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  • Kurz vor dem Sudan-Wüstenabenteuer

    November 19, 2020 in Germany ⋅ 🌙 6 °C

    Wer hätte gedacht, dass in diesen „Corona-Zeiten“ tatsächlich eine Fernreise möglich sein könnte? Ich jedenfalls noch vor einigen Wochen nicht!

    Als ich Anfang 2020 anfing, mein Sabbatical zu planen, hatte ich für den Herbst zwei Gruppen-Wüstenreisen beim Veranstalter nomad gebucht. Die Reise nach Jordanien im Oktober wurde später abgesagt. Dafür hielt der Reiseveranstalter an der Geländewagen-Expedition in den nördlichen Sudan fest, was für mich selbst eine Überraschung war!

    So wird es also tatsächlich wahr, dass ich am 20.11. mit Turkish Airlines über Istanbul nach Khartoum fliege!

    Die Vorbereitung der Reise in den letzten Wochen war mit einigen Hindernissen verbunden, bei denen ich immer wieder mal zweifelte, ob die Reise tatsächlich umsetzbar sein wird.

    Das nach meiner Wahrnehmung größte Risiko ging von den explosionsartig steigenden Corona-Infektionszahlen und damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens aus. Ziemlich schnell war mir persönlich zwar klar, dass mein Ansteckungsrisiko bei dieser Reise sehr gering ist. Es ist eine reine outdoor-Reise teilweise durch Wüstengebiet mit Übernachtung in Einzelzelten. Aus Sicht des Auswärtigen Amtes ist jedoch der Sudan - wie inzwischen fast die ganze Welt - Corona-Risikogebiet. Die im Juni seitens des Auswärtigen Amtes ergangene Reisewarnung gilt damit unvermindert fort.

    Eine Zeitlang war unklar, ob überhaupt und wenn ja, unter welchen Bedingungen Reisen in Risikoländer stattfinden können. Einige Länder haben ihre Grenzen zeitweise geschlossen bzw. schicken Touristen direkt in Quarantäne vor Ort. Auch der Sudan hatte seine Grenzen vorübergehend geschlossen, jedoch wurden sie relativ früh nach der ersten Ansteckungswelle wieder geöffnet. Quarantäne-Auflagen für Touristen wurden bisher nicht verfügt trotz der stark steigenden Infektionszahlen in Europa. Vermutlich ist die Anzahl von Touristen auch sehr gering. Der Luftverkehr wurde auch mit Einschränkungen wieder aufgenommen. Also von dieser Seite kein Reisehindernis in Sicht.

    Auf deutscher Seite bestand für mich das Risiko vor allem in eventuellen Ausgangssperren/Quarantäne-Verpflichtung. Dass ich nach der Rückkehr aus dem Sudan einige Tage in Quarantäne bleiben muss, stört mich in meiner aktuellen arbeitsfreien Zeit nicht so sehr. Ich weiß, dass ich die Zeit gut nutzen werde mit Aufarbeitung der Reise und blog-Schreiben:):).

    Aufgrund der Reisewarnung und der Pandemie-Situation stellte das Thema Reiseversicherung, vor allem Auslandskrankenversicherung, ein größeres Problem dar. Die meisten (großen) Versicherungen schließen Erkrankungen aufgrund von Pandemien bzw. Reisen in Länder mit Reisewarnung aus. Auch meine bestehende Reiseversicherung verlor damit ihre Gültigkeit. Es musste also dringend eine neue Auslandskrankenversicherung her, da diese bei Einreise in den Sudan auch gefordert wird. Glücklicherweise hatte nomad den Versicherungsmarkt daraufhin schon durchforstet und eine Versicherung empfohlen. Den richtigen Tarif zu finden, war dann noch eine Herausforderung... Wieder eine Hürde gemeistert! 😊

    Zwischendurch habe ich mich noch mit outdoor Equipment eingedeckt - passender Schlafsack, Luftmatratze, Kissen und diverse Kleinigkeiten (z.B. outdoorseife). Wie kalt wird es nachts in der Wüste? Bei einer Wüstenreise ohne sanitäre Anlagen und mobilem Camp ohne Elektrizität und genereller Wasserknappheit gibt es noch ein paar Besonderheiten zu berücksichtigen, auf die man sich vorbereiten sollte ;) Da wird schon der „Toilettengang“ zum kleinen Abenteuer, haha... Und was passiert eigentlich mit Klopapier in der Wüste? 🤔

    Für kleinere Überraschungseffekte sorgte dann zwischendurch noch mein Reiseveranstalter, z.B. als sich plötzlich herausstellte, dass ich zusätzlich zum Reisepreis noch 300 USD Eintrittsgelder für die archäologischen Ausgrabungsstätten in bar mitbringen muss. Da im Sudan weder EC- noch Kreditkarten akzeptiert werden, muss alles Geld Cash mitgebracht werden. Hm, soviel Bargeld hätte ich wahrscheinlich nicht mitgenommen, da es vor Ort kaum Möglichkeiten gibt, Geld auszugeben. Wäre mir dann der Eintritt vor Ort verweigert worden?

    Eine sehr aufwändige und bis zum Schluss nervenaufreibende Prozedur stellte die Ausstellung des Visums dar. Hier war noch alles wie in den 70er Jahren! Antragsstellung auf Papier mit gefordertem Einladungsschreiben aus dem Sudan und inklusive Papierbestätigung meiner Überweisung der Visagebühr (trotz online-Banking und Echtzeit-Überweisung). Meine Bank hatte wegen Corona alle Stempel verbannt, auch hier war ein Workaround zu finden...

    Schon beim geforderten Versand meines Passes (trotz Einschreiben) fühlte ich mich etwas unwohl. Dann hörte und las ich - NICHTS! Es gab keine Bearbeitungsbestätigung, keinen Hinweis, ob meine Unterlagen ok sind oder wann der Pass zurückgeschickt wird. Abgesehen davon, dass ich der Postbeförderung auch in diesen Corona-Zeiten voll vertrauen musste... ;) Ans Telefon geht bei der Botschaft meist niemand oder es ist besetzt, auf meine email bekam ich keine Antwort. Ommm...🧘‍♀️

    Drei Tage vor dem Abflug lagen die Nerven bei mir blank! Die wichtigste Voraussetzung für meine Reise war noch nicht erfüllt. Mein Reiseveranstalter machte Druck. Schließlich kam an meinem Geburtstag sozusagen „auf den letzten Drücker“ mein Pass mit Visum, hurra!! Mein schönstes Geburtstagsgeschenk! Aus Versehen hatte ich jedoch ein „Transitvisum“ und kein Tourist Visa erhalten, also noch eine Schleife. Per email bekam ich dann noch eine Zusatzbestätigung, dass ich Inhaberin eines Tourist Visa bin. Puh! Mal sehen, was sie damit am Flughafen in Khartoum machen...

    Letztes todo vor dem Abflug war dann noch der bei Einreise in den Sudan geforderte Corona-Test. Dieser darf weder zu spät noch zu früh erfolgen und muss selbstverständlich negativ ausfallen. Das errechnete Datum der Probenentnahme war daher - ebenfalls mein Geburtstag, haha!

    Auch diese letzte Hürde habe ich erfolgreich überstanden. Jetzt kann’s wirklich losgehen und ich freue mich riesig! Unsere Kleingruppe wird aus drei alleinreisenden Frauen und dem sudanesischen Reiseleiter bestehen. Ich bin sehr gespannt auf alle neuen Erfahrungen, Erlebnisse und Begegnungen!

    Vermutlich werde ich während meiner Tour durch die Wüste kaum Internetempfang haben. Ich werde mit Papier und Stift meine persönlichen Erfahrungen notieren und nach meiner Reise aufarbeiten. Eine Reise „offline“ - back to the roots, ich freue mich darauf!
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