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  • Day 22

    Mit Bus und Fähre durch Norwegens Fjorde

    September 14, 2022 in Norway ⋅ 🌧 7 °C

    Wer die Apps 3 verschiedener Busbetreiber und 2 verschiedene Fähr Fahrpläne auf seinem Smartphone hat, dazu noch fehlende Ortskenntis und einen total straffen sowie undurchsichtigen Reiseplan, der ist zum einen mit hoher Wahrscheinlichkeit nach Winterfahrplan in Norwegens Westen unterwegs und zum anderen im Begriff, zumindest einen Teil vom Ernst des Lebens zu begreifen/zu spüren.

    Ich befinde mich in eben solcher Situation. Bus Nummer 1, ihr habt ihn schon kennenlernen dürfen, ist der Nachtbus aus Oslo. Betrieben wird dieser durch das Unternehmen VY, welches ihren Fahrgästen den Komfort von gleich 2 Apps bietet. Bus Nummer 1 sammelt mich also unerwartet pünktlich ein. Der Blick durch die Frontscheibe erklärte zum einen die Pünktlichkeit, lässt zum anderen offen, ob und wenn ja wie viel früher wir ankommen. Es handelt sich um einen doppelstöckigen Bus, der mit seiner Geschwindigkeit bei Regen, Dunkelheit und den norwegischen Straßenverhältnissen, am oberen Limit des rechtlich erlaubten und physisch möglichen verkehrt. Selbst bei guten Verhältnissen und mit Muddis Ford Fiesta, wäre ich hier nicht so lang gepest.

    2 Minuten vor der Zeit erreichen wir Sjøholt. Ich bin sehr erleichtert, nicht weil wir überlebt haben (Natürlich auch), sondern weil der anstehende Umstieg mit planmäßig 3 Minuten, der prekärste auf meiner Rute ist. Ab hier übernimmt Busunternehmen 2: FRAM. Diese befähigen die meisten Transportmittel in dieser Region. Mit FRAM, wird es auch Zeit für eine neue App. Diese erspart einem beim Kauf der Tickets darüber 2 Euro On-Board Aufschlag. Bus 220 erscheint ebenfalls pünktlich und ich bin der einzige Fahrgast. Bereits nach 10 minütiger Fahrt erreichen wir Vaksvik.

    Wenn ihr (ich bin es) bis dato davon ausgegangen seid, dass eine Busnummer und -bezeichnung auch ein Bus bedeutet, so habt ihr euch gewaltig geirrt. Mein Streckenplan betrachtete was nun folgte, übrigens auch nicht als Umstieg. Ihr könnt euch also mein Erstaunen vorstellen welches mich überkam, als der Bus an einer Seitenstraße mitten im Nirvana hält und der Busfahrer zu mir meint, ich müsse jetzt aussteigen. Ok...von hier an übernimmt mein blindes Gehorsam die Kontrolle über meinen motorischen Kortex, sodass ich alsbald neben Bus 220 stehe. Genauer gesagt stehe ich neben 3 Bussen 220. Es wirkt wie ein schlechter Scherz, für den ich nun gar keinen Nerv habe: 3 Busse mit selber Bezeichnung und Nummer stehen mitten in der Pampa und ich soll vom einen in den nächsten. Beim verlassen erhielt ich die Anweisung, den kleinen zu nehmen. Der "kleine" hatte die größe eines Flughafen Shuttles, fuhr allerdings mit gleicher Mentalität und Geschwindigkeit wie alle anderen Busse zuvor. Auf der einstündigen Fahrt habe ich genug Zeit, mich mit der weiteren Streckenplanung zu befassen. Bis zu diesem Moment hatte ich nicht damit gerechnet, es bis hier her zu schaffen.
    In meiner Fantasie hatte das Szenario anders ausgesehen. Mehr so: Ben, morgens um 6.26 Uhr an einer Bushaltestelle, von der den ganzen Tag kein Bus mehr führe und an der er nur geendet ist, weil er damit gerechnet hatte, dass ein Fernbus nach 300km Fahrt, ihn noch pünktlich einsammeln würde und er anschließend mit 3 Minuten Unsteigezeit, noch seinen Anschluss kriegen würde. Egal hat ja alles geklappt.

    Nächstes Gefährt würde eine Fähre sein. Den Fahrplan hatte ich schon als PDF heruntergeladen und befand 20 Minuten Umstiegszeit für mehr als genügend. Ich sollte recht behalten. Zur Abwechslung gab es auch mal etwas umsonst. Die 10 minütige Fjord-Überfahrt kostet nämlich nur Autos etwas. Es war schön auch mal vom Wasser aus und an der frischen Luft die Fjord Landschaft genießen zu können.

    Puh...der nächste Bus heißt 221. Es gibt als doch noch andere Busse. Auf der anderen Seite angekommen, ergibt sich jedoch trotzdem ein neues Problem. Es besteht nicht darin den richtigen Bus zu finden, sondern, die Bushaltestelle. Es handelt sich wie auch auf den Lofoten um eine nur auf Google Maps zu findende "Phantom-Bushaltestelle". Ein zuvor fahrender Bus verrät mir schließlich noch den Ort, an welchem ich nun Stellung beziehe. Wenig später hält auch mein Bus richtung Geiranger hier. Bus 221 hat ebenfalls Shutlebus Format. Der Grund dafür zeigt sich später. Zunächst geht es hinauf in die Berge, wo die Landschaft mit ihren Wiesen, Hütchen, Höfen und Wasserfällen, ein wenig an Bayrische Almen erinnert. Dieser Eindruck schwindet jedoch sofort, nähert man sich dem Geiranger Fjord. Gleichnamig auch das Städchen welches in der Tiefe erscheint. So etwas sucht man wohl in Bayern vergeblich. Statt der schön geraden aber stetigen Straße auf der wir hoch kamen, windet sich die vor uns liegende Straße in Serpentinen gen Normalnull. Der Ausblick aus dem Busfenster ist abermals atemberaubend, der aus der Frontscheibe angsteinflößend.

    Es zeigt sich mir das tiefe Blau des Fjords, der von den steilen grün bedeckten Steilhängen gesäumt wird von welchen wiederum Wasserfälle aus schwimdelerregender Höhe stürzen, sodass ihre Gischt weiß aufschäumt. Die Gipfel der Felsen sind zu meist von Wolken verhangen. Kurve für Kurve nähern wir uns dem Meeresspiegel. Hinter jeder Kurve die Gefahr einer möglichen Begegnung mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. In jeder Kurve der beste Blick über den Fjord. Hier trifft der Ausdruck "schrecklich schön" es wohl am ehesten.

    Geiranger bietet Zeit zum Erholen. Zum Pausieren des Uhrenguckens, des Fahrplan Lesens und des Ticketsuchens. Meine nächste Fähre geht erst 11 Uhr, was mir 2h Aufenthalt gewährt. Genug Zeit, um sich in Hafennähe etwas umzusehen und darüber zu senieren, wieviel Glück ich eigentlich mit meiner Naivität hatte...

    (Fortsetzung folgt....ich musste fast alles noch mal schreiben, weil es gelöscht wurde 😞)
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