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  • Nil, Nubian House und Tempel von Soleb

    November 25, 2020 in Sudan ⋅ ☀️ 27 °C

    Heute morgen habe ich aus meinem Zelt den Sonnenaufgang fotografiert. Wie schön ist das, quasi vom „Bett“ in den Sonnenaufgang in einer faszinierenden Landschaft zu schauen!

    Die Fahrt geht weiter Richtung Norden und damit Ägypten. Heute erreichen wir auf der Fahrt das erste Mal wieder eine Asphaltstraße. Hier ist allerdings kaum was los, es sind nur wenige Fahrzeuge unterwegs. Dann zweigen wir ab Richtung Nil. Wow, das erste Mal seit Khartoum wieder fließendes Wasser! Wir besichtigen ein Fort der Ottomanen oberhalb des Nils. Was für eine tolle Lage! Es ist verständlich, dass hier eine Festung gebaut wurde. Der Blick schweift weit über den Nil.

    Am Nilufer befindet sich ein Palmenhain. Hier wird mir sehr deutlich bewusst, dass der Nil tatsächlich die Lebensader für die Bevölkerung hier ist. Das berührt mich sehr! Links und rechts des Nils ist Wüste. Ohne den Nil mit seinen saisonalen Überschwemmungen könnte in dieser Gegend wohl niemand überleben. Unterhalb in Ufernähe sehen wir einen Bauern, der Viehfutter (Alfalfa) mit seiner Axt und Werkzeug in einem Bündel zusammenschnürt. Dafür benutzt er festes Schilfgras. Er lädt uns ein zum Frühstück bzw. Kaffee. Wow, was für eine Gastfreundschaft! Wir sind ja Fremde, dazu noch Ausländer, und er lädt uns einfach ein. Das wäre in Deutschland nicht vorstellbar. Wieder bin ich sehr berührt. Da wir noch eine Fahrt vor uns haben, können wir die freundliche Einladung leider nicht annehmen.

    Wir fahren weiter nach Norden Richtung Ägypten. Hier sind LKW‘s unterwegs. Links und rechts der Asphaltstraße sind immer wieder Goldsucher zu sehen. Davon gibt es viele! Hier im Sudan ist viel Gold im Erdreich zu finden. Da, wo es sich für große Firmen lohnt, werden Bagger und professionelle Ausrüstung eingesetzt. Ansonsten sind viele einzelne Menschen mit Metalldetektoren zu sehen. Meistens leihen sie diese und laufen damit durchs Gelände. Wie wir von Khalid erfahren, wird der Erlös eines Goldfunds in drei Teile geteilt: Ein Drittel für den Finder, ein Drittel für den Vermieter des Metalldetektors und ein Drittel für den Autovermieter. Damit kann sich glücklich schätzen, wer sich selbst ein Auto oder einen Metalldetektor
    leisten kann!

    Am frühen Nachmittag kommen wir an einem nubischen Gasthaus bei Soleb an. Das Gasthaus vermietet Zimmer, heute werden wir hier übernachten. Das erste Mal wieder in einem - wenn auch sehr einfachen - Bett schlafen! Und Haare waschen in einer einfachen „Dusche“. Die „ Dusche“ besteht aus einem großen Wasserfass in einem abgeschlossenen kleinen Räumchen. Das Wasser wird mit einer Schale geschöpft und über den Körper gegossen. Funktioniert ganz prima! Es ist herrlich, sich mal wieder von Kopf bis Fuß mit - wenngleich kaltem - Wasser zu übergießen. Ich fühle mich danach total erfrischt! In der Sonne trocknen die Haare ganz schnell. 😊

    Hinter dem Haus ist der Ziegenstall, ein von trockenem Gestrüpp eingezäuntes Areal im Freien. In der Nähe toben Kinder. Brita bringt ihre mitgebrachten bunten Luftballons. Wir haben großen Spaß zusammen! Dann suche ich mit Khalids Einverständnis den Raum auf, in dem sich die Frauen des Hauses gerade versammelt haben - eine sehr intime Atmosphäre. Eine Frau hat vor kurzem ein Baby bekommen und wechselt gerade die Windeln. Ich komme mir wie ein Eindringling in die Privatsphäre vor, die Frauen freuen sich jedoch und sind offen. Wie ich später erfahre, handelt es sich um die Frau des Eigentümers, die Tochter, Schwiegertöchter, 6-7 Frauen sind hier. Ich habe kleine Cremes und Seifen als Gastgeschenke aus Deutschland mitgebracht, diese verteile ich nun hier an die Frauen.

    Der Eigentümer des Gasthauses, ein alter Mann, gibt mir mit Zeichensprache zu verstehen, dass ich ihm folgen soll. Er führt mich in ein großes Doppelzimmer, dorthin soll ich umziehen. Zuerst hatte ich ein recht kleines Räumchen zugewiesen bekommen. Wow, jetzt habe ich ein großes Zimmer mit viel Platz, wie schön! Alles ist einfach, die Betten bestehen aus Metallgestellen mit Schaumstoffmatratzen, die auf Schnüren liegen. Mir kommt es nach den Zeltnächten recht luxuriös vor. Meine Metalltür lässt sich nicht schließen - egal, hier wird schon niemand nachts reinkommen.

    Zum Sonnenuntergang spazieren wir mit Khalid zum nahegelegenen Tempel von Soleb. Ein erstes archäologisches Highlight! Der Tempel sieht schon aus der Ferne faszinierend aus und erinnert mich an die griechischen Tempel in Agrigento/Sizilien. Bei näherem Hinsehen entdecken wir jedoch Hieroglyphen und ägyptische Symbole. Es ist der Tempel des Amunhoteb III. Er stammt aus der Zeit, als Ägypten Nubien besetzt hatte, ca. 1.350 v.Chr. Damals war Ägypten ein großes Reich mit Ausdehnung weit bis in den heutigen Sudan hinein.

    Khalid zeigt uns drei wichtige königliche Symbole auf den herabgestürzten Steinblöcken: Das Rückgrat als Symbol von Stabilität, ein Zepter als Symbol für Macht und das Symbol für Leben („anch“). Es macht Spaß, in der untergehenden Sonne zwischen den mächtigen Säulen und Steinblöcken der Tempelruine herumzulaufen und zu fotografieren! Wir erfahren, dass hier immer noch Archäologen zu Gange sind, allerdings haben sie ihre Arbeit wegen Corona unterbrochen. Hier gibt es nach wie vor viel zu erforschen und auszugraben, spannend!

    Wir sind aktuell die einzigen Touristen hier in der Gegend, das ist außergewöhnlich und dem Virus geschuldet. Für uns ist es ein Glücksfall! Wir genießen jedenfalls den schönen Sonnenuntergang und das gemütliche Abendessen und die Ruhe im nubischen Haus ohne andere Gäste. 😊
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