Satellite
Show on map
  • Day 340

    Batik-Karneval in Solo

    July 8, 2022 in Indonesia ⋅ ⛅ 31 °C

    Zugegeben, ich hatte in diesem Land nicht mit einem Karnevalsumzug gerechnet und schon gar nicht im Juli. Was wohl unsere Rheinländer, die Klouths, dazu sagen würden?! Einmal im Jahr findet hier in Solo auf jeden Fall das berühmte Batik-Festival statt, bei dem in spektakulären Kostümen die ganze Pracht der hiesigen Batik-Kunst präsentiert wird. Und dieses Jahr bin ich dabei!

    Andre, den Indonesier, den ich in Banyuwangi und Malang getroffen habe, wohnt hier und hat mich zum Umzug eingeladen. Welch ein Glück, denn dieses Spektakel hätte ich ungern verpassen wollen! Während ich selbst zu Anfang noch eine Attraktion bin, andere Weiße sichte ich nur später in den vorbeifahrenden Kutschen, räumt die Polizei schließlich die Straße und es geht im wahrsten Sinne des Wortes mit Pauken und Trompeten los. Nachdem Miss Indonesien, zahlreiche wichtige Köpfe und militärische Würdenträger an uns vorbei sind, startet die Kostümshow.

    Während die Erzengel in Gestalt von Greifvögeln Dutzende Landesflaggen des G20-Gipfels tragen, der hier im Moment stattfindet, stolzieren plötzlich Kings und Queens in aufwändigen Gewändern und Konstruktionen an uns vorbei. Wow – da sind ganze Tempel, Drachen, Tore und Wälder angehängt!

    Batik? Wer wie ich zunächst an diese schlecht gemachten Hippie-Shirts denkt, liegt weit daneben. Batik, das bedeutet hier kunstvolle, filigrane Malerarbeit, unterstützt von Bienen- und Kerzenwachs. Die dünnen Punkte oder Linien aus Wachs verhindern das Zerfließen und werden am Ende durch Warmwasser und Bügeln wieder entfernt. Ein großes detailreiches, originelles Motiv kostet anscheinend mehrere Millionen Rupiah, da es einige Monate der Herstellung benötigt. Dies trifft auf die uns dargebotenen Meisterwerke, die aber mehr blinken als Stoffe präsentieren, auf jeden Fall auch zu.

    Nachdem wir noch ein wenig die historische, von den Niederländern erbaute Altstadt angeschaut haben, gehen wir schließlich noch typisch lokal essen und tauschen uns über die Kulturen und das Leben in den jeweiligen Ländern aus. Andres großer Traum ist es, eines Tages Mexiko zu bereisen und er fragt mich ständig darüber aus! Nachts verabredet er sich oft mit seinem mexikanischen Freund, der ihm über das Telefon etwas Spanisch beibringt. Er bereut seine Drogenvergangenheit – 4 Jahre hätte seines Lebens hätte er einfach nur verschwendet, resümiert er. Aber er dachte als Bandmitglied gehöre das dazu, zum Leben eines wahren Rockstars wie das seiner vielen Idole.

    Deutschland – damit verbindet er Rammstein und Bier! (Und hiermit gehen Grüße an Lisa und Dirko raus!) Wir müssen beide lachen, als er mich fragt, ob wir aber zudem noch diese Musik von den Festen auch Zuhause immer hören. Er meint das Gedudel vom Oktoberfest und die Musikehre der Deutschen ist nach diesem Gespräch mit mir hoffentlich wieder ein wenig wiederhergestellt. Deutlich wird sein kritischer Blick zu seinen Landesbrüdern und -schwestern. Sie würden sich wie Unterwürfige verhalten, Weiße seien wie unantastbare, reiche Stars, sie selbst aber hätten noch senftetragende Menschen, die wie Sklaven lebten. In einigen Teilen Sumatras hätte man die Scharia eingeführt, Bali hätte noch ein Kastensystem.

    Am Ende des Tages gehen wir beide bereichert von dannen. Vor allem ich, denn das Einheimische Essen, das mir Andre empfohlen hat, hat mich fast verbrannt! Als ich in das Taxi zurück nach Yogya steige (nach 3 erfolglosen Versuchen ein Shuttle zu bekommen), fotografiert Andre noch das Nummernschild ab und schwört den Fahrer auf Indonesisch ein. Er zwinkert mir zu, man müsse den Leuten hier ein wenig auf die Finger schauen! Und da war dieser Staatsbeamte so ganz und gar kein Rockstar mehr, sondern ein rundum umsichtiger Mitmensch– und das zu Karneval!
    Read more