• Danum Valley

    August 20 in Malaysia ⋅ 🌧 23 °C

    Die Nacht war kurz und ich bin eigentlich todmüde. Doch heute findet der Sonnenaufgangstrail statt. Wir fahren zunächst mit dem Auto und klettern dann auf einen Aussichtsturm. So schlecht meint es das Wetter gar nicht. Wir sehen die Sonne und die vorhandenen Wolken bilden einen tollen Kontrast. In den umliegenden Tälern liegt dichter Nebel. Nach einiger Zeit beginnt sich der Nebel aufzulösen und wabert wie feine Spinnweben um uns herum. Leider schiebt er sich auch zwischen uns und die aufgehende Sonne. Die Stimmung ist wunderschön. Aber einen Sonnenaufgang gibt es nicht. Wir lauschen den Geräuschen der Tiere und blicken auf diese so ruhig erscheinende Welt, in der so viel Leben steckt.
    Nach dem Frühstück beginnt der Tembaling Waterfall Trail. Während der ersten 1,5 Stunden begleitet uns der Gesang der Gibbons. Er wird danach von Vogelrufen und Grillengezirpe abgelöst. Es ist ein weitgehend entspannter Trail. Wir bestaunen die riesigen Bäume und klettern über Wurzeln und Unterholz. Es ist unglaublich faszinierend, dass es Pilze gibt, deren Pilzfuß durchsichtig erscheint und deren Pilzkopf nicht mal annähernd so groß ist, wie ein kleines Stecknadelköpfchen. Das sind filigrane, zarte Pflänzchen. Dennoch trotzen sie den harten Bedingungen des Dschungels.
    Apropos hart: Heute ist es mal wieder ganz besonders schweißtreibend. Ein dünner Wasserfilm bedeckt den gesamten Körper. Sobald man stehen bleibt, beginnt man noch mehr zu schwitzen und in kleinen Rinnsalen läuft das Wasser über Rücken und Beine in Unterhose und Socken. Doch dann mischen sich einzelne kühle Tropfen unter das Schweißbad. Es beginnt ein wenig zu regnen. Angenehm fühlt sich das an. Da es aber nur wenig regnet und die Sonne stark durchdrückt, wird es kurz darauf richtig heiß und schwül. Bei diesem Wetter haben auch die Tiere keine Lust sich zu zeigen. Wir können sie überall hören, aber nicht sehen. Die einzigen, die omnipräsent sind, sind die Leeches. Ständig müssen wir sie von Schuhen, Hosen und anderen Stellen pflücken. Moritz hat zweimal Glück und erwischt sie, bevor sie in seinen Bauch beißen. Heute sehen wir auch viele Tiger-Leeches. Sie sind aber nicht schlimmer als die Braunen Hässlichen. Trotz Schutzkleidung finden die Viecher ihren Weg. Wirklich helfen würde hier glaube ich nur ein Corona-Komplettkörperschutzanzug. Aber wer weiß, womöglich würden sie auch hier ein Schlupfloch finden.
    Schließlich erreichen wir die Hängebrücke über den Fluss. Wir dürfen sie nur einzeln überqueren, weil sie für mehrere Personen zu instabil ist. Das sind Aussichten. Als wir sie sehen, ist klar, dass wir da nicht zu mehreren drauf wollen. Da ich vor diesen Brücken Respekt habe, betrete ich sie etwas angespannt. Die ersten Stufen fehlen. Man läuft über das blanke Netz. Dann liegt der Fluss unter mir. Es ist nicht der Blick in die Tiefe, sondern das Schaukeln und Schwingen, das mir manchmal große Probleme bereitet. Landschaftlich ist die Überquerung traumhaft schön. Felsen, umgestürzte Baumstämme, Strudel, ruhige Becken…. Eine grandiose Dschungellandschaft. Ich bin etwa in der Mitte der Brücke, als ich an für Frauen wie Männer absolut schlimmster Stelle einen Schmerz spüre. Mir ist sofort klar - Leech-Biss. So kann ich nicht weiter. Die frisst sich voll. Also mitten auf der Brücke die Hose runter. Sie hat sich schon gut festgesaugt. Ich muss sie rausziehen. Sie wehrt sich natürlich. Das Blutbad ist perfekt. Ich pfitze sie in den Fluss. Guten Flug und tschüss. Du beißt niemanden mehr. Mehr kann ich hier für mich nicht machen. Also Hose wieder hoch und die zweite Hälfte der Brücke in Angriff nehmen. Sobald ich drüben angekommen bin, ist die Hose sofort wieder unten und ich besehe mir das Malheur. Mit Klopapier und viel Pflaster bekomme ich die Blutung schließlich gestoppt. Ich liebe es. Wer hat nur diese Scheißtierchen auf unserem Planenten verbreitet?
    Der Wasserfall ist klein, aber herrlich gelegen. Nun sehen wir uns die Flusslandschaft von unten an. An Lehmlecken versorgen viele Schmetterlinge ihren Mineralstoffhaushalt. Wunderschöne rote und orange Schmetterlinge gibt es hier. Ich finde, dieser Platz erfüllt alle Klischees einer traumhaften Dschungellandschaft. Grandios, was die Natur hier erschaffen hat. Schließlich geht es denselben Weg durch viel Dreck, Schlamm und kleine Flüsse zurück zu unserer Lodge. Der Kampf gegen Leeches findet weiterhin mit unverminderter Härte statt. Wir gewinnen. Es gibt keine weiteren Bisse mehr zu beklagen. Für den Moment. Trotzdem beißt oder sticht mich etwas in den Arm und in den Bauch. Es juckt irgendwie, aber wirklich sehen kann ich nichts.
    Nachdem Moritz beim Mittagessen sein letztes, sauberes Dschungel T-Shirt mit Soße verkleckert hat, ist dies der Startschuss, doch heute noch Wäsche zu waschen. Es ist extrem heiß und wir verbringen daher die Mittagspause als echte Pause. Naja, wenn man Wäschewaschen als Pause bezeichnen kann. Die Klamotten riechen mehr als liederlich und benötigen dringend eine intensive Seifenbehandlung. Los geht‘s. Die Reisewaschmaschine wird mal wieder an den Start gebracht. Ich bin zufrieden. Soße und Blutflecken sind weg und es riecht auch alles wieder recht frisch nach Persil. Ich hoffe, das Wetter meint nicht, mir helfen zu müssen. Denn mittlerweile ist es grau verhangen und sieht stark nach Regen aus. Noch mehr nasse Wäsche kann die Wäscheleine heute nicht mehr vertragen.
    Unser Walk wird relativ trocken, aber leider absolut tierfrei. Dafür sitzen beim Abendessen einige Geckos und Eidechsen über uns. Plötzlich ertönt ein lautes Iiiihhh von Moritz. Die Eidechse hat ihm auf T-Shirt und Hose geschissen. Das ist natürlich der Lacher des Abends. Ich finde es nicht so witzig. Eben habe ich Wäsche gewaschen. Aber es lässt sich ganz gut entfernen.
    Read more