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  • Day 15

    Auszug aus Jerusalem

    February 23, 2020 in Israel ⋅ ☀️ 9 °C

    Das schwere und laut blinkende ferngesteuerte Auto überlassen wir künftigen Hostelgästen und ziehen nun weiter - mit Sack und Pack und Almas Luftballon. Auf dem Weg zum Busbahnhof kommen wir noch an einer musikalisch interaktiven Fahrradstation vorbei und an einem weiteren öffentlichen Flügel, von denen es scheinbar mehrere in Jerusalem gibt. Gregor holt noch schnell seine Trompete raus und spielt mit einem Soldaten, der sich ans Klavier gesetzt hat, zusammen. Da heute zum Sonntag, nach dem Wochenende, viele Soldaten und Soldatinnen offensichtlich wieder zum Militär zurück fahren, oft noch in zivil gekleidet, mit Rucksack und ihrem umgehängten Maschinengewehr, laufen viele dieser jungen Menschen an dieser Musik vorbei. Beim Beobachten frage ich mich, ob sie das irgendwie berührt und überlege im Nachgang, wie es wäre, wenn sie alle statt ihrer Waffen Musikinstrumente umhängen hätten und nun ihren Platz im Orchester einnehmen würden. Auch im Bus, den wir nur mit einiger Mühe ausfindig machen können, fahren viele dieser jungen Menschen bis zur Haltestelle an der Kaserne mit. Bei keinem von ihnen kann ich mir vorstellen, dass sie das freiwillig so wählen würden.
    Und als wir ein paar Tage später erfahren, dass am Tag davor in Jerusalems Altstadt ein Palästinenser erschossen wurde, geht uns das besonders nahe: eine von so vielen Schreckensmeldungen... wir waren so nah und haben es nicht mitbekommen... vielleicht haben wir denjenigen kurz vorher irgendwo dort gesehen? Irgendjemand muss es gewesen sein, der geschossen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemand von diesen Jugendlichen aus dem Bus war. Und wieder wird so spürbar: es ist so leicht, von außen zu verurteilen und nach vermeintlich einfachen schnellen Lösungen zu suchen und so schwer, die eigenen inneren Waffen fallen zu lassen.
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