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  • Der bisher kälteste Punkt der Reise

    December 3, 2019 in Russia ⋅ ☁️ -10 °C

    Unsere zwei Tage in der Hauptstadt Sibiriens sind nun auch schon wieder vorbei. Bei eisigen Temperaturen besuchten wir eine im Nachhinein wirklich nette Stadt. Zwar haben wir nach zwei Tagen gefühlt alles gesehen, aber ich (Jonas) fühlte mich ganz wohl. Einziges Manko, unsere Rezeptionistin.

    Das Hostel war diesmal wirklich gut zu finden und wir waren froh, ins Warme zu kommen. Leider konnte die Dame an der Rezeption kein Wort Englisch, weswegen unser Start bereits etwas holprig verlief. Wir verstanden zumindest, dass sie unsere Pässe kopieren wollte. Was ihr darüber hinaus wissen müsst, bei der Einreise nach Weißrussland mussten wir noch einen kleinen Zettel, eine sogenannte Migration-Card, ausfüllen, ohne das wir jedoch wussten, dass diese für Weißrussland UND Russland gilt. Deswegen stimmen die Daten der Ausreise, sowie die Aufenthaltsorte nicht mit unser Reiseroute überein. Diese Migration-Card hatten wir bisher bei keiner Passkontrolle, ob am Bahnhof oder im Hostel gebraucht, doch unsere Rezeptionistin wollte auch diese kopieren. Wir dachten uns nichts dabei und gaben auch diese her. Ab da wurde es seltsam, wie wir es verstanden, warf sie uns vor, illegal eingereist zu sein/verstand nicht warum wir noch da wären/verstand nicht warum wir auf unserem russischen Visum keinen Stempel hatten /verstand nicht ... (wir rätseln noch heute). Übrigens haben wir wirklich kein Stempel auf dem russischen Visum, da es keine Grenzkontrolle zwischen Russland und Weißrussland gab. Die Rezeptionistin holte dann noch eine Frau, die zumindest etwas Englisch konnte. Ich erklärte es gefühlte zehn Mal, aber sie beharrte darauf, dass ein von uns handausgefüllter Zettel wohl wichtiger sei, als das OFFIZIELLE russische Visum, gültig bis zum 18.12...Anscheinend gab sie sich dann aber mit meinen Erklärungen zufrieden. Vorerst - denn den Rest des Tages und am nächsten Morgen erzählte sie es Kolleginnen, telefonierte lautstark und wir hörten immer nur "Belorussia", "Visa"... Wir fühlten uns sehr unwohl und ärgerten uns auch darüber, dass sie sich so brennend dafür zu interessieren schien. Neben dieser Sache hingen im Hostel auch einige Kameras und die Rezeptionistin war rund um die Uhr da, ich fühlte mich schon sehr beobachtet. Die Türen hatten zudem kleine Milchglasschlitze durch die man sehen konnte, ob jemand im Zimmer war oder nicht und wir hörten jedes Wort aus dem Flur. Alles in allem ein nicht so angenehmes Hostel.

    Überraschend angenehm waren dagegen die Temperaturen. Wie ein kleiner Post von mir euch zeigte, waren es zwischenzeitlich -20 Grad. Klar waren wir irgendwann durchgefroren und Judiths Zehen waren schon sehr kalt, aber insgesamt kamen wir doch ganz gut mit diesen Extremtemperaturen klar. Die beiden Männer aus dem Zug nach Jekaterinburg meinten aber, der Winter dieses Jahr wäre bisher sehr mild, wir hätten Glück. Unsere Kleidung hält auf jeden Fall echt warm und mit Skiunterwäsche und ein paar Schichten unter der dicken Winterjacke ist es wirklich aushaltbar, selbst das durch die Nase atmen funktioniert nach einiger Gewöhnung. Einen ausgedehnten Spaziergang konnten wir so auf jeden Fall machen.

    Die Stadt, war wie gesagt nicht allzu spektakulär. Doch ihre Geschichte passt sehr gut zu unserer Reise. Novosibirsk entstand nämlich im Zuge des Baus der Transsibirischen Eisenbahn, denn dort wurde eine große Brücke über den Fluss Ob gebaut (welcher in Novosibirsk ungefähr so breit ist wie der Rhein). Die Stadt ist also noch gar nicht alt (Ende des 19. Jh. erbaut) und deswegen sehr von der sowjetischen Architektur geprägt, die ab den 20er Jahren das Stadtbild einnahm. Trotz der Zerstörungswut der Bolschewiki (die uns auch in Ulan Ude wiederbegegnen wird) sind noch einige traditionelle Gebäude aus der Gründungszeit erhalten geblieben. Diese schönen Holzhäuser mit Verzierungen sind echt nett anzusehen und wir fanden einige in Seitenstraßen (und wohnten sogar in einem). Darüber hinaus gab es noch eine schöne Kirche im byzantinischen Stil, die uns beiden sehr gefiel und einen Park/eine Promenade an der Ob, die wir uns anschauten. Außerdem, wie könnte es anders sein, der allgegenwärtige Lenin. Direkt an unser heimischen Metrostation hielt ein überlebensgroßer steinerner Lenin eine Rede, hinter ihm Soldaten und ein Abbild des guten Arbeiters/der guten Arbeiterin. Direkt dahinter erhob sich ein toller Kuppelbau (die Oper) und eine Straße weiter ein süßer kleiner Park mit Karussell, Achterbahn, Parkbühne und verwinkelten kleinen Wegen. Eine kleine Oase in der trubeligen Stadt. Von diesen Oasen gab es im Vergleich zu den anderen beiden Städten deutlich mehr. Auch entdeckten wir Dinge, die wir bisher kaum gesehen hatten - Kinder und Kinderwägen. Tatsächlich es gibt sie also doch in russischen Innenstädten. Im Park spielten einige Familien im Schnee und dick eingepackte Kinder stolperten neben ihren Eltern her (übrigens oft ohne Handschuhe 😱) . Eine weitere witzige Beobachtung: die Kinderwägen sind nicht nur ausgestattet mit vier Rädern, wie bei uns. Nein, man kann diese auch einklappen und den Wagen so einfach auf Kufen stellen, echt praktisch bei den Schneemengen.

    Viel mehr ist in Novosibirsk auch nicht passiert, wir waren noch in mehreren super angenehmen Restaurant/Cafés, die uns etwas an Studistädte in Deutschland erinnerten (auch weil es insgesamt 24 Fachhochschulen und viele junge Menschen dort gibt) und machten uns dann auf die bislang längste Zugreise nach Ulan Ude (41h). Bevor wir losfuhren, schauten wir uns nochmal gründlich den Bahnhof an, der ein echtes Highlight war. Super schöne große Räume, viel Marmor, ein riesiger Raum voll mit Pflanzen und sehr schöne Verzierungen an der Decke (natürlich inkl. Hammer und Sichel).

    Nun liegen wir im Zug, lassen die schneebedeckte Landschaft an uns vorbeiziehen und freuen uns auf unsere nächsten Stationen.
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