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  • Day 21

    Albanische Äpfel

    October 30, 2022 in Albania ⋅ ☀️ 14 °C

    Albanien ist für seine enorme Dichte an Bunkern bekannt, die während des Sozialismus im Land errichtet wurden. Uns fallen viele der kleinen Betonkuppeln am Straßenrand, in Gärten, eigentlich überall, auf.

    In Tirana besuchen wir einen der vermutlich imposantesten und bekanntesten Bunker; den ehemaligen Schutzbunker des Innenministeriums. In ihm befindet sich heute das Museum BunkArt 2. Das Museum arbeitet die letzten knapp 100 Jahre albanischer Geschichte auf: Es ist schockierend und traurig zu lesen, wie die Bevölkerung von den jeweiligen Regimen systematisch unterdrückt und verfolgt wurde.

    Während die Eindrücke nachklingen, radeln wir an neuen, teuren Wohnanlagen und Baustellen für noch neuere, teure Wohnanlagen aus der Stadt heraus. Dabei hören wir ein Hörbuch über Albanien, die letzten Jahre des Sozialismus und die Transformation des Landes zum Kapitalismus, welches uns weiteren Kontext zum Reflektieren der äußeren Eindrücke liefert (Hör- und Leseempfehlung: Lea Ypi: Frei).

    Für die Überquerung einer alten, einsamen Passstraße benötigen wir den ganzen Nachmittag, werden jedoch mit wahnsinnig tollen Blicken ins Tal und einem orangen Sonnenuntergang belohnt. Bei der Abfahrt in der Dämmerung fällt uns eine verlasse Tankstelle mit Fernsicht auf. Nachdem wir im nächsten Ort unsere Vorräte aufgefüllt haben, kehren wir zur Tankstelle zurück, um dort zu zelten.

    Am nächsten Tag erreichen wir Elbasan, das uns mit seinem modernen Flair entlang der historischen Stadtmauer überrascht. Hier steht außerdem die älteste Moschee Albaniens.

    Für den Rest des Tages geht es wieder bergauf: Ein langer Anstieg trennt uns vom Ohridsee. Hatten wir im letzten Post noch den Verkehr gelobt, ist das Fahren hier recht unangenehm und stressig: Die schmale Straße ist die einzige Verbindung von Tirana zum See und zum wichtigsten Grenzübergang nach Nordmazedonien, entsprechend schieben sich Autos, LKWs und Busse hinauf.

    Als wir nach unserer Mittagspause an einer alten Brücke zur Straße zurückkehren, treffen wir einen kroatischen Bikepacker, der aus Zagreb nach Istanbul fährt. Wir teilen ein Stück des Weges und nutzen den gegenseitigen Windschatten. Er erzählt, dass er auch im Velodrom fährt und dort vom kroatischen Nationaltrainer trainiert wird; sein umfangreiches Repertoire an Handzeichen beeindruckt uns dabei besonders:
    (1) Den Arm seitlich mit den Fingern nach unten ausstrecken und mit der Hand einer Wackelbewegung machen, warnt vor einer unebenen Stelle auf der entsprechenden Seite.
    (2) Eine schwimmzug-ähnliche Bewegung mit einem Arm, bei der der Arm anschließend hinter den Körper geführt wird, kündigt ein Ausweichmanöver bzw. einen Spurwechsel in die andere Richtung an.

    Abends erreichen wir den Ohridsee, der ruhig und majestätisch daliegt. Dort finden wir einen ruhigen Platz für unser Zelt direkt am See.

    Auf dem Weg nach Griechenland durchqueren wir am nächsten Tag eine fruchtbare Hochebene südlich des Sees, die offenbar das Zentrum des albanischen Apfelanbaus ist. Wir rollen mit Rückenwind durch die malerische Landschaft zwischen hohen Bergen und beobachten die Apfelernte. Hier ist es wieder sehr ruhig und die meisten Menschen freuen sich über die Gäste und grüßen uns. Ein Bauer reicht uns im Fahren Äpfel von seinem Pferdekarren.

    Auf Wiedersehen, Albanien!
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