• Tag 8 - 90 % Traumetappe 10 % Schotter

    May 9, 2022 in Germany ⋅ ⛅ 20 °C

    Nach einer sehr ruhigen und endlich auch mal milderen Nacht weckt mich ein wahres Vogelcrescendo! Ich bleibe noch etwas liegen, um den herrlichen Ausblick zu genießen, während sich das Licht durch den Sonnenaufgang verändert. Dann aber auf, gepackt, gewaschen und los.

    Vom Rother Kopf steige ich relativ rasch über einen schönen kleinen Pfad ab...ich sage nur.... Ginster 💛
    Danach geht es gefühlt kreuz und quer (seltsame Richtungsänderungen sollte es den ganzen Tag noch geben) durch die noch feuchten Wiesen und kleine Wäldchen. Herrlich ruhig ist alles und ich ertappe mich dabei, dass ich eher schlendere als wandere. Nun ja, alles hat sein Zeit, ich muss ja zu keiner bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Ort sein 🤷🏽‍♀️

    Ich passiere einen Ministausee, durchwandere einen herrlichen Pfad, treffe auf erste Vertreter der Gerolsteiner Dolomiten und gelange schließlich nach Gerolstein. Nach kurzer Überlegung entscheide ich mich, nicht links dem Eifelsteig zu folgen, sondern kurz in den Ort abzusteigen. Handy und ich brauchen etwas Nahrung. Im Gewerbegebiet gibt es einen Edeka samt Becker und dort hole ich mir Kaffee und Brötchen (Unbedingt am Kreisverkehr rechts gehen. Linker Hand wird bei Google Maps auch ein Bäcker angezeigt, aber der hat seit diesem Monat geschlossen!). Die freundliche Verkäuferin lädt mir ohne Umstände mein Handy. Wunderbar! Außerdem gibt es dort auch noch einen Kundentoilette mit eigenem Waschbecken - doppelt wunderbar.

    Frisch gestärkt kehren Handy und ich und all das andere Gerödel auf meinem Rücken zurück zum Eifelsteig und steigen zur Munterley auf. Wow, was für ein toller Anblick diese Dolomiten sind. Ich halte ein kurzes Schwätzchen mit zwei netten Niederländern und schon geht es weiter. Der Weg ist wunderschön. Schmale Pfade schlängeln sich an Felsen vorbei, über Wurzeln und unter Bäumen hindurch, die sich wie ein Tunnel über mir zueinander wölben.

    Es folgt ein beeindruckender Buchenhochwald, durchzogen von Felsformationen und ich wünsche mir, meine Schwester wäre auch heute mit dabei, um diese tolle Etappe zu erleben. Nur an der Buchenlochhöhle hätte sie wohl nicht so ihre Freude gehabt, denn dort lebten Höhlenbären (wir erinnern uns... Bären auf dem PCT) , bevor dann der Mensch dort seit dem Neolithikum nachweisbar ist. Noch im WK II wurde dort Zuflucht gesucht.

    Erneut streife ich kurz Gerolstein, überquere die Kyll und steige auf zur Löwenburg (aber es gibt natürlich nur die eine wahre Löwenburg, just saying 😌). Zwei Aussichtspunkte lasse ich links liegen, irgendwie sind meine Füße heute müde und schmerzen noch immer etwas vom Schottermarathon der letzten Tage. So bleibe ich also auf dem Waldweg und lese die ein oder andere Tafel des Naturlehrpfades, mache Rast auf einer Bank und drömel vor mich hin.

    Den ganzen Tag schon geht es beständig auf und ab, jetzt gerade mal wieder ganz rauf, bis zur Dietzenley. Natürlich muss ich den Aussichtsturm erklimmen und bestaune sprachlos die herrliche Weite. Hier reicht kein Foto, ein Video muss her, damit ihr umfassend mit mir staunen könnt.
    Übrigens haben hier bereits die Kelten eine Fliehburg errichtet.

    Nach der Dietzenley geht es bergab und zwar in jeglicher Hinsicht. Es folgen endlose Schotterwege, gerade aus, 90-Grad-Kurve, gerade aus, Spitzkehre, geradeaus, Schotter, Schotter, Schotter. Als der Schotter dann endlich aufhört, laufe ich über vollkommen zerfahrene, tief eingefurchte Waldautobahnen, die auch noch steinhart sind. Ich hüpfe förmlich von einer Furche zur nächsten und bin unendlich genervt. Meine Füße schmerzen vom Schotter, mein Mund vom Motzen 🤬

    Endlich kommt ein netter Wiesenweg, der mich nach Neroth bringt. Vor dem Ort befindet sich eine Sitzgruppe, an der ich Platz nehme, um über den weiteren Verlauf des Tages nachzudenken. Als ich so dort sitze, merke ich, dass ich für heute genug habe und nicht mehr weiter mag. Mein Zelt kann ich hier aber nicht aufbauen - Naturschutzgebiet. Also Handy gezückt und recherchiert. Der Ort ist klein, es gibt nicht viel und es ist der in Deutschland beliebte Ruhetagsmontag 🥴 Bei einem kleinen Hotel habe ich doch noch Glück und kann sofort ein Zimmer beziehen; das lasse ich mir nicht zweimal sagen.

    Nach einem leckeren Abendessen (sogar ein tolles veganes Gericht gab es) und zwei (!) alkoholfreien Weizen liege ich nun frisch geduscht und wieder versöhnt im Bett.

    Die heutige Etappe war wirklich das schönste, was der Eifelsteig bisher zu bieten hatte, aber diese öde Schotterhölle am Schluss war hart.
    Ich bin gespannt, was der morgige Tag bringt, es warten immerhin die Dauner Maare.
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