• Im Hafenroulette nach Birsskär

    27–28 Ogo, Finland ⋅ ⛅ 15 °C

    Im letzten Jahr haben wir Nötö lieben gelernt. Der Hauptgrund dafür ist, dass eine schwedische Familie hier im finnischen Turku Archipel vor ein paar Jahren einen Neuanfang gewagt hat und auf die Insel Nötö gezogen sind. Sie bauen biodynamisches Gemüse an, was in Finnland so schwer zu finden ist, wie eine Nadel im Heuhaufen. Diese Familie betreibt einen kleinen Laden direkt am Hafen. Der Hafen existiert auch nicht mehr wirklich, da die Gemeinde genau beim Anleger Mülltonnen aufgestellt hat und dieser wöchentlich von einem Müllschiff abgeholt wird. Da man aber auf dem Wasser nie genau sagen kann, wann man wo ist und auch das Gemüt der Finnen eher südländischen Charakter hat und nicht das eines Schweizer Uhrwerks, gab es immer wieder Stress wenn Schiffe, die im Hafen lagen, nicht rechtzeitig weggekommen sind, als das Müllschiff den Müll abholen wollte. Somit hat die Familie beschlossen, das Hafengeschäft zu schließen und die Anlege-Bojen abzuschaffen. So lagen wir im letzten Jahr längsseits an der Pier, mutterseelenallein und haben jeden Tag das köstliche Gemüse genossen. So sehr, dass wir uns schon die ganze Saison auf dieses phantastische Gemüse freuen. Und endlich war es soweit. Nur wie in die Route einbauen, wenn der Wind die Hauptstimme hat. Also hatten wir uns bereits in Korpoström einen groben Plan, natürlich mit allen Wind-Optionen zusammengestellt, wie unsere Route in den nächsten 3 Tagen verlaufen könnte. Nach Bodö sollte der Wind günstig für Brännskär sein. Je näher der Zeitpunkt kam, veränderten sich die Windbedingungen so, dass statt Brännskär dann Gullkrona also optimales Ziel erschien. Oder doch Stenskär. Egal: Nötö jedenfalls liegt in der Nähe von Bodö und direkt auf dem Weg nach Gullkrona. Also stoppen wir kurz in einer Bucht bei Nötö (uih, wars dann untief) kaufen Gemüse ein, und fahren dann mit vollem Kühlschrank weiter. Gesagt, getan. Das war ja mal eine coole Aktion. Uns hat das mächtig Spaß gemacht, was sonst eger die Motorboote als Standard-Programm haben. Irgendwo hinfahren, Essen, einkaufen, was erledigen und dann weiter oder zurück. Und das beste: Als wir den Laden betraten, schaute uns die Besitzerin kurz an und sagte: „ach, wieder“, als wären wir erst letzte Woche da gewesen und nicht vor einem Jahr.
    Nach dem gemütlichen Shoppen samt Plausch sollte der Wind gegen Mittag so drehen, dass man gut nach Gullkrona segeln kann. Alles war also perfekt getimed. In Nötö abgelegt, mit phantastischem Wind, aus der Bucht gefahren. Segel gesetzt, Windstille.
    Hallo, wer hat hier den Wind ausgeknipst?
    Also Motor an, Segel wieder eingeholt.
    Zwischen 0 und 3 Knoten. Fast 2 Stunden lang sind wir motort. Da hat sich das Universum aber einen lustigen Spaß ausgedacht. Hahaha.
    Gut, hilft nix. Wir üben uns im Annehmen.
    Nach knapp 2 Stunden motoren, stieg die Windstärke so langsam Richtung 5 Knoten von achtern. Wir versuchen es mit der Genua und segeln anfangs zwischen 1,5 und 2 Knoten. Zu Fuß wären also eben schnell. Glücklicherweise nimmt der Wind langsam zu. Zwar weit entfernt von den prognostizierten 12 Knoten, aber immerhin kommen wir voran.
    Über das Hafenhandbuch und die Website checken wir unsere Anlegeoptionen und den zu erwartenden Wind in Richtung und Stärke für die Nacht. Auf der Website von Gullkrona kündigt das Hafenbüro an, dass nur Anlegen an den Bojen erlaubt ist. Das stößt uns sauer auf, da wir in der Nacht Seitenwind erwarten und in einem leeren Hafen uns die Bojen oft nicht halten können. Wir sind einfach zu schwer. Wir überprüfen, welche Häfen auf dem Weg liegen und noch in Frage kommen könnten. Direkt auf unserer Route liegen noch Stenskär und Birsskär. Birskär macht uns gar nicht an und ist somit keine Option. Stenskär hingegen ist eine Hafenempfehlung von Freunden. Also Gullkrona ade, wir schauen uns Stenskär mal an, weil wir ohnehin vorbei segeln. Stenskär liegt direkt mit Birsskär in einer Bucht zwischen vielen Steinen und kleinen Inselchen sowie einem mächtig mit Kardinaltonnen bestückten und sehr kurvigen Fahrwasser. Da man nie genau weiß, wie der Wind sich durch so Inseln durchschlängelt, wechseln wir vorsichtshalber auf die Selbstwende-Fock. Somit hat man auch einen bessere Sicht. Was sich im engen Fahrwasser stets bezahlt macht. Nach dem Umfahren des ersten Tonnenpäärchens öffnet sich eine Oase der Schönheit. Wow, was für eine traumhaft schöne Bucht. Und plötzlich erscheint uns der Steg von Birsskär perfekt zu sein. Komplett leer, viel Wald und ideal für den aufkommenden Wind. In nullkommanichts entscheiden wir uns hier anzulegen. Motor an, Fock eingerollt, im Eilzugtempo Fender und Leinen vorbereitet, kurz dad Anlegemanöver besprochen und gefühlte 5 Minuten später haben wir schon festgemacht. Uns ist jetzt noch ganz schwindelig von so viel Spontanität und Einsatz. Der Gewinner des lustigen Hafenroulettes ist also Birsskär. Für uns überraschend, aber auch das hat das Universum sicher schon gewusst.
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