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  • Day 347

    Unterwegs in Bukit Lawang

    July 15, 2022 in Indonesia ⋅ ☁️ 31 °C

    Ich erwache ein letztes Mal in Bukit Lawang, in diesem wundervollen Himmelbett, draußen hangeln sich zwei Affen entlang. Jay, der Sohn des Inhabers, hatte Wort gehalten und mir für die letzte Nacht das schönste Zimmer zugeteilt – im Prinzessinnenturm mit schönster Aussicht. Jaqui und Sergej, die ich am Lago Atitlan kennengelernt hatte, hatten von dieser Lodge und speziell diesem Zimmer geschwärmt! Und sie hatten nicht zu viel versprochen, denn es ist einfach ein Traum hier! Jay kennt verblüffender Weise alle noch: Meine zwei Traveller aus Guatemala, aber auch Migge und Eva, die vor 2 Jahren hier waren. Ob er mich auch noch kennen wird, wenn ich hier irgendwann zum zweiten Mal aufschlage?

    Heute soll mein letzter Tag sein und das Packen fällt mir wirklich schwer, ich wäre gerne noch geblieben. Aber ich möchte den Tag nutzen, auf den Freitagsmarkt gehen, Obst kaufen, die Wanderung zu der Fledermaus-Höhle machen, bevor es im Auto die weite Strecke nach Medan zurück geht. Jay organisiert mir kurzerhand Jhonny als Fahrer, was die Tour um Weiten besser macht. Hinten auf dem Roller – Wind in meinem Haar. Wir kaufen Schlangen- und Drachenfrüchte und Lychees, zudem ein typisch lokales Getränk, dessen Namen mir schon lange wieder entfallen ist: Man mische Kokosmilch mit Palmzuckersirup, gebe grüne Nudeln, Gelee-Würfel, Reis und Eis hinein. Voila! DAS hätte ich ohne Jhonny sicherlich nicht probiert!

    Wir fahren an der Schule vorbei, in der Hoffnung, dass ich sie kurz besuchen kann. 9:40 Uhr und die Schule ist leergefegt. „Oh Fridays is prayer, so kids go home earlier.“ „But the prayer is at 12.“ „Yes, well, maybe just freetime, you know?“ Wir lachen beide und ich erzähle ihm, dass sich meine Schüler über die deutschen Schulzeiten beschweren werden, wenn ich ihnen das erzähle. Und da laufen uns auch schon Kinder in Unterhosen entgegen, auf dem Weg in den Fluss..

    Die Höhle? Nein, Jhonny will mir einen schöneren Ort zeigen. Es geht durch eine kleine, nette Wohnsiedlung, an einer Plantage vorbei, durch den Wald. Ich schnappe nach Luft, als eine Hängebrücke auftaucht und will schon fragen, ob ich absteigen...schwuppppps schon drüber gebraust. Der Ort an dem Fluss ist herrlich ruhig, hier thront ein riesiger Baum. Jhonny berichtet von seiner Kindheit: Jeden Tag sei er mit seinen Freunden mit dem Fahrrad nach der Schule hierher gefahren. Seine Kindheit wäre toll gewesen, sie waren frei, sie sind in der Natur aufgewachsen. Dies ist sein Lieblingsort in der Welt. Wir essen die Früchte und trinken das lecker süße Mischgetränk, während wir von unserer Kindheit erzählen, wie wir aufgewachsen sind, was Freiheit für uns bedeutet.

    Als wir zurückfahren, Wind in meinem Haar, fasse ich den Entschluss bald wiederzukommen. Eigentlich ist es kein Entschluss, es ist einfach klar. Die Verabschiedung ist herzlich, beim nächsten Mal soll ich den 5-Tagestreck zu den Elefanten machen, meinen meine Tarzans. Ausgemacht! Oder doch vielleicht nur 4?

    Und so geht es mit Teun und Julia im Auto zurück nach Medan, vorbei an den riesigen Palmölplantagen, unser Fahrer ist in Redelaune. Als Kind hätte er dort noch Fußball gespielt, hier wäre er fischen gegangen, hätte direkt aus dem Fluss getrunken, sagt unser Fahrer, leider habe ich auch seinen Namen vergessen. Jetzt jedoch sei das Land verseucht, die Orang-Utans immer weiter zurückgedrängt, Monokultur. Er gibt mir ein High-Five, als ich ihm berichte, dass ich um das Problem weiß und zusammen mit einer steigenden Zahl Europäern versuche, Palmölprodukte zu meiden. Dann berichtet er, wie er zusammen mit andern Plastikflaschen sammelt und mit Hilfe deutscher Technologie zu Plastikziegeln presst, die nun für den Häuserbau hier verwendet werden. Es ist ein so inspirierendes Gespräch, das gleichermaßen von Liebe, Weitsicht, Verantwortung und Engagement zeugt, dass ich beeindruckt dieses Land verlassen werde – auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen! Und ich nehme eine Aufgabe mit, meinen kleinen Beitrag für die Erhaltung dieser einzigartigen Natur. Ein Problem, von dem ich wusste, ohne zu spüren, was es bedeutet. Aber nun hat ein kleiner Teil der Welt nicht nur einen Namen bekommen, sondern ein Gesicht, eine Seele, ein Leben, das es verdient, erhalten zu bleiben.
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