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  • 2150 MS Nordkapp: Kristiansund - Bergen

    August 5, 2022 in Norway ⋅ ⛅ 12 °C

    Gestern vorm Einschlafen habe ich nochmals meine Reise vor meinem inneren Auge Revue passieren lassen und da ist mir plötzlich folgendes durch den Kopf gegangen.

    Du sitzt gemütlich auf deinem Fahrrad, lässt deinen Gedanken freien Lauf, deine Augen schweifen über die Landschaft, du genießt.
    Und da siehst du ihn, in weiter Ferne, am anderen sichtbaren Ende des Radweges, quasi am Horizont deiner Wahrnehmung - den ersten entgegenkommenden Radfahrer seit einer Stunde. In einem Bruchteil einer Sekunde hast du die Entfernung vermessen und den exakten Schnittpunkt zwischen dir und ihm festgelegt. Alles kein Problem, bis du all der Hindernisse zwischen dir und ihm gewahr wirst: die dir entgegenkommende Gruppe von Läufern, die in deine Richtung joggende, ein neonrosa und nabelfreies Läufertrikot tragende, Kinderwagen schiebende Enddreißigerin, das mit seinem Lieblingshund Gassi gehende Rentnerehepaar. Und in einer Nanosekunde weißt du - die treffen alle zum selben Zeitpunkt an deinem prognostizierten Treffpunkt mit deinem Radlerkollegen ein. Okay, wird schon irgendwie gehen. Du bringst dich in eine vorteilhafte Ausgangsposition, überlegst, ob du die Polposition halten kannst oder doch lieber in die Bremsen steigst. Da spürst du ihn plötzlich im Nacken, den heißen Atem des hinter dir heranrasenden Supermans. Und du kennst ihn. Rücksichtslos, sich, seine Fitness und vor allem seine Jugendlichkeit weit überschätzend, drängt er sich im slimfiten Rennanzug auf feinstem Carbon mit elektronischer Schaltung kurz vorm Ziel an dir vorbei in die Polposition. Und weg ist er. Es haben alle überlebt, aber wie weiß keiner.

    Dieses Phänomen kennt jeder, egal ob zu Hause am Radweg oder hier in Norwegen auf kaum befahrenen Straßen. Hier in Norwegen findet dieses Geschehen ständig zwischen Wanderern, Radfahrern und Wohnmobilen statt. Wer kann mir erklären, warum immer alle zum selben Zeitpunkt an diesem ominösen Schnittpunkt eintreffen. Gibt es dafür ein Gesetz? Sowas Ähnliches wie Murphey.

    Nun aber zu etwas ernstem.
    Heute war die erste Nacht seit langem, in der es wieder komplett dunkel wurde. Das ist ein vollkommen neues Gefühl. Trotzdem war ich schon um 07:00 Uhr munter. Ich habe begonnen, meine Sachen zusammenzupacken und dann ging ich frühstücken. Um 10:00 Uhr mussten die Kabinen geräumt sein. Ich habe das schon etwas vorher erledigt und habe daher noch einen Platz in der Panoramalounge, direkt an einem Fenster bekommen. Die Fahrt von Florø nach Bergen entlang des Hjeltefjord war landschaftlich sehr beeindruckend. Entlang der Küste standen immer mehr Häuser und man merkte, dass man sich einer großen Stadt nähert. Ich wollte noch schnell ein Hotel für eine Nacht buchen und glaubte, dass das sicher ganz einfach sein wird. Ich habe fünf Hotels kontaktiert, alle waren ausgebucht, erst im letzten habe ich noch ein Zimmer ergattert. Als ich vom Hurtigrutenkai ins unweite Hotel fuhr, habe ich den Grund dafür gesehen. Die ganze Innenstadt von Bergen ist ein großer Festplatz, im Hafen liegen alte Schiffsveteranen aus ganz Norwegen und ein paar auch aus Holland, alte Busse kurven durch die Innenstadt, auch die Feuerwehr hat ihre Oldtimer aus der Garage geholt. Es ist richtig was los und es ist der erste regenfreie Tag, den ich in Bergen erlebe. Ein super Abschlusstag in Norwegen.

    Morgen um 08:15 Uhr geht es dann mit dem Zug nach Oslo und von dort zu später Stunde weiter nach Göteborg. Die Heimat kommt immer näher und freue mich schon sehr darauf.
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