- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Aug 10, 2022, 5:00pm
- ⛅ 31 °C
- Altitude: 776 m
- SpainCastille and LeónBelorado42°25’14” N 3°11’20” W
11 Santo Domingo – Belorado
August 10, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 31 °C
Und heute ging es nach Belorado. Das war eine 22 km-Etappe. Der Weg war nicht so anstrengend, wie ich dachte. Ich hatte bei der Beschreibung im Höhenprofil gesehen, dass es ganz schön rauf und runter geht. Dabei waren es nur 200 Höhenmeter. Auf eine Strecke von 20 km macht das Mal grad 10 m auf einen km - billig! Es war den ganzen Tag bedeckt und nicht mehr ganz so heiß. Nach dem Frühstück bin ich von 9 bis 13 Uhr fast durchgelaufen. Es läuft sich immer besser.
Der Weg führte in weiten Strecken an der viel befahrenen Nationalstraße entlang, also nicht über sondern auf einem Extraweg neben der Straße. Gerade wird auch hier noch ein Abschnitt der Autobahn fertig gestellt, die „Camino de Santiago“ heißt.
Unterwegs habe ich etwas gemerkt. Wenn ich in eine Kirche gehe, wird mein Blick von dem Chor und in den meisten Fällen hier in Spanien von einem übervergoldeten Altar angezogen. Der Chor weist nach Osten. Da ist auch kein Ausgang - da ist es zu. Drehe ich mich um, schaue ich nach Westen durch die Eingangstür oder, wenn die an der Seite ist, durch ein Rosenfenster Richtung Meer. Das ist ja mein Weg.
In Belorado angekommen, musste ich noch warten, bis ich in die Albergue konnte. Ich saß auf der Plaza Mayor - da wo ich vor 20 Jahren schon einmal gewesen war. Der Platz war damals schattenlos und heute ist er überdacht von Platanen. Wie dich die Zeiten ändern.
Tja, die Unterkunft buche ich immer noch im Voraus am Morgen. Dann kann ich entspannt laufen und habe keinen Stress, einen Schlafplatz zu finden.
Aber jeden Morgen sage ich mir: „Heute nicht! Heute lasse ich es drauf ankommen. Ich schaue, was ich am Ziel finde.“ – Dann überholen mich die Pilgerscharen und mein Sicherheitsbedürfnis wird so groß, dass ich zum Smartphone greife und buche. Booking.com macht’s möglich.
Irgendwann, wenn ich dann bei mir ankomme, werde ich diese prickelnde Gefühl – ob ich wohl was finde oder nicht oder wo komme ich unter und was erlebe ich da? – auskosten.Read more
Traveler Ich merke, dass ich nicht so direkt reagieren kann, auf das, was du am Tag schreibst. Laufe (virtuell) also ein bisschen hinter dir auf deinem Weg. Möchte jetzt einige Gedanken mitgeben über das Thema 'Vater,, das du angesprochen hast. Weil jetzt etwas technisch schief geht, meine Bemerkung ist schon gespeichert, schreibe ich weiter in einer zweiten Bemerkung.
Traveler Hier bin ich wieder. Die Geschichte über deinem Vater hat mich bewegt. Du weisst, ich habe auch eine schwierige Verhältnis mit meinem Vater gehabt. Aber da hat sich nach seinem Tode (2014) etwas grundsätzlich geändert. Seitdem brauche ich es nicht mehr, ihn zu be- oder verurteilen. Ich will nur gerne wissen, wie er gewesen ist, als Mensch, als Person. Statt Ärger kam da Interesse. Ging das nur vom mir aus, oder kam das auch von meinem Vater, also aus dem nachtodlichen Bereich? Tatsache war, das ich ihm anders sehen konnte. Die Tatsache, dass ich ihn ohne Urteilsaugen ansehen kann, machte mich freier, freier zu ihn. Das war und ist wohltätig. Ich glaube, Kike, dass es ein grosser Wunsch deines Vaters gewesen sein kann, nicht beurteilt zu werden über was in seinem Jugendzeit passiert ist. Aber das drohte und passierte immer wieder. Er hatte Angst, grosse Angst, verurteilt zu werden und darum konnte er nur schweigen. Er konnte einfach nicht reden, weil die unausgesproche Urteile von vielen einfach nicht zu ertragen waren. Ich glaube, er hätte gerne auch mal getröstet gewesen (is das gut deutsch?), wie du deinem Juan mal im Traum festgehalten hast. War auch Juan nicht voller Angst und Scham, weil er erfahren musste, wie das Muslim-Mädchen ihn versorgt hat, sich also christlicher gezeigt hat als die sogenannte Christen die ihn überfallen hatten? Und auch christlicher war als er selbst? Und ist nicht diese Angst, verurteilt zu werden wegen unserer Fehler, unsere grösste Angst? Und dabei, die Angst, dass wir alleine sind, das es niemanden gibt, der uns dabei trösten kann... Du bist jetzt auf einem Weg, wo du viel mit dir alleine bist. Du weisst, ich war in den letzten Jahren viel mit mir alleine unterwegs, und habe viel mit mir gesprochen (meine Briefe). Ich habe da versucht nicht über mich zu urteilen, nur mich zu öffnen. Und was passierte? Ihr habt mir voll angenommen, so wie ich bin. Ich wünsche dir viele urteilsfreie Gespräche mit dir, unterwegs. Bis später...
Traveler Danke, mein lieber Freund.
Lieber Kike, ich danke dir, dass du mich wieder mit dir gehen lässt. Es macht mich gluschtig, dann wieder traurig, dass diese Zeiten vorbei sein sollen. Oder soll ich es einfach, Teufel komm heraus, versuchen soll? Es gibt ja auch in der Schweiz wunderbare Strecken zu wandern. Ich nusche immer wieder in den Heftchen, Büchern Wandervorschläge durch und lebe dann in der Phantasie diese Strecken durch, genau wie bei deiner Wanderbeschreibung. Es ist wohltuend. Ganz liebe Grüsse Trudy [Trudy Frey]
Traveler Liebe Trudy, wenn ich dich durch meine Erzählungen mitnehmen kann, ist das schön. Und noch schöner ist es, dass du mich begleitest - das hilft mir so. Danke.