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- Day 14
- Sunday, October 27, 2024 at 12:30 PM
- ⛅ 29 °C
- Altitude: 468 m
TanzaniaNdengele11°15’21” S 34°46’46” E
Ein echter Massai
October 27, 2024 in Tanzania ⋅ ⛅ 29 °C
Ein toller Abschied im BioCamp | ich treffe Cashew Massai | Großes Finale in Mbinga
Es ist noch früh, als ich aufwache. In Deutschland wurde in der Nacht die Uhrzeit umgestellt. Wir sind euch jetzt zwei Stunden voraus in Tansania. Der Tag beginnt hier allgemein früh. Um kurz vor 6 Uhr geht die Sonne auf – jeden Tag. Keine Umstellung der Uhren. Die Menschen stehen mit der Sonne auf und gehen bei Sonnenuntergang schlafen. So wird der Tag optimal genutzt. Ich kann mich daran nicht so recht gewöhnen. Um 5:30 Uhr aufzustehen, mache ich nur selten. Heute ist einer dieser Tage. Ich habe mich mit Alfred, dem herzlichen Mitarbeiter im BioCamp, verabredet. Er bringt mich auf den Hausberg neben der Lodge. Ich möchte einige Aufnahmen mit meiner Drohne machen und mir mein Frühstück ein wenig verdienen.
Gut gelaunt treffe ich Alfred an der Rezeption. In einem Trikot, das wohl einer Kreisligamannschaft in Deutschland gehört hat, sieht er aus, als würde er gleich auf einem Fußballplatz auflaufen. Viele junge Menschen tragen solche Trikots, die über Sachspenden in dieser Region landen. Ich habe mich für ein tansanisches Nationaltrikot entschieden. Denn es wird anstrengend, und Funktionsshirts sind da die beste Wahl. Das Nationaltrikot hat mich übrigens in Mbinga 12.000 TSH gekostet – weniger als 5 Euro.
Alfred spricht gutes Englisch. Auf dem kurzen Weg durch die Lodge erzählt er mir, welches Gemüse und welche Früchte sie hier anbauen. In einem kleinen Gebiet, das sie „Vegetable Farm“ nennen, wächst alles, was man zum Leben braucht. Dann geht der anstrengende Teil los. Wir klettern über kleinere und größere Felsen und erklimmen den Hausberg. Im unteren Abschnitt spenden etliche Bananenbäume Schatten, aber je weiter wir nach oben gelangen, desto sonniger wird es. Mir läuft der Schweiß übers Gesicht. Gott verdammt nochmal, seit wann bin ich so unsportlich? Ich bin sichtlich angestrengt. Doch als wir oben ankommen, sehe ich, dass auch Alfred schweißgebadet ist. Ich muss sofort lachen. Ich sage ihm, was ich gedacht habe, und er lacht und meint, dass er genau das über sich selbst gedacht habe. Da er aber vor mir lief, wollte er nicht langsamer machen, damit ich nicht denke, dass er unsportlich sei. Ein Glück, dass wir oben sind. Hinunter wird es deutlich entspannter.
Alfred hat ein großes Wissen über die Pflanzen, die wir auf dem Weg sehen. Er erzählt auch, was man in der Ferne alles sieht und wo die Fischer ihre Fische am liebsten fangen. Auch das Militär hat in der Nähe eines kleinen Fähranlegers in Mbinga einen Stützpunkt. Ich solle da mit der Drohne nicht hinfliegen. So weit würde die Drohne es aber sowieso nicht schaffen.
Auch hier lasse ich Alfred meine Drohne steuern. Er hat das noch nie gemacht und ist etwas zögerlich. Doch er hat riesigen Spaß und ist glücklich.
Als wir alle Aufnahmen gemacht haben, geht es zurück. Ein reichhaltiges Frühstück wartet auf uns. Joseph ist auch wieder dabei und schaut sich meine Aufnahmen an. Er ist, wie gestern, sehr froh und bedankt sich. Woanders würde er sehr viel Geld dafür bezahlen. Ich stelle ihm die Videos zur Verfügung, und keine zwei Stunden später ist ein erster kleiner Werbefilm von seinen Kindern in Deutschland erstellt worden.
Jetzt schmeckt das Frühstück besonders gut, weil auch der Blick auf den See herrlicher ist!
Nach einer kurzen Pause kommt Emmanuel auf mich zu. Er ist etwas jünger als Alfred. „Let’s go, Denis. Fishes are waiting!“ (Auf geht’s, Denis. Die Fische warten!) Er hat in der Zwischenzeit das kleine Paddelboot vorbereitet. Wir machen uns also auf den Weg in eine kleine Bucht. Mit etwas Glück sehen wir ein paar Buntbarsche. Doch bis wir dort sind, vergehen 40 Minuten mit dem kleinen Holzpaddel. An meinem Daumen bildet sich mit jedem Schlag eine größere Blase. Aber so ist das nun einmal. Wir sind nicht in Europa, wo jedes Boot einen Motor hat. Ein zweites Mal heute läuft mir der Schweiß über die Stirn.
Vorbei an größeren Felsen, die ins Wasser ragen, kommen wir in eine kleine Bucht. Hier ist keine Menschenseele – nur Emmanuel und ich und ganz viel Fisch. Wir machen das Boot an einem der Felsen provisorisch fest. Dann reicht er mir Maske und Schnorchel. Wir klettern auf einen großen Felsen. Dann nimmt Emmanuel Anlauf und springt in den See. Ich checke schnell, ob ich im Wasser etwas entdecke. Nichts. Also nehme auch ich Anlauf und springe. Mit einem lauten Platsch landen die 90 kg Kampfgewicht im Wasser. Das Wasser bringt die nötige Abkühlung. Wir schnorcheln rund 45 Minuten an der felsigen Küste entlang. Jede Menge Fische sind zu sehen. Tatsächlich sind auch einige Buntbarsche dabei. Zwei, die ich sehe, schimmern blau. Ein schönes Bild. Fast ein bisschen unecht. Sie sind gestreift wie Nemo, nur so wunderschön blau. Sie schwimmen ganz langsam und friedlich durch das Süßwasser. Ich halte meine GoPro drauf. Hoffentlich kann man es erkennen. Das muss ich später unbedingt checken.
Nach unserer Schnorcheleinheit sagt Emmanuel, dass er noch etwas erledigen müsse. Sein Englisch ist etwas schwieriger zu verstehen, und immer wieder sind tansanische Wörter darunter. Er nimmt einen Eimer aus dem Boot und klettert ein paar Felsen hoch. Er winkt mich zu sich. Ich folge ihm und bin gespannt, was er vorhat.
Mit einem spitzen Bambusstiel bohrt er in der Erde zwischen den Felsen umher. Dicke Ameisen laufen aus den Löchern und rennen in alle Richtungen. Nachdem er genug Erde aufgelockert hat, greift er in die Erde und füllt den Eimer damit. Die Ameisen brauchen sie im BioCamp. Es sind Nützlinge, die sie in der „Vegetable Farm“ ausbringen. Ich staune nicht schlecht. Auf Emmanuel’s Armen und Händen krabbeln jetzt etliche Ameisen. Ich frage ihn, ob es nicht weh tut? Ob die Ameisen nicht pinkeln oder beißen. Ich meine mich zu erinnern, dass der Urin von Ameisen höllisch brennt und juckt. Aber dem ist nicht so. Kein Problem, sagt er. Ruckzuck ist der Eimer voll.
Zurück am Boot stellen wir den Eimer sicher an den Rumpf und paddeln los in Richtung BioCamp. Es ist wieder anstrengend, aber es macht Spaß. Vielleicht, weil Emmanuel und Alfred ungefähr in meinem Alter sind, verstehen wir uns, als wären wir lange Jahre befreundet.
Zurück am BioCamp kommt Joseph auf mich zu. Er hat die Abreise für mich organisiert. Ein PikiPiki-Fahrer wird mich abholen und nach Mbinga bringen, wo Anna und Robin auf mich warten. Doch vorher will jemand mich kennenlernen. Es ist der Manager des BioCamps, Cashew Massai. Ihn habe ich vor einigen Tagen auch kontaktiert, um die Banda zu buchen. Der Kontakt ist über Christian, unseren Techniker, entstanden. Bis eben wusste ich weder, wer Cashew ist, noch dass er ein echter Massai ist. Die Massai sind ein ostafrikanisches Volk, das vor allem im Süden Kenias und im Norden Tansanias beheimatet ist. Es ist ein ganz kleines Volk, aber das wohl bekannteste in ganz Afrika. Dies aufgrund ihrer halbnomadischen Lebensweise und der Tatsache, dass sie in den beliebtesten Nationalparks ihre Heimat haben.
Cashew ist ein großer, schlanker Mann mit langen, dünnen Beinen. Er trägt das traditionelle Gewand der Massai. Er begrüßt mich auf Englisch und freut sich, dass ich Gast bei ihnen bin. Heute erst ist er zurück aus dem Ruaha-Nationalpark. Dort arbeitet er als Guide und zeigt Touristen die Lebensweise seiner Vorfahren. Er ist ein moderner Massai, mit festem Job und einem Smartphone. Die Touristikbranche ist sein Leben, und er ist sichtlich stolz auf seine Herkunft. Hier im BioCamp muss er das nicht verstecken. Er braucht keine Arbeitskleidung, sondern kann sein traditionelles Gewand und die Lebensweise als Selbstversorger mit seinem Job perfekt in Einklang bringen.
Er erzählt mir viele interessante Dinge über die Massai und wie sich das Leben verändert hat. Längst ist es ein zivilisiertes Volk mit allen technischen Möglichkeiten, die man aus der Großstadt kennt. Aber, und das sei ihm wichtig, er ist stolz auf das, was sein Volk ausmacht, und sie besinnen sich auch heute noch auf ihr kulturelles Erbe. So leben viele Massai trotz des technischen Fortschritts nah an ihren Vorfahren. Ein tolles Erlebnis. Seine Nummer habe ich, und vielleicht treffen wir uns schon in einigen Wochen wieder, denn ich habe ihm erzählt, dass ich noch nie eine Safari gemacht habe… dafür ist Cashew Massai der perfekte Ansprechpartner.
Um Punkt 15 Uhr weht Staub auf dem langen Weg zum Camp auf. Die Hupe ertönt. Mein Fahrer kündigt sich an. Ich hatte erst überlegt, mit dem Bus zu fahren, aber das würde wieder eine 2,5-stündige Fahrt bedeuten. Da ich die Zeit im BioCamp bis zum Schluss nutzen wollte, ist das PikiPiki mit 1,5 Stunden Fahrtzeit die bessere Option. Rucksack auf und los geht’s. Der Fahrer ist aufmerksam und vorsichtig. Trotzdem erreichen wir Spitzengeschwindigkeiten von 90 km/h. Sein Tacho funktioniert zumindest, denke ich. Das war bei anderen Fahrern nicht so. Aber, und dafür werden meine Eltern mir ohne Frage die Leviten lesen – auch mit 30 noch – für Beifahrer gibt es keinen Helm. Der Fahrer selbst zieht seinen nach einigen Kilometern auch ab. Zu unbequem anscheinend.
Die Strecke ist ein Eldorado für Motorradfahrer. Aber nach 1,5 Stunden kann ich mich kaum mehr auf dem PikiPiki halten. Ich werde am Busbahnhof von Mbinga Town rausgelassen.
In Mbinga stehen alle Zeichen auf Großereignis. Die Youth League bestreitet hier das Finalspiel. Also wieder Fußball. Weil Fußball immer ein dreckiges Geschäft mit viel Geld ist, hängt die katholische Kirche natürlich mit drin. Hunderte Menschen stehen am Feldrand. Eine Tribüne gibt es nicht – also normalerweise nicht. Da auch der brasilianische Bischof Johannes Bahlmann (Überraschung: ist gar kein Brasilianer, wie der Name vermuten lässt) und der Domkapitular (was auch immer das sein mag) aus Würzburg zu Gast sind, gibt es heute eine schicke Tribüne. Geschmückt, im Schatten, bequeme Stühle und gekühltes Wasser. Alle anderen Menschen harren in der Mittagssonne aus. Die Stimmung ist grandios. Immer wieder müssen die Offiziellen die Menschen zurück hinter die Außenlinien pfeifen.
Mbinga gegen Mpepo. Die Trikots der Mannschaften sind allerdings gesponsert, deshalb steht auf den Mbinga-Trikots „SV Albertshausen“. Eine verrückte Welt. Glückliche Menschen, die tanzen und ihr Team anfeuern, obwohl sie doch so wenig haben. Als deutsche Gruppe von Freiwilligen sind wir eine Attraktion hier. Die Menschen tummeln sich um uns, als wären wir Popstars. Jeder möchte ein Selfie, und wir tun den Menschen den Gefallen. Sie sind respektvoll und fragen, ehe sie sich zu uns stellen und ihre Smartphones herausholen. Nur einige wenige haben eins, sie machen auch Bilder für die anderen.
Das Spiel endet schließlich 2:1 für Mbinga, und so ist die Stadt in Feierlaune. Bevor wir uns in die Stadt aufmachen und ins Nachtleben stürzen, sind wir bei den Bischöfen zum Abendessen eingeladen. „Wenn lau, dann jau“, habe ich Simon im Ohr. Tausende Kilometer weit weg, aber bei so Momenten hätte ich Erik und Simon so gern hier bei mir. Grüße ins wundervolle Düsseldorf! Aber nach zwei Gläsern Pombe würde es uns alle niederstrecken, da bin ich sicher.
Pombe ist das selbstgebraute Bananenbier. Es ist immer zum Freitag fertig. Wer es auch am Sonntag noch trinkt, den haut es aus den Schuhen, so sagt man hier. Ich lasse die Finger weg. Vielleicht komme ich aber an ein gutes Rezept. Mal sehen.
Wir steigen zu dritt in die dicken Autos der Bischöfe, und ich komme wieder ins Gespräch mit dem brasilianischen Bischof. Sein Projekt mit dem schwimmenden Krankenhaus auf dem Amazonas interessiert mich nach wie vor sehr. Wir bleiben in Kontakt, verabreden wir. Ab Dezember fährt in Brasilien ein Beiboot mit. Genug Platz für Famulanten wäre dann. Ein denkbares Projekt für den Sommer nächsten Jahres.
Nach einem üppigen Abendessen in Hülle und Fülle zieht es uns in die Stadt. Dort verbringen wir auch die Nacht, und ich fahre Montagmorgen weiter nach Litembo, damit ich pünktlich im Krankenhaus bin. Anna und Robin werden sich dann auf den Weg nach Mbamba Bay machen, um sich ein wenig zu erholen. Also, rein ins Nachtleben.Read more




















