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  • Day 5

    Auf der Küstenvariante verheddert

    October 27, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 22 °C

    Heute weiche ich vom gut ausgeschilderten Cami ab und entscheide mich stattdessen für die Küstenvariante bis San Tomas, die von dort wieder auf den Cami trifft. Der Weg ist nur zum Teil mit Holzpfeilern markiert, ansonsten muss man sich auf seinen Instinkt verlassen. Na ja, eigentlich auch kein Problem. Denn ein Küstenweg geht an der Küste entlang, oder? Dem ist aber anfangs nicht so. Ein Pfad führt erstmal gut begehbar durch den Wald, führt dann zurück zu einer traumhaften Bucht und schlängelt sich schließlich an einer Klippe entlang. Vor mir liegt nun die weiss strahlende Cala Trebaluger, an deren Strand ich laut meines Wanderführers nun einfach erstmal weiterlaufen soll. Aber wie? Vor mir liegt ein Meeresarm, der nach links in einen Fluss mündet. Tja und rechts liegt eben das Meer. Wie also rüber kommen?

    Meine Wanderapp zeigt einen gestrichelten Pfad mit Weg über den Fluss. Aha, da muss also irgendwo eine Brücke sein, die ich von hier oben nicht sehen kann. Ich richte mich dementsprechend nach links und folge einem kleinen Pfad bis runter zum Meer. Er endet in einer Sandhöhle direkt am Wasser. Sehr romantisch - aber leider geht es hier nicht weiter! Vielleicht hätte ich doch oben entlang gemusst?

    Waghalsig klettere ich über die Höhle, überspringe eine ausgesetzte Stelle und lande wieder auf einem sichtbaren, aber zugewachsenen Pfad. Blöderweise endet auch dieser Irgendwo im Nirgendwo!
    Das ganze hat zwar Spaß gemacht, aber heute habe ich insgesamt 25 km mit viel Auf und ab vor mir, also sind Extrakraxeleien eigentlich nicht erlaubt.

    Durchatmen Anne, befehle ich mir und nachdenken! Ich klettere zurück zum Ausgangspunkt, denn dort gab es eine Infotafel. Diese klärt mich freundlich über Flora und Fauna auf, zeigt auch einige Wege hier im Naturpark auf, aber keiner davon führt durch das Meer.

    Da entdecke ich einen Pfad, der noch etwas weiter oberhalb verläuft. Der kleine blaue Punkt auf meinem GPS gaukelt mir vor, dass ich nun richtig bin. Wieder schlage ich mich durch Dickicht, komme aber gut voran. Von unten winkt mir fröhlich eine Familie im Kanu herauf. Moment mal, ich folge dem Fluss doch schon viel zu lange? Längst bin ich an der Stelle vorbei, wo ich ihn laut App hätte queren müssen. Außerdem bin ich viel zu weit oberhalb und es ist weit und breit keine Brücke zu sehen.

    Vielleicht kann die Familie im Kanu mir bei der Wasserquerung helfen? Also schnell wieder alles zurück und nach unten ans Wasser… diesmal renne ich, denn ich will die Familie nicht verpassen! An der Meeresenge angekommen, bleibt mir vor Erstaunen der Mund offen. Eine Mädel kommt mir in aller Seelenruhe durchs Wasser watend entgegen. Es gibt offensichtlich eine Sandbank. Vor einer Stunde war die aber noch nicht da? Erleichtert ziehe ich meine Schuhe aus und marschiere durchs Wasser. Zwischendrin versinke ich hüfttief, aber das Weiterwandern mit nasser Hose ist bei diesen Temperaturen angenehm und erfrischend.

    Nach 4 Stunden klettern und kraxeln auf jetzt meist gut erkennbaren und zum Teil auch abgesicherten Klippenwegen komme ich völlig Adrenalin aufgeputscht in Sant Tomas an und gönne mir Pommes und Salat in einer Strandbar. Danach geht es 3 km barfuß am Strand weiter.

    Ich bewundere die Überreste einer Basilika von 500 n Chr und marschiere jetzt die verbleibenden 11 km stramm durch, denn ich möchte nicht ins Dunkle kommen. Um 17.30 erreiche ich verschwitzt aber glücklich den Anfang von Cala en Porter, meinem heutigen Etappenziel.
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