Der Countdown läuft

Noch 4 mal schlafen. Die Ausrüstung ist komplett. Jetzt werde ich alles in den Rucksack packen und nach dem ersten Probetragen bestimmt nochmal jeden Gegenstand in die Hand nehmen und überlegen, obLeia mais
Noch 4 mal schlafen. Die Ausrüstung ist komplett. Jetzt werde ich alles in den Rucksack packen und nach dem ersten Probetragen bestimmt nochmal jeden Gegenstand in die Hand nehmen und überlegen, ob ich ihn wirklich brauche. Wenn ich damit fertig bin, verrate ich euch, was alles zusammen wiegt.Leia mais
Im Bus nach München, sitzt neben mir auf dem Sitz am Fenster, ein Junger Mann. Die ersten 15 Minuten ist er leidenschaftlich wortkarg, dann zieht er den Vorhang vor das Fenster und schläft ein. Könnte schlimmer sein, denke ich mir, denn immerhin sitze ich am Gang und kann so wenigstens mein linkes Bein immer mal ausstrecken. Dass es Zeit dafür ist, signalisiert mir ein immer heftiger werdender, stechender Schmerz im Kniegelenk. Strecke ich mein Bein dann aus, ist je nach Stärke des Schmerzes ein vornehm leises, oder erstaunlich kräftiges Knacken zu hören. Danach ist für die nächsten 20 Minuten erstmal alles wieder gut. Im Laufe der Jahre als 194 cm großer Mensch, habe ich mir die Fähigkeit erworben, exakt berechnen zu können, wie lange eine Reise in engen Buss- und Flugzeugsitzreihen dauert. Ich schätze mit erstaunlicher Genauigkeit den Abstand zum Sitz vor mir in Millimeter. Dann verorte ich die Stärke meiner Schmerzen im Knie auf einer Skala von 0 bis 17,4 und kombiniere alles geschickt mit der Anzahl der Knackgeräusche. Fertig ist der Salat. Ist alles keine Zauberei
Jetzt schläft auch der Junge Mann auf dem Sitz auf der anderen Seite des Ganges. (Nicht der Fluß in Indien, sondern der Laufweg im Bus). Er schafft es. dass sowohl sein Kopf mit dem daran befindlichem Oberkörper, als auch beide seiner Beine weit in den Gang hineinragen. Dadurch nimmt er mir jegliche Möglichkeit der exakten Zeiterfassung, denn nun kann ich mein Bein nicht mehr ausstrecken. Ich beschließe Gegenmaßnahmen zu ergreifen und huste laut. Keine Reaktion. Hätte ich mir auch denken können. Er hat sich seinen Pullover um den Kopf geschlungen. Vermutlich hatte er es einfach satt, von seinen Mitreisenden ständig energisch angehustet zu werden. Vorsichtig schiebe ich seinen Fuß zu Seite und erobere mir meinen Platz im Gang zurück. Er schreckt auf, fuchtelt wild mit seinen Armen um sich, murmelt unverständliche Worte und schläft wieder ein. Dem habe ich es gezeigt. Der Mann rechts neben mir schläft noch immer. Jetzt aber mit weit geöffneten Mund und nach hinten gelehntem Kopf. Vor meinem Inneren Auge erscheint eine Aufzählung von putzigen Dingen, die ich ihm jetzt in den Rachen schnipsen möchte. Nicht aus Boshaftigkeit, nur aus Gründen der Zerstreuung. Boshaft wäre, wenn ich jetzt zur Anwendung bringen würde, was ich neulich beim Kürzen meiner Fingernägel mit einem Nagelknipser über die Flugweite von Horn gelernt habe. Mit der, von meiner Mutter vererbten Treffsicherheit, sie war mal DDR Bezirksmeisterin im Luftgewehrschießen, ergäbe ….. ach lassen wir das lieber.
An Schlaf ist unter diese Umständen nicht zu denken. Ich überbrücke die Zeit bis zur Ankunft in München mit Filmen, in denen geschossen wird, es viele dumme Logikfehler gibt und die Helden selbst nach der ärgsten Prügelei noch aussehen, als wären sie gerade von der Kosmetik gekommen.
Der Anschlussbus in München hat 45 Minuten Verspätung. Ich bleibe entspannt, denn ich habe noch genug Zeitpuffer. Ich schaue nochmal auf die Auslastung meines Fluges und entschließe mich spontan für den Schnäppchenpreis von 16,95€ noch einen Platz mit mehr Beinfreiheit zu buchen. Am Fenster, weil ich bei Flügen noch immer staunend aus dem Fenster schaue. Laut Übersicht ist die komplette Sitzreihe frei. Na wenn ich mir das nicht verdient habe.
Am Flughafen gebe ich als erstes meine Rucksack auf. Ich frage die nette Dame am Schalte, ob der gut 1m lange Regenschirm, den ich professionell an der Seite meines Wanderkoffers festgezurrt habe, eine Chance hat zu überleben, oder ob es aus selbigem Grund ratsamer wäre, ihn als Handgepäck mit ins Flugzeug zu nehmen. Ich werde zum Schalter für Sperrgut geschickt, wo mein Rucksack samt Schirm, zusammen mit einem großen Karton eines Mitreisenden auf einem kleinen Karren verladen wird. Nun gut, hoffen wir das beste.
Weiter geht es zur Sicherheitskontrolle. Ich bin ein wenig aufgeregt, denn in meinem Handgepäck befinden sich eine beachtliche Menge Medikamente. Der Quartalsvorrat eines depressiven, Schilddrüsenkranken mit verkleinertem Magen. Weil ich clever bin, habe ich alle Tabletten und Pillen schon zu Hause ausgepackt und wenn ich auspacke, dann gründlich. Selbstverständlich habe ich alles ordentlich aus den Blistern gedrückt und in einem großen Beutel zu einem Potpourri der guten Laune vermischt. Erst als es zu spät war, ist mir eingefallen, dass mich diese 2 Pfund pharmazeutisches Konfetti beim Zoll in Erklärungsnot bringen könnten. Um mich zu beruhigen habe ich noch einen zweiten Beutel gepackt. Voll mit den leeren Vepackungen, Beipackzetteln, einer Bestätigung meiner Ärztin, der Rechnung der Versandapotheke und eines wichtig aussehenden Medikamentenpasses.
Vor lauter Angst, gleich als Pablo Escobar der Antidepressiva verhaftet zu werden, hatte ich mich schon bei der Gepäckaufgabe in der falschen Schlange angestellt, aber dann doch noch rechtzeitig bemerkt, dass ich ja Priority Kunde bin. Nicht dass ich darauf großen Wert lege, aber bei der Buchung von Aufgabegepäck habe ich diesen Adelstitel des Flugreiseproletariats unvermeidbar mit erwerben müssen.
Und schon stehe ich wieder in der Schlange, die dem Prekariat zugedacht wurde. Das geht ja garnicht. Wenn schon Unterschiede, dann auch nicht halbherzig. Also wieder zurück und in die nicht viel kürzere Schlange.
Angriff ist die beste Verteidigung. Ich präsentiere der Flughafenicherheitsfachkraft eine beeindruckende Geschichte von 4 Monaten Rumänien, Wildnis, Bärenforschung, einer seltenen Erkrankung und Medikamenten, die nicht im Ausland erhältlich sind. Erst dann hole ich wieder Luft. Scheinbar reisen von Memmingen tagtäglich verwegenen Bärenforscher für längere Aufenthalte nach Rumänien, denn sie scheint keineswegs beeindruckt zu sein. Alles in die Kiste legen, sagt sie und ruft ihrem Kollegen am Durchläuchtungsgerät, Achtung jetzt kommen Tabletten, zu. 5 Sekunden später kann ich alles wieder in meinem Tagesausflugsrucksack verstauen. Es ist enttäuschend, so uninteressant zu sein.
Ich quetsche mich durch den Duty Free Bereich und nehme noch eine Dose Bayrisches Bier für meinen freundlich Taxifahrer mit, der mich in Suceava in Empfang nehmen will und mich nach Putna fahren wird. Auf zu Boarding.
Am Boardingschalter stehen 2 Boardingschalterbedienstete. Der Rechte ist fürs Prekariat und der linke für die Blaublüter der Billigflieger. Hätte ich doch nur wie andere Passagiere meinen Boardingpass vorsichtshalber auch ausgedruckt. Am besten in DIN A2. Dann könnte ich ihn jetzt stolz vor mich halten und immer wieder mit dem ausgestreckten Zeigefinger und abgespreizten kleinem Finger auf das Wort PRIORITY zeigen. Naja, scheiß Digitalisierung. Der Schalter befindet sich mittig vor einer gut 20m langen Glasfront. Jeder Schaltermitarbeiter hat hinter sich eine Tür, durch der die Passagiere der entsprechenden Kaste ins Freie gelangen. Die feinen Leute links, das grobe Pack rechts. Und wo für? Damit sich alle auf der anderen Seite der Glasfront wieder wild durcheinander mischen. Zwar stehen da Absperrzäune, aber irgend ein Amateur hat diese nur dazu benutz, die Passagiere vom Rollfeld fernzuhalten. Nix ist mit Apartheid. Kopfschüttelnd zünde ich mir eine Zigarette an. Jawohl, mitten in der Rauchverbotszone. Die Maschine rollt vor. Die Gangways werden hinten und vorne an das Flugzeug geschoben. Die Türen öffnen sich und der Flieger spuckt sofort eine bemerkenswerte Anzahl an Urlaubern und Geschäftsreisenden aus. Dann passiert eine ganze Weile nix. Das Menschenkongklomerat wird unruhig, fängt in der Sonne langsam an zu schwitzen und drängt sich immer dichter zusammen. Gleich ist die kritische Masse erreicht und es wird zu ersten Verschmelzungen kommen. Als ein unscheinbarer Vorfeldmitarbeiter das Tor in Richtung Flugzeug öffnet, gleicht dies einer Initialzündung. Hat diese Tölpel doch tatsächlich der Arbeiterklasse zuerst den Durchlass gewährt. Ach was sage ich, nicht zuerst, sondern ausschließlich. Durch diesen anarchistischen und zugleich diabolischen Schachzug hat er mirnichts dirnichts die Upperclass in die Underdogs verwandelt. Nicht mit uns, du Martin Luther King für Arme. Wild fliegt Schaum in weißen Fetzen von den Mündern, als die ersten Absperrgitter auseinandergerissen werden. Die Prioritys rennen in Richtung Gangway und versuchen sich wenigstens einen kleinen Rest ihrer Überlegenheit zurückzuerobern. Ich bin vor gut 10 Jahren mal zu einem Seminar nach Italien geflogen. Damals hatte ich auch den Status eines Prioritykunden, weil ich einen Sitz mit mehr Beinfreiheit gebucht hatte. Die Passagiere wurden mit kleinen Bussen über das Rollfeld zur Maschine gefahren. An der Bustür kontrollierte der Fahrer mein Ticket und schickte mich dann zur hinteren Bustür. Ich betrat den Bus und stellte feste, dass dort einfach mit rot-weißen Flatterband der Bus innen mittig geteilt wurde. Scheinbar war ich der einzige Prioritypassagier, denn ich hatte die komplette Hälfte des Busses für mich. Während sich in der anderen Hälfte des Busses Szenen wie in der Tokioter U-Bahn abspielten und mich verächtliche blicke tragen, überlegte ich, ob ich es mir nicht demonstrativ, liegend auf mehreren Sitzen bequem machen sollte. Ach was waren das noch für Zeiten.
Ich aber stehe noch immer rauchend in Memmingen und frage mich, wie oft es schon vorgekommen ist, dass ein Flugzeug abgeflogen ist, obwohl noch die Hälfte der Passagiere davor gestanden haben. Ach egal, ich wurde nicht verhaftet und habe gleich einen Sitzplatz am Fenster mit extra viel Beinfreiheit.
Als ich mich in die Schlange auf der hinteren Treppe einreihe, fährt ein kleiner Wagen mit 2 Anhänger vor. Das Gepäck wird gebracht. Da Aufgabegepäck den Preis der Flugtickets gleich mal verdoppelt, ist die Menge der zu verladenden Koffer sehr überschaubar. So überschaubar, dass sich auf dem zweiten
Anhänger lediglich mein Rucksack und das große Paket des Mitreisenden befindet. Und jetzt wird es unschön. Ich benötige nur den Bruchteil einer Sekunde um mir ganz kräftig mit der flachen Hand vor die Stirn schlagen zu wollen. Die Wagen, in denen das Gepäck transportiert werden sind ungefähr 2m lang und 1,5m breit. Damit nix runterfallen kann, umgibt die Ladefläche eine gut 50cm hohe Umrandung. Auf dieser ruht verfickt noch mal die Spitze meines Regenschirmes, während der Rucksack auf selbigen liegt. Ich schwöre, während ich auf der Treppe zum Flugzeug gestanden habe, konnte ich beobachten, wie mein Rucksack Stück für Stück zu Boden sank und sich in der Mitte meines neuen, unbenutzten, ultraleichte, Kohlenstoff-Glasfasergestell-Regenschirmes ein 45° Knick bildete. Bitte geben sie ihren Rucksack als Sperrgepäck auf, dann passiert ihrem Regenschirm nix. 10 Wochen stationäre Musiktherapie verpufften in diesem Augenblick. Wäre mein Kreislauf nicht noch von der unschönen Magen/Darm Erkrankung der letzten Tage am Boden gewesen, währe mir just in diesem Moment vor lauter Verzückung Blut aus den Augen geschossen.
Sitz 29A Fensterplatz mit Beinfreiheit. Beinfreiheit ja, Fensterblick naja. Wenn ich mir den Hals verrenke, kann ich mit einem zugekniffenen Auge durch einen 2cm breiten Spalt an meiner Kopfstütze vorbei ins Freihe sehen. Ich sitze am Notausgang. Immerhin werde ich von einer Flugbegleiterin, die Meghan Duchess of Sussex Markle zum verwechseln ähnlich sieht, gebeten, im Ernstfall den Notausgang zu öffnen und die aufblasbare Rutsche auszulösen. Es erfolgt eine kurze Unterweisung und das erhabene Gefühl, jetzt zur Crew zu gehören.
Noch immer habe ich die ganze Sitzreihe für mich. Fresst Staub ihr sterblichen.
Aber auch innerhalb von Passagiermaschinen kommt Hochmut vor dem Fall. Kaum hat die Maschine den weiß blauen Himmel Bayerns erklommen ertönt auch schon das Signal, welches verkündet, dass man sich nun anschnallen darf. Nach all dem, was ich heute schon erdulden musste, ist es beinahe unnötig zu erwähnen, dass sich sogleich wildfremde Menschen auf die freien Plätze neben mir zwängen. Ist denen denn garnichts mehr heilig. Immerhin musste ich mir diesen Luxus durch opulente 16,90€ erkaufen. Danke WizzAir! Als ich wenig später von der Toilette zurück komme, ist auch mein Platz besetzt. Mir gelingt es den blassen Jüngling durch einen betont ausdruckslosen Blick zum verlassen meines Sitzes zu bewegen. Ich setze mich, wild entschlossen erst wieder aufzustehen, wenn alle Passagiere das Flugzeug in Suceava verlassen haben. Nach der Landung wird applaudiert. Ich mache da nicht mit. Ist es denn nicht das mindeste, was ich von einem Piloten verlangen kann, dass er das Flugzeug wieder sicher zu Boden bring? An der Gepäckausgabe nehme ich meinen Rucksack nebst imposant gekrümmten Regenschirm in Empfang. Mich empfängt wie abgesprochen ein äußerst netter Marius. Er begleitet mich zum Einkaufen und dolmetscht nicht nur beim Erwerb eines neuen Regenschirms und Gaskartuschen, sondern auch beim Fleischer, bei dem ich mir diverse, verführerisch duftende Köstlichkeiten für meinen Rucksack aussuche. Eine gute Stunde später Bringe ich meine Sachen in die Pension. Ein Foto von Marius und mir macht den Anfang in meinem Album der Begegnungen. Michael der Vermieter, der mir auf dem Rückweg aus der Stadt Bier mitgebracht hat, wird gemeinsam mit den 3 anderen Wanderern, die mittlerweile eingetroffen sind, folgen. Ich werde drei Nächte hier bleiben, mich auskurieren und meine Akkus aufladen. Es fühlt sich sooo gut an, wieder unterwegs zu sein.Leia mais
ViajanteFreue mich, wieder von dir zu lesen. Du hast so einen herzlich zynischen Schreibstil, den muss man einfach mögen. Deine Zeitmessung erinnert mich an "poronkusema", und alles andere ist der Grund, warum ich nicht mehr fliegen möchten. Wünsche dir eine tolle Reise und erlebnisreiche Wanderung.
ViajanteIch freue mich, auf neue Berichte von dir. Habe schon sehr über deine ersten Reiseerfahrungen gelacht. Die Beschreibungen waren so bildlich, als wäre ich mit dabei. Ich wünsche Dir, eine wunderbare Reise.
Ich befinde mich jetzt schon 5 Tage auf der Zeltwiese der Pension Cristal in Sucevita. Auch wenn es mir hier an nichts mangelt, ist dieser Aufenthalt nicht ganz freiwillig, aber beginnen wir am Anfang. Nach meiner Landung in Suceava wurde ich am Flugplatz von Marius in Empfang genommen. Wir hatten uns über eine Facebookgruppe kennengelernt und er hatte mir angeboten mich nach Putna zu fahren. Über dies hinaufhalf mir Marius auch noch bei anstehenden Besorgungen. Er dolmetschte im Supermarkt, half köstliche Lebensmittel aus regionaler Herstellung für meinen Rucksackvorrat zu beschaffen und zeigte sich als geduldige Begleiter bei der Suche nach einem neuen Regenschirm. Noch vor der Pension in Putna, machten wir ein gemeinsames Foto und er bekam den ersten Platz in meinem Buch der Begegnungen.
Die Pension Daria wurde von einem Namensvetter geführt. Michael begrüßte mich mit ebenfalls mit einer extra Portion Gastfreundschaft und einem Rundgang durchs Haus. Im Gegensatz zu Marius sprach er zwar kein Englisch, aber mit Hilfe des Google Translaters führten wir die nächsten Tage sehr angeregte und vielfältige Gespräche. Am Frühen Abend reisten Lavinia und Toma an. Nun waren wir schon 3 Transilvanica Wanderer in der Pension. Lavinia und Toma sind gebürtige Rumänen, sprachen aber sehr gut deutsch und arbeiteten schon ein paar Jahre in der Schweiz. Irgendwann stellte sich sogar heraus, dass sie dort nur wenige Kilometer entfern von meiner Freundin Pia lebten. Ein glücklicher Zufall, der ein Wiedersehen während meiner Rückreise sehr wahrscheinlich macht. Wir haben an diesem Abend viel gelacht und sind irgend wann zu sehr später Stunde auf unsere Zimmer gegangen.
Da sich Michaels Frau gerade im Krankenhaus befand, führte er die Pension alleine. Als am Morgen die Gäste abgereist waren, begann er mit der Reinigung der Zimmer. Irgendwann kam er mit einem großen Berg Wäsche aus dem Haus, stopfte diese in den Kofferraum seines Autos und fragte mich, ob ich Lust hätte, ihn ins Kloster zu begleiten. Wir fuhren zum benachbarten Kloster in Putnei. Gleich neben den historischen Klostergebäuden befanden sich einige Wirtschaftsgebäude, in denen auch eine Wäscherei untergebracht war. Dort entluden wir die Wäscheladung und Michael führte mich zu einem Nebengebäude. Er klopfte an der Tür, rief etwas auf Rumänisch und wenig später stand ich in einer Holzwerkstatt, in der wunderschöne, filigrane Schnitzereien angefertigt wurden. Pater Nicolai lud uns zu einem Glas Wein ein, verschwand und kehrte nur einen kurzen Augenblick später mit einem gefüllten Krug und Weingläsern zurück. Der Wein schien gerade frisch aus einem Weinballon gezapft wurden zu sein. Er war leicht trüb und auf seiner Oberfläche schwammen kleine Hefeflocken, aber er schmeckte großartig. Ich durfte mich in Ruhe in der Werkstatt umsehen und entdeckte dabei immer mehr unglaublich schöne Kunstwerke. Unsere Unterhaltung mussten wir mit Händen und Füßen führen, was der Kommunikation aber nicht im Wege stand. Nach gut 1 Stunde verabschiedeten wir uns und Michael und ich besichtigte die Kirchen des Klosters. Im ersten Moment war ich wie erschlagen von den unzähligen und unbeschreiblichen schönen Ausmalungen und Verzierungen im Inneren. Die Abbildungen unzähliger Heiliger schmückten die Wände und von den Deckenbalken hingen schwere, vergoldete Leuchter, die mit grünen Zweigen geschmückt waren. In der kleineren der beiden Kirchen fand gerade eines Messe statt. Die Gesänge der Mönche wurden mit Lautsprechern nach draußen übertragen und tauchten das Klostergelände in eine feierliche und mystische Atmosphäre. Diese Eindrücke werde ich noch eine ganze Weile bei mir tragen. Michael fuhr mit mir nach Putna in ein kleines Restaurant, wo ich eine Portion Polenta mit frischen Waldpilzen zu mir nahm. Am Nachmittag brach ich zu einer Wanderung in die Umgebung auf. Ich stieg auf einen Hügel, dessen Gipfel ein großes Kreutz zierte. Von hier oben aus soll im Jahr 1466 Stefan der Große einen Pfeil ins Tal geschossen haben. An der Stelle im Tal, an der der Pfeil landete, ließ der Fürst einen Altar errichten und wenig später das Kloster Putna. Von dort oben aus hatte man einen wunderbaren Blick über den Ort und das große Kloster samt seinen Gärten. Michael erwies sich als unglaublich gastfreundlicher Fremdenführer. Er fuhr mich zur Tankstelle, in der ich mich mit Getränken eindeckte und den Stempelpass der Via Transilvanica kaufen konnte. Wir fuhren ein weiteres mal zu Bruder Nicolai, damit ich ein gemeinsames Foto für mein Buch der Begegnungen mit ihm machen konnte und er lud mich erneut zum Essen ein. Ich denke, wir beide genossen die Gesellschaft des anderen Sehr. Am Abend vor meiner Abreise lud mich Michael ein, noch ein paar Tage bei ihm zu bleiben. Schweren Herzens lehnte ich ab. Ich wollte endlich loslaufen. Mein Gastgeber fuhr mich am Morgen zum Kloster Putna. Mit machten vor dem Kilometerstein Nr. 1 noch ein gemeinsames Foto, Michael schrieb mir etwas in mein Buch und dann verabschiedeten wir uns voneinander, nicht jedoch ohne uns ein letztes mal lange zu umarmen. Als Michael am Ende der langen Klosterallee verschwunden war, besichtigte ich das Kloster Putna, welches in Pracht und Schönheit dem Kloster in Putnei in nichts nachstand. Im kleinen Laden vor dem Kloster kaufte ich mir, aus dem Gefühl heraus, dass ein Talisman auf dieser Reise nicht schaden könnte, ein kleines Holzkreuz an einem Lederband, welches ich seitdem um meinen Hals trage. Ich legte am Startpunkt noch eine kleine Pause ein und lief dann Richtung Ortsausgang. Nun dauert es auf so einer Wanderung immer ein paar Tage, bis man seinen eigenen Takt gefunden hat, bis die Schuhe und der Rucksack richtig sitzen, bis im Rucksack alles dort verstaut ist, wo es für die Gewichtsverteilung am sinnvollsten ist, oder bis man das richtige, ganz eigene Tempo gefunden hat. Das war mir bekannt und dass sich noch nicht alles so rund anfühlte, verwunderte mich nicht. Trotzdem war da noch etwas anderes. Ich fühlte mich bereits nach kurzer Zeit schlapp und kraftlos. Mir wurde schwindlig und ich hatte Kreislaufprobleme. Zwar spürte ich die Last der Rücksacks deutlich, aber dies schien es nicht zu sein, denn es drehte sich in meinem Kopf und die Knie wurden weich, egal ob ich den Rucksack trug oder nicht. Es war die Hitze. Ich weiß nicht aus welcher Überheblichkeit heraus ich nicht in Betracht gezogen hatte, dass meine Schwächeanfälle etwas damit zu tun haben könnten, dass ich bei 32°C auf einer Straße ohne schattenspendende Bäume oder Bebauungen unterwegs war. Nun ist es so, dass es in Rumänien recht viele Straßendörfer gibt. Ortschaften, die aus einer Straße und denen, sich an dieser befindlichen Häusern bestehen. Selten wird in zweiter Reihe gebaut, sodass sich so ein Dorf auch mal auf eine Länge von 4 km strecken kann. Meine Eigentliche Tagesetappe wieß eine Länge von 22km auf. Ziemlich in der Mitte der Strecke befand sich ein Berg, auf den es hinauf und auf der anderen Seite wieder hinab ging. Der Rest des Weges war, recht flach. Leider bestand die Strecke, bis auf Ausnahme des Berges hauptsächlich auf Betonstraßen und breiten, geschotterten Waldautobahnen, auf denen in sehr kurzen Abständen, große Holztransporter versuchten Geschwindigkeitsrekorde aufzustellen. Nun kam zur unbarmherzig scheinenden Sonne auch noch die Gefahr hinzu, in einer Staubwolke vom nächsten Holztransporter unbemerkt zermalmt zu werden. Manchmal schaffte ich es von einem Kilometerstein zum nächsten. Oft musste ich mich aber bereits nach spätestens 500m irgendwo am Straßenrand fallen lassen. Dann versuchte ich mich unter meinem Regenschirm oder im Schatten eines Papierkorbes ein wenig zu erholen, bevor ich mich weiterschleppte. Bei Kilometer 8 hatte ich den Wald erreicht. Auf einer winzigen Lichtung, wenige Meter von einem Bach entfernt, schlug ich mein Zelt auf und beendete die erste Etappe auf halber Strecke. Ohne jeglichen Funkempfang hatte ich keinerlei Möglichkeit zu recherchieren, wie weit es zur nächsten Unterkunft, oder zum nächsten Zeltplatz sein könnte. Auch bestand keine Möglichkeit Hilfe zu holen, sollte es mir noch schlechter gehen. Immerhin, deutet nichts darauf hin, dass es sich um mehr als ein paar Probleme mit der Hitze handeln könnte. Ich hatte genug zu essen für 3 Tage beim mir und das Wasser des Bachs erschien auch in Ordnung zu sein. Sollte ich am nächsten Tag noch nicht weiterlaufen können, würde ich es hier noch eine ganze Weile aushalten. Um die Kühle des Morgens zu nutzen, startete ich am nächsten Tag schon sehr zeitig. Die knapp 200 Höhenmeter, die es nun zu bewältigen galt, bewältigte ich im Schatten der Bäume, engagiert schwitzend und mit ein paar kleinen Pausen. Das fehlen nahender Ohnmachtsanfälle stimmte mich äußerst positiv. Kaum war ich aber vom Berg wieder hinabgestiegen und am Waldrand angekommen, entzog mir die flirrende Hitze des schattenlosen Weges erneut alle Kraftreserven. Ich schleppte mich bis ins Zentrum von Suveava, schwankt in den kleinen Laden vor den Toren des Klosters, verzehrte 2 Eis, 2 Cola, sowie, in der Hoffnung damit meinen Elektrolytehaushalt wieder in Gleichklang zu bringen, eine Tüte Chips mit Bacongeschmack. Anschließend suchte ich im Internet nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Und so bin ich vor ein paar Tagen dort gelandet, wo ich jetzt diese Zeilen schreibe. Die Pension Cristal bietet, neben ihren Pensionszimmern, auch die Möglichkeit, im Garten dieses kleinen Bauerngehöftes zu zelten. Ich habe mein Lager im Schatten eines großen Walnussbaumes aufgeschlagen. Wenige Meter entfernt hat ein großer Pool die Hitze der letzten Tage erträglich gemacht. Die Betreiberfamilie ist zurückhalten, aber äußerst nett. Ich durfte Gast auf einer rumänischen Geburtstagsfeier sein und dort unglaublich leckere Spezialitäten vom Grill genießen. An den Sanitären Anlagen gibt es nichts auszusetzen und die Tatsache, dass ich momentan der einzige Gast bin, beschert mir viel Ruhe. Ich kann mich also nicht beklagen. Seit gestern Abend stehen graue Wolken am Himmel. Die Temperatur sinkt langsam und wenn der Wetterbericht nicht ganz falsch liegt, dann regnet es morgen zwar, aber ich werde bei angenehmen 16°C auf eine Etappe aufbrechen, die mit 1200 zu bewältigenden Höhenmetern schon respekteinflößend daherkommt.Leia mais
Ich habe nicht geschlafen. Freiwillig, weil es Dinge zu entscheiden gab. In den letzten Tagen musste ich mir eingestehen, dass ich das Projekt Via Transilvanica nicht fortsetzen kann. Seit mehr als 1 Woche fallen die Temperaturen Tagsüber nicht unter 30°C. Hier in Vatra Dornei zeigt das Thermometer 35°C. Ja, ich bin ohne große Kondition losgelaufen. Die kommt doch mit jedem Tag von alleine, habe ich mir gesagt. War ja auf dem EB auch so. Die Transilvanica hat mich vom ersten Tag an in ihre gewaltigen Arme geschlossen und mir zur Begrüßung täglich ein beeindruckendes Höhenprofil um die Ohren gehauen. Ok, langsam laufen, Pausen machen, durchatmen, kleine Schritte. Irgendwie komme ich den Berg schon hoch. Ach ja, Wasser! Natürlich gibt es auf den Bergetappen nur am Start und am Ziel Trinkwasser. Also alles Wasserreserven aufgefüllt und 6 Liter lebenswichtiges Nass und damit 6kg zusätzlich im Rucksack. Macht in der Summe 23kg. Nein, ich will auf keinen Fall jammern. All das habe ich mir vorher durch den Kopf gehen lassen. Was ich aber nicht bedacht habe, weil ich es im letzten Jahr nicht dermaßen extrem erlebt habe, sind die Auswirkungen der Hitze. Im Schatten der Bäume und in der Kühle des Waldes, habe ich mich Kilometer für Kilometer durchgebissen. Mit jedem Tag habe ich gemerkt, das ich mehr Kondition aufbaue. Schon eine knappe Stunde nach Sonnenaufgang, war die Kraft der Sonne außerhalb der Wälder, also auf langen Asphalt oder Schotterstrecken, auf Bergwiesen, oder breiten Forststraßen so dermaßen unbarmherzig zu spüren, dass mein Körper mir gut 75% Energie entzog, um alle möglichen Körperfunktionen vor dem Zusammenbruch zu schützen. Die verbliebenen 25% reichten dann meisten nur noch für 500 oder selten auch 1000m. Dann setzte Schwindel, Schwäche und Übelkeit ein. Auch dass habe ich ausgehalten. Hab mich Kilometer für Kilometer von Schattenfleck zu Schattenfleck gehangelt, um mich dann vor eine Mülltonne, hinter einem geparkten LKW, hinter einem Baumstamm, oder unter eine Bank zu legen. Legen, weil sitzen nicht gegen das Schwindelgefühl geholfen hat. So bin ich an manchen Tagen nur 8 oder 10 km weit gekommen. Am Abend, wenn die Erschöpfung von mir abfiel, hat sich dass dann auch wieder gut angefühlt. Als ich mich aber vor 3 Tagen, nach einem steilen Abstieg über große Weideflächen und nur 2 km Fußmarsch in der Mittagshitze der Kleinstadt unkontrolliert vor einem Tante Emma Laden erbrach und ich dort, zwischen Zigarettenkippen und Hundehaufen am liebsten liegen geblieben wäre, wusste ich, dass es so nicht mehr weiter geht. Es bedurfte aber immer noch 3 ganze Tage und Nächte, sowie eines unbeschreiblichen Freundschaftsbeweises lieber Menschen, denen ich bisher nur virtuell begegnet bin, bis ich mich zu einer Entscheidung durchringen konnte. Am Dienstag breche ich mein Zelt hier ab und schlage einen neuen Weg ein. Ich werde mit einer Mitfahrgelegenheit ans Schwarze Meer reisen. Zwar sind dort die Temperaturen sehr ähnlich, aber ich kann mich ins Wasser legen. Einen schattigen Zeltplatz habe ich auch gefunden. Die Villa Transilvanica aber, wird mich nicht los. Wenn alle Pläne aufgehen, sehen wir uns spätestens im nächsten Mai wieder. Ich werde hier noch schreiben und zeigen, was ich in den letzten Wochen auf dem Weg erlebt habe. Natürlich gilt das auch für alles, was mir in nächster Zeit am anderen Ende Rumäniens als erzählenswert erscheint. Bis nachher also und liebe Grüße aus Vatra Dornei.Leia mais
Das Meer ist glatt wie ein Spiegel. 8:30 Uhr. Ich war zeitig am Strand. Hatte am Abend zu vor schon meinen Rucksack gepackt. Neben dem üblichen Zubehör für einen Tag am Meer auch Zutaten für einen Thunfischsalat. Tomaten, gekochte Eier, Olivenöl, Salz, eine Zwiebel, eine Zitrone, Thunfisch in der Dose und etwas Brot. Ich war zeitig wach, habe meine Sachen genommen und bin losgelaufen. Eine gut 30 Meter breite Lücke zwischen den bunten Zelten war der Lohn für den frühen Aufbruch. Ich platzierte mich mittig, stellte meine Strandmuschel auf, befüllte, wie jedes Mal, 3 Plastiktüte mit Sand und sorgte damit dafür, dass ich mir für den Rest des Tages keine Sorgen mehr machen müsste, meine kleines Schneckenhaus könne von einer Windböhe über die, sehr nahe, rumänisch/bulgarische Grenze geweht werden. Womöglich hätte das noch diplomatische Verwicklungen verursacht, weil mit der Strandmuschel eine Packung verbotener Mentholfilter in Bulgarien gelandet wären. Man hätte mich anhand von DNA Spuren und einem abgleichen mit der internationalen Knochenmarkspenderdatei umgehend identifizieren können. Noch am vormittag hätten Landungsboote hier fest gemacht. Um Gottes Willen, ich will garnicht weiter darüber nachdenken, was fas für Schlagzeilen gegeben hätte. Nun gut. Nachdem alles aufgebaut, gesichert, ausgepackt und eingerichtet war, ging ich schwimmen. Keine Welle störte mein delfingleiches, elegantes Dahingleiten. Armlänge um Armlänge entfernte ich mich von der, noch schlafenden Bucht der Nackten. Ich drehe mich um, schaute zum Strand und ließ meinen Blick von einer Seite der Steilküste zur anderen wandern. Auf den Farmen der mietbaren Schattenspender hatten bereits die ersten Schirme ihre Kronen geöffnet und auch abseits von ihnen machten es sich ein paar Frühaufsteher auf ihren Badetücher bequem. Aus der Ferne betrachtet, wirkte dies alles wie der Blick auf die Szene einer Modelleisenbahnlandschaft. Und dann stand er plötzlich dort. Fahrlässig unerwartet. Stand, stand und schaute. Stand auf dem obersten Treppenabsatz des Strandaufganges. Stand, hielt Hand mit einer weiblichen Begleitung und schaute. Der Poser. Dunkelbraun, gedrungen und mit dem gleichen, lauthals schreienden Geltungsbedürfnis, mit dem er mir bereits vor 3 Tagen aufgefallen war. Selbst aus meiner, weit von dieser Treppe entfernten Position, hatte ich ihn sofort erkannt. Wie er dort stand, dieses Brathähnchen, stand und genoss den Blick tausender imaginären Augen auf seinem Kastanienmännchenkörper. Dem stehen folgte ein pfauenhaftes, die Treppe herabstolzieren. Nun gut, er versuchte zu stolzieren. Wären seine Beine länger und die Treppenstufen weniger hoch gewesen, hätte dies vielleicht gelingen können. So aber sah es natürlich weit weniger königlich aus, als der kleine Pittiplatsch sich das einbildete. Am Ende der Treppe angekommen, ließ er seinen Blick über den Strand schweifen und deutete, wie verfickt nochmal sollte es auch anders sein, auf die Lücke, in deren Mitte ich meine Strandmuschel errichtet hatte. Ich, noch immer in respektabler Entfernung im Meer ankernd, musste nun mitverfolgen wie er auf mein Territorium zulief drei Runden um selbiges drehte und dann sein himmelblaues Badetuch genau 15cm hinter meinem Schneckenhaus platzierte. Was stimmt mit diesem Typ nur nicht? Kann er denn nicht wenigstens die international anerkannte Mindestlänge von 2 Strandtüchern Abstand halten? Was habe ich dem denn getan. Und die Frau an seiner Seite scheint das auch normal zu finden. Es nützt alles nichts, ich muss an den Strand zurück. Wenn ich mich nicht ganz schnell aus meiner Schockstarre löse, sitzen die beiden gleich in meinem Strandhäuschen. Als ich aus dem Wasser steige, treffen sich unsere Blicke. Ich versuche, passend zu meinem Bart, einen finsteren Gesichtsausdruck aufzusetzen. Er soll gleich wissen mit wem er sich hier anlegt. Ich muss ein Zeichen setzen, also nehme ich direkt vor seinen Augen eine ähnlich alberne Pose ein, in der er sich in den letzten Tagen hier unaufhörlich präsentiert hat. Nicht etwa um mich zu bräunen, nein ich achte peinlich genau darauf, dass mein Körper so viel wie möglich Schatten wirft, und dass dieser genau auf sein Badetuch fällt. Schattenwerfen ist eine meiner Kernkompetenzen. Und so räkle ich mich, breite meine Arme aus und sorge für einen Temperaturabfall im Reich des braunen Gnoms. Zwei Mal täusche ich vor, zu meiner Strandmuschel zu gehen, stelle mich dann aber noch ein paar Zentimeter näher an ihn heran. So, das sollte fürs erste reichen. Ich drehe mir eine Siegeszigarette und atme den Qualm genüsslich ein. Lediglich das Ausatmen aus der kleinen Öffnung an der Rückseite meiner Strandmuschel verlangt ein paar anstrengende Verrenkungen, aber nur so erreicht der Rauch auch meine ungewollten Nachbarn. Jetzt holt er zum Gegenschlag aus. Pfft pfft pfft pfft.Wie Ein Staccato unaufhörlicher Messerstiche dringt dieses Geräusch durch meine Zeltwand an mein Ohr und noch ehe ich es akustisch zuordnen kann, verrät mir meine Nase und ein sich scharf auf der Innenseite meiner Strandmuschel abzeichnender Schatten inklusive einer deutlichen Genitalsiluette, was draußen vor sich ging. Diese Kaffebohne auf 2 Beinen wag es tatsächlich sich direkt vor meiner Haustür mit seiner Sonnenlotion einzusprühen. Ohh warte nur du Sonnensatan. Du willst Krieg, du bekommst ihn. Ich werde dir den ganzen Tag meinen, noch immer blassen, aber haarigen Hintern vor die Nase halten. Ich werde im Minutentakt Pfurzgeräusche von meinem Telefon abspielen und ich werde einen Bannkreis aus den stinkenden Algen um mein Zelt trappieren. Einen ganzen Meter hoch. Ich lege mich erstmal hin und schaue vorsichtig aus der kleinen Öffnung auf der Rückseite. Jetzt liegt er dor, liegt und präsentiert mir doch tatsächlich seinen Pittiplatschhintern. Schamlos und ohne schlechtes Gewissen. Bestimmt grinst er dazu auf der mir angewandten Seite auch laut und frech. Ich beschließe, ihn einfach nicht zu beachten und werfe derweil lieber einen Blick auf den sehenswerten Körper seiner Begleiterin. Das ist die Lösung. Von mir bekommt er einfach keine Aufmerksamkeit mehr. Das wird ein Vakuum in seinem Geltungsbedürfnis erzeugen. Morgen wird er sich zweimal überlegen, ob er sich neben mich legt. Ich werde wieder zeitig am Strand sein. So zeitig, dass ich mich genau auf seinem Platz niederlassen kann. So zeitig, dass alle noch schlafen und niemand mitbekommt, dass ich rings um mich herum WC Steine im Sand vergrabe. Nicht mit mir, du laufende Blutwurst.Leia mais
Die Nacht war kurz und voller Lärm. Vor 2 Tagen hat, ein mir unbekanntes Ereignis Heerscharen von Teenagern auf meinem Campingplatz angespült. Ja, ich sage auf meinem Campingplatz. Schließlich bin ich schon 2 Wochen hier und habe bereits für 2 weitere Wochen bezahlt. Da kann man ja wenigstens gedanklich einen gewissen Besitzanspruch erheben. Mein Zelt steht im hintersten Winkel des Platzes. Gleich hinter der Restaurantterrasse und dem wirklich ansehnlich gestalteten und immer sauberen Sanitärbereich. Wenn man dort rechts abbiegt, gelangt man auf eine, etwas versteckt liegende Zeltwiese. Sie ist terrassenartig in 2 Bereiche unterteilt. Diese sind durch eine Hecke, welche gleichzeitig als Sichtschutz dient, voneinander getrennt und mit einer kleinen Treppe verbunden. Da wir uns hier am Rand des Campingplatzes befinden, ist die Wiese an 3 Seiten von einem knapp 2 Meter hohen, bunt bemalten Bretterzaun umgeben. Am Sockel des Zaunes befinden sich unzählige Steckdosen, um allerlei elektronische Geräte aufladen zu können. Natürlich könnte man dort auch einen Staubsauger anschließen, um das Zelt mal ordentlich durchzusaugen, bevor Besuch kommt, aber entweder kommt kein Besuch, oder man hat keinen Staubsauger dabei. Ich habe mir gleich nach meiner Ankunft einen Platz auf der oberen Terrasse ausgesucht. Natürlich habe ich erst am nächsten Tag bemerkt, warum diese Parzelle noch frei war. Der Schatten versprechende Baum, unter dem ich lagerte, stand exakt im Norden und spendete, wenn überhaupt, in die falsche Richtung Schatten. Ich hätte nie gedacht, dass mir in dieser Situation, eine, durch stundenlangen Aufenthalt in einem Solebad antrainierte Fähigkeit von nutzen sein könnte, aber so war es. Im besagten Solebad gibt es ein spezielles Solebecken mit einer traumhaften Wassertemperatur von 32°C. Ich liebe es, dort 4 Stunden am Stück einfach nur am Rand des kleinen Beckens zu lehnen und Blicke als auch Gedanken schweifen zu lassen. Gedanken kann man im ganzen Becken sehr gut schweifen lassen, den Blick jedoch am besten auf der rechten Seite. Von dort aus hat man das gesamte Bad im Blick, sieht wer aus der Tür der Umkleide kommt, wer in den 4 Stunden nie zur Toilette geht, oder wer der erste im Imbissbereich ist. Sehr interessant. Wenn ich aber morgens das Bad betrete, dann ist jeder Zentimeter der rechten Beckenseite besetzt. Besetzt von Senioren, die mit schmerzverzerrten Gesichtern versuchen, ihre arthrösen Gelenke in die Nähe der Massagedüsen zu bringen. Ältere Damen, die mit den floralen Aufbauten ihrer Badehauben jedem Balkonblumenkasten eines steirischen Bauernhofappartements aus einem „Urlaub auf dem Land“ Katalog Konkurrenz machen könnten. Und Enkelkinder, die in die Lücken gepresst werden, die selbst für schmächtige Senioren zu eng sind. Nun heißt es abwarten und geschickt agieren. Ich nehme auf der gegenüberliegenden, der ungeliebten Seite Platz. Ankert man dort, so hat man das ganze Geschehen im Rücken. Nach wenigen Minuten setzt die entspannende Wirkung des warmen Solewassers ein. Jetzt nur nicht unachtsam werden, oder vielleicht sogar der aufkommenden Müdigkeit zum Opfer fallen und die Augen schließen. Jederzeit könnte einer der Badelanschaftsdinosaurier seinen Platz verlassen. Genau in diesem Moment tauche ich lautlos unter und stoße mich am Beckenrand ab. Nicht zu stark. Ich möchte die Wasseroberfläche nicht aufwühlen und die Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Gerade kräftig genug, dass ich direkt vor den erstaunten Augen der Badegäste links und rechts neben der anvisierten Lücke auftauche. Ich drehe noch auf dem Weg nach oben eine halbe Pirouette und sauge mich sofort mit meiner Rückenmuskulatur an den Fliesen fest. Hier bekommt mich jetzt keiner mehr weg. Es sei denn, ich kann mich noch verbessern, in dem ich einen Platz weiter vorn an dieser Beckenseite bekomme. Dort wo die Massagedüsen in der Höhe angebracht sind, um mit dem Wasserstrahl mein, oft verspanntes Genick zu massieren. Toilettengänge muss ich mir verkneifen, oder ich habe meine Tochter dabei und kann sie überzeugen, für ein paar Minuten ihren Wasserrutschenmarathon zu unterbrechen und an meiner Stelle den heiß umkämpften Platz einzunehmen. Manchmal passiert es auch, dass die Person, die gerade die Lücke hinterlassen hat, plötzlich wieder zurückkommt. Vermutlich auch, weil ein Toilettengang nötig gewesen ist. Dann heißt es eisern bleiben. Den Blick starr nach vorn gerichtet und auf alle Fälle jeglichen Augenkontakt vermeiden. Der Kontrahent wird wegignoriert. So bleibt ihm nix anderes übrig, als sich wieder ganz unten in der Beckenrandhackordnung einzufinden. Abgesehen, vom fehlenden Wasser, habe ich es auf der Zeltwiese genau so gemacht. Ich habe am Morgen beobachtet, wohin das große Badehandtuch, welches eben noch zum trocknen auf dem Zelt hing, hingepackt wird. Wanderte es anstatt in die Strandtasche in einen Koffer, ist klar, hier wird gleich ein Platz frei. Zwei mal hatte ich das Glück, dass diejenigen mit ihrem eigenen Zelt angereist waren und dies, nachdem sie ihre Sachen gepackt hatten auch gleich abbauten. Handelt es sich jedoch um ein Mietzelt des Campingplatzes, kann es sein, dass der begehrte Platz im Schatten tagelang von einem unbewohnten Zelt blockiert wird. Einmal habe ich überlegt, ob ich so eine Ungerechtigkeit beende, indem ich das Zelt zum Klang von Ton Stein Scherben Musik des nächstens heimlich anzünde. Letztendlich war ich aber irgendwann dort angekommen, wo ich hin wollte. Ich hatte einen Platz, der den ganzen Tag im Schatten lag. Außerdem befand sich in nur 4 Meter Entfernung eine Steckdose. Perfekt! Jetzt gab es nur noch einen Makel, den ich aber nich abzustellen vermochte. Ab 22:00 Uhr dröhnte von Strand unglaublich laute Musik herüber. Gleich 4 verschiedene Strandclubs versuchten sich in Lautstärke und mit einer, für meine Ohren, abschreckende Musikauswahl zu übertrumpfen. Eine äußerst nette, intelligente und dazu noch hübsche junge Frau hatte mich zuvor auf dem letzten Campingplatz genau aus diesem Grund gewarnte die Unterkunft zu wechseln. Ich aber konnte sie nicht ernst nehmen, nachdem sie mich am Vorabend davon überzeugen wollte, dass Homosexualität eine Ausgeburt der Hölle sei und sie sich erschießen würde, wenn ihr Sohn ihr irgendwann offenbaren sollte, er sei homosexuell. Alternativ käme noch eine Heilung oder Umerziehung in, ihr bekannten Kliniken in Betracht. Harter Tobak. Nun hatte ich den Salat. Die brutalen Bässe brachte meine Zeltwände jeden Morgen bis 6:00 Uhr zum vibrieren. Da es aber mehr positive Argumente gegen einen erneuten Quartierwechsel gab, entschied ich mich zu bleiben. Die Sanitären Einrichtungen waren die attraktivsten und saubersten, denen ich auf meiner Reise begegnet war. Ich habe diesbezüglich Dinge gesehen, die ich hier nicht wiedergeben möchte. Den größten Pluspunkt aber bekam das Restaurant des Campingplatzes. Hier gab es Dinge auf der Speisekarte, die mein Herz vor Freude hüpfen ließen. Beim ersten Besuch fiel meine Wahl auf gegrillte Markknochen. Diese archaische Delikatesse bekommt man in Deutschland kaum noch und ich liebe dieses unvergleichliche Aroma. Köstlich. Abgerundet wurde der Abend von einer hervorragenden Flasche Weißwein. Abgezapft und Entkorkt von einem Kellner, mit dem ich sehr lange über die Sternegastronomie fachsimpeln konnte, da wir beide viele Jahre auf diesem Niveau tätig waren. Der Abend endete mit einer Tradition, mit der sich Köche auch bei der Küchencrew bedanken, wenn sie einen unvergesslich schönen Aufenthalt hatten. Ich spendierte dem 15 köpfigen Team einen Runde Bier. Wie sich später zeigen sollte, eine ausgezeichnete Investition. Sollte ich das jetzt alles aufgeben? Noch dazu war ich mir sicher, dass jeder andere Campingplatz auch wieder irgend etwas hat, was mir nicht gefällt. Ich hatte mich bereits stundenlang mit entsprechenden Recherchen beschäftigt. Die schlaffördernde Wirkung meiner Medikamente half mir letztendlich doch schlafen zu können und eigentlich war jetzt alles gut. Mögen es schöne 5 Wochen am schwarzen Meer werden. Wenn da nicht….., ja wenn da nicht vor ein paar Tagen, wie von Geisterhand, auf der unteren Ebene meines Refugiums riesige Zelte erschienen wären. Blau und unübersehbar. So aufgeteilt, dass sich in ihnen 4 Einzelzimmer befanden. Womöglich nicht nur dass, sondern auch ein Ankleidezimmer, eine Bibliothek, ein Hauswirtschaftsraum und im Keller eine Bluesbar. Die Größe hätte das jedenfalls hergegeben. Ich tippte auf eine Familienfeier und freute mich bereits auf das unaufhörliche Brummen des Gebläses der 8 Meter hohen Hüpfburg-Rutschenkombination, die zu solchen Anlässen dort unten aufgeblasen wurde und die, immer griffbereit, auf einer Europalette in einer Ecke auf ihren Einsatz wartete. Auf dem Oberdeck herrschte jedoch Ruhe. Außer mir waren dort noch 3 Familien anwesend. Wir lebten in friedlicher Koexistenz, grüßten uns und das war’s dann auch. Herrlich. So verbrachte ich einen weiteren entspannten Tag am Strand. Als ich zurück kam , traf mich der Schlag. Auf der unteren Eben standen jetzt 20 anstatt 5 von den Megazelten und der wenige freie Platz davor war von wild zuckenden Teenagerleibern gefüllt. Die sich vom Rhythmus eines rumänischen Gangsterraps zum Tanz animieren ließen. Zu meiner Zeit wurden beim Tanzen auch die Teile des Körpers unterhalb der Knöchel bewegt. Anscheinend ist das aus der Mode gekommen. Ich drängelte mich durch dir festgeklebten Tänzer in Richtung Treppe und blieb genau dort ebenso angewurzelt stehen wie die rumänische Jugend. Mein Zelt war kaum noch zu sehen. Eingeklemmt zwischen zwei der Campingvillen, sah es aus wie ein Puppenhaus. Jemand hatte auf der linken Seite die Zeltheringe entfernt, welche das Vordach aufspannten. So war es möglich das Nachbarzelt Wand an Wand mit meinem aufzubauen. Auf der rechten Seite hatte man gütiger Weise 75 Zentimeter Platz zum Nachbarzelt gelassen. Ich muss jedoch erwähnen, dass ich mir diese 75 Zentimeter mit meinen neuen Nachbarn teilen muss. Um ins Zelt zu gelangen, muss ich akrobatische Verrenkungen machen. Öffnet nebenan jemand den Reisverschluss, dann schrecke ich jedes mal auf, weil ich denke, ich bekomme Besuch. Unterhalten sich 2 Teenager, meistens sind es mindestens 5, in diesem kleinen Durchgang, dann hört es sich an, als säße jemand neben mir. Kein Platz mehr für einen Stuhl. Kein Platz mehr, um sich vor das Zelt zu setzen. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Also gehe ich zu Rezeption. Dort schaut mich eine sehr zierliche, kleine, junge Frau mit einer riesigen Brille fragend an. Eine Brille, wie sie seit ein paar Jahren von vielen jungen Frauen getragen wird. Bei ihr aber frage ich mich, ob das vielleicht schon Arbeitschutz ist und ob sie sich nicht lieber diese schwarzen Vögel auf ihre Brillengläser kleben sollte, damit keine Möwen zu schaden kommen. Da ich nicht vergessen habe, dass auch in mal jung war, und auch ich gern wild und lautstark gefeiert habe, möchte ich mich nicht über die Teenager beschweren, sondern wissen, wie lange die bleiben und wer so bescheuert war, mich zwischen den Manschaftszelten einzuquetschen. Ich frage sie, wann die 1 Millionen Teenies abreisen und sie piepst als Antwort, dass es nur 90 wären. Du hast wohl deinen Humor beim Optiker in Zahlung gegeben, denke ich mir und erkläre, dass das ein Scherz war und ich mir denken kann, dass die Kapazität des Zeltplatzes eventuell leicht unterhalb von 1 Millionen liegt. 2 Tage, ist die Antwort. Montag also, Montag ist der Spuk vorbei. Kommen wir zu der Suche nach dem Mitarbeiter der Woche. Halten sie es für, eine gute Idee, mein Zelt einzumauern, frage ich und zeige ihr auf meinem Handy ein Foto der Situation. Wieder schaut sie fragend. Ich erkläre ihr, dass ich es nicht verstehe, dass man mich nicht wenigstens informiert hat. Ich hätte mir rechtzeitig eine andere Ecke suchen können. Bei meiner Anmeldung habe ich sowohl Emailadresse als auch Telefonnummer angeben müssen. Wenn ich letztendlich dann nur wieder Werbung für Penisverlängerungen oder Heiratsanträge somalischen Hammerwerferinnen bekomme, hätte ich mir das auch sparen können. Ein kleiner Hinweis nur an den Herrn aus Deutschland, der hier 6 Wochen bleiben möchte und im Restaurant den teuren Weißwein trinkt. Na gut, die 2 Tage halte ich auch noch aus. Tagsüber am Strand. Dort den fehlenden Schlaf nachholen und in der Nacht an meiner Selbstbeherrschung arbeiten. Das bekomme ich ganz bestimmt hin. Leicht ist es aber nicht. Seit dem die Kinder entdeckt haben, dass hinter den Zelten in meine Reihe Bäume stehen, pinkeln sie dort gerne hin. Die Toiletten sind ja auch mindestens 50 Meter weit weg. Ob sie dabei an mein Zelt pinkeln, kann ich auf Grund der Lautstärke nicht feststellen. Ich müsste von innen meine Handfläche an die Zeltplane legen um eventuelle Temperaturveränderungen wahrzunehmen. Tagsüber spenden die Toilettenbäume Schatten und das Jungvolk richtet sich, mit Hilfe aller greifbaren Isomaten genau dort eine Chill Area ein. Mir gefällt es. Auf der anderen Seite meines Zeltes trifft man sich nachts, um über meine Zeltabspannung zu stolpern und um Getränke zu verkippen. Jedenfalls hoffe ich, dass es sich bei den Spritzern auf meiner Zeltplane um Getränke handelt. Alles Egal. Es ist 7:30 Uhr und ich trete die Flucht in Richtung Strand an. Vor meinem Zelt liegen mittlerweile gut 15 Paar Schuhe, Getränkedosen, Flaschen, Chipstüten und einige benutzte Ohrenstäbchen. Ich überwinde die Hindernisbahn und gehe zur Strandpromenade. Der Strandabschnitt, zu dem ich möchte, liegt am anderen Ende der Bucht. 1,5 km Fußmarsch, der aber nie langweilig wird und genug Ablenkung bietet. Um 7:30 Uhr befindet sich die Promenade für einen kurzen Augenblick in einer Zwischenwelt. Während die, die sich aus der Masse, der immer noch tanzenden lösen und vor den Clubs mit zugekniffenen Augen den längst vergangen Tag und die durchtanzte Nacht verabschieden, begrüßen die Frühaufsteher, so wie ich, den neuen Tag mit all den Überraschungen, die er bringen mag. Vor der Polizeistation ist Schichtübergabe, oder Kaffeepause. Frauen, bei denen ich mir nicht vorgestellten kann, dass der Chirurg sie gefragt hat, ob er das überschüssige Silikon von der Brustvergrößerung wirklichen alles in die Lippen pumpen soll, richten ihre Garderobe und nehmen einen letzten Schluck aus dem Longdrinkglas, bevor sich sich an die Schulter ihres Begleiters kletten. Nur wenige Schritt weiter drehen sich schon wieder, oder noch immer die Dönerspieße, verbreiten die Fritteusen und Kaffeemaschinen eine olfaktorische Kakophonie. Und dann sind da die wettergegärbten Hände der gebückten Schatten, die im Partymüll, der letzten Nacht nach schätzen Tauchen. Seit Anfang des Jahre gibt es in Rumänien ein Pfandsystem. Umgerechnet 10 Cent pro Getränkedose, Mehrwegglasflasche oder Kunststoffflasche. Anscheinend aber nicht genug, oder vielleicht liegt es auch daran, dass ich im ganzen Abort nur einen Leergutautomat gesehen habe, der natürlich defekt ist. Jedenfalls, liegt das Leergut überall auf den Bürgersteigen, Straßen und Nieschen. Aus den zahlreichen Abfalleimern quillt es wie Popcorn. So lässt sich kurz nach Sonnenaufgang zwischen Pizzaverpackungen, Erbrochenem und Essenresten etwas Hoffnung für den nächsten Tag zusammenklauben. An dem Club, vor dem die großen, teuren Autos stehen, komme ich nach den Flaschensammler an. Übrig geblieben ist ein gutes Dutzend Champagnerflaschen. Ich frage mich, ob es zynisch ist, das der Partymüll der Wohlhabenden noch nicht mal dafür taugt, ein klein wenig Barmherzigkeit und Empathie zu zeigen, oder ob es einfach auch nur ein Bild dafür ist, dass all der Luxus am Ende nichts wert ist. Das Bild nehme ich mit. Vorbei an den unzähligen Läden, in denen eine kleine Flasche Sonnencreme schon mal 30€ kosten kann. An den Geldautomaten, die im ganzen Ort 19% Bearbeitungsgebühr für eine Auszahlung berechnen und an dem bunten Fischerboot, welches Tagsüber den Influenzern, die sich dort in stetig wiederholender Pose räkeln, als Bildmotiv dient und das bei Nacht die Netze mit dem Fang für das nahe Fischrestaurant an Land transportieren. Dann bin ich da. Am Strand mit den bunten Zelten. Teilweise vom Wind zerfetzt. Da, bei den Männern und Frauen, die hier vielleicht sogar wohnen. Die sich nackt bewegen, ohne mit ihren Blicken zu werten. Die aus Muscheln Ketten basteln und zum Kauf anbieten. Bei den Leuten, die zu Gitarrenklängen singen, schräg aber in Frieden. Bei den Typen, die ihre Habseligkeiten mit Sand und Meerwasser waschen. Bei den Menschen, von den ich glaube, dass sie glücklicher sind, als viele andere. An dem Ort, an dem ich mich frei fühle.Leia mais
ViajanteEiner der vielen herrenlosen Hunde hier am Strand. Leider wurde er gestern von einer hinterhältigen Qualle ins Meer gezerrt und aufgefressen. Die Knochen und das Fell hat sich dann ein Delphin geholt. Er hat eine Weile ganz liebreizend damit gespielt und ist dann, dämlich grinsend abgetaucht.
ViajanteViel Glück, viel Spaß und alles erdenklich Gute auf deiner bald folgenden Reise. Bleib gesund und lass dich von nichts unterkriegen.
ViajanteDanke Harald
ViajanteViel Spaß und bleib gesund ! 👍
ViajanteVielen Dank