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  • Day 35

    Von der Ruinenstadt ins Paradies

    May 4, 2019 in Sri Lanka ⋅ ☁️ 29 °C

    Den gestrigen Tag in Kandy verbrachten wir damit, herauszufinden, was wir eigentlich von unserer Hotelrezeptionistin aus Colombo schon wussten: Kandy ist nichts Spezielles. Die etwas grössere Stadt bietet einen Tempel (dem wir wegen Tempelüberdrüssigkeit fernblieben), einen künstlichen See (von einer Pufferzone umgeben, in der es Vogelkot regnet) und jede Menge Verkehr (fast schon indische Verhältnisse!). Wir genossen noch einmal das Schönste in Kandy, nämlich den Blick auf die grünen Hügel der Stadt aus unserem Hotelzimmer, und verliessen die Stadt dann relativ bald.

    Unser Ziel an diesem Tag war die Ruinenstadt Sigiriya weiter im Norden. Diese Fahrt führte uns nun definitiv aus dem srilankischen Hochland hinaus in grünes, dicht bewaldetes und deutlich tropischeres Flachland. Das Klima lässt es zu, dass hier vielfältige Arten von Gewürzpflanzen wachsen: Vanillebäume, Kakaopflanzen, Kardamom, Kurkuma, Pfeffer, Ingwer und vieles Weitere. All diese Pflanzen wurden uns in einem Gewürzgarten präsentiert, in dem unser Fahrer einen Zwischenstopp einlegte. Ein srilankischer Junge führte uns fachmännisch durch den Garten - auf Deutsch! Wir waren so beeindruckt, dass wir uns beim anschliessenden Besuch des Gartenshops mit Gewürzprodukten leicht selbst vergassen und kräftig zuschlugen...

    Am Abend kamen wir dann in Sigiriya an, wo es in der Nacht rund um unser Hotelzimmer so intensiv raschelte, dass wir kurz meinten, ein Elefant (der in dieser Region wild vorkommt) statte uns einen nächtlichen Besuch ab. In Tat und Wahrheit dürften die Urheber des Geräuschs aber eher kleineres Getier wie Affen oder Ratten gewesen sein. Affen waren es auf jeden Fall, die uns heute Morgen verdutzt anguckten, als wir uns um 7 Uhr von unserem Hotelzimmer auf den Weg zur Ruinenstadt machten.

    In Sigiriya regierte im 5. Jahrhundert der zentral-srilankische König, der in seiner Extravaganz einen Palast oben auf einem 200 Meter hohen Felsen bauen liess und den Felsen als Löwen dekorierte. Daher auch der heutige Namen des Felsens: Lion's Rock. Rund um den Felsen befindet sich ein Park mit weiteren Ruinen, den man für den bescheidenen Preis von 30 US-Dollar betreten (betreten, nicht kaufen) kann.

    Inbegriffen im Parkeintritt ist die Möglichkeit, auf den Lion's Rock hochzusteigen. Trotz unserer ernüchternden Bergsteiger-Erfahrung am Adam's Peak nahmen wir die 200 Höhemeter unter die Beine, die immer noch vom Muskelkater unserer Regen-und-Nebel-Wanderung schmerzten. Bei deutlich besserem Wetter als bei unserer letzten Bergbesteigung stiegen wir die Treppenstufen hinauf und wurden dieses Mal auch wirklich mit einem Gipfel belohnt, von dem aus man eine Aussicht hatte - ein Novum! Indes war der Gipfel selbst eher ernüchternd, da von den "Ruinen" ausser Grundmauern nichts mehr übrig ist, aber darüber sahen wir einmal grosszügig hinweg. One step at a time.

    Nachdem wir den majestätischen Lion's Rock wiederheruntergestiegen waren (Jede Treppenstufe - au! - eine wahre Wohltat - aua! - für unseren Muskel- - au! - kater) und ihn zum letzten Mal bestaunt hatten, setzten wir uns abermals ins Auto und liessen uns nach Nilaveli an der Ostküste der Insel kutschieren. Hier wollen wir nicht nur unseren Muskelkater, sondern auch unsere Gemüter kurieren und zwar mit dem allgemein anerkannten Heilmittel namens "4 Tage in einem wirklich schönen Strandhotel".

    Unser Hotel hat uns mit unserem Design-Zimmer, dem menschenleeren Strand und einem Abendessen direkt am Meer schon die ersten wohltuenden Pflaster verpasst. Besser noch, dass das Hotel auch versucht, die Wunden zu heilen, welche der von 1963 bis 2015 tobende Bürgerkrieg hier hinterlassen hat. Im Bürgerkrieg standen sich die singhalesische Mehrheit und die tamilische Minderheit gegenüber, wobei Letztere für einen eigenen tamilischen Staat im Norden des Landes kämpften, wo wir uns derzeit auch befinden. Viele der Auseinandersetzungen (und der Kriegsverbrechen, die von beiden Seiten verübt wurden) geschahen in einfachen Fischerdörfern wie Nilaveli, in denen viele Menschen deswegen oft keine Ausbildung genossen haben und bis heute nicht richtig ins Arbeitsleben kommen. In unserem Hotel werden junge Tamilen aus dem Dorf deswegen zu Hotelfachleuten ausgebildet, um die Nachwirkungen eines Konflikts zu heilen, die bei der ganzen Strandidylle ganz leicht übersehen werden...
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