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  • Day 121

    Der Antelope-Canyon der Navajo

    December 1, 2021 in the United States ⋅ 🌙 16 °C

    An diesem Tag befand ich auf dem riesigen Reservat der Navajo-Nation und war gespannt darauf, ein paar Dinge über deren Kultur und Leben zu erfahren. Cowboy und Indianer – herrlich! Tatsächlich sollte dieser Besuch einige Enthüllungen bereithalten, mit denen ich in dieser Form nicht gerechnet hatte. Ein paar Fakten vorab: Das Navajo-Nation-Reservat ist das größte seiner Art in den Vereinigten Staaten, etwa von der Größe Bayerns, es wird eigenständig verwaltet, hat eine eigene Polizei, ein eigenes „Bildungssystem“, unabhängige Wahlen, etc. (Später erfahre ich, dass die LebensbedinUnd für Touristen haben sie auf jeden Fall noch einmal ganz eigene Regeln und Umgangsformen...

    Der Tag startete zunächst denkbar mies: Nach einer schlimmern Nacht und 2 Immodium und zwei Ibos war ich einigermaßen in der Lage, das Hotel zu verlassen und hoffte inständig, dass das Highlight dieses Roadtrips hoffentlich auch mit mir stattfinden könnte. Denn an diesem Tag hatte ich ein Ticket für den „Upper Antilope Canyon“ gebucht, für schlappe 150 USD. Durch die wunderschönen Farb- und Lichtspiele gelangte der Canyon zu großer Berühmtheit und ist heute einer der meistbesuchten Canyons in den Vereinigten Staaten. Geld kann man mit dem Canyon auf jeden Fall ausreichend machen: 2014 wurde ein Bild mit Sonnenstrahl für sage und schreibe 6,5 Millionen US-Dollar (2014, „Phantom“ by Peter Lik) verkauft. Respekt! Mir kamen meine Ausgaben schon extrem hoch vor. Once in a lifetime, habe ich mir gesagt. Am Ende des Tages bin ich mir jedoch unsicher, ob diese Tour ihr Geld wirklich wert war...

    Warum? Nun zunächst gab es ein paar Hürden zu überwinden, die durch den Stamm festgelegt wurden:
    Das Voucher ist auszudrucken. Sonst keine Teilnahme an der Tour. (Nun, bei Touren Touren in den unterschiedlichsten Ländern der Erde ist diese die erste, die einen Ausdruck benötigt. Selbst beim Fliegen... aber lassen wir das!)
    Online-Info: Man muss mit dem ausgedruckten Voucher 45 Minuten (!!!) vor der Tour einchecken. Sonst keine Teilnahme an der Tour. Vor-Ort-Info: Bbligatorisches Einchecken 29 (!) Minuten vor der Tour, sonst... siehe oben. (Jemals so eine Zeitangabe gesehen?)
    Die eigentliche Eintrittskarte wird vor Ort dann händisch notiert. (ABM?)
    Es folgt: 44 Minuten in der Wüste warten, nur Dixi-Toiletten, Seife, aber kein Wasser, keine Möglichkeit Getränke oder Snacks zu kaufen... Mir kam es vor wie Schikane – die Rache an den Weißhäuten, keine Ahnung...
    Beim Eingang wird das eben ausgestellte Ticket noch einmal von zwei Personen kontrolliert. (ABM?)

    Der riesige, extrem übergewichtige Navajo bedenkt meinen Feder-Kettenanhänger mit einem Kompliment. Sein Freund hier trüge den Navajo-Namen „Fliegende Feder“. Ich frage also nach der symbolischen Bedeutung der Feder – die stehe für Stärke! Eine wunderbare Bedeutung, meine ich. Davon könnte ich nicht genügend haben, sage ich zum Abschied und zeige ihm meine Ohrringe, die auch jenes Motiv abbilden. Wir drei lachen und wünschen uns einen wunderbaren Tag. Ich bin sehr froh über diese Begegnung, denn die anderen Navajo-Indianer, die ich noch treffe, werden mir ein wenig anders entgegentreten...

    Nach den scheinbar unendlich langen 45 Minuten erfolgt die ruppige Begrüßung durch eine männlich wirkende Frau oder einen weiblich wirkenden Mann, sehr harsch und mit leicht aggressiven, drohenden Unterton. Die Regel „Maskenpflicht“ wurde uns in aller Deutlichkeit dargelegt (Wir sollten es auch nicht wagen, um die Ecke zu gehen und dort...!) Die Predigt fand dann schließlich die Pointe in der Drohung uns vom Gelände zu entfernen und dergleichen. Das sei Navajo-Land und hier gelten andere Regeln! Okay!!!! Angekommen! Ein freundlicher Hinweis hätte vermutlich auch gereicht, oder eine Anmerkung darüber, wie schlimm die Nation von der Pandemie betroffen ist und war. Aber zugegeben, ich weiß natürlich nicht, wie sich Touristen sonst hier so aufführen, willkommen fühlte ich mich auf jeden Fall schon einmal ganz und gar nicht.

    Immerhin bestand unsere Gruppe aus nur 5 Personen plus unserem Guide Rob, der uns nach einer 15-minütigen, staubigen Jeepfahrt durch den Canyon leitet. Im kurzen Abstand folgen dann die anderen nach. Auch Rob stammt von den Ureinwohnern ab, was sein Navajo-Name ist, will er mir nicht verraten. Fast herrscht er mich unfreundlich an, er könne dazu nichts sagen.

    Ich betrat dann jene absolut beeindruckenden Hallen: Einen Moment verschlug es mir im wahrsten Sinne des Wortes den Atem, denn es war dort wirklich so unfassbar schön! Doch dann wurden wir schon von Rob in den nächsten „Raum“ gescheucht, er schmiss uns Infos zum Canyon hin, obwohl wir alle noch völlig von dessen Schönheit geblendet waren. Überhaupt ärgerte ich mich langsam über den harschen Tonfall und darüber, dass weitere Fragen zurückgewiesen wurden. Woher sollte er denn wissen, weshalb es kein fließend Wasser und Strom auf den Reservat gebe? Dergleichen... Weiterhin streut er negative Anmerkungen, sowohl über die US-Regierung als auch über sein Volk und dessen Unwillen/Unfähigkeit zum Fortschritt. Wow, in welches Wespennest waren wir hier denn getreten? Auch als Rob versuchte, uns zu zeigen, wie wir den Schatten für bessere Fotos nutzen könnten, verbarg er seine Verachtung für uns nicht... 45 Minuten sollte diese Tour dauern, wir werden regelrecht durch den Canyon getrieben, es blieb keine Zeit einmal in Ruhe zu schauen und zu staunen. Vieles ist sicherlich gut gemeint, denn Rob zeigt uns verschiedene Formationen, die im Felsen zu erkennen sind: ein Herz, Wellen, Batman, eine Eule, ein Adler, eine Krähe, ein Damenkopf, etc. Aber er bemüht sich nur kurz uns auf die Stellen hinzuweisen, wer es nicht sofort sieht, hat Pech gehabt. Ich erreichte mit ambivalenten Gefühlen das Ende des Canyons und war zudem geplättet von den zahlreichen Informationen und Eindrücken, die uns zuteil (und nicht zuteil) wurden.

    Die Guides sind nicht zuletzt deswegen obligatorisch zu buchen, weil 1997 durch eine Dilettanten-Führung 11 Menschen bei einer Sturzflut ums Leben kamen, weniger weil man sich dort verlaufen kann. Das Gewitter ging in 17 Meilen Entfernung nieder und verursachte eine 3m hohe Flut- und Schlammwelle, die die Touristen mit sich riss, während in Page selbst die Sonne schien. Nur der Hobbyguide selbst konnte auf Halbhöhe des Canyons nackt geborgen werden. Allein diese Sturzfluten, verursacht durch starke Regenfälle, sind für die Erscheinung des Sandstein-Canyons verantwortlich, daher heißt der Canyon auf Navajo auch Tse bighanilini, übersetzt: „der Platz, an dem das Wasser durch die Felsen strömt“.

    Mein Fazit: Ohne Guide eines der beeindruckendsten und schönsten Naturwunder, die ich je gesehen habe. Der Canyon an sich ist definitiv sein Geld wert, wenn auch weniger die 6,5 Millionen für ein Foto davon. Unser charmanter indianischer Guide jedoch war wohl noch ein bisschen mehr im wilden Westen verhaftet, als ich mir erhofft hatte...

    Danach habe ich noch "Horseshoe Bend" bewundert, ein super Ziel, wie ich fand! Und ich hab am Ende noch ein Pferde-Element in dem sonst nicht mehr ganz so wilden Westen gefunden.
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