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- Day 19
- Friday, November 1, 2024 at 3:33 PM
- ☁️ 23 °C
- Altitude: 1,595 m
TanzaniaMapela10°58’23” S 34°49’25” E
Hello and Goodbye.
November 1, 2024 in Tanzania ⋅ ☁️ 23 °C
Schwierige Geburt | Schon wieder ein Huhn | Schneider Juven nimmt nochmal Maß | Abschiedsfeier mit Christian und Ludwig
Heute ist für mich ein ganz besonderer Tag auf der Maternity. Wie versprochen begrüßen Dr. Aikidu und Dr. Bosco mich, und wir machen uns auf den Weg, die Visite schnell zu erledigen. Es sind nur eine Handvoll Patientinnen da – Frauen, die gestern oder in den Tagen zuvor entbunden haben. Alle Frauen und ihre Kinder sind bei bester Gesundheit. Die beiden Gynäkologen möchten, dass jede Frau demonstriert, wie sie stillt. Also werden die Säuglinge nacheinander an die Brust gelegt. Das überprüfen sie bei jeder Frau, selbst wenn es ihre sechste oder siebte Geburt ist – was hier nicht ungewöhnlich ist. Es ist erschreckend, dass die beiden jungen Ärzte auch bei erfahrenen Müttern grundlegende Stilltechniken erklären müssen. Das zeigt, wie wichtig diese Aufgabe ist. Dr. Bosco erzählt mir, dass viele Kinder auch dann unterernährt sind, wenn die Mütter nicht überprüfen, ob die Säuglinge richtig saugen oder ob sie richtig an der Brust anliegen. Ich gebe zu, dass ich ehrlich gesagt auch nicht wusste, dass es so kompliziert sein kann – wird ja auch niemals etwas sein, das ich als Mann selbst erfahren kann. Es ist keine Überraschung, dass es hier keine Geburtsvorbereitungskurse gibt. Deshalb ist es umso wichtiger, solche Aufgaben während der Visite durchzuführen.
Bei den hochschwangeren Frauen, die die Entbindung erwarten, bin ich mit dem Doppler-Gerät unterwegs. Ich leite die Herztöne der Föten ab und überprüfe die Pulsrate. Es ist faszinierend, wie viel man allein durch die Palpation (das Tasten) über die Lage des Ungeborenen erfahren kann. Ich nehme den Bauch der Schwangeren zwischen meine Hände und übe leicht Druck aus. Mit den Fingerspitzen kann man dann den Rücken ertasten. Auf der gegenüberliegenden Seite liegen Kopf, Füße und Hände des Babys. Es ist schwer zu erklären, aber man kann es sich vielleicht vorstellen. Den Doppler setze ich auf der Seite an, auf der ich den Rücken ertaste. So ist die Wahrscheinlichkeit, das Herz mit den Ultraschallwellen zu treffen, am größten. Alle Werte sind heute Morgen im Normbereich, sodass wir in den Kreissaal gehen, der eher an eine Filmkulisse aus einem Horrorfilm erinnert. Für tansanische Verhältnisse ist er jedoch durchaus gemütlich, sagen die Nurses. Dr. Bosco begleitet mich. Er stellt mir Josepha vor, eine junge Frau Ende 20, die heute entbinden wird. Sie ist meine Patientin, und Dr. Bosco wird mich anleiten und unterstützen.
Ich rüste mich aus: eine weiße Schürze, die man sonst aus der Metzgerei kennt, und sterile Handschuhe. Zunächst lege ich einen Dauerkatheter, damit kein Urin unter der Geburt abgeht. Jetzt soll ich einschätzen, wie weit der Muttermund geöffnet ist. Die Technik, die mir Dr. Aikidu gezeigt hat, klingt erst einmal einfach. Mit dem Wissen, welchen Durchmesser meine Finger haben, lässt sich die Einschätzung relativ gut vornehmen. Ich desinfiziere alles rund um den Geburtskanal und versuche vorsichtig, mit meinen Fingern die Cervix (Muttermund) zu tasten. Es ist gar nicht so einfach, sich zu orientieren. Ich konzentriere mich und ertaste sogar schon das Köpfchen des Säuglings. Rund 9 cm schätze ich. Das passt auch mit dem Gefühl zusammen, dass das Köpfchen des noch Ungeborenen bereits tastbar ist. Die Wehen von Josepha müssen stark sein. Sie verzieht regelmäßig das Gesicht, doch es kommt kein Ton aus ihrem Mund. Stöhnen oder Schreien ist hier ein Zeichen von Schwäche. Ich solle über ihren Bauch streicheln und leichten Druck ausüben, um die Wehentätigkeit zu fördern. Jetzt geht alles schnell. Plötzlich kommt das Köpfchen zum Vorschein. Ich nehme es vorsichtig und versuche, weder zu ziehen noch andere unphysiologische Bewegungen zu machen. Nachdem der Schultergürtel den Geburtskanal überwunden hat, sagt Dr. Bosco, ich solle den Säugling mit beiden Händen nehmen. „Gut festhalten! Es ist rutschig!“, fügt er hinzu. Dann soll ich vorsichtig ziehen, um das Kind aus dem Geburtskanal herauszuziehen. Das Kind rutscht heraus und kommt sicher in meinen Händen zum Liegen. Dr. Bosco klemmt die Nabelschnur ab – zwei Klemmen werden dazu benötigt. Im Abstand von zwei Zentimetern setzt er sie. Ich nehme die chirurgische Schere und durchtrenne die Nabelschnur. Es fühlt sich fest und derbe an – ein bisschen so, als würde man einen Gartenschlauch durchschneiden, nur natürlich viel kleiner. Die Nurse Orests übernimmt den Säugling. Sie wiegt, misst und säubert das kleine Wesen, während ich mich der Plazenta widme. An der Nabelschnur, die mit der Plazenta verbunden ist, hält eine Klemme. An ihr soll ich die Nabelschnur etwas aufdrehen und dann in kreisenden Bewegungen vorsichtig ziehen. Weil ich etwas zu vorsichtig bin, zeigt mir Dr. Bosco, wie es richtig geht. Jetzt ziehe und drehe ich. Die müde Frau erhält Oxytocin, ein Hormon, das die Blutgefäße zur Plazenta schließt, um Blutungen zu vermeiden. Nach einigen Sekunden kann ich die Plazenta herausziehen. Wir kontrollieren, ob sie in einem Stück ist. Sollte sie in Teile zerfallen sein, müssten wir den verbleibenden Teil von Hand ausschälen. Aber die Plazenta ist intakt, also kann sich die Frau nun erholen. Sie hat ihr Kind auf die Welt gebracht. Hello Baby! Es ist eines der schönsten medizinischen Wunder: Aus zwei Zellen, die nur einen halben DNA-Satz besitzen, wird in rund 40 Wochen ein Säugling mit allen Organen und Merkmalen, die es braucht. Da Josepha ein gesundes Mädchen zur Welt bringt, wird es Denise heißen. Mit einem Lächeln in meine Richtung spricht sie den Namen aus. Von den freiwilligen Helfern hier weiß ich, dass es häufig so ist. Die Dankbarkeit der Mütter wird so zum Ausdruck gebracht. Vielleicht ist es auch einfacher, und man muss sich nicht lange einen Namen überlegen. Wenn es ein Junge gewesen wäre, hätte er jetzt Denis geheißen. Als Zweitnamen wird immer der Name des Vaters gesetzt, um die Zuordnung zur Familie zu verdeutlichen.
Was ich vermisse: Der Säugling wird jetzt unter die Wärmelampe gelegt und nicht der Mutter auf die Brust gelegt. Das sogenannte Kangarooing – der Hautkontakt zwischen Mutter und Kind – ist hier nicht üblich, obwohl er die Bindung und Beruhigung beider fördern soll. Auch die Väter sind nie dabei. Josepha wird, wenn es keine Komplikationen beim Stillen gibt, eine Nacht bleiben und dann mit ihrem Säugling nach Hause dürfen.
Am Mittag bin ich sichtlich gut drauf. Nach der Erfahrung der erfolglosen Reanimation gestern, haben heute insgesamt drei Kinder das Licht der Welt erblickt. Es gibt aber noch eine gute Nachricht: Juven, der Schneider, kommt heute wieder. Er wird noch einmal Maß nehmen bei mir. Wenn nächste Woche die Teile fertig sind, werde ich gut ausgestattet für Zanzibar und das Nachtleben dort sein. Juven nimmt auch einen Auftrag von Anna an. Sie möchte eine Wickelhose – von der ich vorher noch nie gehört hatte. Juven versteht die Skizze, die Anna gemacht hat, nicht so recht, also versuchen wir, ihm mit Papierschablonen zu erklären, was eine Wickelhose ist und welches Schnittmuster er dafür braucht. Wir sind gespannt.
Am Abend erwartet uns Father Raphael. Er hat eine Abschiedsparty für Christian und Ludwig organisiert, die 25 Jahre ehrenamtliches Engagement für Litembo und die Menschen hier geleistet haben. Im Hostel, das zum Krankenhaus gehört, gibt es Chips (Kartoffelecken), Rindfleisch und Huhn. Eine feurige Soße dazu. Auf dem Tisch stehen Bierflaschen und Wein. Für die Handwerker (Fundis) gleicht das einem Feiertag, und dementsprechend werden die Teller großzügig befüllt. Wenn es etwas für sie gibt, wird es dankend angenommen. Nach dem Essen wird die Stimmung ausgelassen. Der ein oder andere Fundi muss sich bemühen, noch ein vernünftiges Englisch zu sprechen, während die Musik lauter gedreht wird. Neben afrikanischen Hits spielt auch deutsche Musik – Christian übernimmt die Playlist. So ertönen auch Culcha Candela mit „Hamma!“ oder Peter Fox in dem kleinen Lokal.
Kurz vor Mitternacht geht die Musik aus. Christian stimmt an und singt „Happy Birthday“. Alle stimmen ein, und es gibt eine schöne Überraschung für Robin, die an diesem Samstag ihren 20. Geburtstag feiert. Danach geht es noch eine Stunde weiter, bevor wir alle zufrieden nach Hause torkeln. Im Doctors House ist zwar wieder mal der Strom ausgefallen, aber das ist völlig egal. Nach diesem Tag ist das Bett besonders bequem.Read more












Traveler
😋 hmmmm…