• Montserrat - die vergessene Insel

    8 stycznia, Montserrat ⋅ ☀️ 27 °C

    Die Insel Montserrat wird von Seglern wenig angesteuert. Warum das?
    Es gibt einige Gründe dafür: Montserrat liegt etwas abseits der Hauptsegelrouten der Karibik. Sie hat zudem mit Little Bay nur eine einzige gesicherte Bucht zum Ankern, und auch hier herrscht meist ordentlicher Schwell. Ankerbojen werden nicht angeboten. Im Vergleich zu anderen karibischen Inseln gibt es weniger Strände und Wassersportaktivitäten, die Segler meist anziehen. Große Marinas und eine Infrastruktur für Segelboote fehlen ebenfalls, was die Versorgung v.a. für Boote, die kein eigenes Süßwasser herstellen oder nicht genug Solarstrom produzieren, schwierig macht. Der letzte Punkt ist die weiter bestehende Aktivität des Vulkanes Soufrière, die von einem Observatorium am Fuße des Berges, das ständig von 6 Wissenschaftlern besetzt ist, überwacht wird. Die letzte größere Ausbruchserie des Vulkans begann 1995.
    Die Stadt Plymouth, die damals die Hauptstadt Montserrats war, wurde schließlich am 25. Juni 1997 durch einen großen pyroklastischen Strom vollständig zerstört. Die glühend heißen Gase, Asche und Felsbrocken begruben die Stadt unter einer dicken Schicht vulkanischen Materials. Die Stadt war zu diesem Zeitpunkt schon evakuiert.
    Dieser Ausbruch forderte trotzdem noch insgesamt 19 Menschenleben und führte zur dauerhaften Aufgabe von Plymouth. Große Teile der südlichen Insel wurden zur Exclusionszone erklärt und sind bis heute unbewohnbar.
    Gerade diese letzte Besonderheit und die derzeitige relative Unberührtheit vom Tourismus waren aber für uns ein Grund hinzusegeln.
    Nur 3 oder 4 andere Segelboote vor Anker waren bei unserer Ankunft in Little Bay anzutreffen. Umso überraschender war es, wie schon von Uwe beschrieben, das große Segelschiff von Jeff Besos hier zu sehen.
    Wir wollten 3 Tage hier verbringen, dafür kann man schon bei der Ankunft gleichzeitig Ein- und Ausklarieren. Gute Idee! Obwohl der Wind einigermaßen günstig stand, wurden selbst wir mit dem Katamaran ordentlich vom Schwell hin- und her geschaukelt. In der Bucht ist gerade eine neue Hafenanlage im Bau, dafür stehen riesige Fertigbetonteile am Ufer herum, man landet an einer Art Baustelle.
    Ziemlich erschreckt hat mich am ersten Tag die einzige Anlegemöglichkeit für Dinghis, eine kantige Konstruktion aus verrosteten Eisenstangen. Die Wellen zum Ufer hin trieben unser Beiboot immer zügig an dem Eisengerüst vorbei, und ich wusste nicht, wie und woran ich unsere Leine schnell festmachen sollte. Auch das Heraus- und Hineinklettern empfand ich als waghalsig.
    Nach den Zollformalitäten - es war schon späterer Nachmittag - kehrten wir nur noch in eine der 2 guten und freundlichen Strandbars ein, weitere Aktivitäten schafften wir nicht. Das Essen war lecker und nicht teuer, es war insgesamt wenig los. Gerade versank die Sonne am Horizont, leise Musik spielte in der Bar, einfach entspannend.
    Aufgrund einer Empfehlung auf Navily, einer App. um persönliche Rezensionen von Ankerplätze zu lesen, rief ich die Nummer von Cecile Wade an. Wir wollten gerne eine Tour über die Insel, zum Vulkanobservatorium MVO und zur verschütteten Stadt Plymouth unternehmen. Diese liegt in der sogenannten Sperrzone und darf nur mit Führer betreten werden. Cecile war erreichbar, zusätzlich zum Eintrittspreis in das Sperrgebiet von 60 USD wurde noch ein Tourpreis von 140 USD angesetzt. Für 3 1/2 Stunden…. 🤪. Wir überlegten wegen des hohen Preises, riefen noch woanders an, dort war es aber noch teurer. Gut. Wir waren noch 2 Tage hier und ja, wegen des Vulkans waren wir auch gekommen. Wir buchten für übermorgen, hofften, noch 2 Mitpassagiere zu finden…das erfüllte sich jedoch nicht.
    Am nächsten Tag wanderten wir erstmal die Straße hoch zum Landesmuseum (Montserrat ist ja mit seinen 4600
    Einwohnern ein eigenständiges Land, eines der kleinsten der Welt) und in den Ort hinein. Im Museum lernten wir etwas über die ersten Siedler auf dem Eiland vor vielen tausend Jahren, und dass später viele Iren als Siedler dorthin gelangt waren. Man konnte Bilder der ehemals sehr lebensfrohen Hauptstadt vor und nach dem großen Ausbruch sehen. Die Einwohner sind sehr stolz auf ihre Traditionen und ihre jetzige Unabhängigkeit.
    Der Ort Brades selbst, der jetzt Hauptstadt ist, ist eher schmucklos, zusammengewürfelte einfache Häuser, winzige Tante-Emma Lädchen, einige kleine lokale food-stations. Immerhin fanden wir ein Café, das sogar Cheesecake anbot. 🙂. Aber es erstreckt sich eine riesige offizielle Baustelle am Hang für Gebäude, die der Inselhauptstadt offenbar wieder mehr Glanz verleihen sollen. Auf unserer Wanderung kamen wir mindestens an 3 Ministerien und einem großen Kulturzentrum vorbei. Außerdem gibt es einen Dauer-Festplatz mit großer Bühne und vielen Buden im Kreis, wo offenbar z.B. im Dezember, wenn hier Karneval gefeiert wird, der Bär steppt. Das umfangreiche Veranstaltungsprogramm vom Dezember 24 war noch angeschlagen. Ganz schön erstaunlich bei 4600 Einwohnern!
    Dann kam endlich der Tag unserer Fahrt in den Sperrbezirk. Dieser Ausflug ist nur möglich in Zeiten mit niedriger
    Vulkanaktivität. Cecile Wade übergab uns um 10 Uhr an einen älteren Ex-Polizisten, Dennon, der die Zeit des Vulkanausbruches selbst miterlebt und sein Haus in Plymoth verloren hat.
    Wir entschieden uns dafür, zuerst das MVO anzusteuern. Dort gab es einen Film über den Vulkanausbruch, einige Schaubilder und eine freundliche Frau am Tresen, um den Eintritt einzusammeln. Gern sahen wir auch beim Start eines Hubschraubers direkt neben dem Gebäude zu einem Erkundungsflug zu. Leider verbrachten wir ein wenig zu viel Zeit im MVO, die uns dann in Plymouth fehlte. Durch eine Strassensperrung musste unser Fahrer auch noch einen Umweg fahren, und am Ende wurden uns bei der Passage des Einganges in die Zone V von der Diensthabenden nur 45 Minuten zugestanden. Das war wenig! Einen Teil verbrachten wir am zerstörten Hafen. In der verschütteten Stadt selbst kucken von den meisten Gebäuden nur die Etagen 2 und höher aus dem jetzigen Erdboden. Gute Zugangsmöglichkeiten fehlen deswegen. Uwe und ich trennten uns, er für einen Drohnenflug, ich um ins Innere von zerstörten Häusern zu kommen. Seltsamerweise war freier Zugang, obwohl überall Baufälligkeit ins Auge stach und Eisenträger herausragten. Ich gelangte in eine Art ehemaliges Kaufhaus, wo noch verstaubte Schuhe im Regal standen. Etwas gruselig. Der Boden war überzogen von puderartiger Vulkanasche. In ein ehemaliges rundes Resort fand ich auf die Schnelle keinen sicheren Zugang, alles ist voller Schutt und Bewuchs, nichts ist gesichert, ich wollte auch keine Verletzungen riskieren. Da hupte auch schon bald unser Driver, er wollte uns noch zu einer „versunkenen Kirche“ fahren. Dennon erzählte uns, dass viele Besucher/Touristen vorgefundene Überbleibsel der Menschen wie Geschirr, Flaschen und Möbelteile einfach als „Souvenir“ mitgenommen hätten. Jetzt seien die Häuser weitgehend leer. Ein wenig waren wir enttäuscht, weil wir in der Kürze der Zeit nichts ausgiebig hatten erkunden können. Andererseits aber froh, überhaupt hier gewesen zu sein. In die Jetztzeit und ins Leben zurückgekehrt besuchten wir abends nochmal eines der netten, ruhigen Restaurants am Little Bay Beach.
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