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  • Day 8

    Old City Tour oder American Logorrhea

    May 10, 2019 in Palestine โ‹… โ›… 15 ยฐC

    Interessant, dass Find Penguins Jerusalem als Palästina deklariert ๐Ÿ˜ฑ๐Ÿคช๐Ÿ˜‚

    Morgens geht es los, zur gebuchten Altstadtführung. Es gibt genug gratis Führungen, also verspreche ich mir umso mehr von der bezahlten Variante.

    Leider ist die Gruppe riesig, der Guide anscheinend überbezahlt und spricht als ehemaliger Amerikaner so schnell und unzusammenhängend, dass ich mit den Notizen nicht hinterher komme und die Lust verliere.

    Die Altstadt selbst ist wunderschön, umgeben von riesigen Stadtmauern ist der Eintritt durch eines der Tore wie eine Zeitreise. Auf gerade mal einem km² finden sich hunderte verwinkelte Gassen und Ecken verschiedener Kulturen.

    Los geht es durch das Jaffa Tor, durch das vermutlich auch Napoleon 1799 auf seinem Jaffa-Feldzug getrabt ist.
    Im Toreingang sitzt standesgemäß ein harfenspielender Jesus.

    Die Stadt selbst ist 2.000 bis 2.700 Jahre alt, die Gebäude natürlich nicht ๐Ÿ˜… Die Straßen sind etwa 1.200 Jahre alt, die umgebenden Mauern und Gebäude stammen größtenteils aus dem 15. Jahrhundert.

    Die Region hat viele Probleme mit Erdbeben, ca. alle 100 Jahre gibt es ein verheerendes Beben, weswegen die Gebäude i. d. R. nicht sehr alt werden.

    Die meisten Plätze haben mehr als einen Namen, auch muslimische, ich hoffe, ich finde mich zurecht.

    Unterteilt ist das kleine Areal in 4 Glaubensrichtungen Stadtviertel, das muslimische, christliche, jüdische und armenische. Und tatsächlich ist jedes Viertel anders.

    Generell ist die Stadt und auch die Altstadt extrem laut, überall vermischen sich die Töne: Baustellen, Gesang, Autos, Glocken, Helikopter, schreiende Menschen...

    Start im armenischen Viertel:

    Wir begegnen einer seltenen Gruppe koptischer Priester aus Ägypten und einigen anderen Glaubenstouristen.

    Bei einem der ersten systematischen Genozide wurden im 1. Weltkrieg, ca. 1,5 Mio. Armenier durch die Osmanen ermordet.

    Dennoch gibt es armenische Flüchtlinge schon seit dem 3. Jahrhundert.

    Die Armenier seien sehr unter sich, hielten sich aus allem raus und andere auf Distanz, weswegen sie als einzige Völkergruppe nie aus Jerusalem vertrieben wurden.
    Ganz im Gegensatz zu den Juden, die zwar zuerst da waren, aber immer mal wieder "Hausverbot" hatten.
    Somit ist das armenische Viertel der älteste Stadtteil Jerusalems.

    Für Touristen mache dieses Verhalten einiges schwieriger, wir besuchen eine Kirche, welche wir nur von außen sehen können, weil sie nicht einmal zwei Stunden täglich geöffnet hat, dabei sei es eine der schönsten Kirchen der Stadt.

    Handwerklich sind sie berühmt für schöne Keramik, die auch am Eingang zu sehen ist.

    Weiter durch das Zionstor, was voller Einschusslöcher ist, zum Raum des letzten Abendmahls.
    Tatsächlich hatte der mit Abendmahl so gar nichts zu tun, es handelte sich um eine Fehlinformation an die Kreuzritter. Überhaupt gibt es hier einige Namen in der Stadt, die nie da waren...

    Von einem Aussichtspunkt sehen wir das Dach der Dormitio-Abtei und haben einen tollen Blick auf die gesamte Stadt.
    Bei der Abtei handelt es sich um eine von 3 Kirchen, die Kaiser Wilhelm vor dem ersten Weltkrieg baute.

    Nachdem er 2 Kirchen hatte bauen lassen, hat er seiner Kaiserin, die diese so hübsch fand, mal eben heimlich eine dritte errichten lassen.
    Sie nahm an, unter der Bedingung, dass diese Kirche für gemeinnützige Zwecke genutzt werden soll, und so wurde daraus ein Hospital, welches noch heute - auf Behandlung von Krebs spezialisiert - genutzt wird.
    Allerdings wird die derzeitige Nutzung bewusst nicht publik gemacht, da Hilfe auch für Patienten verfeindeter Nachbarländer geleistet werde und diese ihren Schutz verlieren würden...
    Ich frage mich, ob ich dem Guide diese aktuelle Geschichte glauben soll, denn ich wüsste nicht, wie diese Patienten das Land betreten haben sollen... ๐Ÿคจ

    Weiter zum jüdischen Viertel.

    Langsam geht mir die Luft aus. Bei den wasserfallartigen Redeergüssen des Guides bekomme ich nicht mal mehr ein Viertel davon mit, was interessant sein könnte und bin erschöpft... Insgesamt soll die Führung 4 Stunden gehen, davon aber 1,5 Stunden Mittagspause, irgendwie unpassend das alles.

    Das jüdische Viertel ist wesentlich jünger als das armenische.

    1948 hat die jordanische Armee in einer Art Amoklauf das ganze Viertel platt gemacht und alles zerstört.

    Erst 1967 war der Wiederaufbau, wobei viele archäologische Artefakte entdeckt wurden, die die Juden heute zu ihren Gunsten auslesen.

    Insgesamt wurde die Stadt 3x zerstört bei über 30 Kämpfen.

    Es gibt 50 oder 60 unterschiedliche Unterarten von Juden, mit unterschiedlichen Sprachen und Ausrichtungen.
    Vor allem aus Deutschland kommen die aschkenasischen Juden, die jiddisch sprechen.
    Spanien und Portugal haben z. B. sefardische Juden, die latinojüdisch sprechen usw., usw.....

    Und. So. Weiter. Der Wasserfall reißt nicht ab ๐Ÿ˜ญ

    ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ๐ŸŒŠ

    1492 Blütezeit in Spanien... Irgendwas mit Christen...
    17.... Aschkenasische Juden kamen... Haben sich schlecht verhalten und vieles wurde zerstört ...
    1850 oder so kamen weitere aschkenasische Juden, mit Geld, die haben vieles wieder aufgebaut...
    2010 wurde wieder alles aufgebaut, aber es gab keine Einigkeit über das Aussehen...

    Wie auch immer am Ende steht eine Moschee gebaut von einem Juden neben einer Synagoge gebaut von einem Moslem...

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    Ich gebe auf, ich komme nicht hinterher, das ist schlimmer als trockener Geschichtsunterricht.

    Zu der Sprechgeschwindigkeit kommen die Hintergrundgeräusche und gleich zwei Hobby-Simultanübersetzer in der Gruppe, die die Kaskaden des Guides in Chinesisch und Spanisch in kleine Mikrofone plappern... Es reicht.

    Vor der Klagemauer lasse ich noch einen letzten halbstündigen Monolog über was auch immer über mich ergehen, danach geht es weiter auf eigene Faust ๐Ÿ‘Š
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