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  • Day 59

    Outback I: Rotwein aus Kaffeebechern

    December 7, 2022 in Australia ⋅ ⛅ 20 °C

    Wir wagen uns weiter in Richtung Norden, weg von der Küste und in den heißeren, trockeneren Teil Australiens. Hier gibt es den unter Australien-Radler*innen bekannten und fast schon berüchtigten Mawson Trail, der von Adelaide aus knapp 1000 Kilometer in den Gebirgszug der Flinders Ranges im Outback führt.

    Die ersten Etappen sind jedoch noch moderat: Hinter Adaide geht es durch das Barossa Valley und das Clare Valley - zwei der renommiertesten Weinanbaugebiete Australiens. Der Radweg schlängert sich an Weinstöcken entlang, die allerdings - anders als wir es kennen - am Talboden und nicht am Hang wachsen. Zumindest der Barossa-Merlot schmeckt auch aus Campingbechern - dem Shiraz, für den das Tal eigentlich bekannt ist, wollten wir das nicht antun.

    Wir fahren durch kleine Städtchen, die alle im Zuge der europäischen Outback-Besiedelung um 1870 entstanden sind und in denen man noch viele Gebäude aus dieser Zeit findet. Gemein haben all diese Orte: Einen rechtwinkligen Grundriss, einen sogenannten "Heritage Trail", ein Denkmal für den ersten Weltkrieg und einen entweder vom Lions oder Rotary Club gestifteten Park mit Spielplatz und öffentlichen Toiletten. Auch die kleinsten Orte haben ein eigenes "Oval", also ein großes Rugby- und Cricketfeld, an dem man oft gratis oder gegen Spende zelten kann. Je weiter wir nach Norden kommen, desto öfter tauchen verlassene Siedlung und Anwesen auf: Die Europäer hatten das australische Klima unterschätzt. Sie hatten geglaubt, dass der Regen schon kommen würde, wenn das Feld erstmal gepflügt sei und völlig ungeeignete Landstriche beackert.

    Auch hier versuchen die Städte emsig, ihre Besonderheiten zu präsentieren: Die Minenstädte Kapunda (größte Bergmannfigur) und Burra (größte Mine), die Stadt der ländlichen Street-Art Jamestown, die Windparkstadt Hallett oder die Bahnhofs- und Silostadt Quorn. Einst ein wichtiger Bahnknotenpunkt, ist es heute ein verschlafenes Nest und die guten alten Zeiten existieren nur noch in Filmen, die allabendlich auf das Silo projeziert werden.

    Je nach Windrichtung und Wegbeschaffenheit wechseln wir zwischen den langen geraden Landstraßen und den schotterigen Feldwegen des Mawson Trails. Von der Weinregion radeln wir durch große Getreidefelder, an Windparks und Merinoschafen vorbei.

    Langsam ändert sich die Farbpalette. Die Hügel und Wege werden in ein kräftiges Rostrot gefärbt, das saftige grün der Weinreben verschwindet, dafür dominieren nun die von grünen Sprenklern durchsetzten Gelbtöne, trockener Ackerflächen und Kängurugraslandschaften und die Abendsonne taucht die Berge und den weiten Himmel in Rot- und Orangetöne.
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