• Der Markt kommt zu Hanna

    Feb 17–18, 2024 in the United States ⋅ ⛅ 26 °C

    Hanna geht nicht zum Markt, der Markt kommt zu Hanna

    Wir wachen am Samstag wieder im muckelig warmen Saunastübchen auf. Erstmal entspannt was am Handy rum daddeln und gemeinsam überlegen, ob es einen Plan für den Tag gibt, welche Möglichkeiten sich bieten und wie wir den Tag füllen wollen. Wir haben die Option noch einen Tag zu bleiben, oder uns weiter in Richtung Süden aufzumachen. Dort würden als nächstes Miami und die Florida Keys auf uns warten.

    Der Tag soll noch wärmer werden als gestern, es wird zwischendurch regnen, aber die Temperatur soll nicht niedriger als 27 °C werden? Und ja, natürlich habe ich einen leichten Sonnenbrand auf dem Rücken. 🥴 Vielleicht nicht die besten Voraussetzungen für einen weiteren Strandtag. Wir beschließen erstmal den Morgen entspannt anzugehen und nach Gassigang und Kaffee eine Entscheidung zu treffen...et hetzt uns ja niemand, nicht wahr?! Christian macht sich auf und geht mit Bella eine große Runde Gassi, während ich mich in Ruhe fertig mache, ein bisschen im Wagen rum wusel und Kaffee aufsetze. Die Türen von Freddie sind auf, wir stehen am hinteren Rand des Parkplatzes und vor unserer Tür ist einer von drei Strandzugängen. Einige Leute passieren Freddie, Strandstühle geschultert, Angeln und Kühlboxen im Anschlag. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Manche schauen ganz angestrengt geradeaus, andere lächeln in Freddie hinein und manche haben ein netten Kommentar übrig, dass wir ja alles dabei haben, was wir so brauchen.

    Als der Kaffee fertig ist und ich gerade den Bus fege passiert ein Angler Freddie, schaut sich um, sieht mich und läuft wieder zurück, an Freddie vorbei, dann kommt er wieder um Freddie herum und spricht mich in gebrochenem Englisch mit spanischem Dialekt an und sagt "Come, I have to show you". Ich bin ein wenig verwirrt und tapse ihm aber hinterher, immernoch mit Handfeger in der Hand. Er steht direkt links neben Freddie mit einem riesigen PickUp und öffnet seine Ladefläche und hopst auf diese drauf (ich komme mir doof vor, dass ich misstrauisch bin). Währenddessen erklärt er mir mit wenigen, zunächst für mich unzusammenhängend wirkenden Worten, dass es ein Dorf weiter immer Samstags um kurz vor zehn so etwas wie Foodsharing gebe. Seine Freundin arbeite auf dem Markt und er habe viel zu viel und ich solle ihm doch etwas abnehmen. Er zieht zwei riesige Kartons nach vorne und zeigt mir eine gigantische Menge an Lebensmitteln. Klein Hanna steht neben der Ladefläche, mit Handfeger in der Hand und gefühlt grenzdebil und vollkommen überfordernd lächelnd und "ah, I see, wow, that's a lot" stammelnd. Ich weiß gar nicht wie mir geschieht, während der nette Mann mir eine Ausbeute von mehreren Tüten vor die Nase stapelt. Paprika, Kartoffeln, Pampelmusen, Melone, Zucchini, PakChoi, Tomaten und so weiter. Er möchte mir auch die Hälfte von einem riesigen Mehrkiloklops Schinken andrehen und ich stelle mir vor meinem inneren Auge vor, wie wir den in unserem Kühlschrank unterbringen sollen. "No, thank you so much, we are vegetarian" höre ich mich sagen, na dann gibt's noch einen Salatkopf und ein paar Mandarinchen obendrauf. Ich habe immer noch den Handfeger in der Hand und sage, dass ich ihn kurz wegbringe und Tüten hole und ob ich ihm etwas im Tausch anbieten könne. Ich fühle mich ein bisschen wie in der Truman Show. Er ist super nett und plappert weiter vor sich hin, dass das doch klar sei, dass das einfach alles zu viel für ihn und seine Freundin sei, dass ich die Sachen einfach nehmen solle und wir hier gern noch ein paar Tage schlafen können, dass da alle sehr entspannt seien. Naja jetzt hätten wir auch Vorräte für eine Woche. Ich bedanke mich in einer Tour und weiß gar nicht wie ich mich verhalten soll. Der Fischer lächelt und blubbert vor sich hin, dass das doch gar kein Problem sei, gerne und viel Spaß noch und safe travels. Er lässt mich die Errungenschaften abtransportieren und macht seine Angel fertig. Als ich zwischen Tüten in Freddie stehe, watschelt er zufrieden mit Angel, Kühlbox und Barfuß in Richtung Strand an mir vorbei.

    Ich bin total verwirrt und denke mir wie schreiend komisch ich gerade aussehen muss und was Christian wohl denkt, wenn er mit Bella wiederkommt und ich inmitten eines Marktstandes stehe und zwar im Nirgendwo auf einem Strandparkplatz. "Ja ne Herz, als du weg warst hab ich mich mit nem Kartonschild an die Straße gesetzt und um milde Gaben gebettelt" 😂 Zeitweise ist es sehr unterhaltsam in meinem Kopf.

    Ich versuche die Sachen schon mal ein wenig zu sortieren und fange an zu planen, wie wir sie unterbringen können als Christian mit Bella um die Ecke kommt und ihm die Verwirrung im Gesicht steht. "Hä, was ist denn hier passiert?" Ich gackere los und Christian entscheidet, dass die Erklärung auf Video festgehalten werden muss. Seine trockene, schräg grinsende Reaktion nach meiner Geschichte ist, dass man mich echt nicht allein lassen könne.

    Als wir die Sachen weg geräumt haben, entscheiden wir uns, dass Weiterfahren heute trotzdem eine kluge Idee ist. Die Luft steht und es wird zunehmend schwül. Während wir anfangen Freddie fertig zu machen, kommt das ältere Pärchen mit dem Doggen-Labrador-Mischling vom Vortag an Freddie vorbei und begrüßt Bella namentlich. Wir kommen erneut ins Gespräch, die beiden erzählen von ihren Camper Erfahrungen und sind ganz neugierig, was wir noch für Pläne haben. Beim Abschied sagen sie, dass ihnen auf dem Rückweg was fehlen wird, wenn Bella und wir nicht mehr da sein werden. So viele nette Menschen innerhalb von ein paar Stunden, das ist mehr als beschwingend. Kurze Zeit später machen wir uns auf und sind unglaublich dankbar für die knapp zwei Tage am Bob Graham Beach.

    Als nächsten Stop halten wir so grob Miami fest. Von dort aus wollen wir die Florida Keys erkunden und eventuell nach Miami rein fahren. Auf dem Weg wollen wir bei einem Outdoor-Shop noch den "America the beautiful“-Pass kaufen, eine Art Flatrate-Zugang für die meisten Nationalparks. Ich bin ganz schön dankbar einen Recherchian an meiner Seite zu haben. Der Pass gilt für ein Auto und drei Personen, perfekt also für uns. Outdoorläden sind für uns gefährlich merken wir, wir kommen nicht nur mit dem Pass, sondern auch um eine Badehose, eine Latzhose und Birkenstocks reicher wieder bei Freddie an. Hier genießen wir ein kleines Frühstück und schauen, wo wir für die Nacht unterkommen können. Es bietet sich eine Kirche in Homestead in der Metropolregion Miami an. Der Name New Life Sanctuary irritiert, insbesondere in Zusammenspiel mit einem Logo, dass uns an The Big Bang Theory erinnert. Wir müssen ja an keiner Messe teilnehmen und die Kommunikation ist super entspannt und nett.
    Wir zerfließen bei knappen 38° in Freddie und sind froh, über jedes bisschen Luft das herein weht. Bella macht alles ganz fantastisch mit. Zwischendurch kriegt sie eine feuchte Dusche und immer wieder Trinken angeboten. Wir sind einfach so gesegnet mit diesem Hund.
    Nach zwei Stunden Fahrt machen wir Stopp bei Walmart. Hier erstehe ich eine neue billige Sonnenbrille ohne Sehstärke und bin wieder bestens gewappnet für meine Kontaktlinsen. Und: wie gefährlich sind bitte amerikanische Snacks?! Hier gibt es mit Erdnussbutter gefüllt Salzbrezel-Kissen. Die ersten Walmart Besuche lang konnten wir sie ignorieren, heute mussten sie mit. Yum!
    Da wir gut in der Zeit liegen, warten wir auf dem Parkplatz noch eine gute halbe Stunde ab, bis die Sonne weniger kräftig scheint.

    Im Dunkeln kommen wir in Homestead an und ich koche uns eine monströse Gemüsepfanne, die richtig köstlich schmeckt! Danke lieber Fischer! Von den freilaufenden Pfauen, die auf dem Gelände herumlaufen sollen, bekommen wir leider nichts mit. Wir gehen noch eine Runde mit Bella und fallen ins Bett.
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