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  • Day 15

    Von Pansdorf nach Schlutup

    March 15, 2023 in Germany ⋅ ☁️ 4 °C

    Der Abend war noch lang. Auch die zweite Flasche Wein wurde noch geöffnet. Alle Familiengeschichten besprochen und intensiv über verschiedene alternative, weniger alternative und gar nicht alternative Heilmethoden für Leiden aller Art diskutiert. Das Essen war auch hervorragend wie immer bei Muttern. Die Wäsche wusch, die Akkus luden und ich schlief sehr gut in meinem Bett. Alles Gründe, um den Morgen nicht ganz so früh beginnen zu lassen wie in den letzten Tagen.

    Nach einem ausführlichen Frühstück und der Versorgung mit Wegzehrung in herzhaft und süß bringt mich mein Trailangel wieder zurück zum Trail. Vielen Dank, Mutti!

    Einen Schneeschauer habe ich im Auto noch lächelnd und trocken überstanden. Noch ist alles weiß, aber das sollte heute schnell wegtauen. Erster Zwischenstopp gegen 10 Uhr ist die 400 Kilometer-Marke des NST. Ich male eine 400 in den Schnee, lege das Schnäpschen dazu, tanze heute ausgiebig, da gerade die Sonne scheint, und kippe mir das Schnäpschen hinter die Binde. Da das ganze auf dem Dorfspielplatz stattfindet, laufe ich schnell weiter, um nicht Anrufe beim Rettungsdienst zu provozieren.

    Hinter Röhrsdorf ist der Schnee schon weitgehend getaut. Es geht leicht auf und ab, erst schön durch Wald und Flur, dann bis Groß Parin an kleinen Straßen. Zwischendurch erklettere ich zunächst den Pariner Berg und dann noch den Bismarckturm oben drauf. Der Berg hat schon 72 Meter Höhe, dazu noch die 15 Meter des knuffigen Turms ergibt eine grandiose Fernsicht. Ja, der Turm ist tatsächlich offen. Ich bilde mir ein in der Ferne im Norden den Bungsberg zu sehen und murmele "Siehste, geht doch". In die andere Richtung sieht man die gotischen Türme der Lübecker Kirchen.

    Danach geht's wunderschön nördlich von Bad Schwartau durch das Schwartautal. Die Schwartau wird Stück für Stück renaturiert, nachdem der Reichsarbeitsdienst vor 90 Jahren begradigt hatte. Schwartau kommt wohl aus dem Slawischen und bedeutet sowas wie die Schleifenreiche. So sieht es inzwischen von oben mit Blick in das durch den Fluß eingeschnittene Urstromtal wieder aus. Ich bin begeistert, wozu auch das zwar noch etwas instabile, aber insgesamt freundliche Wetter beiträgt. Der letzte Schneeregen erwischt mich gegen 13 Uhr, ist aber schon deutlich ein ohnmächtiger Schauer körnigen Eises und schnell vorbei. Ich sehe es als Zeichen, dass jetzt der Frühling wirklich, wirklich kommt.

    In Ratekau steht ein wiederaufgebautes Großsteingrab neben der knuffigen Kirche und nicht weit von einem Bäcker. Eine Kaffeepause ist angesagt. Weiter geht es Richtung Kreuzkamp. Jetzt scheint richtig die Sonne. Ich habe einen Moment, indem mir einfach alles stimmig erscheint. Genau hier allein auf diesem Feldweg gehöre ich jetzt hin. Ich mache mir Cohens Hallelujah an. Kitschig. Aber passt.

    Der allerletzte Schneeregenschauer erwischt mich hinter Kreuzkamp. Total ohnmächtig. Der Frühling kommt, ich hab's gesehen. Gestern Pestwurz, heute Narzissen, blühende Kornelkirsche und Forsythie. Und Schabockskraut. Da flücke ich eine Handvoll. Frühlingssalat. Lecker.

    Es geht durch Wald und dann nach Kücknitz hinein. Jetzt muss bald der Shuttle durch den Herrentunnel unter der Trave kommen. Ich checke den Fahrplan, fährt alle 15 Minuten. Dann kommt noch der aller allerletzte Schauer. Ich bekomme den Shuttle um 17:50 Uhr und hab so die Abendsonne auf der anderen Traveseite.

    Jetzt fehlt nur noch ein Plätzchen zum Schlafen. Ich gehe im Lauerholz am Forsthaus vorbei und noch ein Stück weiter, bis die Zivilisationsgeräusche der Straße leiser werden. Dann noch ein Stück in den Wald hinein und da ist auch schon das Plätzchen. Ich baue mein Zelt auf, heute in der Großraumversion ohne Innenzelt. Satte 3 Quadratmeter Wohnfläche.

    Ich werde nun bald schlafen.

    Gute Nacht!
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