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  • So schnell wie nie

    December 15, 2019 in China ⋅ ☁️ 1 °C

    Mit 310 km/h nähern wir uns gerade in Windeseile dem 1100 km entfernten Xi'an. Nun hieß es schon wieder Abschied nehmen aus Beijing und wir haben etwas Zeit, im Zug all das zu verarbeiten, was wir schon in China erlebt haben. Es sind uns schon einige Dinge aufgefallen, die wir in Deutschland vielleicht nicht so kennen.
    Erstmal finden wir Beijing extrem gut organisiert. Besonders die Benutzung des ÖPNV ist überhaupt kein Problem (außer, dass die Menschen das Prinzip des "Erst aussteigen lassen" nicht verstanden haben, was während der Rush-Hour wirklich, wirklich ein Problem ist 🙄 und auch sonst scheinen die Leute gerne zu drängeln). Außerdem ist es in den Hauptstraßen, den touristischen Zielen und der Metro extrem sauber.
    Auch die Luftverschmutzung war nicht so krass, wie wir sie uns vorgestellt hätten. Das kann aber auch an dem anhaltend starken Wind gelegen haben.
    Die Größe der Stadt ist schon heftig und die Wolkenkratzer sprießen wie Gras aus dem Boden. Erstaunlich wie schnell ein ehemaliges Entwicklungsland wie China es geschafft hat, einen solchen Wohlstand aufzubauen. Werbung und Konsum war für unsere Empfinden in Beijing sogar noch präsenter, als bei uns. Quasi jede*r in der U-Bahn schaute dauerhaft auf ein nagelneues Smartphone und bestellte Dinge über WeChat usw. Überall Bildschirme mit Werbung, sogar mitfahrende Werbung an Bildschirmen in den U-Bahnschächte. Was das für Ressourcen benötigt ist echt heftig. Selbst in dem schrottigen Aufzug in unserem recht heruntergekommenem Wohnblock gab es einen großen Bildschirm, auf dem dauerhaft Werbung lief, dazu noch so einen auf jeder Etage. Und während wir den Menschen den Wohlstand natürlich durch und durch gönnen, ist es teilweise schon sehr bedrückend, was dieser krasse Konsum und das anhaltende Wirtschaftswachstum mit der Umwelt und den Menschen macht, die auf der Strecke bleiben. Wobei wir uns in Europa/im Westen natürlich auch immer an die eigene Nase fassen müssen.
    Gewöhnungsbedürftig finden wir auch den Einsatz von Plastik, bereits in der Mongolei haben wir deswegen einen extra Fotoordner für die "50 shades of plastic" (inspired by Vanessa 😉) auf unserer Reise angelegt. Auch ist das Wasser aus dem Hahn nicht trinkbar, weswegen wir ständig Wasser in Plastikflaschen kaufen müssen. Wenn man sich dann überlegt, dass das 1,3 Milliarden Menschen so machen müssen .... Immerhin gab es bei uns eine Auffüllstation für Wasserkanister, die man leider aber nur mit WeChat bezahlen konnte.
    Apropos WeChat, ohne das geht hier gar nichts mehr. Wer sich von euch noch nicht damit befasst hat: WeChat ist eigentlich eine Mischung aus WhatsApp und Facebook. Nur gibt es, wie wir es verstanden haben, die Möglichkeit für Drittanbieter WeChat als Plattform zu benutzen, also auf der Oberfläche aufzutauchen, sodass man nicht die App wechseln muss um den jeweiligen Dienst zu nutzen. Dazu gehören Shoppingseiten (ähnlich wie Amazon), Seiten, die erkennen, welche Kleidung jemand trägt und dir direkt das entsprechende Produkt anzeigen, Videoplattformen wie YouTube usw. Man kann sich Essen über WeChat bestellen, den Einkauf von anderen erledigen lassen, oder halt damit bezahlen. Jeder noch so kleine Shop oder Straßenstand hat einen QR-Code, den man dafür einfach mit WeChat scannt und zack - hat man bezahlt. Von den Chines*innen, die wir kennengelernt haben, wurden wir schon ganz komisch angeguckt, wie wir ohne WeChat überleben können. 😂 WeChat ist quasi die perfekte App, nur dass es dadurch auch eine krasse Monopolstellung hat. Die Daten von mehr als einer Milliarde von Menschen zu extrem vielen alltäglichen Dingen sind in einer App zusammengefasst, Big Data lässt grüßen.
    Ein richtiges Highlight war unser Besuch in einem riesigen Supermarkt. Meist waren wir abends nur bei einem der kleineren Shops bei uns um die Ecke, aber einmal waren wir in einem riesigen Markt, vergleichbar vielleicht mit Kaufland oder eher noch dem amerikanischen Walmart. Schon in Deutschland finden wir es immer sehr spannend, neue Sachen auszuprobieren. Hier konnten wir uns gar nicht sattsehen an den vielen exotischen Sachen. Besonders cool fand Judith den riesigen Frischebereich. Hier stapelten sich Obst und Gemüse in Hülle und Fülle, so Einiges davon hatten wir noch nie gesehen. Außerdem Selbstbedienungstheken mit losen Gewürzen, getrockneten Früchten und Blüten, Tees, Nüssen. Was bei uns eine Käsetheke wäre, ist hier eine mit tausenden Sorten frischer, eingelegter oder fermentierter Gemüsemischungen. Eigentlich hätten wir vom Allem Fotos machen müssen, leider hatten wir aber die Hände voll mit Pfefferminz-Oreos, Drachenfrüchten, Gurken-Chips und Ananasbier (wir brauchten an dem Abend nur Snacks, sonst wären wir sicher noch mehr eskaliert).
    Wo wir beim Einkaufen sind, kommt man auch nicht an den tausenden Malls in Beijing vorbei. In quasi jedem Hochhaus in der Innenstadt ist unten eine Mall drinnen. Unglaublich viele Restaurants, Shops usw auf engsten Raum und dann gleich nebenan wieder das Gleiche. Wie sich das alles rentiert, ist uns nicht ganz klar. Nach der 2 Stunden-Sucherfahrung vom ersten Tag wussten wir dann immerhin, dass wir ganz genau schauen müssen, in welche Mall wir müssen (das Restaurant vom ersten Tag haben wir dann übrigens am Freitag gefunden).

    Insgesamt fühlen wir uns bisher echt wohl in China. Nur von der großen Stadt haben wir jetzt erstmal genug. Der Kulturschock ist immer noch nicht wirklich vorhanden und manchmal vergessen wir, dass wir gerade in China sind. Der langsame Weg über Russland und die lange Gewöhnungszeit an die Veränderungen der Kultur und der Umgebung haben dazu bestimmt beigetragen. Jetzt freuen wir uns auf schöne Tage in Xi'an. Für danach planen wir mal ins Grüne zu fahren und informieren uns momentan über verschiedenste Nationalparks in der Nähe von Chengdu und Kunming (unserer letzten Station in China). Dann gibt es schöne Fotos aus dem Vor-Himalaya.
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