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  • Day 134

    Maya-Kultur und Krokodile

    December 14, 2021 in Mexico ⋅ ⛅ 29 °C

    Ein perfekter Tag in Mexiko – wie könnte dieser aussehen? Nun, ich würde sagen, wie der folgende Montag, zumindest für mich! Ich bin zu faul etwas zu planen, habe aber Lust etwas Neues zu entdecken. Daher buche ich im Hostel eine Tour zu den Ruinen nach Tulum und lande bei Uriel, unserem Maya-Guide mit einem Herzen so groß wie sein Land. Er nimmt uns mit, in jeder Hinsicht, zeigt uns sein Erbe und das mit so viel Liebe für seine Vorfahren, ich könnte ihm noch Stunden zuhören. Er beginnt die Tour damit, dass er eine „Karaoke-Fahrt“ ankündigt statt einer Tour und hat uns ab der ersten Minute in der Tasche.

    Als wir in Tulum bei den Maya-Ruinen ankommen, gibt er uns eine Einführung zu deren Kenntnissen in Astronomie und deren Kultur. Seine Schilderungen über die Maya-Rituale sind brutal und durch meine sehr bildliche Vorstellungskraft ergibt sich ein extrem blutiges Bild von den Opferungen der Maya: Einmal im Jahr wurde demnach ein Krieger und ein 15-jähriger Jüngling den Göttern geopfert. So wurde der Junge schon als Baby auserwählt und machte seine Eltern in jeglicher Hinsicht stolz, er wurde von ihnen separiert und anders als andere Kinder aufgezogen. Man verabreichte ihm am Tag der Opferung schließlich Drogen, unter deren Einfluss er tanzte, in völliger Exctase, bis ihm der Rücken geöffnet wurde und er so lange weitertanzen musste, bis man ihm das Herz aus der Brust entnahm. Beide, der Krieger und der Junge, sollten ihr eigenes Herz noch einmal schlagen sehen, bis sie verstarben. Dies war anscheinend die größte Ehre und das höchste Opfer. Okay – kurz Luftholen und checken, ob das Herz noch an der richtigen Stelle sitzt. Ich habe bereits andere Versionen gelesen und bei meiner zweiten Führung sprach der Guide von einer „bloßen“ Enthauptung, andere Berichte nennen Häutungen oder das Hinabstürzen von den Pyramiden. Was hat mich speziell an Uriels Erzählung fasziniert? Es war letztlich die Art und Weise, wie Uriel die Kultur seines Volkes erzählt hat – sich absolut der Brutalität und Grausamkeit der Rituale bewusst – und dennoch hat er sie im Sinne der Maya dargestellt und vermittelte die Notwendigkeit, die diese Opfer für die Maya hatten. Ich glaube nicht, dass ich je meine Schüler von einer Erzählung so sehr fesseln konnte, wie er uns!

    Nach seiner Einführung erkunde ich mit den zwei Kanadiern Mo und Ro die Ruinen, Sonja, eine Schweizerin stößt noch zu uns und wir alle können nur angesichts der Schönheit des Ortes staunen – Hier finden wir unter anderen den „Tempel des Herabsteigenden Gottes“ und den „Tempel des Windes“, die Stadt wird von einer Mauer umrundet und öffnet sich zum Strand hin – türkises Meer und eine leichte Brise sind hier vorzufinden. Mo versucht sich als Youtube-Star – aber er braucht noch etwas Übung ;-) Dennoch: Falls es dieses Video je online schafft, wird man auch mich darin vorfinden!

    Bald geht es schon weiter (Ich muss wiederkommen, entscheide ich!) – wir gehen Schnorcheln zur Cenote Manati – einer wunderschön gelegenen Cenote, umgeben von Mangroven. Uriel informiert uns über die zwei Bewohner der Cenote, je 2-2,50m groß, zwei Krokodile, denen er humorvoll einen Namen gibt. Er erklärt, wir sollen urinieren im Wasser unterlassen, da dies die Tiere anlocke, auch sollten wir sie nicht streicheln. (Wer würde schon ein Krokodil streicheln?!) Das alles war so voller Humor gespickt, dass ich die ganze Geschichte schlichtweg für einen großen Scherz gehalten habe... - Weeeeeeit gefehlt. An Ende dieses Tages sollte ich tatsächlich mit Krokodilen geschnorchelt sein. Ich ahne nichts Böses und genieße jede Sekunde in diesem unfassbar klaren und herrlich erfrischendem Wasser. Mangroven von unten! Als ich Mo in die Seite kneife, fährt er erschrocken herum – er hat die Krokodilgeschichte offensichtlich ernster genommen als ich. Am Ende des passierbaren Weges durch die Cenote macht Uriel Zeichen, wir sollen still sein und uns ruhig verhalten. Neben mir wird eine Amerikanerin bleich. Und da sehe ich es auch, in einem Seitenarm, ca. 6 bis 8 Meter (?) von uns entfernt ist ein ziemlich beeindruckender Krokodilkopf erkennbar. Kein Plastik! Adrenalin pur fließt durch meine Adern, ich finde es schrecklich und fantastisch zugleich und bin schlichtweg kurz fassungslos. Uriel bleibt ganz ruhig, zeigt sich völlig entspannt und so können auch wir uns auf diese ungewöhnliche Situation einstellen. Dennoch: Auf dem Rückweg überhole ich einige und schwimme schneller als zuvor zurück – soll das Kroko doch jemand anderen in den Fuß beißen! Wir alle brauchen nach dem Schock erst einmal neue Energie und gehen in einem typischen Maya-Restaurant essen. Eidechse, wie uns Uriel ankündigt, gibt es jedoch nicht. Das Essen ist jedoch extrem lecker und voller Gewürze. Muy rico!

    Unsere letzte Etappe führt uns schließlich an den wunderschönen Strand „Akumal“, wo wir uns noch einmal schnorchelnd in die Brandung werfen – auf der Suche nach Schildkröten und Stachelrochen. Ich habe am Ende aufgehört sie zu zählen! Wir haben so viele entdeckt und konnten ihnen oft viele Minuten folgen. Ein voller Erfolg. Bilder gibt es nicht, das hätte mein Handy leider nicht überlebt. Auch wenn diese Veranstaltung etwas touristisch war und mir davon abgeraten wurde, hatte ich nicht das Gefühl, dass wir die Schildkröten „gejagt“ oder gestört haben. Es lief eigentlich alles sehr entspannt ab. Dennoch muss man absolut erwähnen, dass viele Gruppen mit ihren Schwimmwesten im Wasser waren und das Erlebnis und die ethische Vertretbarkeit somit natürlich dann doch erheblich geschmälert haben.

    Beim Abschied sagt Uriel mir, welch positive Ausstrahlung und gute Energie ich habe – es warte eine Reise voller guter Erfahrungen auf mich. Er verabschiedet sich in Maya und seine Augen sind so voller Leben, dass ich ihm glauben möchte.

    Und wenn ihr nun denkt, dass dieser Tag bereits perfekt war (was er definitiv war) – dann möchte ich das Folgende ergänzen:
    Zurück im Hostel finde ich doch tatsächlich bei dem Versuch, Yoga auf der Dachterrasse zu machen, zwei Masseure vor... Wenn das nicht ein Zeichen ist! Mein perfekter Tag endet daher also mit einer einstündigen Massage mit wohlriechenden Ölen und einer leichten Meeresbrise. Und als ich mich kurz darauf weigere, mich in meinem Stockbett noch einmal zu bewegen, holt mir mein Zimmer-Inder Tenesh doch tatsächlich noch zwei Bier und bringt sie mir ans Bett. Und wenn dieser Tag nicht so was von perfekt war, dann weiß ich einfach auch nicht!
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