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  • Day 71

    Einmal zum Mond und zurück

    October 12, 2021 in Bolivia ⋅ ☀️ 29 °C

    Zurück in La Paz sind wir im Selina Hostel untergebracht, mit super Standard und wahnsinnig nettem Staff. Das Essen hier ist überaus köstlich, sie backen ihr eigenes Brot, das so lecker schmeckt wie Zuhause. Wie wohltuend ein gutes Brot tut, ich hatte es fast vergessen!

    Die letzten Tage verlaufen relativ ruhig, wir entspannen, hören Musik und kämpfen gegen Magen-Darm-Probleme. Auch Herrn Burk hat es nun erwischt. Ich glaube mittlerweile schon 3 kg abgenommen zu haben. Nun gut - für mich ist dieser schöne Nebeneffekt sehr willkommen. Wir machen Yoga im Activities-Room - vor allem aber eigentlich Chris (Ihr erkennt ihn auch nicht wieder? ;-))

    Dieses Mal lerne ich einige schöne Seiten von La Paz kennen und freunde mich mit dieser Stadt der Extreme etwas mehr an. Nach dem Erklimmen des Aussichtspunktes bei der gelben Teleferico-Route nehme ich die erste Doppelmayr-Seilbahn, dann die Silberne und Rote. Sie führen über El Alto und das berühmte, bunte Wohnviertel. Erst hier tun sich die Dimensionen der Stadt auf, in der die wenigen Wolkenkratzer schon winzig wirken. Die Bahn sollte die Verkehrssituation verbessern und durch Zuschüsse auch für ärmere Bürger erschwinglich sein. So kostet eine halbe Stunde Fahrt nur knapp einen 1 €, jedoch ist kaum jemand in der Bahn. Ich frage mich, auch wegen der von Minibussen überfüllten Straßen, die die Luft verpesten, ob der Zweck wirklich erfüllt wurde... Oder liegt es an der Zeit? Ich bin Sonntagmittag unterwegs, die Stadt ist ruhiger als sonst - bis auf dem größten Markt der Welt in El Alto. Hier war ich tatsächlich 15 Minuten und man kann anscheinend alles kaufen: Neben ranzig riechenden Fleischgerichten, frittierten Eingeweiden und anderen Köstlichkeiten findet man Auto-Ersatzteile, Kleidung, chinesische Schuhimitate, CDs, Spielzeug, Barbiepuppen, Obst und Gemüse, Hexenkräuter, Sonnenbrillen, ganze Kücheneinrichtungen und sogar Solarpaneele... Man braucht nur zuzugreifen!

    An meinem letzten Tag in Bolivien unternehmen wir nach unseren Covid-Tests noch einen gemeinsamen Ausflug. (Ich möchte an dieser Stelle den außergewöhnlichen Service hier und in Peru loben: Die Testlabors schicken auf Anfrage einfach jemanden zum Testen in die Unterkunft vorbei. Super Service, wie ich finde!) Mit der Teleferico geht es dann zum "Valle de la Luna", dem Mondtal am Rand La Paz'. Hier finden wir rote Berge und hohe Sandsteinstalagmiten, ausgewaschen durch Regen und Wind, zu sonderbaren Formationen gebildet - eine wahre Mondlandschaft eben! An einigen Stellen ist der Sandstein so erodiert, dass Stege darüberhinweg führen. Angeblich dauert der Rundgang 45 min. Aber nach einer knappen halben Stunde sind wir jedoch schon durch und vor allem Chris ist ein wenig enttäuscht. Es wird nicht ganz das Highlight unseres Bolivien Trips, aber ich fand es einen Ausflug wert und fühlte mich an die Badlands in Canada erinnert, die sich allerdings über ein beeindruckend großes Gebiet erstrecken (Grüße an Uzu!). 
    Besonders bemerkenswert: Inmitten dieses bolivianischen Parks befindet sich einfach noch ein privater Schweine-Hof, überall mieft es und die Schweine wühlen auf diesen brüchigen Erhebungen im Dreck. Ich denke an die Häuser, die am Rande von El Alto auf ähnlichem Untergrund gebaut wurden und frage mich, ob zuerst die Schweine oder doch die Häuser abstürzen werden... Und dennoch scheint es lange irgendwie zu halten. Es ist eben ganz und gar nicht deutsch! Und ich muss eingestehen, dass ich auf merkwürdige Weise von der Haltung der Bolivianer beeindruckt bin, wobei sich natürlich vermuten lässt, dass hier nicht unbedingt der Mut zur Imperfektion Ursache ist, sondern vielmehr die pure Not.

    Nach diesen - in jeglicher Hinsicht - holprigen Wochen im Herzen Lateinamerikas und am Ende dieses Tages hieß es dann Abschied nehmen:
    Abschied nicht nur von Bolivien und den weiten, weißen Salzfeldern, den Kakteen in der Abendsonne, der Flamingopracht in den Lagunen, den Blicken in die Weite der Wüste, Abschied von den weißen Städten, den Ruinen, den majestätisch schwebenden Gondeln, den Straßenständen und bunten Fahrzeugen, den vielen Sonnenuntergängen, den peruanischen, bunt gekleideten Frauen. Abschied von all den Plazas, die wir bisher gesehen haben, der Dachterrasse Arequipas, den Spanischstunden in Cusco, dem Fluss El Salto und den heißen Quellen, Abschied von den Bahngleisen Aquas Calientes und dem Heiligen Tal, den Aras und Tucans in Costa Rica und den unendlich schönen Stränden.
    Wir vermissen noch einmal den Nebel im Nebelwald Monteverdes, springen vom Boot ins Wasser vor Bahia Drake, fahren im Dschungel Fahrrad und beobachten die Brüllaffen. Winden uns die Oase im Colca hinab und die Wege von den Wasserfällen hinauf, vorbei an den Felsformationen im Felsental. Wir bestaunen die Kondore, Lamas, Leguane, Kolibris, Kaymane und Kapuzineräffchen und den großen Arenal im Nebelkleid. Wir cremen uns zu Tode, kochen Reis in der Mikrowelle und essen so viel Avocado wie noch nie in unserem Leben, bestellen Cassado und Trucha. Cocateetrinkend erreichen wir die Laguna 69, den Lake Paron und knacken schließlich die 5000 m/üM beim Rainbow Mountain, durchqueren schwarze Flüsse in Cahuita und den Dschungel auf der Suche nach Faultieren und Morphofaltern. Im Regen tragen wir die Rucksäcke zum Hostel, schlafen in Bussen und Flughäfen und in der heißen Quelle fallen uns die Sterne Uyunis in den Schoß. Wir sitzen noch einmal am Machupicchu und warten dort so lange, bis sich der Nebel verzieht und die Sonne die Wunder dieser Welt für uns enthüllt.

    Und dann brechen wir auf in den neuen Tag.
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