• Tschüss Island

    August 20 in Iceland ⋅ ☀️ 13 °C

    Mittlerweile sitze ich in unserem AirBnB in Calgary, es war ein langer Tag mit Flug und Jetlag. Aber bevor ich so richtig anfange, Kanada zu erleben, wollte ich noch ein paar letzte Gedanken zu Island festhalten.

    Barbara hat ja schon die Herausforderungen beim Campen in Island beschrieben, aber ich würde es trotzdem wieder tun. Denn wir sind fast jeden Tag langsamer unterwegs gewesen als geplant, weil wir immer wieder am Weg angehalten haben, um die Landschaft zu bewundern. Fjorde, Klippen, Wasserfälle, Gletscher, Lavafelder, Vulkane und einfach Weite sind unvergleichlich. Und fast immer ist der Spot, der nicht so bekannt ist und daher menschenleer, wahnsinnig beeindruckend. Die Landschaft gesehen zu haben alleine ist es wert, und ohne Zelt hätten wir planen müssen und wären an so vielen schönen Stops einfach vorbei gefahren. Vielleicht hätten wir die Flexibilität noch ein wenig mehr nutzen können, um bei Regen eine feste Unterkunft zu mieten.

    Das bringt uns zum zweiten bleibenden Eindruck: das Preislevel. Wir haben in 3 Wochen ausschließlich im Zelt geschlafen, nicht einmal im Restaurant oder Imbiss gegessen, kaum mal Fleisch gegessen, kein einziges Bier getrunken und am Ende trotzdem über 5000€ ausgegeben. Wie das geht? Manchmal kostet eben sogar ein Brokkoli über 7€, eine Tagestour für 4 Personen 580€, einmal Museum 90€ und so weiter. Alles für uns ok, weil ja das Naturerlebnis im Vordergrund steht und meist kostenlos ist, aber schon krasse Preise.

    Der dritte Punkt ist das Gemeinschaftsgefühl. Was man immer mal wieder vergisst, aber hier und da blitzt es dann doch auf: Wie klein Island eigentlich ist bzw. wie wenig Einwohner Island hat. Wenn man die über 1000km lange Ringroad abfährt kann man es schnell vergessen, aber: Als 2016 bei der EM in Frankreich etwa 30.000 Isländer im Stadion waren, waren das einfach mal fast 10% der Bevölkerung. Und da jeder jeden um 3 Ecken kennt, haben die Isländer ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl. Das kommt bestimmt auch dadurch, dass das Leben und Überleben in einer teils lebensfeindlichen Natur über Jahrhunderte nicht alleine möglich war, bzw auf Grund zahlreicher Vulkanausbrüche noch immer ist. Schon um 900 haben die Isländer sich auf nationaler Ebene im Allthingi organisiert, also einer relativ demokratischen Versammlung von Vertretern aller Siedlungen des Lands (Gruß an die oldest democracy of the world :) In dem Zusammenhang auch interessant: Island hat ja kein Militär (würde eh nichts bringen), sieht aber als wichtigsten Schritt zur Verteidigung die Stärkung eben dieses Gemeinschaftsgefühles und Abwehr von Desinformation. Da haben die Isländer einen wichtigen Aspekt verstanden, den wir in Deutschland auch mehr in den Vordergrund stellen sollten. Unter dem Gemeinschaftsgefühl fällt auch eine oft sichtbare Solidarität mit queeren Menschen. Von Zeltplätzen über Geschäfte bis zum Nationalmuseum sieht man super oft Regenbogen- oder „Progress Pride“ Flaggen.

    Island war ein tolle und ganz einzigartige Erfahrung. Ich würde wieder hinfahren, dort leben wollte ich aber nicht. Zu unbeständig ist das Wetter, zu einsam das Leben in weiten Teilen des Landes und zu aufreibend das Risiko sein zu Hause auf Grund von Naturkatastrophen zu verlieren. Selbst in Reykjavik scheint das kulturelle Leben und auch der Komfort begrenzt, so sehen die Häuser von außen relativ bescheiden aus, selbst in der Hauptstadt. Eine Ausnahme ist die moderne, beeindruckende Konzerthalle. Die Kirche und das Rathaus sind ganz im Stile Islands: Minimalistisch schön und naturverbunden.

    In Calgary waren wir jetzt erstmal geflashed von so vielen Autos und mehrspurigen Autobahnen, aber wir freuen uns jetzt auf die vom Wetterbericht angekündigte Woche mit Sonne und Temperaturen knapp über 20 Grad :)

    Mehr dazu bald hier:
    https://findpenguins.com/5bcv3sv6ptmpx/trip/68a…
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