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- Day 13
- Saturday, October 26, 2024 at 1:30 PM
- ☁️ 29 °C
- Altitude: 450 m
TanzaniaNdengele11°15’24” S 34°46’43” E
Denis allein im BioCamp Resort
October 26, 2024 in Tanzania ⋅ ☁️ 29 °C
Dinner for one - african edition | Mr. Joseph und seine Philosophie | Frühstück im Baumhaus am Lake Nyassa
Als ich in Mbamba Bay mit dem völlig überfüllten Bus ankomme, sind zweieinhalb Stunden vergangen, seit ich eingestiegen bin. Es dämmert schon. Ich sitze in dem einzigen Bus, der heute noch ankommt. Dementsprechend geschäftig geht es am Busbahnhof zu. Die jungen PikiPiki-Fahrer kommen mit ihren Motorrädern bis an den Bus heran, um Fahrgäste für sich zu gewinnen. Es ist ein hartes Geschäft, denn die Auswahl für Fahrgäste ist extrem groß. Ich spreche einen der Fahrer an, verhandle den Preis und werde zum Bio Camp Resort Lodge gefahren. Eine Anlage direkt am Lake Nyassa mit wunderschönen kleinen Bandas. Die Philosophie ist schlicht und einfach: alles aus eigener Produktion oder direkt aus dem Ort und der Umgebung. Kein Schnickschnack. Im Einklang mit der Natur.
Ich werde von Alfred empfangen. Er ist neben der Köchin der einzige, der noch da ist. So wie ich. Denn ich bin der einzige Gast. Die Saison ist vorbei, und deshalb bleiben Touristen aus. Für mich aber haben sie alles wunderschön gemacht. Ich werde direkt zum Strand begleitet, denn es ist schon dunkel. Kerzen stehen um einen kleinen Tisch, der einfach, aber schön gedeckt ist. Ein Candle-Light-Dinner nur für mich, mit Blick auf den See. Leider schafft es die Kamera nicht, das so einzufangen, wie man es sieht. Man kann die glitzernde Oberfläche des Sees sehen. In der Ferne schwanken kleine Lichter. Es sind die Fischer, die in der Dämmerung aufgebrochen sind, um die ganze Nacht zu fischen. Sie werden morgen früh, wenn die Sonne aufgeht, zurückkehren und frischen Fisch bringen, auch ins Bio Camp.
Mit diesem wunderbaren Dinner for One beginnt meine kleine Auszeit in Mbamba Bay.
Mit Alfred verstehe ich mich auf Anhieb. Er ist 28 und arbeitet hier, seit er ein Teenager ist. Auch Englisch hat er hier gelernt. Man merkt ihm direkt an, dass er für diesen Job lebt. Wir treffen uns nach meinem Essen am Lagerfeuer, das er extra für mich anmacht. Er erwähnt immer wieder, wie dankbar er Mr. Joseph ist. Dass er ohne ihn wahrscheinlich PikiPiki-Fahrer wäre und von Tag zu Tag gelebt hätte. Hier aber hat er eine große Familie, mit der er etwas Sinnvolles in dieser Region schaffen kann. Nachhaltigkeit ist für ihn eine Lebensphilosophie.
Ich möchte Mr. Joseph kennenlernen und frage Alfred, ob das möglich sei.
Er schaue, was er machen kann, aber versprechen wolle er es nicht. Mr. Joseph hat viel Arbeit und ist ständig unterwegs in der Region. Nach einem entspannten Gespräch am Lagerfeuer lässt Alfred mich ein wenig alleine. Er erledigt ein paar Dinge in der Küche und hilft, alles aufzuräumen. Ich sitze alleine am Lagerfeuer und werde ganz sentimental. Die letzten 10 Tage waren voller Eindrücke und Erlebnisse. Ich habe viele Menschen kennengelernt, einige davon nur kurz. Jeder und jede war aufgeschlossen und herzlich. Die Menschen gehen auf einen zu, wünschen einem nur das Beste und wollen einem das Land zeigen. Es ist Teil der Kultur. Man ist stolz auf das, was dieses Land mit seinen Einwohnern geschafft hat.
Erst waren die Deutschen hier und haben ihr Unwesen getrieben, dann kamen die Engländer. Als endlich die Unabhängigkeit kam, gab es eine sozialistische Planwirtschaft. Schließlich, 1986, die Öffnung der Märkte. Eine freie Marktwirtschaft, die nicht nur die positiven Seiten mitbrachte. Und irgendwann in der Geschichte dieses Landes tauche ich auf. Wenn auch unterm Radar. Aber ich fühle mich sehr wohl. In einem Land, in dem weder ich alles verstehe, noch man mich versteht. Vor allem hier im Süden, der wenig touristisch ist.
Immer wieder weht ein wenig Rauch vom Lagerfeuer in meine Richtung. Und jedes Mal kommt mir ein neuer Gedanke. Mit 26 habe ich angefangen zu studieren. Ein Thema, das mich immer wieder beschäftigt. Andere bauen mit 30 ein Haus, haben Familie und arbeiten seit Jahren in ihren Jobs. Vor allem, dass ich alleine bin, beschäftigt mich. Nicht hier, sondern in Deutschland. Dann wieder etwas Rauch, der herüberweht. Wie gut, dass ich erst mit 25 angefangen habe zu studieren. Ich wäre jetzt nicht da, wo ich bin. Auf dem Weg zum Traumjob, der sicherlich nicht einfach ist. Auch die Arbeit als Arzt wird herausfordernd. Vor allem als Hausarzt, aber dem bin ich mir bewusst. Gut, dass ich allein bin. Ich hätte diese Reise sonst niemals angetreten. Alle Bedenken in der Nacht vor meiner Abreise haben sich bisher nicht bewahrheitet. Ob ich in den letzten Tagen an mir selber gewachsen bin? Ich weiß es nicht. Aber ich sehe das Leben entspannter, so hoffe ich. Alles davon ist gut so, wie es ist, denke ich. Alles zu seiner Zeit. „Pole pole“ (langsam, langsam), wie wir hier in Tansania sagen. Noch ein paar Mal weht der tropische Wind den warmen Rauch in meine Richtung. Die Lichter der Fischerboote am Horizont sind aufgereiht wie auf einer Perlenkette. Keine Chance für die Kamera, diesen wunderschönen Moment einzufangen. Ich lege mein Handy zur Seite und sauge den Moment auf. Dieses Bild ist für meine Erinnerungen. Ohne Handy, ohne Menschen, nur ich ganz alleine unter einem wunderschönen Sternenhimmel am Lake Nyassa. Tief einatmen. Dann gehe ich zu meiner Banda. Es wird Zeit, Kräfte zu sammeln für einen langen und interessanten Tag. Um 10 haben wir uns fürs Frühstück verabredet. Doch noch ahne ich nicht, dass es spontan früher werden wird.
Um 8 Uhr klopft es an meiner Banda.
„Good morning, Mr. Denis“, es ist Alfred. Ich höre ihn sehr gut, da die Banda keine echten Fenster hat, sondern nur Moskitonetze. Hier ist es das ganze Jahr über warm. Man schläft also quasi im Freien. Und ich kann euch sagen, es ist der absolute Traum. Grillen zirpen, die Vögel besingen einen, und ab und zu hört man einen Hahn in der Frühe krähen. Alfred wurde von Mr. Joseph geschickt. Er möchte wissen, ob ich mit ihm frühstücken will, das wäre dann um 8:30. Anschließend lädt Mr. Joseph mich auf seine Kaffeefarm ein. Alfred solle fragen, ob es für mich passt und ich Lust habe zu sehen, wie ein besonderer Kaffee hier in der Region angebaut wird. Ich zögere keine Sekunde und packe die Chance beim Schopfe. Schnelle Dusche, dann gehe ich in Richtung Strand. Diesmal frühstücken wir nicht direkt auf dem Sand, so wie das Dinner gestern Abend. Alfred deutet auf ein kleines Baumhaus am Strand mit Blick auf den See. Der Lake Nyassa ist ein riesiger Süßwassersee. Rund 600 km erstreckt er sich von Nord nach Süd. Auf der anderen Seite das Land Malawi. Ich laufe die Stufen hinauf und komme zu einem üppigen Frühstückstisch. Mit wundervollem Blick auf den See. Ich komme aus dem Staunen einfach nicht mehr raus. Auf dem Tisch ist für zwei Personen eingedeckt. Ich bin sehr gespannt, wer Mr. Joseph ist und wie er tickt.
Pünktlich um 8:30 höre ich Schritte die selbstgebaute Treppe hinaufkommen.
Es ist Mr. Joseph. Er begrüßt mich herzlich und gibt mir seine Hand. „Karibu, Denis! Ich bin Joseph. Herzlich willkommen im BioCamp“, sagt er auf Deutsch. Ich antworte und bedanke mich, dass ich hier auch als einziger Gast begrüßt werde. Er scherzt und sagt, dass genau das mein Glück ist. Sonst müssen seine Mitarbeiter viele Menschen bewirten und Exkursionen zusammen organisieren. Jetzt aber habe ich die Wahl. Schnorcheln mit Buntbarschen, Wandern oder (und das sei sonst nicht so einfach möglich) ich komme mit ihm auf seine Kaffeefarm. Er hat mehrere kleinere Plantagen, auf denen er organischen Kaffee anbaut. Keine Chemikalien, keine Maschinen, keine Bewässerung durch Pumpen. Diese Einladung kann ich unmöglich ausschlagen. Ich bin sofort dabei und biete an, meine Drohne mitzunehmen. Damit habe ich einen Nerv getroffen. Er wollte schon immer mal sehen, wie groß seine Farm ist. Doch die Drohne seines Sohnes war leider defekt. Ich freue mich, dass ich mich wenigstens ein wenig nützlich machen kann. Wir frühstücken und ich frage, wie er die Idee zum BioCamp hatte. Und ich staune nicht schlecht über seine Lebensgeschichte. Als junger Mann hat er im Litembo Hospital gearbeitet. Dort hat er eine deutsche Famulantin kennengelernt und sich verliebt. Die beiden werden ein Paar, heiraten und leben 5 Jahre in Tansania. Dann wird seine Frau schwanger. Die beiden entscheiden, nach Deutschland zu gehen. Das Bildungssystem ist deutlich besser, und für seine Frau ist die Arbeit in Deutschland als Ärztin auch attraktiver. Jetzt hat Joseph zwei Länder als Heimat: Tansania und Deutschland. Ich habe großen Respekt davor, wenn Menschen ihre Heimat verlassen. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. So war es bei meinen Eltern auch. Joseph lernt Deutsch, integriert sich und engagiert sich in Tübingen an der Universität. Klimaschutz und Diversität sind seitdem eine Herzensangelegenheit. Und der Traum von einem Hotel, das sich selbst versorgt, ist geboren. Er beginnt in Deutschland zu arbeiten und investiert ins BioCamp in Tansania. Was hier entstanden ist, ist nicht nur ein Erholungsparadies. Es ist sanfter, nachhaltiger Tourismus. Er schafft Arbeitsplätze und ist im Einklang mit der Natur.
Energie wird hier durch eine eigene Biogasanlage hergestellt, das Wasser kommt direkt aus dem See. Die Tiere, die Eier und Milch produzieren, stehen auf dem Gelände. Was nicht selbstgemacht werden kann, wird im Ort geholt. Bei kleinen Händlern. Das Geld soll hier bleiben, und so profitiert jeder hier. Großartig, wie es funktionieren kann, denke ich. Viele Menschen haben Joseph gewarnt. Das, was er vorhat, kann nicht klappen. Reich sei er nicht. Er gebe das Geld immer gerne hier aus. Seine Mitarbeitenden verdienen deutlich mehr als der Durchschnitt. Das ist ein Vorteil, den er hat, durch die Verbindung nach Deutschland. Wer in Euro zahlt, der finanziert ganze Familien mit. Das treibt ihn an, er will nicht immer mehr. Die Größe des aktuellen Camps reicht. Wenn er mehr Bandas baut, dann kann er nicht mehr garantieren, dass es nachhaltig ist. Ich bin sehr erstaunt. Ein Betrieb, der nicht nach ständigem Wachstum strebt, sondern gesund wirtschaftet. Scheint also zu klappen. Muss ja, denn Joseph ist studierter Wirtschaftler. Er wird es wissen.
Ich muss das erstmal sacken lassen.
Ich hatte bei meiner Anreise nichts weiter als einen Tipp, dass es hier einfach schön ist. Jetzt sitze ich da und frühstücke mit einem Hotelbesitzer und Kaffeeanbauer in einem Baumhaus mit Blick auf den Lake Nyassa. Kann mich mal kurz jemand kneifen?
Nach einem wundervollen Frühstück steigen wir in den Land Cruiser.
Dekadent denke ich, wieso so ein teures Auto. Ich werde es in 45 Minuten sehen. Ohne dieses Fahrzeug wäre es unmöglich, die Farm zu erreichen. Es ist also einfach nötig…
Da es über den heutigen Tag noch sehr viel zu erzählen gibt, geht es morgen in Teil 2 weiter.Read more

















Traveler
Wirklich ganz idyllisch 🌝🐢bester Ort zum Meditieren 🤌🏻