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  • Day 77

    Welcome to Miami

    October 18, 2021 in the United States ⋅ ⛅ 24 °C

    13. - 19. Oktober: Miami
    Reisen zu Covid-Zeiten ist ohnehin mit besonderen Vorkehrungen und Bestimmungen verbunden, aber während einer Pandemie in die USA zu reisen, stellt schon eine besondere Herausforderung dar. Hätte ich geahnt, was mir bei der Einreise nach Hawaii noch alles so blühen würde, hätte ich mir das Ganze vielleicht noch einmal überlegt. Aber das Glück ist mit den Unwissenden, zumindest manchmal.

    Einreise in die USA - Ob die mich reinlassen?
    1. Die Einreise aus Europa ist immer noch verboten, aber ich war davor ja nur im Hochrisikogebiet Bolivien - das ist kein Problem. Also... Check!
    2. Esta-Visum: Ich benötige insgesamt 3 Tage für dieses Formular... Nein, ich will nicht heimlich einwandern, nein, ich wurde auch noch nie als illegale Einwandern ausgewiesen, nein, ich will keinen Terrorakt in den USA ausüben, ich habe weder den Iran, den Irak, den Jemen oder Südkorea besucht, ja, ich habe Eltern mit Namen und ich importiere auch sonst keine gefährlichen Viren oder anderes Gefahrgut in die USA. Überhaupt will ich auch nur an den Strand und mein Geld in den USA ausgeben... Check!
    3. Fake-Weiterflugticket für rund 25 USD buchen, denn ich will ja nicht wie Matze als 16-Jähriger ohne Weiterflugticket als illegale Einwandererin ausgewiesen werden mit fettem Vermerk im Pass... Check!
    4. Herunterladen des negativen Covid-Test-Ergebnisses. Das Husten kam also doch von der Höhe! Check!
    5. Hostel nochmal checken, check!
    6. Einreiseformular für den Transit über Kolumbien ausfüllen. Meine Lieblingsbeschäftigung, da diese Seiten bisher für jedes Land mehrfach abgestürzt sind und auch Kolumbiens Version enttäuscht mich nicht... Irgendwann auch check!

    Nach stundenlangen Vorbereitungen verbrachte ich noch ein paar Stunden dösend auf meiner Yoga-Matte am Flughafen in La Paz, einfach weil ich in dieser Stadt nicht um 2 Uhr nachts ein Taxi nehmen wollte und startete um 4 Uhr morgens meine Reise in die Vereinigten Staaten, mit Zwischenstopp in Bogota.

    Ich fand das Airport-Shuttle, das genau in meiner Straße stoppen sollte. Hätte ich von der Baustelle dort gewusst, wäre ich dann doch an einer anderen Stelle ausgestiegen, denn so hatte ich einen „free ride“ durch ganz Miami Beach. Wenn man bedenkt, dass ein Grund für meine Reise in die USA war, dass ich mich unkompliziert mit anderen Leuten unterhalten wollte, ohne ständig nach Spanisch-Vokabeln zu schauen, ist die folgende kleine Begebenheit voller Ironie:
    Die Verständigung mit dem Busfahrer gelang mir kaum – ich verstand seinen breiten Slang einfach nicht, sodass er fragte: „?Habla espanol?“ Herrlich! Die anderen Fahrgäste erklärten mir dann, dass es eine Fahrt 2,25 USD kostet und er bei meinem 20-Dollar-Schein kein Rückgeld geben kann. Was soll ich sagen: Ich durfte umsonst fahren. Als ich ihn erneut nach meiner Haltestelle fragte, war er fast sauer, dass ich sie verpasst hatte und schickte mich in die Gegenrichtung. Als nach 15 Minuten der Bus dann hielt und derselbe Fahrer mich wieder ohne Ticket durchwinkte, musste ich innerlich so den Kopf schütteln... Aber wie hätte meine Reise anders beginnen sollen, als mit einer kleinen Verirrung...

    So kam ich in meiner dritten weißen Stadt an: Miami. Hier – im Gegensatz zu Sucre und Arequipa – moderne Fassaden, protzige Autos und breite Straßen. Die weißen Wolkenkratzer strahlten in der Sonne und alles ließ sich locker und entspannt an dem kilometerlangen Strand nieder – hier galt oftmals mehr „Sehen und Gesehen werden“ als Strandgenuss.
    Einerseits habe ich mich über das Gefühl hier zu sein gefreut – vertraute Gesellschaft und Sprache, vertrauter Lebensstil in einem Land, das ich schon öfter bereist hatte und sich einfach etwas weniger fremd anfühlt, trotz neuer Stadt irgendwie vertraut. Ohne Bedenken essen gehen, Zähneputzen mit Wasser aus dem Hahn, Toilettenpapier in der Toilette entsorgen, Nachfragen ohne Nachdenken, andere Weiße sehen, die wunderbare Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Amis und vor allem das schnelle und unkomplizierte In-Kontakt-Kommen zu anderen. Andererseits stören mich auch die typischen US-amerikanischen Eigenheiten: überall Statussymbole und Selbstdarstellung, zur Schau gestellte Coolness, Junkfood und die Abhängigkeit zu modernen Medien, nicht zuletzt die vielen Obdachlosen.

    Aber dennoch sollten bereits meine ersten paar Tage hier direkt am Miami Beach alles ingenieur, was ich erwartet hatte. Sofort waren meine Magenprobleme vergessen, mir wurde oftmals ungefragt auf freundlichste Art geholfen und ich habe ganz unkompliziert ganz fantastische Menschen kennengelernt.
    Die meiste Zeit lag ich zwar am Strand, der 5 Minuten von meiner Unterkunft entfernt lag, und tat einfach gar nichts außer Sonnenbaden, Schwimmen und Musik- oder Hörspielhören, ab und an mit Freunden telefonieren. Das Wasser war so herrlich, dass ich oft länger baden war als sonst immer, der Strand war super sauber, bis auf das Seegras, das hin und wieder angespült usw. Wenn ich mir die Skyline weggedacht habe und nur die Palmen und den Strand im Sinn hatte, war es geradezu perfekt. Einmal gönnte ich mir zur Feier des Tages einen Sonnenschirm, damit ich nicht nach drei Stunden ins Hostel in den Schatten fliehen musste.
    Und dann lernte ich auch noch Deborah, Noel, Emmanelo und Sylvie kennen, mit denen ich bereichernde Gespräche und Abende verbrachte. Danke für die wunderbaren Reisetipps, Worte, die Drinks und das sagenhafte Ceviche, die Tanzstunden (ich scheine ein besonderes Talent für kubanische Salsa zu haben), meinen ersten (spektakulären!) Clubbesuch nach langer Zeit, außerdem die Einladungen nach Atlanta und Mendosa! Vor allem als ich mit Deb im Hostel traf, schien dies schicksalhaft – die Freiburgerin und ich werden uns sicherlich noch irgendwo einmal wieder treffen. ;-) Ein schöner Zufall: Bei allen Bekanntschaften handelte es sich um Globetrotter, Reiseliebhaber, die schon an den unterschiedlichsten Orten der Welt gewesen waren und viel Inspiration für mich bereit hielten.
    Außer dem Besuch des Wynwood-Viertels mit seinen zahlreichen bunten Wandbildern wollte ich am Montag, den 18.10., noch eine Fahrradtour entlang der Promenade in Miami Beach machen – aber alles sollte anders kommen. Der Plan war: Fahrrad mieten, Frühstücken, Päckchen nach Hause mit überflüssigen Reiseutensilien von Chris und mir aufgeben, am Strand entspannen, die Promenade entlang cruisen, SIM-Karte kaufen, Covid-Test für Hawaii machen und abends entspannt packen. Leider hatte ich nicht geahnt, das man für das Ausleihen der Fahrräder eine amerikanische SIM-Karte benötigt und dass ich zu Reisebeginn aus Sicherheitsgründen mein Kreditkartenlimit auf 3000 Euro gesetzt hatte und dieses Limit nun erreicht war. Ich nahm also nach dem gescheiterten Bike-Rental-Versuch den Miami Trolley, einem Gratis-Bus, der auf verschiedenen Routen Miami Beach entlang fährt. Ich wählte den Sitzplatz, der Rosa Parks gewidmet war. Meine Busfahrt war nicht so weltverändernd wie die von Rosa. Bei jeder Fahrt musste ich mehrfach den Bus wechseln, da der Fahrplan so ungenau ausgezeichnet war und ich immer bei der falschen Linie stand. Alles was sich letztlich ergab: Nach einem Café-Tipp meines Bruders und einem riesigen Frühstück machte ich mich auf, eine SIM-Karte zu besorgen und Süßigkeiten für das Päckchen Heim zu kaufen. Hier zeigte sich mein Kreitkartenlimit erschöpft – ich stand mitten im Miami ohne Bargeld und ohne Zugriff auf meine Kreditkarte. Der Mann im Handyshop hatte auch vorsorglich meine deutsche SIM-Karte aus dem Handy genommen, sodass ich meine Bank nicht anrufen konnte... Was tun? Ich versuchte meine Panik zu unterdrücken und auch die Flüche, da ich entgegen meines ursprünglichen Planes keine zweite Kreditkarte beantragt hatte... Aber ich versuchte dennoch alles abzuarbeiten: Fand nach viel Fußweg eine gratis Covid-Teststation, die die Ergebnisse gerade noch rechtzeitig senden würde und schaffte es irgendwie schweißnass zurück zum Hostel und in die Hotline meiner Bank, die mich völlig gelassen aus dem Schlamassel führte. Hätte ich mal früher gewusst, dass man seiner Kreditkarte einfach online Geld überweisen kann!!!
    Der Abend konnte nur noch mit einer Flasche kühlem Weißwein am Strand gerettet werden – natürlich nicht ohne diese einzupacken... und... wer benötigt schon Gläser?!
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