• Chri S

Israel und Jordanien

A 16-day adventure by Chri Read more
  • Trip start
    May 3, 2019

    Happy Ohne-Hose-Tag

    May 3, 2019 in Germany ⋅ ⛅ 7 °C

    Heute ist der:
    Ohne-Hose-Tag, Trag-Zwei-Verschiedenfarbige-Schuhe-Tag, Internationaler Tag des Waldkindergartens, Meditiere-im-Garten-Tag, Tag der Nachkriegsverfassung in Japan, Tag der Pressefreiheit, Tag der Sonne, Tag der Verfassung in Polen, Tag des Übersinnlichen, Tag der Tuba.

    Wer auch immer diese teils fragwürdigen Gedenktage zusammengetragen hat, hat den Christina-verpasst-den-Flug-Tag vergessen 😁
    Obwohl ich mich immer noch frage, ob das auch passiert wäre, wenn ich meine Hose ausgezogen hätte...

    Viel dazugelernt: da ich den Flug von Hamburg nach Istanbul nicht antreten kann, werden automatisch alle Folgeflüge storniert. Turkish Airlines bietet mit am Counter für zusätzliche 700 Euro einen Flug mit Ankunft um 2 Uhr nachts. Online mache ich ein "Schnäppchen" bei Lufthansa für 480,- Euro, Ankunft wie geplant 23 Uhr.

    Teures Lehrgeld, aber bin erstaunt, wie entspannt ich noch bin.

    Die arme Lotti ist da nicht so ruhig, ihr erster Flug und als ich einmal nicht aufgepasst habe, hat sie die Reste aus den Bierflaschen im Bistro geext. Jetzt gibt es zwangsausnüchtern und Leine. Ist Latte Macchiato ok für Axolotls? 🤔
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  • Flug mit Philosophie

    May 3, 2019, Eastern Mediterranean ⋅ 🌙 18 °C

    Unfreiwilliger Sitzplatzwechsel von Frankfurt nach Tel Aviv von Reihe 37 (ganz hinten) nach 9 (ganz vorn)... Für den Erhalt der frischen Liebe ♥️ eines jungen Pärchens kämpfe ich mich tapfer durch die Flut der entgegen kommenden Fluggäste zurück an die Front.

    Und lande neben Zach, einem angenehmen Gesprächspartner und die 3,5 Stunden vergehen im wahrsten Sinne des Wortes wie im Flug.
    Er war geschäftlich in Mainz, ist viel unterwegs, da seine Firma in Indien sitzt.
    Augenscheinlich ist er vielleicht Ende 30, hat 4 Kinder von 3 bis 12 und lebt etwas außerhalb von Tel Aviv, in der Stadt selbst ist ihm zu viel Trubel.

    Wir philosophieren über Gott und die Welt, und versuchen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszufinden.

    Die Ausbildung der Kinder ist erschwinglich, bis zum 3. Lebensjahr frei, danach etwa 400 Euro im Jahr.
    Ein Studium kostet etwa 3.000,- Euro im Jahr.

    Arbeitslosigkeit gibt es kaum, aber viele Menschen verändern sich im Leben beruflich, um bessere Stellen zu finden. Niemand will aufs Land, alle wollen im Technologiebereich Fuß fassen. In der Entwicklung ist Israel fleißig, nur reicht der Absatzmarkt mit 7 Mio. Einwohner nicht für die eigene Produktion. Ansonsten gibt es ein gut ausgebautes Agrarsegment, was die Leute im Land versorgt, vor allem aber auch im Export gut ankommt. In der Wirtschaftskrise 2008 sei Israel als einziges Land ohne spürbare Beeinträchtigungen davon gekommen.

    Viele junge Menschen machen zwischen Militär und Studium ein Auslandsjahr, denn danach geht es in der Regel mit Familienplanung los.

    Die Familie hat einen sehr hohen Stellenwert. So groß, dass es normal ist, dass viele junge Frauen auch allein Kinder bekommen und gleichgeschlechtliche Paare nicht aufgeben, für ein Recht auf Adoption zu kämpfen.

    Die Generationen wohnen nah beieinander, teilen in der Regel aber nicht das Haus. Doch sie sehen sich regelmäßig. Selbst, wenn man weiter auseinander wohnt, ist die Fahrt aufgrund der Landesgröße in der Regel nicht länger als eine Stunde.

    Auch in Israel hält die wirtschaftliche Unabhängigkeit Einzug, fast jeder hat ein Auto und fährt allein. Trotzdem gibt es Zusammenhalt und ein gutes Miteinander unter Menschen und Nachbarn.

    Zach vermutet, dass dies neben der Landesgröße zum Teil am langen Militärdienst bzw. Zivildienst liegt, wo nach der Schule 3 Jahre lang Männer wie Frauen aller Herkunft gleichermaßen dienen. "Da sind alle gleich, ob arm oder reich, das macht keinen Unterschied", erklärt er mir.
    Zum anderen trägt wohl auch die Religion mit guten Leitsätzen zu einer gemeinsamen Basis und besseren Beziehung bei.

    Zach ist seinerseits überrascht, wieviel Polizei in Deutschland präsent ist. "Viel mehr als in Israel". Als ich ihm erkläre, dass ich schon vorbereitet wurde, dass in Israel viele bewaffnete Sicherheitsleute sind und das für mich ungewöhnlich sein könnte, lacht er. Nein, in Deutschland hätte er mehr wahrgenommen. Er verspricht mir, dass ich am Flughafen keine Security erkennen werde und hat Recht: er zeigt beim rausgehen auf zwei nett lächelnde Angestellte in lockerer Dienstkleidung. Sehen aus wie Fluggastbetreuer. DAS sei die Security. Da ist bei uns die ein oder andere Sprechstundenhilfe gruseliger 😅

    Wir sprechen auch über Deutschland und seine aktuelle Entwicklung. Zach ist bei vielem überrascht und fragt viel nach. Als er am Ende feststellt, er hätte nicht gedacht, dass Deutschland schon so ähnlich sei wie Amerika, komme ich ins Grübeln, er hat es mit einem Satz auf den Punkt gebracht.

    Wir quatschen über andere Länder auf der Welt und ihre Schwierigkeiten. Zach stellt fest, dass Israel viele Probleme hat, aber die Menschen sind frei und das sei das größte Gut. Man kann sich informieren und frei seine Meinung äußern, auch wenn seiner Ansicht nach die meisten Israelis zu wenig am Weltgeschehen interessiert sind.

    Da das Gespräch so offen ist, traue ich mich, noch einmal direkt nach dem Militärdienst und der Wehrpflicht zu fragen. Und mit einiger Scham wird mir bewusst, wie wenig ich weiß. Dieser weltoffene, gebildete, freundliche Familienvater tauscht jedes Jahr für 20 bis 30 Tage den Anzug gegen die Waffe.
    Er erzählt, dass er mitten in einer Konferenz war, als er vor einigen Jahren in den Gazastreifen beordert wurde.
    Er sagt selbst, dass es unwirklich ist, im einen Moment an der Front zu stehen und danach wieder deine Kinder im Arm zu halten.
    Dennoch hält er es aus. Im Vergleich zu unseren Soldaten in Afghanistan meint er, er hat das bessere Los, da er nicht monatelang weg ist, oft auch an den Wochenenden heim kann und auf der anderen Seite in der Überzeugung antritt, sein Land zu verteidigen.

    Mein Kopf raucht.

    Ich will noch so viel fragen, aber der Flug ist vorbei. Zach wartet auf mich an der Gepäckausgabe, sucht mit mir den Transferfahrer und bietet im Vorwege schon an, falls der Transfer wegen der Verspätung weg sei, würde er mich beim Hostel absetzen. Unfassbar.

    So viel Hilfsbereitschaft bin ich nicht gewohnt.

    Als ich zum Abschied frage, was danke auf hebräisch heißt, lacht er wieder: Er könne es mir sagen, aber ich würde es nicht brauchen, die Israelis seien nicht so höflich.
    Ja neeee, is klar 😁👌
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  • TA Overkill Pt. 1 Vin Diesel & La Rambla

    May 4, 2019 in Israel ⋅ ☀️ 20 °C

    Gefühlt brauche ich den Rest des Urlaubs absolute Ruhe und Zeit, um nur die Informationen dieses einen Tages zu verarbeiten, wie soll das weiter gehen?

    Wunderschöne Eindrücke und tolle Informationen, Fotos bleiben auf der Strecke... Gut, dass ich am Ende noch einen Tag hier habe 😁

    Also häppchenweise...

    Vom Flughafen zum Hostel spannende Taxifahrt mit russischstämmiger, junger Fahrerin. Mit 150 km/h durch Tel Aviv bei Nacht, dazu nie endende "Yallah, Yallah"-Flüche, verbunden mit möglichst dichtem Drängeln der wenigen anderen Autos lässt wider Willen meinen Türgriffreflex zucken.
    Was ihr nicht entgeht *peinlich*...

    Sie entschuldigt sich, meistens fährt sie Russen, da ihr Englisch nicht so gut ist, die stehen auf sowas.
    Ob es Radarkontrollen gäbe? "Yes, of course, but it's ok 👌" und sie beschleunigt wieder.
    Sie beruhigt mich: mit 15 ist sie bereits ein 150 Kilo Motorrad gefahren. Mit 18 dann den Führerschein und täglich mit ihren Freunden... Wie heißt noch der Film... Mit Vin Diesel? "The Fast and the Furious", vermute ich und sie explodiert fast vor Freude. Ja, genau den haben sie nachgespielt, sodass sie mit 20 perfekt darin war. Was sie mir freudestrahlend auch beim gekonnten Schneiden der anderen Autofahrer beweist 😅

    Die erste Nacht im Hostel gut überstanden, habe ich den Vormittag frei und gehe zum Strand.

    Durch eine Art La Rambla, gesäumt von wunderschönen alten Ficus Bäumen mit kunstvollen Luftwurzeln und seltsamen Beerenparasiten, lasse ich die Eindrücke auf mich wirken:

    🚲 Stadt der Fahrräder, am besten elektronisch. Die Radwege sind größtenteils vom Fußweg separiert, und die Fahrer schießen ganz schön schnell durch die Gegend. Noch beliebter sind Elektro Roller, genauso schnell aber noch kleiner. Und mit wechselnder Unterbodenbeleuchtung nachts 😁 Außerdem e-Skateboards, Einräder, kurzum alles, was sich auf Rädern auf Rad- oder Fußweg bewegt.

    🌳🌷🐈🌹🐕🌿🐶🌼🐱🌺

    Stadt der Hunde und Katzen und wechselnden Gerüche.
    Erst hat duftet alles nach Blumen, im nächsten Moment intensiv nach Katzenklo. Wenn Jasmin gegen Eau de Chat kämpft, gibt es keinen Sieger 😅

    Hunde sind auch überall.
    Laut einem lokalen Sprichwort hat
    die Familie in Jerusalem 8 Kinder; die Familie in Tel Aviv hat ein Kind und zwei Hunde. Könnte passen 😁

    Trotzdem auch:
    Stadt der Kinder 👨‍👩‍👧‍👦
    Der reinste Slalomlauf durch Massen von Kinderwagen. Wegen des Sabbats sitzen außerdem an jeder Ecke Familien beim Picknick, richtig gemütlich.
    Später erfahre ich, dass das erst seit kurzem so ist. Früher gab es kaum Kinder in Tel Aviv, sobald das erste Kind kam, zog die Familie weg, da die Stadt nichts zu bieten hatte. Erst in den letzten Jahren zieht es die Familien wieder her. Denn Tel Aviv ist die einzige Stadt in Israel, in der man ein modernes urbanes Leben führen kann.

    🌿🏢Stadt der grünen Bauhausarchitektur:
    Ich muss mein Urteil revidieren, Bauhaus wäre nicht meins.
    In Tel Aviv so schön inszeniert und grün bewachsen, fühle ich mich einfach nur wohl.
    Der Name Tel Aviv wurde bei der Gründung als Vision gewählt und bedeutet in etwa grüner / neuer Hügel.
    Pflanzen wurden beim Bau der Häuser fest mit eingeplant, unter den Gebäuden als Säulen und in Hinterhöfen als Gärten.

    Mittlerweile werden sie aufgrund des teuren Wohnraums natürlich auch zu Parkplätzen und Wohnraum, aber alles in allem ist es immer noch sehr schön anzusehen.

    Die Immobilienpreise im Zentrum von Tel Aviv sollen sich mittlerweile mit denen von Manhattan oder der Innenstadt Londons vergleichen lassen, das erklärt auch, warum es hier AirBnB's für bis zu 1000 Euro die Nacht gibt.
    Es darf wohl bis zu 1,5 Etagen nach oben angebaut werden, aber der alte Stil muss erhalten bleiben.
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  • TA Overkill Pt. 2 erfundene Kultur

    May 4, 2019 in Israel ⋅ ☀️ 20 °C

    Zum Sabbat:
    Juden wurden früher von Anhängern anderer Religionen oft als faul bezeichnet, weil sie sich diesen freien Tag "gönnen". Andererseits soll das Judentum aber viel anspruchsvoller sein als viele andere Religionen, da es allumfassender im Alltag ist, nicht nur sonntags in die Kirche oder 5 x am Tag den Gebetsteppich ausrollen... Interessante Theorie.

    Auf dem Weg zum Strand lande ich an einem friedlichen Plätzchen, dem Habima Square.

    Neben großer Konzerthalle, dem Charles Bronfman Auditorium, stehen hier das Nationaltheater und Museum of Modern Art.

    Für mich heute jedoch bemerkenswert der wunderschöne, idyllische Vorplatz.
    Vor 10 Jahren war Tel Aviv noch Großbaustelle und dieser Ort noch schlammiger Parkplatz. Heute sitzen hier Familien im Blumenpark und Kinder spielen am schön angelegten künstlichen Teich. Das alles vor dem Hintergrund entspannender klassischer Musik - ich brauche einige Zeit, um mich zum weitergehen aufzuraffen.

    Danach noch einen frisch gepressten Granatapfelsaft, lande ich endlich am Meer.

    Auch hier tobt durch den freien Tag das Familienleben.

    An einer Ecke tanzen scheinbar willkürlich Menschen zu südländischen Klängen. Was zunächst wie ein Flashmob oder simpler Spaß wirkt, hat einen anderen Hintergrund:

    Das Land besteht fast nur aus Einwanderern aller Herrenländer...
    Oatasien, Afrika, Polen, USA, Frankreich, Irak, Marokko, Russland, Ägypten, Indien, Argentinien, Mexiko, Kanada Australien, England... Der Guide, der mir diese Informationen gibt, hört nicht auf, aufzuzählen.
    In seiner Kindheit wurde in jedem Haus anders gesprochen, anders gekocht. Es fehlte neben gemeinsamer Sprache auch an gemeinsamer Kultur.

    So wurden kurzerhand einige gemeinsame Kinderlieder und Volkstänze erfunden und publik gemacht. Eben diese Volkstänze können immer noch regelmäßig am Strand einstudiert werden, die Kinder lernen es einmal pro Woche in der Schule.

    Auch, dass hebräisch - eine Sprache, die 400 Jahre tot war - heute wieder als Amtssprache dient, grenzt an ein Wunder.
    Ben Jehuda, Namensgeber vieler Straßen, hat sich im "Krieg der Sprachen" schließlich durchgesetzt und auch wichtige Wörter wie Blumenkohl oder Eiscreme ins Hebräische hineinerfunden 😁
    Nur eine Generation hat es gedauert, um alles zu vereinheitlichen, die Mütter brachten es in der Regel den Kindern bei, während die Männer etwas nachlässig beim. Lernen sein durften.

    Einerseits unglaublich und bemerkenswert, bringt diese Vereinheitlichung auch Schattenseiten mit sich - alles unter dem Deckmantel zum Schutz der jüdischen Religion - doch dazu später mehr.

    Zurück zum Strand: da noch kein Sommer ist, ist es zwar belebt, aber noch nicht total überfüllt.

    Eine Bebauungsverordnung schreibt vor, dass maximal bis zu 300 Meter an den Strand herangebaut werden darf, Privatstrände gibt es nicht.

    Es gibt einen Hundestrand, einen Schwulenstrand und einen Abschnitt, wo man sich der biologischen Erforschung anderer Mitmenschen widmen kann, vornehmlich nachts 😅

    Ich bin über die Offenheit der Stadt erstaunt, viele Homosexuelle laufen Hand in Hand und zeigen offen ihre Zuneigung. Dagegen ist Lübeck wirklich hinterwäldlerisch und ich schäme mich fast dafür.

    Jedes Jahr gibt es einer der weltweit größten Gay Parades mit 700.000 Besuchern und riesiger Party.

    Zum Vergleich: In Jerusalem gibt es auch jährlich eine solche Veranstaltung... Mit 25.000 Besuchern, 2.500 Polizeikräften, komplett abgesperrter Innenstadt, Sicherheitskontrollen, Demonstionen und Petitionen, Schwule als widerlich und schädlich abzustempeln.
    Vor drei Jahren erstach ein streng-religiöser Jude bei der Kundgebung einen 16-Jährigen.

    Ich habe wirklich Respekt vor Jerusalem und dem Kulturschock, der mich erwartet, aber es ist ja noch etwas Zeit 🍀

    Ach ja, Polizei gibt es kaum. Nur einmal sehe ich, wie sie in Windeseile eine einsame Tasche am Strand durchsuchen, vor dem "Tatort" stehen zwei Kräfte, die auf 5 Metern Entfernung ein flatteriges Absperrband halbherzig festhalten. In nicht mal einer Minute ist das Spektakel beendet. Und ehrlich gesagt, entspannt mich die Schnelligkeit und Professionalität.
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  • TA Overkill Pt. 3 Radtour und Paranoia

    May 4, 2019 in Israel ⋅ ☀️ 21 °C

    Der Guide auf der Radtour ist der Wahnsinn, nicht ohne Grund muss ich die Eindrücke von einem Tag in drei Teilen verarbeiten.

    Generell verzeichnet Israel steigende Touristenzahlen. Letztes Jahr waren es 4 Millionen. Da mittlerweile überall auf der Welt Attentate sind, werden die Leute mutiger.
    Noch ist die Aufteilung in etwa:
    25 % Pilger
    25 % Juden (allein Paris hat 500. 000 Juden)
    50% dann restliche Touristen

    Wir fahren die Strecke meines Spaziergangs ab, vorbei an einigen Botschaften, die teilweise nur an einer kleinen Fahne auf dem Dach ganz oben zu erkennen sind.

    Ich erfahre, dass die Botschaften aller Länder in Tel Aviv sitzen, da sie Jerusalem nicht als Hauptstadt anerkennen.

    Weiter geht es zum Rabin Square, benannt nach Jitzchak Rabin, dem großen General der 60er (zu der Zeit war seine Position quasi die des Staatsoberhaupts), welcher berühmt wurde für Friedensverhandlungen mit den Palästinensern.

    Der Platz wird für alles mögliche genutzt, Konzerte, Demonstrationen, Party...

    Und los geht es mit der Philosophie über Israel. Das Land sei verrückt, erklärt der Guide. Gegen Israel seien die USA homogen.

    Die Religion ist über allem das wichtigste, was besonders durch die (ultra-) orthodoxen Juden zum Problem wird. Die machen es sich zur Aufgabe, ihre Religion mit aller Macht zu schützen und werden es nicht müde, immer neue Regeln für das Land zu erfinden.

    Für den Staat Israel hat der Israeli übrigens tatsächlich nicht die israelische, sondern die jüdische Staatsbürgerschaft. Menschen ohne Religion haben die Nationalität "Leute".

    Das Land befindet sich in einem extremen Wandel.
    Gab es vor 100 Jahren nur etwa 500.000 Juden im Land, sind es heute 7 Millionen, die der Staat mit aller Macht beschützen will.
    Und das Einwanderungsrecht erlaubt es nach wie vor jedem Menschen, israelischer Staatsbürger zu werden, wenn nur eine Oma Jüdin war.
    Während sich die Kinder früher als Israelis verstanden haben, sehen sie sich jetzt eher als Juden, sicherlich auch ausgelöst durch die Diaspora, denn die Einwanderer duften zwar in Israel leben, waren aber doch nicht gleichberechtigt.

    Der Guide betrachtet die Entwicklung mit etwas Sorge.

    "Klar, die Vergangenheit ist jung und sicher stimmt es auch, dass wir uns schützen müssen, aber das ist paranoid".

    Die meisten Orthodoxen schauen auf Nicht-Gläubige herab. Sie würden sie nie heiraten, in extremen Fällen nicht einmal die Hand geben.

    Die Hochzeit selbst wird ohnehin nur anerkannt, wenn sie orthodox ist und unser Guide berichtet, wie er früher seine Frau unter Druck der Schwiegereltern orthodox geheiratet hat, was er heute fast bereut, doch er hatte Angst um seine Aussteuer 😅

    Eine Hintertür gibt es wohl nur durch Heirat auf Zypern.

    In den letzten Wahlen Anfang diesen Jahres
    wurde zum ersten Mal rechts gewählt, sonst immer links.

    Einfacher Hintergrund:

    Die israelische Frau hat im Durchschnitt 3,5 Kinder.
    In Tel Aviv durchschnittlich eher 2.
    Ultra orthodoxe Familien haben durchschnittlich 7,5 ⚠️ Kinder.
    Und das sind die hauptsächlichen Rechts-Wähler.

    Die Einwohner von Tel Aviv sind darüber wenig glücklich. Tel Aviv ist reich, Jerusalem arm.

    Tel Aviv hat 5 Prozent der Einwohner des Landes, zahlt aber 25 Prozent der Steuern.

    Er beschreibt noch ein wenig die Lage bei den Ultra-Orthodoxen.

    Während die Männer natürlich den Glauben studieren, bekommen die Frauen nur eine kurze Grundausbildung und dürfen sich dann der Kindererziehung widmen.

    Die Familien leben fast ausschließlich von sozialer Unterstützung und leisten keinen nennenswerten sozialen Beitrag. Natürlich gehen sie nicht zum Militär aber leisten auch keinen Sozialdienst.
    Sollte jemand Arbeit finden (natürlich wenn, dann Frauen, die Männer müssen ja studieren), ist sie einfach, da die schulische Ausbildung nur rudimentär ist. Außerdem aufgepasst: Wer zu viel verdient, bekommt weniger Sozialunterstützung 🤫

    Ärzte gibt es bei den ultra Orthodoxen, aber natürlich nicht aus den eigenen Reihen, sondern dann z. B. aus aus Amerika.

    Ich bin durch für den Tag, die Radtour führt noch mal am Strand vorbei zurück zum Hostel.

    Auf der abendlichen Nahrungssuche kapituliere ich aufgrund geschundener Füße und diniere am sauteuren Dizengoff Square, wo sogar am Sabbat die Geschäfte auf sind, Security vor jedem Eingang.

    Witziges Detail: außer in dieser teuren Ecke haben an Sabbat nur wenige Supermärkte geöffnet, aber im Vorbeigehen entdecke ich tatsächlich einen Späti für Hunde- und Katzen Bedarf 🐶🐱😁
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  • Kibbuz Ma'agan Michael

    May 5, 2019 in Israel ⋅ ☀️ 22 °C

    Unglücklicherweise sind meine Aufzeichnungen des etwa 3-stündigen Kibbuzbesuchs gelöscht, der unerwartet authentisch und schnörkellos war.

    Ich hatte mit übertriebener Touristen-Show und Pseudo-Traditionen gerechnet, die uns verdeutlichen, wie toll das Leben im Kibbuz sei.
    Ich wurde positiv überrascht:

    Unsere Führerin ist 50 Jahre alt, im Kibbuz aufgewachsen und kann einen guten Überblick über das Leben früher und heute geben.

    Natürlich entstand die Idee des Kibbuz durch kommunistisch geprägte Einwanderer, die sich Anfang des 19. Jahrhunderts aus der Not heraus in Gemeinschaft und ohne eigene Mittel Raum zum Leben in den kargen Felslandschaften geschaffen haben.

    Die Gemeinschaft Ma'agan Michael begann mit 30 Leuten.
    Heute leben hier 2. 000 Menschen, von denen 900 dem Kibbuz angehören. Das Dorf hat eine Fläche von etwa 2 x 3 km. Hinzu kommen etwa 600 km² Land.
    Der Boden ist vom Staat geliehen, ohne dass der Kibbuz eine Miete zahlen muss. Alle 40 Jahre wird aber neu geprüft, ob die Nutzung gemäß Absprache verläuft.

    Um dem Kibbuz beizutreten, gab es früher langjährige Probeverfahren, um sicherzustellen, dass das potenzielle Mitglied sich auch gut einfügt. Heute kann der Eintritt aufgrund der jetzt schon schwer zu verwaltenden Größe nur noch durch Heirat erfolgen. Wobei man nicht eintreten muss, nur weil man heiratet.

    Unterschieden wird zwischen richtigen Mitgliedern und bloßen Bewohnern.

    Niemand wird gezwungen, dem Kibbuz beizutreten oder in ihm zu bleiben, allerdings verzichtet er dann natürlich auch auf die Vorteile der sozialen Sicherung, freien Unterkunft etc.

    Speziell dieser Kibbuz scheint wirtschaftlich gut da zu stehen. Er erwirtschaftet einen millionenschweren Jahresumsatz aus der Produktion von Plastikteilen für verschiedene Industrien inklusive der Rüstung. Hinzu kommen Einnahmen aus dem Agrarsegement.
    Den Mitgliedern steht neben dem Grundeinkommen eine jährliche zusätzliche Gewinnausschüttung zu, die gleichmäßig auf alle verteilt wird.

    Eine 4-köpfige Familie bekommt derzeit etwa 2.500 Euro, was vielleicht wenig klingt, aber dafür ist die Unterkunft frei bis auf den Strom. Früher waren auch die Grundnahrungsmittel umsonst, aber durch zu viel Verschwendung wurde das geändert.

    Es gilt absolute Freiheit in Glaubensdingen und tatsächlich herrscht keine Religion vor. Der Staat subventioniert für Juden nur einen mehrmonatigen Aufenthalt, den Anders- oder Nichtgläubige selbst bezahlen müssen.

    In früheren Zeiten blieben Kinder bereits als Babys von den Eltern getrennt und wurden zusammen in einem Haus untergebracht. Zwar gab es wechselnde Aufsichtspersonen, doch kaum Kontakt zu den Eltern. Die Mutter wurde nur gerufen, wenn es wirklich nicht anders ging.

    Unser Guide selbst beschreibt das damalige - und auch ihr - Leben der Kinder als Aufwachsen wie ein Rudel Wölfe.
    Dieses Bild wiederholt sie mehr als einmal und scheint nicht wirklich glücklich darüber.
    Natürlich brachte dieses Leben für Kinder alle möglichen Freiheiten mit sich, wenn es darum ging, Blödsinn anzustellen, aber auch nahezu unlimitierte Grausamkeiten untereinander. Musste ein Bisschen an den Herrn der Fliegen denken.

    Nachdem sich die wirtschaftliche Lage stabilisierte, wurde das System umgestellt, sodass die Kinder heute mindestens bis zum 13. Lebensjahr bei den Eltern wohnen, danach können sie selbst entscheiden.
    Interessanter Punkt: als diese Änderung vorgeschlagen wurde, gab es zunächst viel Gegenwehr sowohl bei Eltern als auch Kindern, denen der Gedanke, als Familie zusammenzuleben, unheimlich war.

    Müssen Entscheidungen getroffen werden, gibt es keine fest gelegte Mehrheit. Die erforderlichen Stimmen hängen vom Thema ab.

    Verbrechen sind selten. Wenn, dann wird z.B. Diebstahl mit Verweis aus dem Kibbuz behandelt. Bei Gewalt wird auch die Polizei gerufen.

    Arbeiten im Kibbuz können wechseln. Kinder beginnen ab 14 Jahren, mitzuhelfen.
    Es gibt auch Künstler, wobei sich diese zumindest die Hälfte der Zeit auch an anderen Arbeiten beteiligen und schon darauf geachtet wird, dass sie nicht nur mit den Füßen im Sand malen, sondern sich wirklich künstlerisch betätigen.

    Ansonsten gibt es fast alles: Grund- und weiterführende Schulen, deren Ausbildung auch ausreicht um später an höhere Schulen und ins Studium zu wechseln.
    Es gibt Ärzte und ein Krankenhaus.

    Man kann als Mitglied des Kibbuz auch außerhalb arbeiten, gibt dann ggf. einen Teil des Einkommens wieder ab.

    Frauen arbeiten bis 64, Männer bis 67. Es gibt für jedes Mitglied zur Rente einen luxuriösen Alterswohnsitz, welcher bei Tod wieder an die Gemeinschaft zurück geht. un

    Je moderner das Leben und je größer die Gemeinschaft, desto mehr neue Probleme und Situationen gibt es, und alle versuchen von vorn, Lösungen zu finden. So ist zum Beispiel noch offen, wie man damit umgeht, wenn die bloßen Bewohner, die keine Mitglieder sind, in Rente sind und nicht mehr so viel Beiträge zahlen können.

    Die Zahl der Kibbuzim ist mittlerweile von etwa 600 auf 120 geschrumpft, was nicht weiter überrascht. Je höher der Standard, desto größer der Wunsch nach Unabhängigkeit.

    Auch unser Guide ist nicht traurig, dass sie mittlerweile nicht mehr jeden im Dorf mit Namen kennt, so ist die gefühlte Kontrolle durch andere weniger intensiv.
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  • Caesaria

    May 6, 2019 in Israel ⋅ ⛅ 30 °C

    Caesaria war wohl eine bedeutende antike Stadt Palästinas, später auch eine wichtige Festung der Kreuzfahrer. Der ursprüngliche Name der Stadt war Stratonos Pyrgos und wurde kurz vor Christi Geburt von Caesar an Herod geschenkt, der sie dann umbenannte und ausbaute.

    Wunderschöne Landschaft drumherum, fällt es mir bei 36 Grad ohne Guide schwer, mich auf die Geschichte einzulassen und mache nur Fotos 😅

    Am selben Tag Raketenangriffe aus dem Gazastreifen, was ich hier aber nur durch Nachricht aus Deutschland mitbekomme.

    Den Krieg selbst sehen die Leute abgeklärt: bereits vor ein paar Tagen sagte ein Guide, dass es regelmäßig alle paar Jahre immer mal wieder zu Konflikten mit Gaza kommt, vermutlich sei es diesen Sommer wieder so weit.
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  • Nazareth

    May 6, 2019 in Israel ⋅ ⛅ 30 °C

    Eigentlich nur zur Übernachtung gedacht, bin ich überrascht, wie schön die Stadt ist.

    Den Nachmittag habe ich frei und wandere durch die Gegend.

    Mit 2/3 Christen gibt es natürlich schöne Kirchen zu sehen, aber auch die 1/3 Muslime sind mit ihren Moscheen präsent, und wenn der Muezzin ruft, fühle ich mich an andere Länder erinnert.

    Viel gibt es vielleicht nicht zu sehen und da Ramadan ist, wirkt alles ein wenig verlassen. Grundsätzlich herrscht aber eine sehr schöne und ruhige Atmosphäre.

    In den Kirchen sind oft Reisegruppen Gläubiger, die die Mauern mit Gesang erfüllen.

    Und die Unterkunft ist ein Traum, genauso wie der Blick über die Stadt.

    Fast ein bisschen schade, dass ich nicht länger hier bin, obwohl es so viel dann auch nicht zu sehen gibt.
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  • Yessss, Friend, no problem

    May 7, 2019 in Syria ⋅ ⛅ 13 °C

    Ein langer Tag im Bus, vorbei an vielen bedeutenden Stätten, aber leider ohne Erklärung, weshalb ich mich hinterher erst einmal belesen muss.

    Der Busfahrer bemüht sich wirklich, uns die Schauplätze schmackhaft zu machen, aber leider ist sein Englisch dürftig, weswegen er die paar Sätze, die er kann, mit Nachdruck mindestens 3x wiederholt und je nach Laune an den Anfang oder ans Ende mindestens ein "yesssss" , "friend" oder "no problem" stellt.

    Aus dem Bus sehen wir das grüne Dach der Kirche, wo Jesus Wasser zu Wein verwandelt haben soll. Der Fahrer verlangsamt extra, aber ich verzichte auf das Foto vom Dach.

    Erster Stop ist der Mount of the beatitude - Berg der Seligpreisungen, wie Wikipedia weiß. Die Basilika ist von außen sehr schön und innen herrscht wieder eine ganz besondere Atmosphäre durch den Gesang der Betenden.

    Als ich mich etwas in der Sonne entspanne, kommt auch gleich wieder ein pelziger Vierbeiner auf meinen Schoß gesprungen und missbraucht mich als Bett. Als der Bus weiterfährt, muss ich die Katze quasi von mir losschweißen und werde zum Dank mit empörtem Geschrei bepöbelt 😂

    Als nächstes kommt Banyas: einer der drei Quellflüsse des Jordan. Friedlicher Spaziergang durch ein Naturreservats, das die Quelle, die antiken Ausgrabungsstätten sowie den halben Flusslauf umfasst. Den grünen Trail entlang mit rauschendem Wasserfall, entspannend ^^

    Von hier aus Richtung Golanhöhen. Der Fahrer zeigt uns unterwegs die Grenze zum Libanon, die mit einem Elektrozaun gesichert ist und ein Dorf, das zur Hälfte zu Libanon und zur Hälfte zu Israel gehört.

    In dem Dorf und der Gegend leben verschiedene arabisch-stämmige Drusen, eine Art Sekte, die sich vor über 1000 Jahren vom Islam abgespalten hat und heute ihrem eigenen Glauben nachgeht. Ihr Wissen halten sie verborgen und teilen es nur mit ausgewählten Personen. Allgemein soll es sich aber um freundliche Menschen handeln, die gern gesehen sind.
    Ungefähr 125.000 Drusen leben in Israel. Offiziell gehören sie zu Syrien und haben auch eine besondere Vereinbarung, dass sie nach Syrien können um z. B. zu studieren

    Dann ab auf die Golanhöhen.

    Der Weg ist von süßen Schrott-Skulpturen gesäumt, von Dinosauriern bis Soldaten ist alles dabei.

    Oben sind neben UN-Touristen auch spanische Teenies, innerlich Kleinkinder, die Krieg spielen.

    Der Blick auf die Umgebung ist einmalig, ich kann sogar Damaskus sehen. Die Inszenierung des Schauplatzes ist auch anschaulich aufgemacht, der Eindruck gelingt.

    Die anschließende Weinprobe gleicht eher einem All-You-Can-Drink, denn in kürzester Zeit müssen wir alle die Gläser leeren und es wird nachgeschenkt ohne Ende. Vielleicht steigert das Verfahren den Absatz, aber viel schmecken kann ich nicht 😅

    Nächste Station ist Capharnaum, ein ehemaliges Fischerdorf, in dem Jesus gelebt haben soll. Wie so oft ist für mich die wunderschöne Landschaft interessanter als die Gebäude, also genieße ich den Blick auf den See Genezareth, der einzigen Süßwasserquelle Israels.

    Zu dem geht es zum Schluss, Badestop, aber der Wind verleitet nur bedingt zum planschen, daher liege ich im Gras und nüchtere aus 😴🤫
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  • Welcome to Jordan

    May 8, 2019 in Jordan ⋅ ⛅ 22 °C

    Alles in allem dauert der Grenzübergang 4 Stunden, aber verläuft ohne Schwierigkeiten.

    Da Ramadan ist, ist alles etwas ruhiger.

    Morgen ist Nationalfeiertag / Independence Day, daher schließen die Grenzen früh und wir werden das Land im Süden verlassen.

    Die natürliche Grenze zwischen Jordanien und Israel ist der Jordan, der aber größtenteils nicht zu sehen ist.

    Es gibt 5 Grenzpunkte zu Israel, 2 davon liegen in der Westbank, was die Ein-und Ausreise besonders macht. Denn Jordanien hat Israel zwar als unabhängig anerkannt, doch beide haben sich auch geeinigt, dass die Westbank zwar unter israelischer Kontrolle ist, aber nicht zu Israel gehört.
    Deswegen können an diesen Übergängen die Einwohner ihr Land zwar verlassen, aber nicht wieder einreisen, da es kein Visum für ein nicht anerkanntes Land gibt... 🤨

    Das Land überrascht gleich am Anfang, die wunderschöne karge Felsenlandschaft wechselt nach kürzester Zeit zu begrünten Hängen und dichten Eichenwälder, nur um nach einiger Zeit wieder zur Marslandschaftzu werden. Kein Wunder, dass hier gern für Star Wars und andere Filme gedreht wird. Der Marsianer ist auch auf jordanischem Boden entstanden.

    Wieder ein super Guide, der unheimlich offen ist und wirklich jede Frage beantwortet.

    Er erzählt viel von Traditionen und der Moderne. Generell ist zu unterscheiden zwischen religiösen und gesellschaftlichen "Vorgaben". Die meisten Einschränkungen sind tatsächlich gesellschaftlicher Natur und religionenübergeifend sowohl für die hier lebende christliche Minderheit als auch die Muslime gültig.

    🛐 Religion:Tatsächlich leben hier beide Religionen in friedlicher Coexistenz, was auch daran liegen mag, dass die Christen Brauereien betreiben und Alkohol ausschenken dürfen 😁

    99 % der Moslems sind Sunniten, der
    Imam hat eher Ratgeberfunktion und ist kein Heiliger. Für Shiiten ist der Imam quasi Gott und unfehlbar.

    Beduinen sind nicht automatisch Moslems, einige sind Christen.

    👩 Frauen sind in Jordanien Dank verbesserter allgemeiner Bildung seit etwa 40 Jahren gleichberechtigt, dürfen arbeiten, studieren, reisen etc. Sie brauchen keine Erlaubnis der Eltern oder Ehemänner zum Reisen u.ä. Nur bei Minderjährigen wird die Erlaubnis benötigt.
    Väter und Ehemänner haben keine automatische Kontovollmacht bei den Frauen. Es gibt nur bestimmte Berufe, die Frauen noch nicht ausüben, weil es gesellschaftlich nicht anerkannt ist, vor allem im Handwerk.

    🏖️ Der Tourismusminister ist eine Frau, ebenso ihre Angestellenten und in der Regierung sind mindestens 12 Sitze für Frauen reserviert.

    🚸 Schulen sind grundsätzlich nach Geschlechtern getrennt, spätestens ab 12 Jahren, auch bei den Christen. Studium machen dann wieder alle zusammen.

    🧐 Menschen leben nicht allein, das wird kulturell nicht akzeptiert und der Ruf ist hier extrem wichtig.

    👗 Es gibt keinen eigentlichen Dresscode, auch ich muss mich nicht verhüllen. Nur natürlich sollte man es nicht zu doll treiben. Shorts gehen noch nicht, auch kein Minirock.

    ♥ Keine Beziehung, wenn man nicht verlobt ist und selbstverständlich kein Sex vor der Ehe.
    Zuneigung in der Öffentlichkeit wird bestraft, z. B. mit einer Woche Gefängnis.

    👨‍❤️‍💋‍👨 Homosexualität gibt es offiziell natürlich nicht, aber da es offen viele Gesten unter Männern und Frauen gibt, wie Küssen und Händchen halten, ist es schwer auszumachen, wer womöglich homosexuell ist und die Paare können sich gut tarnen.

    🚬 Fast alle Jordanier sind starke Raucher, auch Frauen, überall in der Öffentlichkeit wird geraucht, nur nicht an Ramadan.

    💉 Drogen werden zwar durchgeschmuggelt von Libanon nach Syrien, aber Jordanien ist größtenteils clean, die Leute haben einen großen Zusammenhalt und achten sehr aufeinander. Könnte man auch als Kontrolle bezeichnen, aber sie hat auch ihre guten Seiten.

    🍻 Auch Alkoholismus ist kaum ein Problem, wenn, dann hinter verschlossenen Türen. In der Öffentlichkeit dient der Alkoholkonsum nur dem Vergnügen und wird immer in Grenzen in Bars o. ä. betrieben.

    🌊 Das Land ist wasserarm, der Jordan verschwindet Stück für Stück.

    🗺 Klein (9000 km²), aber lang, daher 4 Klimazonen.

    👨‍👩‍👧‍👦 10 Mio. Einwohner zzgl. 1,5 Mio. Flüchtlingen aus Syrien und 500. 000 aus dem Irak.
    Aus dem Irak gab es zeitweilig wegen des Irakkrieges 2003 2,5 Mio. Flüchtlinge. Geblieben sind die, die nicht in andere Länder weiter konnten.
    Von allen angrenzenden Ländern ist Jordanien mit das sicherste Land.

    🛢 Jordanien ist arm, angeblich gibt es kein Öl. Die Grenze zum Öl-reichen Irak wurde politisch zwischen Frankreich und Großbritannien aufgeteilt.

    Der Einwohner vermuten jedoch, dass es sehr wohl Öl gibt, aber wirtschaftliche Gründe dahinter stehen, es anders darzustellen, da so hohe Preise durchgeholt werden können, Diese sind in Jordanien im Vergleich zur Region am höchsten.

    ⛰️ Reich an Phosphat, 23 Prozent des Landeseinkommens kommen aus dem Rohstoff.

    ⚡Strom wird noch fast ausschließlich mit Diesel gewonnen, was sehr teuer ist. Solarenergie wird jetzt gefördert, das Ziel ist es, in 10 - 15 Jahren Strom nur noch aus Solarenergie zu beziehen und dann auch zu exportieren.

    🌳Alternativer Brennstoff:
    Riesenpellets aus Resten von Oliven, entwickeln mehr Hitze, sind raucharm und billiger als Holz. Und haben wider Erwarten keinen Eigengeruch, wenn sie erst einmal getrocknet sind.

    🤴 Das Königreich und der König.
    Der tatsächliche Name lautet Hashemite Königreich von Jordanien, benannt nach allen Haschemiten-Stämmen, denen auch der Prophet Muhammad angehört hat.

    Der alte König war 4 x verheiratet, zuletzt mit einer Amerikanern bis zu seinem Tod. 7 Jahre danach ging sie zurück in die Staaten, behält aber den Titel Königin so lange bei, bis sie neu heiratet oder stirbt.

    Der König Hussein war sehr beliebt, viele Staatsoberhäupter, die eigentlich verfeindet waren, erschienen zu seiner Beerdigung.

    Auch der neue König Hussein versteht sein Geschäft. In Jordanien sind die Social Media sehr aktiv und er weiß sie zu nutzen. Als einmal ein Straßenfeger im Regen vor einem Café stand, in dem ein Fußballspiel übertragen wurde, und augenscheinlich nicht hinein durfte, machte das durch Facebook & Co. überall in Jordanien die Runde.
    Kurze Zeit später saß dieser Straßenfeger zum Finalspiel beim König auf dem Sofa, was die Massen begeistert hat ⚽
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  • Jerash oder das Ende von Lotti

    May 8, 2019 in Jordan ⋅ ☀️ 20 °C

    Ca. 2000 Jahre alt, einst eine der wichtigsten römischen Städte der Welt, durch einen Fluss geteilt, von dem man heute nicht mal mehr ansatzweise etwas erahnen kann.
    Der Fluss war der Grund für die Ansiedlung, heute ist er asphaltierte Straße.

    Der Guide vermittelt unglaublich tolle Eindrücke und zum ersten Mal bekomme ich wirklich so etwas wie ein Gespür dafür, was sich früher in der Stadt abgespielt haben kann.

    Start in die Ausgrabungsstätte durch ein imposantes Stadttor, was vor Fertigstellung durch ein Erdbeben zerstört wurde.

    Dafür umso mühevoller restauriert, zum Teil wurden aber auch einfach neue Steine gebastelt, was einiges erklärt.

    Weiter über das ehemals gigantische Hippodrom, von dem leider fast nichts mehr übrig ist, außer Sand.
    Hier sollen Gladiatoren gekämpft haben und es gab viel Glücksspiel und Wetten, von den 30.000 Bewohnern der Stadt (inklusive Sklaven) passten 15.000 in die Arena.

    Ich sehe die frühere "Shoppingmall", erinnert an die Brezel-Buden im Fußballstadion.
    An einer Stelle finden sich doch noch ein paar Reste des alten Baus. Der Guide bleibt stehen, an einer ganz bestimmten und zeigt, wozu die alten Römer fähig waren:
    Ohne lauter zu werden, spricht er in Richtung der Ruine. Unfassbar: die Konstruktion verstärkt seine Stimme, wie wir es heute nur mit Lautsprechern und sonstiger Technik hinbekommen.

    Über das Südtor, was früher nach Philadelphia führte (heute Amman), komme ich zum Forum, dem alten Marktplatz, in dessen Mitte noch der Original Opferaltar steht.
    Von Säulen umsäumt, die ebenfalls relativ original sind, ist das schon ein toller Anblick.
    Wirklichen Sinn hatten die hübschen Säulen anscheinend nicht, denn sie waren nicht überdacht und scheinen eher Dekoration gewesen zu sein.

    Weiter oben ist der Zeus-Tempel, er sollte das erste sein, was man erblickt, wenn man die Stadt betritt.

    Zur Baukunst: Die alte Straße ist noch komplett erhalten, die Steine wurden bewusst diagonal gesetzt, damit die Wagen nicht so viel Schaden anrichten, wenn sie schwer beladen entlang fahren und tatsächlich sind die Fahrrillen gut zu erkennen.

    🧐 Es gab auch schon Abflüsse in der Straße, nur ist der Gullideckel aus massivem Stein. Neue Erkenntnis: die runde Form der Deckel ist bewusst gewählt, so kann das schwere Ding beim Öffnen nicht versehentlich in die Kanalisation fallen.

    Den Tempel von Artemis hoch, vorbei an 3 ehemaligen byzanischen Kirchen mit schönen Mosaiken geht es zur letzten Station, den alten Theater, in dem Pseudo-Beduinen in alter jordanischer Tradition schottische und amerikanische Lieder auf dem Dudelsack klampfen... Und da ist es passiert... 😫...
    Lotti hat sich nicht mal verabschiedet, sondern sich einfach klammheimlich aus dem Staub gemacht.

    Vermutlich reist sie jetzt allein weiter durch das Land auf der Flucht vor beduinischen Dudelsäcken 😅
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  • Amman - die weiße Stadt

    May 8, 2019 in Jordan ⋅ ⛅ 17 °C

    Durch den langen Grenzübergang fahren wir leider nur durch die Hauptstadt Jordaniens hindurch.

    Fast alle Gebäude sind weiß, die Stadt ist relativ neu und floriert. Die m²-Preise für Wohnungen liegen bei etwa 1.000 USD.

    Gebaut wird viel, Bei Häusern ab 2 Stockwerken darf zu Wohnzwecken noch bis insgesamt 6 oder 7 Stockwerken hoch gebaut werden.

    Kürzlich gab es eine coole Änderung für Industriegebäude: die dürfen zwar so hoch sein, wie sie sollen, zahlen aber für jeder Etage höhere Steuern.

    Der Palast ist abgeschirmt, in der Nähe stehen aber die reinsten Prachtbauten, die Privatleuten gehören.
    Einer hat unsere Agentur sogar extra gebeten (oder bestochen?) an seinem "Haus" vorbei zu fahren... 🤨
    Sein Geld hat er mit guten Geldanlagen verdient... Was mache ich falsch? 😅

    Die meisten Moscheen werden übrigens von Privatleuten gespendet, nur 10 % von sind staatlich finanziert.

    In Amman soll es riesige und prachtvolle Moscheen geben, unter anderem eine
    Kopie der al-Aqsa-Mosche aus Jerusalem.

    Am Abend dann Ankunft im Übernachtungs-Beduinen-Camp, was Gott sei Dank gar nicht mehr so Original ist, in den Zelten sind richtige Betten und es gibt genug Toiletten und Duschen für jeden ♥️
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  • Petra

    May 9, 2019 in Jordan ⋅ ☀️ 16 °C

    Wir fahren vorbei an "Sandstorm Mountains", surrealen Gebirgsformationen, die früher komplett vom Meer bedeckt waren.
    Sie sehen hart aus, aber sind ganz weich, deswegen auch so gut für Sandstürme geeignet.

    Geschätztes Alter: 500.000.000 Jahre. 🤐

    Im Vorbeifahren wirkt sonst alles friedlich,
    Esel, Ziegen, Hunde, Katzen - irgendwie ein Heile-Welt-Gefühl. Kann aber auch an Ramadan liegen, dass es so ruhig ist 🤷‍♀️

    Wir starten früh in Petra, und ich bin erschrocken, wie kalt es noch ist.

    Leider bleibt wegen des früheren Aufbruchs zur Grenze nicht viel Zeit. Gut, dass das Eintrittsticket für rund 65 Euro schon im Tourpaket enthalten war, so verkrafte ich es besser, dass wir nur 4 Stunden haben.

    Bin aber auf jeden Fall froh, dass wir früh angekommen sind, bevor die ganzen Touristenströme wie Heerscharen einfallen.

    Ein Bisschen höre ich dem Guide noch zu, bevor ich mich doch selbst auf Wanderschaft begebe, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.

    Das Tal, durch das wir laufen, wurde um 550 v. C. von Nabatäern befahren, Nomadenstämmen, die als Karawanenhändler mit Gewürzen etc. oft nach Rom unterwegs waren.

    Die haben mit cleveren Bewässerungssystemen die Gegend zu einer künstlichen Oase in der Wüste gemacht.

    Es gab immer ziemlichen Streit um die Handelsrouten, wenn diese von den Feinden blockiert wurden.

    749 n. Chr. hat ein schweres Erdbeben fast alles in Jordanien zerstört.
    Dieses und weitere Erdbeben haben den Eingang zu Petra mit fast 40 Metern Sand bedeckt und die Stadt auch Stück für Stück komplett zugeschüttet.

    Der Anblick, der sich bietet, ist faszinierend. Kilometerlang erstreckt sich die Stadt inmitten von Bergen.
    Es gibt viele Höhlen (frühere Gräber) , die die Erdbeben gut überstanden haben.

    Beinahe stehlen all dem die Kamele, Esel und Pferdewagen die Show, die zahlungswillige Passagiere nur zu gern durch die Gegend befördern. Die Esel sogar die Treppen hinauf 😱

    Ich entscheide mich gegen das große Kloster und steige den Berg gegenüber des Mausoleums hinauf und genieße die sich eröffnende Aussicht über die Landschaft.

    🐫 🏜 🏜️🐪🏜️🐪🏜️🐫🏜️🐪🏜️🏜️🐪🏜️🐫

    Im Bus auf der Fahrt zur Grenze noch ein paar interessante Informationen zum Land:

    🚸 Frage nach Schulkindern kam auf, da diese offensichtlich in Petra geholfen haben, die Waren der Eltern an den Mann zu bringen.
    Ja, eigentlich gibt es Schulpflicht von 7 - 14. Je nach den familiären Situation schicken einige Eltern ihr Kinder aber nur 1-2 tage pro Woche hin.
    Wenn Kinder von den Behörden "erwischt" werden, die mit 14 nicht lesen und schreiben können, müssen die Eltern Strafe zahlen.

    🛃 Fahrt durch Akaba: die Stadt ist seit 2000 eine zollfreie Sonderzone, um die lokale Wirtschaft anzukurbeln. Jordanier dürfen für 300 Dollar zollfrei einkaufen, Touristen alles.

    🏝 Wir passieren das Rote Meer, das Eilat in Israel und Akaba trennt.
    Den Namen hat es, weil so viele Korallen am Strand liegen.
    Jordaniens Strandstreifen wurde übrigens 1972 mal eben von 10 auf 25 km erweitert, weil König Hussein sich beim König von Saudi-Arabien beklagt hat, dass er kaum Strand hat.
    Der fand das durchaus richtig und hat König Hussein so viel geschenkt, wie er haben wollte.
    Ich will auch einen eigenen Strandabschnitt 😭😬

    ⚚ Handelsbeziehungen zwischen Jordanien und Israel sind total offen.
    Israelis können ohne Visum einreisen.
    Jordanier allerdings müssen in Amman vor Ort ein Visum beantragen, was ca. 6 Wochen dauert und meist abgelehnt wird. Wenn man verwandte in der Westbank hat, sowieso... 🤨
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  • Old City Tour oder American Logorrhea

    May 10, 2019 in Palestine ⋅ ⛅ 15 °C

    Interessant, dass Find Penguins Jerusalem als Palästina deklariert 😱🤪😂

    Morgens geht es los, zur gebuchten Altstadtführung. Es gibt genug gratis Führungen, also verspreche ich mir umso mehr von der bezahlten Variante.

    Leider ist die Gruppe riesig, der Guide anscheinend überbezahlt und spricht als ehemaliger Amerikaner so schnell und unzusammenhängend, dass ich mit den Notizen nicht hinterher komme und die Lust verliere.

    Die Altstadt selbst ist wunderschön, umgeben von riesigen Stadtmauern ist der Eintritt durch eines der Tore wie eine Zeitreise. Auf gerade mal einem km² finden sich hunderte verwinkelte Gassen und Ecken verschiedener Kulturen.

    Los geht es durch das Jaffa Tor, durch das vermutlich auch Napoleon 1799 auf seinem Jaffa-Feldzug getrabt ist.
    Im Toreingang sitzt standesgemäß ein harfenspielender Jesus.

    Die Stadt selbst ist 2.000 bis 2.700 Jahre alt, die Gebäude natürlich nicht 😅 Die Straßen sind etwa 1.200 Jahre alt, die umgebenden Mauern und Gebäude stammen größtenteils aus dem 15. Jahrhundert.

    Die Region hat viele Probleme mit Erdbeben, ca. alle 100 Jahre gibt es ein verheerendes Beben, weswegen die Gebäude i. d. R. nicht sehr alt werden.

    Die meisten Plätze haben mehr als einen Namen, auch muslimische, ich hoffe, ich finde mich zurecht.

    Unterteilt ist das kleine Areal in 4 Glaubensrichtungen Stadtviertel, das muslimische, christliche, jüdische und armenische. Und tatsächlich ist jedes Viertel anders.

    Generell ist die Stadt und auch die Altstadt extrem laut, überall vermischen sich die Töne: Baustellen, Gesang, Autos, Glocken, Helikopter, schreiende Menschen...

    Start im armenischen Viertel:

    Wir begegnen einer seltenen Gruppe koptischer Priester aus Ägypten und einigen anderen Glaubenstouristen.

    Bei einem der ersten systematischen Genozide wurden im 1. Weltkrieg, ca. 1,5 Mio. Armenier durch die Osmanen ermordet.

    Dennoch gibt es armenische Flüchtlinge schon seit dem 3. Jahrhundert.

    Die Armenier seien sehr unter sich, hielten sich aus allem raus und andere auf Distanz, weswegen sie als einzige Völkergruppe nie aus Jerusalem vertrieben wurden.
    Ganz im Gegensatz zu den Juden, die zwar zuerst da waren, aber immer mal wieder "Hausverbot" hatten.
    Somit ist das armenische Viertel der älteste Stadtteil Jerusalems.

    Für Touristen mache dieses Verhalten einiges schwieriger, wir besuchen eine Kirche, welche wir nur von außen sehen können, weil sie nicht einmal zwei Stunden täglich geöffnet hat, dabei sei es eine der schönsten Kirchen der Stadt.

    Handwerklich sind sie berühmt für schöne Keramik, die auch am Eingang zu sehen ist.

    Weiter durch das Zionstor, was voller Einschusslöcher ist, zum Raum des letzten Abendmahls.
    Tatsächlich hatte der mit Abendmahl so gar nichts zu tun, es handelte sich um eine Fehlinformation an die Kreuzritter. Überhaupt gibt es hier einige Namen in der Stadt, die nie da waren...

    Von einem Aussichtspunkt sehen wir das Dach der Dormitio-Abtei und haben einen tollen Blick auf die gesamte Stadt.
    Bei der Abtei handelt es sich um eine von 3 Kirchen, die Kaiser Wilhelm vor dem ersten Weltkrieg baute.

    Nachdem er 2 Kirchen hatte bauen lassen, hat er seiner Kaiserin, die diese so hübsch fand, mal eben heimlich eine dritte errichten lassen.
    Sie nahm an, unter der Bedingung, dass diese Kirche für gemeinnützige Zwecke genutzt werden soll, und so wurde daraus ein Hospital, welches noch heute - auf Behandlung von Krebs spezialisiert - genutzt wird.
    Allerdings wird die derzeitige Nutzung bewusst nicht publik gemacht, da Hilfe auch für Patienten verfeindeter Nachbarländer geleistet werde und diese ihren Schutz verlieren würden...
    Ich frage mich, ob ich dem Guide diese aktuelle Geschichte glauben soll, denn ich wüsste nicht, wie diese Patienten das Land betreten haben sollen... 🤨

    Weiter zum jüdischen Viertel.

    Langsam geht mir die Luft aus. Bei den wasserfallartigen Redeergüssen des Guides bekomme ich nicht mal mehr ein Viertel davon mit, was interessant sein könnte und bin erschöpft... Insgesamt soll die Führung 4 Stunden gehen, davon aber 1,5 Stunden Mittagspause, irgendwie unpassend das alles.

    Das jüdische Viertel ist wesentlich jünger als das armenische.

    1948 hat die jordanische Armee in einer Art Amoklauf das ganze Viertel platt gemacht und alles zerstört.

    Erst 1967 war der Wiederaufbau, wobei viele archäologische Artefakte entdeckt wurden, die die Juden heute zu ihren Gunsten auslesen.

    Insgesamt wurde die Stadt 3x zerstört bei über 30 Kämpfen.

    Es gibt 50 oder 60 unterschiedliche Unterarten von Juden, mit unterschiedlichen Sprachen und Ausrichtungen.
    Vor allem aus Deutschland kommen die aschkenasischen Juden, die jiddisch sprechen.
    Spanien und Portugal haben z. B. sefardische Juden, die latinojüdisch sprechen usw., usw.....

    Und. So. Weiter. Der Wasserfall reißt nicht ab 😭

    🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊

    1492 Blütezeit in Spanien... Irgendwas mit Christen...
    17.... Aschkenasische Juden kamen... Haben sich schlecht verhalten und vieles wurde zerstört ...
    1850 oder so kamen weitere aschkenasische Juden, mit Geld, die haben vieles wieder aufgebaut...
    2010 wurde wieder alles aufgebaut, aber es gab keine Einigkeit über das Aussehen...

    Wie auch immer am Ende steht eine Moschee gebaut von einem Juden neben einer Synagoge gebaut von einem Moslem...

    🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊🌊

    Ich gebe auf, ich komme nicht hinterher, das ist schlimmer als trockener Geschichtsunterricht.

    Zu der Sprechgeschwindigkeit kommen die Hintergrundgeräusche und gleich zwei Hobby-Simultanübersetzer in der Gruppe, die die Kaskaden des Guides in Chinesisch und Spanisch in kleine Mikrofone plappern... Es reicht.

    Vor der Klagemauer lasse ich noch einen letzten halbstündigen Monolog über was auch immer über mich ergehen, danach geht es weiter auf eigene Faust 👊
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  • Via Dolorosa mit Lücken und rückwärts

    May 10, 2019 in Palestine ⋅ ☀️ 18 °C

    Side-Fact zur Klagemauer: Männer und Frauen sind getrennt, wobei die Männer mehr Platz haben als die Frauen.

    Ansonsten ist es einfach beeindruckend: Menschen pressen ihre Gesichter in ihre Gebetsbücher, stecken Zettel in die Mauer... auf einmal herrscht Ruhe inmitten der Hektik Jerusalems.

    Wir verabschieden uns vom Schwafel-Ami und ziehen mit 3 Mädels von der Klagemauer aus allein los.

    Unterwegs sammeln wir noch Richard ein, unseren 73-jährigen schwulen Kanadier. Der ist auf der Führung abhanden gekommen, ohne dass es dem Guide aufgefallen wäre. Dankbar schließt er sich uns an.

    Erst mal einen Erholungs-Eiskaffee, dann geht es an die Planung des restlichen Nachmittags.

    Anja ist der neue Guide, zusammen mit ihrem Lonely Planet. Der Tempelberg ist heute - wegen Shabbat - für Touristen gesperrt. Also versuchen wir, die Via Dolorosa - den ehemaligen Kreuzweg - unsicher zu machen. Zwar rückwärts, aber egal.

    Die Altstadt ist extrem verwinkelt und - wegen Freitag - so voller Menschen, dass die Orientierung schwerfällt und wir aus Versehen fast alle Stationen auslassen, was für mich nicht weiter wild ist. 😜

    Mit fällt es ohnehin schwer, mich auf diese ganze Jesusgeschichte einzulassen, zumal ich mittlerweile sehe, wieviel falsch überliefert wurde und/oder wie viele verschiedene Interpretationen es zu allen vermeintlichen Tatsachen gibt, weswegen sie die Menschen die Köpfe einhauen...

    Trotzdem finde ich die Gläubigen und ihr Verhalten interessant und habe auch Ehrfurcht vor der Macht der Religion und vor der Möglichkeit, Menschen friedlich zu vereinen.

    Wir starten an der Grabeskirche, wo Jesus gekreuzigt wurde und wieder auferstanden ist.

    Beeindruckend ist der Bau auf jeden Fall, er hat gigantische Ausmaße.

    In der Warteschlange für den Blick auf Jesus Grab treffen wir zwei deutschsprachige Jungs, die gerade eine Art Priester - Praktikum machen, und uns einiges erklären.

    Gleich am Anfang der Kirche ist der Salbungsstein Jesus, was erklärt, warum dort so viele Menschen den Boden küssen.

    Errichtet wurde die Kirche von Helena um 300 n. Chr. auf dem Golgata Felsen, auf dem Jesus gekreuzigt wurde.

    Vorher stand da Hadrians Venustempel. Helena nahm an, dass dieser die Christen vertreiben ließ und hat daher den Tempel platt gemacht und durch die Kirche ersetzt. Und wohl auch den Leichnam Jesus "umgeparkt".

    Auf der Rückseite vom Grab Jesus gibt es eine winzige Kapelle, in der ausgewählte Gläubige auf Knien beten und weinen.

    Als wir dran sind mit dem Blick auf das Grab, dauert es keine 5 Sekunden, bevor ein Priestertürsteher energisch gegen die Wand klatscht und "Come on!" schreit, Fotos sind natürlich eh verboten. Ist schon so eine Sache mit dem Business Religion.

    Mein Fazit: So beeindruckend der Prunk und die Intensität der Gläubigen auch ist, habe ich mich in den kleineren Kirchen in Nazareth viel entspannter und heimeliger gefühlt. Hier geht es zu wie einem Taubenschlag aus Selfies.

    Vorbei an weiteren Kreuzwegstationen enden wir bei Station 2, es wird ja auch später und alle machen pünktlich Feierabend 😅
    Diese Station ist ein hübscher Innenhof.
    Hier soll Jesus gegenüber dem Eingang zur Verurteilungskapelle sein Kreuz genommen haben. In der Geißelungskapelle soll er gegeißelt worden sein.

    Vor dem Altar hängt eine große Dornenkrone von der Gewölbedecke. Die Fenster dieser Kapelle zeigen die Menschenmassen, die sich das Ereignis nicht entgehen lassen wollten.

    Yoah. Reicht für mich. Fühle mich ein Bisschen wie in einer Märchenstunde, und freue mich, dass jetzt Feierabend mit Kreuzweg ist.

    Durch wahnsinnige Menschenmassen, die aus der Al-Aqsa-Moschee zurückkommen, lassen wir uns aus einem der vielen Alstadttore schieben. Ich halte mich zwischen ein paar Frauen versteckt, um möglichem Gegrabbel zu entgehen und entdecke unter ihnen auf das ein oder andere freundliche Gesicht, was mich mit Blicken ermutigt, durchzuhalten.

    Alles klappt super.

    Weiter auf den Ölberg, wo es zum Hintergrund der sinkenden Sonne einen traumhaften Blick über Jerusalem gibt.
    Und über den gigantischen Friedhof unter uns.

    Wer sich hier heute begraben lassen möchte, zahlt etwa 100.000 Euro pro Grab und wir philosophieren in der Abenddämmerung darüber, ob einem das wohl einen der vorderen Plätze im Himmel sichert oder ob man mit dem Geld nicht lieber was Gutes anstellen sollte.

    Da Rich die Klagemauer am Tag verpasst hat, aber auch etwas orientierungslos ist begleite ich ihn am Abend noch einmal und bin begeistert. Jaaaaa. Eigentlich sollte man als Tourist da wohl nicht unbedingt Freitag Abend hin, aber die Stimmung und das Ambiente waren einmalig und ganz anders als am Tag. Frauen und Männer singen und tanzen, liegen sich in den Armen und sind ganz beisammen. Fast ein bisschen Festivalfeeling, alles ist ganz friedlich.

    Ich bin erstaunt, wie viele junge Menschen hier sind. Nur vereinzelt ist mal jemand über 40 zu sehen...

    Zurück geht es wieder durch die Gassen der Altstadt, wo diesmal anstelle der Muslime die Juden durch die Gänge sausen, auf dem Weg zur Mauer, in Hektik, Kinder werden angetrieben und Touristen aus dem Weg geschoben mit arroganten Blicken, die zu sagen scheinen "Aus dem Weg, Gott wartet auf mich!" 🙃
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  • Palästina Pt. 1 Taufstelle Qasr el-Yahud

    May 11, 2019 in Palestine ⋅ ☀️ 20 °C

    Der erste Tag Westbank hat es in sich.

    Wir haben wohl Glück und fahren in einer "kleinen" Gruppe mit 19 statt normalerweise 35 Leuten. Der Guide ist sichtlich erleichtert, mit dem Zählen der Teilnehmer haben sie es hier anscheinend nicht so 😅

    Auf dem Weg in die Bethlehem Area (sowas wie der Landkreis Bethlehem? 😬) passieren wir die israelischen Kontrollpunkte.

    Der Guide steigt erst danach ein.

    Er ist ein christlicher Palästinenser, der nicht mehr nach Jerusalem darf.

    Auch die Straßen der Stadt dürfen sie nicht benutzen. Wir fahren eine neue Straße entlang, die in den 90ern gebaut wurde und um Jerusalem herumführt. Dadurch verdoppelt sich der eigentliche Weg.

    Der Busfahrer ist zwar Palästinenser, aber Einwohner von Jerusalem, deswegen hat er eine Sondergenehmigung und kann in beiden Gebieten fahren. Seine Familie außerhalb der Stadt darf ihn aber nicht besuchen.

    "Raus kann jeder, nur wieder rein nicht", erklärt der Guide.
    Touristenbusse werden bei der Einreise nach Israel nur stichprobenartig kontrolliert.

    ABER: Sollte der Fahrer einen Palästinenser einschmuggeln, landet er jahrelang im Gefängnis, zahlt um die 120.000 Strafe (Währung vergessen, hoppala... 😅 Vielleicht Dollar, ich glaube aber, Schekel, sind dann immer noch ca. 30.000 Euro) und die gesamte Reiseagentur verliert ihre Zulassung. Das überlegt man sich dann wohl zwei Mal.

    Bei Einfahrt in die palästinensischen Gebiete sieht man an den Grenzen überall dicke rote Warnschilder.
    Praktischerweise sogar auf Englisch.
    Es handelt sich um eine Warnung an Israelis, sich unter Androhung von Tod von den Gebieten fernzuhalten.

    Hmmm... 🤨 Warum auf englisch? Haben die Israelis hebräisch verlernt?

    Nein, wir werden aufgeklärt: die Schilder stammen nicht von den Palästinensern, sondern vom israelischen Militär und sind extra schön beeindruckend, damit Touristen sich eher fern halten.
    Man wolle nicht, dass die Touristen in diese Gebiete gehen, die Wirtschaft vor Ort unterstützen und womöglich auch sehen, dass Palästinenser Menschen sind wie jeder andere.
    Und natürlich wollen die Israelis auch nicht, dass der eigene, unfeine Umgang mit den Palästinensern publik wird.

    Es ist total abstrakt, wir fahren ganz dicht an Jerusalem vorbei, können wunderbar auf die Altstadt schauen, und sind doch im Sperrgebiet 😞
    Der Guide zeigt auf eine Stelle neben der Straße und meint, dass sich hier oft junge Palästinenser treffen und von dieser Seite nach Jerusalem schauen, denn als Christen und Moslems hat die "heilige Stadt" für sie einen großen Stellenwert.

    Wir halten bei der Taufstelle Jesu Qasr el-Yahud.
    Eine braune Pfütze des Jordan, wo durch Johannes den Täufer sogesehen die spirituelle Geburt von Jesus statt fand, als dieser 13 oder 14 war.

    Viele Moslem Führer sollen hier begraben liegen.

    Verrückt ist es schon: keine 5 Meter Wasser trennen uns von Jordanien. In der Mitte der Pfütze ein unauffälliger Stacheldraht und auf der anderen Seite ein Kontrollturm mit Militär, der sich in die Landschaft einpasst.
    Ich komme nicht umhin, zu bewundern, wie man es hier versteht, Sicherheit mit Achtung für die Religion zu verbinden.

    Und es ist beeindruckend, die Pilger in ihren weißen Gewändern zu sehen, wie sie ganz in sich versunken in die braune Brühe steigen.

    Da der Jordan immer mehr Wasser verliert, wird auch diese Stelle bald austrocknen, komisches Gefühl.

    Wieder im Bus folgen einige Geschichten um Jesus und die heiligen 3 Könige, aber ich werde hinterher aus meinen Notizen nicht mehr schlau 😅
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    Trip end
    May 18, 2019