die Interpretationsrahmen und die sprachlichen Mittel. Es fühlte sich manchmal schon wie Englisch Unterricht und Textanalyse an. Man muss aber sagen, dass mich das scheinbar ganz gut auf Kanada vorbereitet hat.
    Vor allem das Frühstück, Mittag und Abendessen waren mit vielen interessanten Gesprächen gefüllt. Hierbei lernten wir zufällig die Hausmutter des Liebenzeller Missionshaus in Toronto und eine Frau aus der Maple Avenue Gemeinde in Georgetown kennen. Die Gemeinde in Georgetown hat selbst impactler bei sich, wodurch der Austausch sehr lustig wurde.
    Insgesamt durften wir sehr viel durch die Mithilfe bei der Organisation des Events lernen und das von vielen verschiedenen Frauen.

    Spontanes Essen
    Ende November durften wir in unserer Gemeinde, welche schon vier einzelne Deutsche hat, eine deutsche Familie begrüßen. Die Freude war sehr groß, als wir die deutschen Akzente erkannten und herausgefunden haben, dass Clara, die Tochter, nur ein Jahr jünger als ich ist. Nach kurzem Austausch über ihren Umzug vier Tage zuvor und dem ein oder anderen hilfreichen Tipp zum Leben hier feierten wir gemeinsam Gottesdienst. Unsere Befürchtung, die Familie vielleicht nicht erneut zu sehen, wurde in der Kaffee- und Kuchenzeit nach dem Gottesdienst direkt vernichtet. Christine verwickelte die ganze Familie in ein ziemlich langes Gespräch, was darin endete, dass wir drei Gäste mehr zum Mittag hatten.

    Anschließend ging alles dann sehr schnell, ein kurzer Stopp am Supermarkt - die haben praktischerweise auch Sonntags offen - und ein paar konkrete Küchenanweisungen an Elijah, Thomas, Annie und mich. Während Christine schnell das Haus noch weiter aufräumte - der Nachteil: Wenn 8 Personen zusammenleben, liegt immer irgendwas rum. Zeitnah klingelte es dann auch schon und die Gäste wurden sehr herzlich begrüßt.

    Notiz hier: Aus dem geplanten Mittag wurde dann auch ein Kaffeetrinken anschließend und hätten die Boschmanns nicht noch zur Behörde gemusst, garantiert auch ein Abendessen. So verabschiedeten wir uns dann um ca. 17 Uhr von den Gästen. Annie und ich haben diese Erlebnisse in Sachen Gastfreundschaft sehr geprägt.

    Denn dieses blieb kein Einzelfall, egal ob jemanden aus der Gemeinde oder die Neuankömmlinge, alle werden hier immer wieder gerne nach dem Gottesdienst zu Gemeindemitgliedern eingeladen. Gäste in seinem Haus begrüßen zu dürfen, ist hier eine sehr große Ehre, auch wenn sie mit viel Aufwand auf der Gastgeber Seite verbunden sind. Die Leute hier sind sehr offen gegenüber anderen und sehr erfreut über Small Talk oder auch einfach normale Gespräche.

    Dies kommt meiner Meinung nach auch von den vielen verschiedenen Kulturen. Die Leute sind sehr daran interessiert, mehr über deine Herkunft oder Abstammung, Sitten und das alltägliche Leben zu erfahren. Egal wie lange du hier schon wohnst oder ob du hier geboren bist. Durch die hohe Einwanderungsrate bedeutet Kanadier sein hier von vielen unterschiedlichen Kulturen der Welt geprägt zu sein.

    "We (Canadians) just like to copy paste from other cultures, when we like something” - wir (Kanadier) übernehmen gerne Sachen von anderen Kulturen, wenn wir sie mögen. (Aussage von unserem Gastvater)

    Ikea Besuch
    Ein Tagesbesuch im Ikea zu siebent ist schon ein Erlebnis. Aufgrund eines Lehrerstreiks wurde dieses Erlebnis für uns möglich. An einem Freitagmorgen ging es für uns los, besorget werden müsste, man kennt es, ursprünglich nur Rollos. Letztendlich hatten wir 6 h Spiel, Spaß und Freude mit einem typischen Meatball Mittag, mehreren Kleinartikeln, einem Regal und 27 Rollen Geschenkpapier. Ja, richtig gehört 27 Geschenkpapierrollen. Wir sind jetzt stolzer Besitzer jedes Geschenkpapiermusters, das IKEA in Kanada in diesem Jahr herausgebracht hat.

    Remembrance Day
    Der Erinnerungstag erinnert an das Ende des 1. Weltkriegs am 11. November 1918. Nach den hohen Zahlen der Verluste auf militärischer und bürgerlicher Seite und den emotionalen Folgen dieses Krieges auf die Soldaten und Gemeinschaften, welche es miterlebten, wurde beschlossen, dass der Remembrance Day generell an alle, die seit dem Krieg in allen bewaffneten Konflikten gekämpft oder gestorben sind erinnert. Hier in Kanada ist der Tag auch als Armistice Day (Waffenstillstand Tag) und Poppy Day (Mohnblumen-Tag) bekannt. Der Tag ist vor allem in den Commonwealth-Ländern verbreitet.

    Gefeiert wurde der Tag in unserer Familie nur am darauffolgenden Sonntag. Hier wurde im Gottesdienst die kanadische Nationalhymne gespielt, die Flagge aufgestellt mit Bildern von Militärpersonal in der Gemeinde und eine Schweigeminute für alle Gefallenen gehalten. Das ganze Wochenende und bis zum nächsten Sonntag konnte man an vielen belebten Plätzen Mohn-Anstecker erwerben und Leute mit diesen an ihren Jacken sehen. Für mich war diese Zeit interessant, da man hier einen klaren Unterschied zu Deutschland sehen konnte. Der Tag hat keinesfalls hier eine patriotische Bedeutung unter den Leuten (jedenfalls in unserer Gemeinde), eher geht es darum, den Dienst der Leute zu ehren, welchen ein sicheres Leben in Kanada mit ihrem Leben gewährleisten und beschützen.
    Auch an diesem Wochenende werden an vielen öffentlichen Plätzen Gedenkveranstaltungen gehalten und Veteranen und Mitglieder des Militärs erhalten Rabatte in vielen Geschäften.

    Interessante Anmerkung: Trotzdem waren Annie und ich geschockt, als wir herausgefunden haben, dass die Nationalhymne jeden Morgen in der Schule zum Beginn des Tages gesungen wird. Nach kurzem Überlegen haben wir festgestellt, dass wir noch nie in der Schule die Nationalhymne gesungen oder angehört haben und wir beide für mehrere Jahre überzeugt waren, dass die Freude schöner Götterfunke die offizielle deutsche Nationalhymne ist.
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