Bus ohne Plan
16 novembre 2024, Tanzania ⋅ ☀️ 28 °C
Den Morgen und den Vormittag verbringe ich am Strand. Es tut wirklich gut, einfach runterzufahren. Für sich zu sein. Keine Termine und keine Verpflichtungen zu haben. Das Einzige, was immer wieder in meinem Kopf schwirrt, ist meine Doktorarbeit. Das Netz hier ist aber viel zu schlecht, um vernünftig zu recherchieren und zu arbeiten. Weil mich das schlechte Gewissen ein wenig plagt, tausche ich mich mit meinem Doktorvater aus. Danach geht die Entspannung in eine neue Runde und auf ein ganz anderes Level. Ich habe Zeit. Soll ich die Reise und die Erlebnisse genießen. Die Doktorarbeit ist ein Projekt, wenn ich zurück in Deutschland bin. Das sind mal gute Nachrichten. Ein Professor, den man sich wünscht. Auch wenn ich längst fertig sein wollte mit der Arbeit, kommen im Alltag doch immer wieder andere Dinge dazwischen. Im Februar werde ich aber final daran arbeiten und die Monografie fertigstellen. So viel ist klar. Für den Moment genieße ich die Sonne und das Frühstück in Matema Beach. Am Mittag steht dann das Packen der Taschen wieder an. Eine lästige Aufgabe. Vor allem, wenn man, so wie ich, nur unterwegs ist. Ich habe mein Backpack die letzten Tage so oft aufgemacht, ausgepackt, eingepackt oder umgepackt. Deshalb freue ich mich auf die Zeit auf Zanzibar. Dort habe ich Unterkünfte, in denen ich zumindest ein paar Nächte länger am Stück bleibe. Ich bezahle meine Unterkunft hier in Matema Beach und begebe mich auf das nächste Abenteuer. Die Challenge ist, um 16:00 Uhr einen Fernbus in Kyela zu bekommen. Kyela ist eine Stadt ebenfalls am Lake Nyassa. Luftlinie sind es 10 km, aber die Fahrt mit einem Kleinbus dauert ca. 1 Stunde. Das Problem, das ich habe: Es gibt weder Abfahrtspläne noch Buslinien. Ich nehme mir extra etwas mehr Zeit für die Fahrt bis Kyela. Und ich sollte recht behalten. Um 12 Uhr mittags breche ich auf. Am Bus stand in Matema dann die erste Hiobsbotschaft: Der Bus, der dort steht, fährt erst, wenn er voll ist. Ich habe keine Wahl, also warten wir mit einer Handvoll Menschen. Gegen 13 Uhr, eine ganze Stunde später, setzt der Bus sich in Bewegung. Ich hoffe, dass ich es bis 16 Uhr nach Kyela schaffe. Mitten während der Fahrt sagt der Fahrer dann, dass er gar nicht bis Kyela fährt. Ich müsse umsteigen, wenn er mir das Zeichen dazu gibt. Spätestens jetzt treibt es mir wieder den Schweiß auf die Stirn. Das kann ja was geben. Immer wieder checke ich auf Google Maps, ob wenigstens die Richtung stimmt. Mitten im Nirgendwo kommt das Zeichen. Ich muss hier wohl raus. Als ich aus dem Kleinbus aussteige, steht nur noch ein kleiner PKW an der Haltestelle im Nichts. Dort aber entdecke ich ein kleines Schild „Kyela“. Ich spreche den Fahrer an, und tatsächlich nimmt er mich mit. Ziel ist Kyela. Um 15:00 erreichen wir Kyela. Für eine Strecke, die sonst eine Stunde dauert, habe ich also 3 Stunden gebraucht. Das ist genau die Zeitrechnung, die in Tansania Standard ist. Man muss viel Geduld und Zeit einplanen auf solchen Reisen. Auch weil man an jeder Stelle einfach aus dem Bus aussteigen kann. Genau so winken Menschen am Straßenrand den Bus heran, und er nimmt die Menschen mit. Ganz egal, in welcher hintersten Ecke man sich gerade befindet. Aber das System scheint zu funktionieren. Und alle sind zufrieden, wie es läuft. Nur der Europäer hat immer wieder Sorge, nicht anzukommen.
In Kyela nutze ich die Stunde, die ich habe. Ich kaufe mir ansprechend aussehende Snacks und probiere mich durch einige kleinere Snackbuden. Immer mit der Gefahr, wieder mit einem flotten Otto zu enden. Aber dafür habe ich ja die Medikamente im Gepäck. Bis jetzt schmeckt es einfach hervorragend.
Pünktlich um 16 Uhr fährt mein Nachtbus ab. Das Entertainment-Programm ist aber dürftig. Neben komischen Musikvideos tauchen immer wieder Prediger auf den Bildschirmen auf, die stundenlang ins Mikrofon brüllen. Ich setze meine AirPods auf und versuche, etwas zu entspannen. Wenigstens draußen tut sich was. Es beginnt zu regnen. Aber nur leicht. Die trockene Landschaft verwandelt sich in ein tropisches Gebiet. Mit dem Lärm in den Ohren werden es jetzt aber 16 anstrengende Stunden. Ich werde die Nacht auf Rädern verbringen. Das Ziel ist wieder Daressalam, wo wir um 8 Uhr in der Früh ankommen sollen. Geht mein Plan auf, dann werde ich um 9:30 Uhr in See stechen. Bye bye, Festland. Auf geht’s in den Indischen Ozean.Leggi altro






