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  • Day 97

    Oh, böige Ostküste

    January 14, 2023 in Australia ⋅ 🌬 20 °C

    Nach 10 Tagen im Sattel erreichen wir die Ostküste Tasmaniens. Hier ist es deutlich flacher und etwas touristischer, aber dafür auch wieder sehr viel windiger und verkehrsreicher. "Touristischer" ist dabei höchst relativ zu verstehen: Zwar häufen sich hier die großen Camping-Karawanen (deren Anhänger oft größer sind als eine durchschnittliche Wohnung in Tokio), aber sie verteilen sich auf wenige Naturcampingplätze. Hotelburgen gibt es keine, höchstens einige sehr dezente Boutique-Hotels. Verglichen mit Usedom und der Cote d'Azure ist auch diese Gegend quasi Wildnis.

    Die Küste des Freycinet Nationalparks begrüßt uns mit kristallklaren Buchten, an denen sich rot beflechtete Klippen und weiße Sandstrände abwechseln. Bei Niedrigwasser bleiben Austern und Seesterne am Strand zurück und die Soldier Crabs wagen sich aus ihren Sandhöhlen hervor. Selbst die Kängurus kommen hier bis an den Strand.

    Der Traumstrand, für den diese Halbinsel besonders bekannt ist, ist die Wineglass Bay, die nur zu Fuß, per Boot oder, wie alle Sehenswürdigkeiten in Australien, per Helikoptern zu erreichen ist. Sie besuchen wir am nächsten Tag nur kurz, bevor wir uns auf den Rückweg machen.

    Da der Nationalpark auf einer Halbinsel liegt, sind wir quasi in eine Sackgasse gefahren. Luftlinie sind es nur knapp 10 Kilometer nach Swansea und zur Küstenstraße nach Süden, doch dazwischen liegt eine Bucht und ein Flussdelta, so dass man zunächst 30 Kilometer nach Norden fahren muss und insgesamt etwa 40 Kilometer Umweg in Kauf nehmen muss - noch dazu die gleiche Strecke, die wir am Vortag bereits gefahren sind. Außerdem kündigt sich starker Nordwind, also erstmal Gegenwind, an. Die Perspektive, uns den stürmischen Böen auszusetzen, begeistert uns nicht.

    Ob man mit Fahrrädern und neun Taschen auch trampen kann?

    Man kann! Am Hafen treffen wir zwei Lateinamerikaner, die in Melbourne wohnen und mit ihrem Auto und ihren Mountainbikes durch Tasmanien touren und uns gerne ein Stück mitnehmen. Kurioserweise sind nicht die Fahrräder das Platzproblem (sie haben auf ihrem Autogepäckträger noch Platz für zwei Räder), sondern wir. Ihr Geländewagen ist voll gepackt und so müssen wir uns zu zweit mit einem Dreiviertelsitz begnügen. Das ist zwar nicht gemütlich, beansprucht aber immerhin andere Muskeln als die tägliche Radfahrhaltung und ist als Ausgleich dazu sogar ganz angenehm.

    Die letzten Tage vergehen wie im Flug: Wir verabschieden uns von den Kängurus, fahren in die Inselhauptstadt Hobart zurück und packen unsere Fahrräder für das nächste Reiseziel ein. Das einzige was sich dabei wie eine Ewigkeit anfühlt, ist die Überquerung der Tasman-Brücke in Hobart. Bei heftigen Windböen fühlen wir uns auf dem etwa 60 cm breiten nachträglich erbauten Radweg in 40 Metern Höhe, eingeklemmt zwischen Meer und Autobahn, so, als würden wir mit einem Einrad auf einem Drahtseil fahren.
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