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- Day 15
- Monday, October 28, 2024 at 5:50 AM
- ⛅ 17 °C
- Altitude: 1,630 m
TanzaniaLitembo10°58’38” S 34°49’33” E
Candle Light Dinner im DoctorsHouse
October 28, 2024 in Tanzania ⋅ ⛅ 17 °C
Neue Woche, neue Abteilung | Zeit für Entspannung | Kein Strom im Doctors House
Nach einer kurzen Nacht in Mbinga wache ich in einer Lodge direkt im Stadtzentrum auf. Ich hatte das Zimmer hier im Voraus reserviert, damit ich nicht in der Nacht noch die eine Stunde bis nach Litembo fahren muss. Auf dem PikiPiki ist die Off-road-Strecke nichts für Nachtfahrten. Zumindest nicht für uns Europäer. Es ist deutlich sicherer, die Schlaglöcher vorher zu sehen, durch die die Fahrer hier mit mindestens 40 km/h jagen. Stoßdämpfer sind hier ein großes Geschäft. Mindestens alle zwei Monate müssen diese ersetzt werden.
Zu meinem Unmut muss ich feststellen, dass eine Mücke unter das Netz gelangt war. Sie hat sich die ganze Nacht an meinen Armen verköstigt. Ich bin zwar voll auf Malarone, aber die beste Prophylaxe ist immer noch, den Mücken erst gar keine Chance zu lassen. Jetzt muss ich auf die Medikamente vertrauen. Malaria wäre aber das geringste Problem hier. Ich packe meine Sachen zusammen und verlasse die Lodge um 5:45 Uhr. Der Himmel ist rot-orange gefärbt. Jeden Moment geht die Sonne auf, und ein bisschen froh bin ich auch, dass ich das sehe. Sonst stehe ich auf, wenn die Sonne längst hoch am Himmel steht. Ich laufe durch einige Gassen, bis ich einen PikiPiki-Fahrer sehe. So früh ist es eine kleine Herausforderung, jemanden zu finden, der mich nach Litembo fährt. Ich bin mir unsicher, was es kosten wird, frage deshalb erstmal nach dem Preis: „Schillingi ngapi kufika Litembo Hospitali?“ Der Fahrer antwortet: „Elfu Tatu.“ Mir sind 15.000 TSH zu viel. Eigentlich makaber, weil es nur rund 7 € für eine Stunde Fahrt sind. Aber wir einigen uns auf „Elfu mbili“, also 12.000 TSH.
Ich steige auf das Motorrad und wieder beginnt eine wilde Fahrt rauf und runter, Serpentinen und Schlaglöcher. Aber ich komme wohlauf an. Wieder ohne Helm. Ich beschließe, bei der nächsten Gelegenheit einen Helm zu kaufen. Sicher ist sicher. Wenn ich in Dar es Salaam bin, kann ich diesen dann mit der Post nach Litembo ins Doctors House schicken. Die nächsten Famulanten können den sicher auch gebrauchen.
Um viertel vor 7 betrete ich mein Zimmer. Im Doctors House ist es sehr ruhig. Einzig Heike, die Internistin aus Hamburg, ist schon auf. Sie staunt nicht schlecht, als ich ihr erzähle, wie mein Zeitplan der letzten Tage war. Ein „Als ich so jung war wie du, konnte ich das auch problemlos“ geht runter wie Öl. Heike gehört zu den Ärzten, die sich die Außenstationen des Hospitals in den entlegensten Dörfern angeschaut haben. Im Auftrag der Spender in Deutschland schauen sie, welches Material hier noch benötigt wird und kontrollieren gleichzeitig, ob die Spenden auch wirklich zweckgebunden verwendet werden. Auch sie ist das erste Mal in Afrika bzw. Tansania.
In der Zeit, in der ich schnell unter die Dusche springe, bereitet Heike für alle das Frühstück vor. Ich sortiere noch schnell die Wäsche aus dem Rucksack und setze mich mit einem frischen Kaffee zu der fünfköpfigen Delegation aus Deutschland. Es ist schön, nicht allein zu sein. In Gesellschaft macht es auch deutlich mehr Spaß.
Nach dem Frühstück mache ich mich auf den Weg in die Klinik. Ab heute begleite ich die Gynäkologen. Meine Station wird die Geburtshilfe sein.
Doch zunächst ist die Montagsbesprechung, in der wie in einer amerikanischen Serie die Interns ausgequetscht und vorgeführt werden. Nurses und Volunteers schauen sich das Spektakel jeden Montag an. Die Chef- und Oberärzte erfahren dann auch immer, was am Wochenende im Krankenhaus los war. Sie stellen kritische Fragen zu den Behandlungen und fragen auch theoretische Kenntnisse ab. Nach rund eineinhalb Stunden sind die Interns entlassen und können ihrer Arbeit an den Patienten nachgehen.
Ich stelle mich Dr. Bosco vor. Er ist diensthabender Intern. Zusammen laufen wir zur Maternity Ward. Dort warten bereits zwei Frauen, die entbunden haben. Im Untergeschoss sind weitere vier Frauen, die hochschwanger sind und kurz vor der Entbindung stehen. Die Räume sind einfach eingerichtet. Der Kreissaal ist alles andere als einladend. Eine Wärmelampe, die so aussieht, als könnte sie auch im Hühnerstall hängen, verrät, dass hier die kleinsten der Gemeinschaft das Licht der Welt erblicken. Gerade heute Morgen ist ein Kind geboren. Es hat noch die Käseschmiere im Gesicht und liegt eingewickelt unter der Wärmelampe. Ich freue mich sehr auf die Woche. Die Gynäkologie ist für mich Neuland. Bisher habe ich keine Praxiseinsätze in diesem Bereich gehabt. Dr. Bosco zeigt mir die Station. Heute ist es sehr ruhig. Rund 1000 Geburten gibt es hier jährlich. Gute Gelegenheit also, vor allem auch natürliche Geburten zu sehen und bei der Versorgung zu unterstützen.
Unser Stationsrundgang beginnt bei den Frauen, die einen Kaiserschnitt bekommen haben. Die Wunden werden inspiziert und desinfiziert. Die Gefahr von Entzündungen ist sehr hoch. Die hygienischen Bedingungen sind dürftig. Die Frauen werden von Angehörigen versorgt. Körperpflege und die Verpflegung übernehmen komplett die Familien der Patienten. Die Nurses haben hier vor allem organisatorische Aufgaben und alles, was die medizinische Betreuung betrifft. Eine Pflege im klassischen Sinne, so wie wir es aus Deutschland kennen, ist es lange nicht. Auch die Bettwäsche bringen die Frauen mit.
Die Nähte, die wir uns anschauen, sehen gut aus. Keine Infektionen. Dr. Bosco sieht zufrieden aus. Wir gehen weiter zu den drei Frauen, die auf natürlichem Wege entbunden haben. Hier werden die Vitalparameter durch die Ärzte und mich gemessen. Dann leiten die beiden Gynäkologen die Frauen an. Sie sollen die Neugeborenen an die Brust anlegen. Kritisch schauen sie darauf, wie die Frauen dies tun. Immer wieder korrigieren sie die Haltung der Frauen und geben Tipps, wie die Säuglinge richtig gehalten werden. Später sagt Dr. Bosco, dass die Frauen bei jedem neuen Kind genau so geschult werden. Mangelernährung ist auch ein Problem der Technik. Die Frauen, die ihre Kinder falsch an die Brust anlegen, denken, dass die Kinder ernährt werden, dabei haben sie dann nicht die Chance, richtig zu saugen. Deshalb ist diese Schulung so wichtig. Die Frauen bleiben nur 24 Stunden, bevor sie entlassen werden. Deshalb kümmern sich die Ärzte engmaschig um sie.
Die letzte Station sind die Frauen, die hochschwanger sind. Kurze Anamnese und Vitalwerte erheben. Dann kommt ein mobiler Doppler zum Einsatz. Ein kleines, mobiles Ultraschallgerät, das die Herztöne der Feten ableitet. Dazu wird der Bauch der Frau abgetastet, um den Rücken des Fötus zu ertasten. An dieser Stelle wird die Sonde des Ultraschalls aufgelegt und die Herzaktivität abgeleitet. Der Puls des Fötus wird auf dem kleinen Display angezeigt. Er liegt bei den drei Frauen, die hier liegen, in der Nähe von 150 Schlägen pro Minute (das ist für ein Fötus ein Normalwert, der Puls ist bei Säuglingen und Kindern regelhaft höher als bei Erwachsenen). Alles in Ordnung. Wir sind fertig und dokumentieren die Ergebnisse.
In der Ambulanz wartet eine ältere Dame mit anhaltenden Schmerzen im Unterleib. Dr. Bosco nimmt mich mit und erklärt, was er untersucht. Die Vermutung liegt nahe, dass etwas mit dem Cervix (Gebärmutterhals) nicht in Ordnung ist. Die Patientin legt sich auf eine Liege mit Beinhalterung. Ich assistiere Dr. Bosco. Er nimmt ein Spekulum und führt es ein, sodass der Cervix gut sichtbar ist. Jetzt nimmt er etwas Essig aus einem Döschen und gibt es auf einen Tupfer. Mit diesem Tupfer benetzt er den Cervix. Bei auffälligem Befund gibt es Areale der Schleimhaut, die sich verfärben. Bei Feigwarzen erkennt man zum Beispiel scharf begrenzte weiße Läsionen, in denen unregelmäßige Blutgefäße sichtbar werden. Bei dieser Dame ergibt sich in der sogenannten Essigprobe ein Normalbefund. Alles gut. Sie kann guten Gewissens nach Hause. Medikamente werden ihr gegen die Schmerzen verschrieben. Für heute gibt es keine weiteren Patienten. Das genutzte Spekulum kommt in die Desinfektion. Es sind fünf Eimer mit Seifenwasser und Chlorwasser. 20 Minuten im Wasserbad und fertig. Für den nächsten Einsatz bereit. Wieder einmal ein Moment, in dem ich stutzig bin. Aber so sind hier die Regeln, so wird’s gemacht.
Als ich im Doctors House zurück bin, gibt es schon wieder Mittag. Anschließend lege ich mich ein wenig hin und ruhe mich aus, um Schlaf nachzuholen.
Ein Alarm holt mich aus dem Schlaf. Es ist die Solaranlage. Da es etwas zuzieht und bewölkt ist, wird zu wenig Strom erzeugt. Der Strom ist ausgefallen und die Batterien der Anlage sind tiefenentladen. Kein gutes Omen für die Nacht. Das Abendessen mit den Ärzten findet bei Kerzenschein statt. Es ist gemütlich und die Stimmung sehr gut. In der Gemeinschaft lässt es sich aushalten. Ich lasse den Abend mit Heike ausklingen. Wir kommen ins Gespräch und sie erzählt, wie sie die Eindrücke hier wahrnimmt. Ein bisschen ist es auch ein Ventil, um das Erlebte gemeinsam zu reflektieren. Uns ist bewusst, dass sich hier wenig ändern wird in der Zukunft. Trotzdem tut es gut, darüber zu reden. Es geht eben nicht spurlos an einem vorüber, wenn man eine Welt erlebt, in der das Nötigste fehlt.Read more










Traveler
Voll romantisch ☺️
TravelerDeine Beschreibung der Gyn.erinnert mich an die Entbindungsklinik in Kasachstan vor 37 Jahren 😰grausamer Umgang
Travelerund gar keine Anleitung :(