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  • Day 60

    Great - Greater - Great Wild Wall

    August 27, 2019 in China ⋅ 🌙 24 °C

    Endlich ging es zum absoluten Highlight, dem Wahrzeichen Chinas - der chinesischen Mauer. Einem der wohl beeindruckendsten Bauwerke, die von Menschen geschaffen wurden. Nach intensiver Recherche entschieden wir uns, eine 2-tägige Tour auf eigene Faust zum wilden Teil der Mauer nach Jiankou zu machen. Es gibt mehrere Möglichkeiten um von Beijing zur Mauer zu kommen. Die 2 Hauptanlaufstellen sind restauriert, aber sehr überrannt und werden von jeglichen chinesischen und ausländischen Reisegruppen angefahren. Für ein anderes Mauerfeeling war Jiankou noch ein Geheimtipp. Um Jiankou ist der Teil nicht restauriert und es wird empfohlen nicht ohne Guide zu gehen. Laut Kommentaren in diversen Foren und Blogs erwartete uns eine mittelschwere Wandertour mit steilen bis sehr steilen (und teils gefährlichen) aber machbaren Kletterpassagen. Das reizte uns und so nahmen wir die etwas komplizierte Anfahrt mit den öffentlichen Bussen in Kauf. Von einer U-Bahnhaltestelle in Beijing ging es zunächst mit einem Bus nach Hairou, dort mussten wir 1 km zu einer anderen Haltestelle laufen, um den Bus zu erwischen, der nur 2mal am Tag in das kleine Bergdorf Xianzhi fährt. An der Bushaltestelle in Hairou trafen wir ein spanisches Pärchen (Marc und Vicky) aus der Nähe von Barcelona, die zufälligerweise auch in das gleiche Dorf wollten und sogar die gleiche Unterkunft gebucht hatten. Lustiger Zufall, da der Rest fast nur aus einheimischen und nur wenigen weiteren Touristen bestand. Angekommen in unserer Unterkunft in Xianzhi, einem Homestay bei einer Bauernfamilie, machten wir nur kurz Halt, da wir gleich zur geplanten Tour (ohne Guide 😬) aufbrechen wollten. Marc und Vicky wollten erst am nächsten Tag los und so verabredeten wir uns zum gemeinsamen Abendessen. Die Mauer ist in verschiedene Abschnitte unterteilt und zwischen den Abschnittpunkten gibt es alle paar hundert Meter ein Turm, so weiß man immer relativ gut wo man sich befindet (wenn man die Türme zählt, Beschilderung oder Hinweise gibt es nicht ). Unser Plan war es eine Wanderung über den Beijing Knot (Turm auf einem markanten Berg, wo sich 3 Mauerabschnitte treffen) zu Jiankou (Abschnittspunkt mit weiterem Turm) zu machen und dann wieder ins Dorf abzusteigen. Die Mauer verläuft - wie vermutlich an den meisten Stellen - über einen Grat und geht permanent auf und ab. An den Gipfeln und Scharten befinden sich meist die Wachtürme. Der Aufstieg aus dem Dorf ging ca. 1h über einen schmalen Pfad durch Gestrüpp und Wald. Kein erschlossener Wanderweg nach chinesischer Art, keine Treppen, nicht gepflastert oder betoniert. Wandern wie wir es kennen und mögen. Dem Weg war anzusehen, dass er nicht oft begangen wird. Als wir kurz vor dem Beijing Knot an einer Stelle auf die Mauer kletterten, konnten wir es kaum glauben. Wir waren wirklich auf der chinesischen Mauer! Alleine. Mit traumhaftem Blick auf die umliegende Berglandschaft und bei königlichem Wetter. Wir waren geflasht. Oben auf der Mauer sahen wir auch gleich was uns weiter erwartete, die Mauer ist teilweise sehr verwildert und wird nach und nach von der Natur zurück erobert. Auf der Mauer wachsen Bäume und Gestrüpp, es bröckelt überall und der Blick auf die steilen "Treppen" zum Beijing Knot, löste bei uns ein bisschen Respekt aus vor der Challenge. Einige Passagen haben schon alles sagende Namen wie "Eagle flies facing upward" oder "Sky Stair". Hoch zum Beijing Knot war es sehr steil und man musste wirklich mit allen Vieren klettern um die teilweise bestimmt 80°-Neigung zu erklimmen, Adrenalin inklusive. Definitiv mehr Bouldern und Klettern als Wandern. Durchgeschwitzt oben auf dem Beijing Knot angekommen, wurden wir mit einem Traumpanorama belohnt und einem etwas besser erhaltenen Mauerteil. Nach einer Verschnauf- und Verpflegungspause ging es weiter zur wohl kritischsten Schlüsselstelle, dem "Eagle flies facing upwards", einer 90° Felswand. 😱 Zwar nur ca. 15 m hoch, aber ohne Kletterausrüstung war uns das zuviel Risiko, da es seitlich 30 m runter ging. Es wäre machbar gewesen doch unsere Vernunft sagte uns wir müssen einen Alternativweg finden (Wir haben ja zuhause versprochen, dass wir wieder zurück kommen 😜). Den gab es laut Karte auch und er sollte um die beiden kritischen Stellen herumführen. Doch ohne Beschilderung nicht so einfach - obwohl die Orientierung durch die Mauer was die Richtung angeht ganz gut ging. Jedenfalls liefen wir zuerst einen falschen Weg entlang und landeten an einer Höhle im Fels, an der es nicht weiter ging. Also wieder zurück, hoch klettern geht leider immer leichter als runter. Nachdem wir dank Naviapp dann doch wieder auf den richtigen Weg fanden, kamen wir wieder auf die Mauer zurück und umgingen die ganz krassen Stellen - was uns ganz Recht war. Da die härtesten Stellen nun vorbei waren, kamen wir schneller voran. Steile Passagen gab es zwar immer wieder, jedoch konnten wir diese nun einfacher und sicherer meistern. Wir waren recht gut in der Zeit und so entschieden wir uns wie geplant bis Jiankou durchzuziehen. Dies zog sich dann dennoch und die Sonne fing an schon langsam unterzugehen. Eine kleine lustige Anekdote ereignete sich dann, als wir zum nächsten Turm kamen. Zuvor hatten wir schon Schafe getroffen, die vor uns flüchteten. An diesem Turm aber überraschten wir Ziegen auf der Mauer, die sich aus Panik vor unserer Anwesenheit auf das Turmdach zurückzogen und von oben durch die Scharten herunter auf die "Eindringlinge" blickten - so mussten sich die Mongolen gefühlt haben als sie zur Mauer kamen 😂. Ein lustiges Bild, dass wir leider nur schlecht mit der Kamera festgehalten haben. Kurz vor Jiankou trafen wir dann auch die einzigen Personen an dem Tag, ein chinesisches Pärchen, das von der anderen Seite kam, sowie beim Abstiegspunkt 2 Spanierinnen. Diese hatten die gleiche Route wie wir gemacht und schlugen gerade auf der Mauer ihr Zelt auf. 😲 Wie cool ist das denn. Auf der Mauer zu zelten, niemand um sich herum zu haben und morgens bei aufgehender Sonne das Panorama genießen. Wir beschlossen dies beim nächsten Mal auch zu machen. Dieses Mal stiegen wir jedoch ab und da es mittlerweile dunkel war, nutzten wir unsere Handys als Taschenlampen um den Weg durch den Wald sicher zu begehen. Todmüde und mit brennenden Oberschenkeln kamen wir in der Unterkunft an. Marc und Vicky saßen schon da, sowie ein Brasilianer und eine Chinesin am Nachbartisch und bestellten gerade was zu essen im hauseigenen Restaurant. Gutes Timing. Als wir dazu stießen, setzten wir uns alle zusammen. Bei leckerem Essen, Bier und Cider quatschen wir in der internationalen Runde bis wir von der Chefin des Hauses gebeten wurden ins Bett zu gehen. Lucas, der Brasilianer und seine Freundin gingen schon früher. Marc und Vicky (Marc ist Künstler, versucht auf der Reise unterschiedliches Kunsthandwerk zu lernen und hat das Ziel Neuseeland ohne Flugzeug zu erreichen, Vicky begleitet ihn gerade für ein paar Wochen) saßen mit uns bis zum Schluss. Die beiden haben unsere Reise durch ihre aufgeschlossene und fröhliche Art sowie die netten Gespräche auf jeden Fall bereichert. Der besondere Tag von morgens bis abends wird uns ewig in Erinnerung bleiben und war bisher definitiv einer der Höhepunkte unserer bisherigen Reise.Read more