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  • Day 92

    Quarantäne- Zwischenbilanz

    March 29, 2020 in Peru ⋅ 🌧 14 °C

    So schnell kann es gehen...
    Das Coronavirus ist in Südamerika angekommen und die Zahl der Erkrankten stieg kontinuierlich.
    Nachdem wir am Abend des 15.3. zufällig die Rede des peruanischen Präsidenten im TV gesehen hatten, packten wir am nächsten Tag unsere Sachen.
    Denn an diesem Montag war quasi ein Toleranz- Tag und ab dem 17.3. sollte in ganz Peru das Leben für 14 Tage still stehen.
    Grenzschließung, Flugverbot, keine öffentlichen Verkehrsmittel, geschlossene Schulen Universitäten, Restaurants und Museen und auch viele Unterkünfte setzen ihre Gäste vor die Tür oder bleiben zwar geöffnet, nehmen aber niemanden mehr auf.
    Einzig die Märkte, Apotheken und Lebensmittelgeschäft dürfen seitdem öffnen.
    Man darf also einkaufen gehen, jedoch auf direktem Wege und nur maximal paarweise und mit Mundschutz.
    In unserem Hostel in Ollantaytambo trafen wir kurz vor unserem Aufbruch ein britisches Pärchen, die ziemlich verzweifelt versuchten, eine Möglichkeit zu finden, noch schnell über Cusco nach Lima zu kommen. Keine Chance, denn alle Flüge gingen ausschließlich vormittags und sie hatten erst am Morgen von den nahenden Einschränkungen erfahren.
    Da Mahalia im 4. Monat schwanger ist, lief das ganze auch nicht sehr entspannt ab...
    Wir konnten ihnen nur den Tipp geben, mit uns nach Urubamba zu kommen.
    Wir standen in gutem Kontakt zu unserer früheren Gastgeberin Landy, die uns gern aufnahm.
    Denn uns war ziemlich wichtig, einen Ort zu finden, wo man die Quarantäne zumindest im eigenen Garten "genießen" kann.
    Außerdem gibt es hier eine große Markthalle und wir mussten nicht befürchten, bald zu verhungern 😅
    Und da waren wir nun zusammen mit den Engländern, einem Ami und der jungen Landy, die mit ihren 26 Jahren den Laden gut am Laufen hält. Schnell wurde eine kleine Küche für uns organisiert, denn wir wohnen nicht im Haupthaus, sondern am anderen Ende des Gartens. Wäre nicht nötig gewesen, hat aber sich im Nachhinein jedoch als sehr praktisch erwiesen 👍🏼

    Unser Alltag sieht quasi seitdem so aus :
    Schlafen, Yoga, einkaufen, kochen, essen, über Essen nachdenken, repeat😂
    Oftmals essen wir alle zusammen, grillen, schauen Filme oder vertreiben uns die Nachmittage mit Spielen.
    Zum Glück kann man den Platz aber gut nutzen und sich auch einfach mal zurück ziehen.
    Wir sind also sehr zufrieden 👌🏽

    Klingt alles ganz schön und gut und auch die Corona- Fälle bleiben zum Glück niedrig, steigen jedoch weiter (aktuell über 800), aber vorgestern wurden die Maßnahmen dann bis Ostern verlängert.
    Auch die Stimmung schlägt mancherorts um.
    In manchen Städten ist es Reisenden nicht möglich, die Unterkunft zu verlassen, sie müssen Angestellte bitten, für sie einkaufen zu gehen.
    Es gab natürlich auch Erkrankte in Hostels und damit verschärfte sich die Situation noch mehr. Das heißt, man muss 23h im Zimmer bleiben und darf sich eine Stunde in Gemeinschaftsräumen aufhalten, natürlich einzeln /paarweise oder mit nur wenigen anderen Gästen bei Einhaltung von Sicherheitsabstand.
    Mit noch mehr Gruselgeschichten versorgt uns Landy beinahe täglich:
    Bei Nichteinhaltung der Ausgangssperre, z. B. weil man zwischen 20 Uhr und 5 Uhr unterwegs ist oder in Gruppen aufgegriffen wird, versteht die Polizei keinen Spaß.
    Sofortige Verhaftung und abstruse Maßnahmen :
    Da in den meist kleinen Polizeistationen teilweise zu viele Verhaftete über Nacht ausharren müssen, werden diese dazu genötigt, stundenlang sportliche Übungen zu machen, um sie vom Schlafen abzuhalten.
    Wir haben viele Videos gesehen, die noch andere Arten der Beschäftigung zeigen, vom Umkreisen eines langsam fahrenden Polizeiautos oder stundenlangen stehend auf öffentlichen Plätzen, um dabei z. B. die Nationalhymne zu singen, letzteres sogar in Urubamba und live per Facebook übertragen...
    Insgesamt kamen so schon über 30000 Menschen auf ihre Kosten, denn Polizei und bewaffnetes Militär sind stark präsent, auch in der Markthalle.
    Wir persönlich und auch unsere Mitbewohner werden zwar beim Einkaufen noch sehr nett behandelt, allerdings wissen wir nicht, ob die Stimmung kippen wird, wenn es hier die ersten Erkrankungen gibt.

    Alles in allem:
    💩
    Wir haben uns nun beim Auswärtigen Amt auf die Rückholliste eingetragen und warten nun auf einen Anruf. Aus der Traum...
    Unsere einzige Hoffnung ist jetzt, dass sich die Heimholung der nun noch über 2500 Deutschen so lang hinzieht, dass wir es noch erleben, wenn die Ausgangssperre aufgehoben wird und uns dann wenigstens noch das benachbarte Cusco anschauen können.
    Falls nicht, fliegen wir nach Hause, denn man weiß zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht, ob man später überhaupt noch heim kommt.
    Denn wenn die Grenzen weiter dicht bleiben, werden auch keine Flugzeuge fliegen.
    Und wer weiß wie lange 😞

    Gestern erhielten die beiden Engländer endlich den ersehnten Anruf und heute morgen ging es für sie nun von Cusco über Lima nach London.
    Der letzte gemeinsame Abend wurde nochmal gebührend gefeiert und unsere kleine Quarantäne- Familie ist uns sehr ans Herz gewachsen.
    Auch wenn nun wahrscheinlich keine weiteren Erlebnisse mehr folgen, werden wir diese trotzdem schöne Zeit hier nicht vergessen.
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