• Große Tierschau im Khao Yai

    6. januar, Thailand ⋅ ☀️ 28 °C

    Am sechsten Januar, dem Erscheinungsfest, haben wir bei der Agentur Greenleaf eine Tour im Khao Yai gebucht und hoffen auf das Erscheinen des dort ansässigen Wildlifes und zwar möglichst mannigfaltig und im Plural. Frühmorgens werden wir von einem Fahrer mit dem Pritschenwagen abgeholt. Da R erkältet ist, darf er vorne im Führerhaus mitfahren, und ich sitze alleine hinten auf der Holzpritsche. Kühl ist es, wie wir da in den Morgen hineinfahren, dennoch genieße ich die Stimmung des beginnenden Tags, für den sich die Thai‐Sonne gerade in Position bringt. Menschen mit dem Roller auf dem Weg zur Arbeit, andere bereiten ihre Läden fürs Tagesgeschäft vor. Überall herrscht geschäftiger Lärm.
    Wenig später steigen wir um in einen Toyota SUV, in dem wir den ganzen Tag mit unserem persönlichen Tourguide unterwegs sein werden. Nayn ist ein Guide der Extraklasse, ein Glücksgriff, für den wir nichts können, und ein ganz besonderer für mich. Keiner der Dienst nach Vorschrift macht. Er will uns für unser Geld alles, aber auch alles zeigen, was der Park zu bieten hat.  Auf diese Weise bekommen wir vor Mittag zu sehen: Rehwild, Makaken und Doppelhornvögel, für mich ein erstes Highlight. Archaisch wirken sie mit ihren mächtigen Schnäbeln, haben Ähnlichkeit mit meinen geliebten Tukanen, sind aber viel größer. Die Bäume, in denen sie sich niederlassen, sind eigentlich zu klein  für sie. Weiter geht es zu einem Wasserfall, und dann, während R im Auto eine Runde schläft, lotst mich Nayn zu einem breiten Bachbett zur Vogelbeobachtung. Gemeinsam mit diesem leidenschaftlichen Birdwatcher, neben dem meine eigene Begeisterung für Vögel verblasst, entdecke ich ein Pärchen roter Trogone, wie ich sie schon seit Jahre vergeblich vor die Linse zu bekommen versuche. Beide fotografieren wir, was das Zeug hält, er mit einem meterlangen Objektiv, ich mit meiner neuen Superzoom-Kamera.
    Die Tourguides in Park kommunizieren miteinander und geben einander durch, wo gerade welche Spezies gesichtet worden ist. Dann kommt es vor, dass Nayn mitten auf der Straße wendet und Vollgas gibt, um noch rechtzeitig vor Ort zu sein, ehe sich die Tiererscheinung wieder verflüchtigt. Es ist ein bisschen wie bei einer Rallye. Nayn hat sich in den Kopf gesetzt, dass ein Elefant zu der Menagerie eines gelungenen Tierbeobachtungstripps gehört, doch Elefanten machen sich derzeit rar im Park. Man hört ihr typisches Röhren und Trompeten von weitem, aber das wars auch schon. Doch an diesem Vormittag gibt es ‐ weißer Rauch! - offenbar eine Sichtung in der Nähe des Headquarters, wenn auch nur in Gestalt eines singulären Exemplars. Tatsächlich ist es noch da, als wir mit quietschenden Reifen angefahren kommen, bestaunt von mehreren Dutzend andächtiger Zuschauer. Eine riesige Eule und mehrere Bienenfresser, die mich mehr interessieren, gibt es gratis obendrauf.
    Nach dem Mittagessen im Headquarter, wo ich eine nette Begegnung mit Katrin habe, die am gleichen Morgen meine Reiseberichte auf Find Penguins gelesen hat, ist für eine Weile die Luft raus. Alle scheinen Pause zu machen, auch die Tiere. Ich schlage vor, auf den Khao Khieo zu fahren, mit 1287 Metern die höchste Erhebung des Khao Yai, und das machen wir. Von oben hat man einen weiten Blick über die Hügellandschaft. Ich bin kurz davor, hier oben Hütten bauen zu wollen, da treibt uns Nayn mit der Ankündigung, "to check another hornbill", zurück zum Auto. Also wieder hinab in die Niederungen des Animalwatchings. Das Checking auf dem Campground im Khao Yai gerät zu einem Spektakel, wie wir uns es nicht hätten träumen lassen. Gelockt von zwei über und über mit Früchten behangenen Bäumen fliegen die Hornbills quasi im Minutentakt ein. Dabei handelt es sich um zwei weitere der insgesamt 13 Arten von Doppelhornvögeln, die in Thailand heimisch sind. Flugsaurier sind es, übrig geblieben aus der Zeit der Märchen und der Drachen, mit einer Flügelspannweite von fast eineinhalb Metern. Wenn sie ihre Schwingen zum Flug erheben, rauscht es, als starteten Erzengel. Das Erlebnis wird zum Ereignis. Über eine Stunde lang geben die Geflügelten ihr einzigartiges Schauspiel und und die Möglichkeit, sie ausgiebig zu beobachten und noch ausgiebiger aufs Display zu bannen. Selbstverständlich sind wir nicht allein. Eine riesige Fangemeinde mit voluminösen Objektiven hat sich in ehrerbietigem Halbkreis um die Bäume versammelt. Es klickt und klackt unaufhörlich. Das letzte Mal habe ich derartiges mit Quetzales in Monteverde in Costa Rica erlebt, das ist schon eine Weile her. Selbst Nayn gesteht später, dass ihm in den 28 Jahren seiner Arbeit als Tourguide eine derartige Sternstunde mit Hornbills noch nie untergekommen ist. Ich frage ihn, ob er am Vorabend für uns gebetet hat - da grinst er und drückt aufs Gas. Gerade hat er den Anruf eines Kollegen bekommen. Mit quietschenden Bremsen biegt er in eine Parkbucht ein.  "Come on", herrscht er uns ein letztes Mal an, wirft die Autotür ins Schloss und spurtet uns voran, wir mit gezückten Handys hinterher. Und dann trauen wir unseren Augen kaum: Trippeln am Ende dieser nicht zu toppenden Tour doch tatsächlich drei Stachelschweinchen schräg vor uns über den Weg. Und ich hab immer gedacht, die sind erfunden, die gibts bloß bei Schopenhauer und im Berliner Kabarett ......
    Oh, happy day!
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